Keine gute Idee oder: Warum das Wahrplakat ein Falschplakat ist

Zumindest in meiner Filterbubble taucht immer mal wieder das Angebot von abgeordnetenwatch.de, Plakate für Abgeordnete zu erstellen, auf. Das ganze nennt sich „Wahrplakat“ und soll vermutlich die Wahrheit über die jeweiligen Abgeordneten verkünden. Am Ende tut es genau das Gegenteil. Es vermittelt ein falsches Bild von Abgeordneten, es ist -zugespitzt formuliert- vereinfachend und populistisch. Wenn ich so ein Plakat erstellen will, suche ich mir eine*n Abgeordnete*n meiner Wahl. Danach kann ich aus verschiedenen Vorschlägen fünf namentliche Abstimmungen auswählen. Wenn ich will, nehme ich einfach die zu einer bestimmten Zeit.  Am Ende habe ich ein Wahlplakat, wo Überschriften namentlicher Abstimmungen und das Continue Reading →

Ergebnisse der Reformkommission Sexualstrafrecht

Vor ziemlich genau einem Jahr, am 7. Juli 2016 beschloss der Bundestag die sog. „Nein heißt Nein„-Regelung im Strafrecht. Bereits zu diesem Zeitpunkt existierte die Reformkommission Sexualstrafrecht beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Am 19. Juli 2017 übergab sie nun ihren Abschlussbericht. Und der hat es in sich. Doch nicht nur im Hinblick auf das aktuelle Sexualstrafrecht ist der Bericht interessant; er war mir auch eine willkommene Angelegenheit die Vorschläge der Reformkommission mit dem Gesetzentwurf der LINKEN zur „Nein heißt Nein„-Lösung zu vergleichen. Auf Seite 13 ff. befinden sich die 61 Vorschläge für eine Änderung des Sexualstrafrechts. Ein genauerer Blick Continue Reading →

Rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung statt Abstammungsrecht

Im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz wurde in dieser Legislaturperiode ein Arbeitskreis Abstammungsrecht eingerichtet, dessen Ergebnisse jetzt vorliegen. Unter Abstammungsrecht wird die rechtliche Zuordnung zu Mutter und Vater verstanden. Bislang eine Domäne der Genetik oder Biologie. Von der rechtlichen Zuordnung zur Elternschaft ist die elterliche Sorge (§§ 1626ff. BGB) ebenso betroffen, wie Unterhaltspflichten (§§ 16o1ff BGB) und das Namensrecht (§§ 1616ff. BGB). Aber auch das gesetzliche Erbrecht, das Pflichtteilsrecht (§§ 1924ff. BGB) und das Staatsbürgerschaftsrecht sind vom Abstammungsrecht betroffen. Bedauerlicherweise werden aber Erbrecht und Staatsbürgerschaftsrecht vom Arbeitskreis nicht bearbeitet. Der Arbeitskreis unterbreitet 91 Thesen, die wiederum auf 12 Kernthesen  (S. Continue Reading →

Versammlungsrecht und Eintrittsgelder

Wann ist eine Versammlung eine Versammlung? Juristisch ist dies nach dem jüngsten Nazi-Konzert eine wieder aufgeworfene interessante Frage. Das VG Meiningen zum Beispiel fand am 3. Juli, trotz der Erhebung von Eintrittsgeldern handelt es sich um eine Versammlung. Diese „Versammlung“ war nun aber eines der größten Nazi-Konzerte. In der Begründung klingt immer wieder eine Bezugnahme zum Urteil des BVerwG zur Fuckparade an. Bevor ich darauf kurz eingehe, will ich aber noch darauf verweisen, dass das BVerfG in seiner Entscheidung zur sog. Fuckparade ausgeführt hatte: „Eine Musik- und Tanzveranstaltung wird jedoch nicht allein dadurch insgesamt zu einer Versammlung im Sinne des Continue Reading →

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Versammlungsrecht

Zwei Vorbemerkungen: Ich war nicht in Hamburg und bin deshalb auf die öffentlich zugänglichen Informationen angewiesen (1.). Obwohl es eine Selbstverständlichkeit ist, schreibe ich es hier noch mal auf, auch um (bewusste) Missverständnisse zu vermeiden. Ich habe keinerlei Verständnis für Randaleidioten, die Einwohner*innen verängstigen, Autos abfackeln, Scheiben einschmeißen und mit Gegenständen auf Menschen werfen. Sowas hat für mich nichts mit Protest zu tun (2). Bedauerlicherweise, aber leider vorhersehbar, wird nun unter Verweis auf Hamburg an der Spirale der Einschränkung der Grundrechte gearbeitet. Selbstverständlichkeiten, wie das Recht jedes Menschen auf anwaltlichen Beistand oder medizinische Versorgung werden in Frage gestellt. Der Unterbindungsgewahrsam Continue Reading →

OVG erlaubt Schlafzelte

Das OVG Hamburg hat nun doch Übernachtungszelte im Protestcamp genehmigt. Das ergibt sich aus dieser Entscheidung. Zur Erinnerung: Hier habe ich über die Entscheidung des VG Hamburg geschrieben, mit der die Übernachtungszelte untersagt wurden. Das OVG sah glücklicherweise die Sache mit den Übernachtungszelten im Protestcamp etwas anders als das VG. Der Beschluss des OVG ist im Hinblick auf künftige Versammlungsrechtsentscheidungen aber nicht nur wegen der Übernachtungszelte relevant, sondern auch wegen der Debatte um die Einschränkung öffentlicher Flächen und der Schädigung der Natur. Das OVG ordnete mit dem Beschluss die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf den Widerspruch gegen die Untersagung von Continue Reading →

OVG Hamburg zur Allgemeinverfügung Demonstrationsverbot

In Hamburg gibt es derzeit jeden Tag eine neue Entscheidung zum Versammlungsrecht. Nach den auf Entscheidungen des BVerfG basierenden Entscheidungen vom gestrigen Tag geht es nun mit einem Beschluss des OVG Hamburg weiter. Diesmal geht es um Versammlungsrecht und Allgemeinverfügungen. In dieser Entscheidung geht es um eine Versammlung/Demonstration am 7. Juli in der Zeit von 13.00-15.00 Uhr. Es wird mit 80 Teilnehmer*innen gerechnet. Doch dieser Demonstration/Versammlung steht eine Allgemeinverfügung entgegen. Mit dieser Allgemeinverfügung werden generell in einem bestimmten Bereich Hamburgs zu einem genau bezeichneten Datum Demonstrationen/Versammlungen untersagt. Das OVG ist der Ansicht, die Allgemeinverfügung dürfte sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen. Damit sagt Continue Reading →

Versammlungsfreiheit nicht aushöhlen!

Viele Menschen wollen -völlig zu Recht- ihren Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg kreativ und friedlich ausüben. Glücklicherweise gibt es in Deutschland Versammlungsfreiheit. Doch mit den jüngsten Gerichtsentscheidungen könnte die Versammlungsfreiheit entkernt werden, am Ende bliebe dann eine leere Hülle übrig. Am Anfang steht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Da ist zunächst die Entscheidung vom 28. Juni 2017, mit der die Versammlungsbehörde verpflichtet wurde, „über die Duldung der Veranstaltung mit dem Tenor >Antikapitalistisches Camp – Alternativen zum Kapitalismus leben und sichtbar machen< als Versammlungsbehörde nach Maßgabe der Entscheidungsgründe (II 2 b cc) versammlungsrechtlich zu entscheiden.„ Was sich zunächst gut liest, ist am Continue Reading →

Das verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Als der Referentenentwurf zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorgelegt wurde, habe ich bereits hier einen Kommentar dazu abgegeben. Nun ist das Gesetz verabschiedet worden und aus meiner Sicht lohnt sich ein Blick sowohl auf das veränderte Gesetz als auch auf den Antrag der Grünen. Der genaue Gesetzeswortlaut findet sich in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz ab Seite 6. Zunächst bleibt festzustellen, dass die Klarstellungen in § 1 Abs. 1  (Definition soziales Netzwerk) sinnvoll sind. Schwieriger wird es aber schon -gerade auch im Hinblick auf den in § 3 geregelten Umgang mit Beschwerden- mit der Änderung in § 1 Abs. 3. Continue Reading →