Ist die Verweigerung eines Internetzugangs im Strafvollzug rechtmäßig?

Mit dieser Frage habe ich mich in der „Kritischen Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtssprechung“ (KritV) 2/2012 beschäftigt.

Nach einer Vereinbarung mit dem Verlag veröffentliche ich meinen Artikel  nunmehr auch hier und bin gespannt auf Reaktionen.

14 Replies to “Ist die Verweigerung eines Internetzugangs im Strafvollzug rechtmäßig?”

  1. Vielen Dank für die Betrachtung der Problematik. Der Bereich der „neuen Medien“ und dessen Nutzung im Vollzug ist, wie der Vollzug im Allgemeinen in unserer Gesellschaft ein Thema, was nicht viele Politiker_innen in ihrer Agenda haben.

    Als Insasse des offenen Vollzugs fallen mir zu dem Thema ganz praktische Dinge ein, die ein Zugang zum Internet im offenen Vollzug bietet. Zum einen ist die Suche nach einer Arbeitsstelle, die zwingend Erforderlich ist, um den Status des Freigängers zu erlangen eine der Grundlegenden Säulen in der Anfangszeit des Vollzugs. Die meisten Gefangenen die aus dem geschlossenen Vollzug kommen, haben hier nur zwei Möglichkeiten: Zum einen die Jobangebote des Jobcenters, die meist (fast ausschliesslich) Zeitarbeitsjobs beinhalten. Diese Jobs sind kritisch, da gerade Strafgefangene hier in eine enorme Abhängigkeit eingehen (Stichwort: Sklavenjobs – Da Arbeit hinter Gittern nicht abgelehnt werden kann und hier dann meist Knochenjobs angeboten werden, die bis zur Entkräftung führen – Wer nicht mehr kann, wird „abgeschossen“, anruf in der JVA reicht und Arbeitsverweigerung führt zur Sanktion). Die andere Möglichkeit ist die B.Z. bzw. andere Tageszeitungen die die Vollzugsanstalten erreichen. Hier bemühen sich die Gefangenen meist über die Telefonzellen der Anstalt die Betriebe zu erreichen. Die hohen Gebühren an den Telefonzellen machen die Jobsuche nicht leicht, schliesslich müssen hier ja auch viele Dinge erklärt werden, denn es ist ja kein „normales“ Arbeitsverhältniss zwischen Betrieb und Freigänger_in.

    Die Möglichkeit sich per Internet (also Mail) ab Betriebe wenden zu können und somit auch die eigene Situation besser erklären zu können, würde hier zu einer enormen Erleichterung für die Gefangenen führen. Die Umsetzung von „freiem“ Internet z.B. durch Benutzung von Notebooks würde sich durch WLAN relativ leicht umsetzen können. Dies kann ich mir allerdings schlecht vorstellen, da die Justiz hier mit evtl. Straftaten kommen wird, die durch das Netz begangen werden könnten. Also kommt eine verkabelte Vernetzung in Frage. Der Zugang zum Netz liesse sich wie in jedem Großbetrieb durch eine kleine und Fite Netzwerkabteilung realisieren (Proxy etc.) Oder anders ausgedrückt, es ist nicht unmöglich umzusetzen.

    In den geschlossenen Anstalten ist dies schwieriger umzusetzen, aber auch längst von Wirtschaft angeboten. Hier tut sich die Firma Telio sehr hervor, dise bietet als quasi Monopolist hinter Gittern Fernseh und Multimedia Zugänge für Knäste an (auch Internetlösungen). Dabei erhebt Telio enorme Gebühren, sehr zum Ärger vieler Gefangener. Siehe Hierzu diverse Artikel im Lichtblick (Inhaftierten Zeitung der JVA Tegel) und im Netz. Hier muss also Gebührentransparent her, denn die Gebühren müssen an die realen Löhne hinter Gittern angepasst sein, sonnst ist durch die besondere Abhängigkeit und fehlende Wahl hinter Gittern die Telio Lösung inakzeptabel.

    Ähnlich ist es mit dem Telefonzugang in den Vollzugsanstalten. Hier regelt jedes Bundesland selber die Bestimmungen. Mal sind Mobiltelefone im offenem Vollzug erlaubt, mal nicht. Solange es hier keine „resozialisierenden“ Lösungen gibt, bleibt ganz praktisch für Gefangene im Berliner offenem Vollzug nur eins übrig: Telefon und somit Internet an der Pforte ausschalten und ab ins Schliessfach bis zum nächsten Ausgang.

    Die Betrachtung von Gefangenen die seit etlichen Jahren im geschlossenen Vollzug saßen und die „multimedia Welt“ nicht kennen sprengt hier den Rahmen. Die überlasteten Sozialarbeiter können dies schon gar nicht leisten. Die ersten Freigänge rechen dafür auch nicht aus. Hier müssen Angebote geschaffen werden z.B. über die freien Träger, auch Kurse für „Knackis“ anzubieten, wie Mensch sich in der heutigen Welt bewegt. Das fängt beim Bank- und Fahrscheinautomaten an und hört längst nicht auf, beim vermitteln wie Mensch sich ein Mail-Konto einrichtet und es benutzt.

  2. Du schreibst ja „Tatsächlich lassen sich sowohl über Schreiben an und von Gefangenen als auch über Besuche all jene Dinge machen, die einen Internetzugang angeblich so viel gefährlicher erscheinen lassen. Niemand würde aber auf die Idee kommen, im Grundsatz jeglichen Schriftverkehr und jeglichen Besuch für Strafgefangene zu verbieten.“
    Was ich mich jetzt frage, ist, wie’s denn mit der Überwachung von Schriftverkehr und Besuchen aussieht?! Soweit ich weiß wird der Schriftverkehr sowohl eingehend als auch ausgehend überwacht oder zumindest gesichtet. Wenn man diese Prozedur in der Informationstechnik umsetzen möchte, wird es nicht unbedingt weniger aufwendig. Eine automatische Inhaltsfilterung aufgerufener Webseiten kann schnell zu unerwünschten Einschränkungen der Internetnutzung führen. Zudem gibt’s sicher auch Komplikationen, wenn in verschiedenen Sprachen kommuniziert wird bzw. ausländische Webseiten aufgerufen werden. Für eine angeordnete Überprüfung des Mailverkehrs wäre – sofern ich richtig informiert bin – der Betreiber des Mail-Servers zuständig. Inwieweit man auch hierbei auf unerwünschte Zensierung oder Einschränkungen stoßen kann, ist mir nicht bekannt.

    Dann schreibst du noch „… hier liegt der zentrale Unterschied zu Fernseher, Spielkonsole etc., welche der Freizeitbeschäftigung dienten. Der Zugang zum Internet geht darüber hinaus, er ist notwendig, um sich Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen, die für das Leben außerhalb des Strafvollzuges unerlässlich sind.“
    Würde ich grundlegend nicht dementieren, allerdings gibt es ja auch in unserer Gesellschaft nach wie vor Menschen, die weder einen Computer noch ein Smartphone oder gar das Internet nutzen und sich von solch einer Argumentation wohl kaum überzeugen lassen (gilt auch im Hinblick auf Internetzugang für Hartz-IV-Empfänger), denn sie leben ja noch immer – ohne den ganzen Technikkram … somit stellt sich die Frage, ob diese Fähigkeiten und Fertigkeiten tatsächlich unerlässlich sind oder nicht?! Eine Anleitung zum Bau von Sprengsätzen dient sicherlich auch motorischen und kognitiven Fähigkeiten, aber ob der Zugang zu solch einer Information nun essentiell ist? Die Folge könnte ja eine „schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt“ sein. 😉

    Zudem ist es doch für (entlassene) Strafgefangene so oder so schwer einen Job zu finden – ob nun bei einem persönlichen Vorstellungsgespräch, am Telefon, per schriftlicher Bewerbung oder online … Sicher würde ein Internetzugang die Kommunikation mit einem potenziellen Arbeitgeber vereinfachen, wie im Kommentar vom lesenden und schreibenden Insassen bereits geschildert. Ob aber die Jobsuche dadurch tatsächlich erfolgreicher wird, wage ich zu bezweifeln :-/

    Alles in allem aber ein guter Ansatz. Cool, dass du den Artikel veröffentlichen durftest!

  3. @JUKE
    Die Frage, ob das Internet die Jobsuche erfolgreicher gestaltet oder nicht, stellt sich meiner Meinung nach nicht. Ich halte das eindeutig für gegeben. Eine Jobsuche beinhaltet bspw. die Recherche freier Arbeitsplätze. Dazu kann ich mir nun teuer Tageszeitungen kaufen, ich könnte aber auch im Internet schnell in (einschlägigen) Börsen suchen bzw. eine regionale Eingrenzung vornehmen und ganz bestimmte Unternehmen filtern. Zum Erfolg der Arbeitsplatzsuche tragen für mich somit auch die Bedingungen der Suche bei. Nicht nur das Ergebnis. Oder anders: Meiner Meinung nach ist unter den derzeitigen Bedingungen eine Vollbeschäftigung in Deutschland unmöglich. Es gibt schlichtweg nicht genug Arbeitsplätze. Existenzsichernde und menschenwürdige! Die Suche nach einem solchen kann also für Einzelne – ob inhaftiert oder nicht – generell aussichtslos sein. Das wäre es auch ohne Internet, sicher. Doch dieses Netz ist eben noch viel mehr. Aber warum auch immer gleich vom Standpunkt der Arbeitsgesellschaft aus hinterfragen? 😉 Das Netz kann auch einfach nur Informationsquelle oder Hort des Austausches sein. Einfach so. Das ist heute Usus. Ob nun einzelne das Netz verweigern oder nicht und dabei glücklich sind, sollte dabei nicht die Entscheidungsgrundlage sein. Sondern einfach nur das, was möglich und vor allem der Resozialisierung dienlich ist. Und das ist das Netz heutzutage. Egal, ob man das nun will oder nicht. Und wer auch in Haft kein Internet will, wird ja mit großer Sicherheit auch nicht dazu gezwungen.

    @Halina
    Mich würde mal interessieren, wie die allgemeine Lage im Bereich der U-Haft ist. Diese gestaltet sich ja doch etwas freiheitsorientierter. Sie dient eher der Verfahrenssicherung und trifft keine Aussage über die tatsächliche Schuld der Inhaftierten. Insofern SOLLTE der tatsächliche Vollzug der U-Haft ja „sanfter“ ablaufen, als der Regelvollzug. Was in real sicher nicht oft zutrifft. Dennoch: Ich würde mich als U-Inhaftierter sicher freuen, wenn ich z.B. mein Tablet mitnehmen könnte, um mich z.B. auf den Prozess vorbereiten zu können. Gibt´s dazu schon Entscheidungen? Sollte in dieser Frage auf „anstaltsinterne“ Lösungen (also eben nicht mein Tablet) zurück gegriffen werden (um bspw. Verdunkelungsabsichten zu untergraben), dann wäre das doch schon ein ideales Testfeld für die Verallgemeinerung dieses Anspruchs.

    PS: Verlinkt ist verlinkt, oder? Den Artikel kann ich also auch bei mir bewerben? 😉 Oder quengelt dann der Verlag?

  4. @juke: nach § 34 abs. 1 des musterentwurfes für ein strafvollzugsgesetz darf der schriftwechsel nur im einzelfall wegen einer gefährdung der erreichung des vollzugsziels oder aus gründen der sicherheit kontrolliert werden, wenn dies erforderlich ist.

    @renè: u-haft muss ich mir -wenn ich mal zeit habe- in ruhe ansehen. und ja, veröffentlich, ist veröffentlicht :-), kannst also bewerben 🙂

  5. @JUKE: Tablet in der U-Haft? Ich glaube du hast nicht die entferntesten Vorstellungen wie es in deutschen Gefängnissen zu geht, es ist schon ein Wunder das mittlerweile in Berlin-Moabit (U-Haft JVA) alle Zellen einen Stromanschluss haben. Noch mal zur Erinnerung, vor ein paar Monaten haben Insassen der JVA Tegel vor dem Europäischen Gerichtshof eine Urteil erwirkt, was festgestellt hat, das die Zellengröße z.B. in einigen Teilanstalten gegen sämtliche Konventonen auf Internationaler Ebene verstößt, also sie als Menschenunwürdig bezeichnet wurden und die Insassen nun dagegen Schadensersatz Ansprüche erheben können.

    Zur Untersuchungshaft im Allgemeinen nochmal, Berlin ist sehr bekannt dafür, dass es sehr Oft eine Untersuchungshaft anordnet, auch wenn Dinge wie Fluchtgefahr z.B. durch feste Bindungen und so nicht gegeben scheinen. Im Vergleich zu Hamburg z.B. werden deutlich mehr U-Haften verhängt. Postkontrolle findet eigentlich Dauerhaft statt, das werden auch alle bestätigen können. Denn trotz anderslautender Bestimmungen, führen es die Justizvollzugsbeamten einfach durch, denn eine Kontrolle darüber findet nicht statt. Aber diese Disskusion schweift von der Internetnutzung im Vollzug ab.

    Meiner Meinung nach sind die Forderungen richtig, aber es muss generell mehr auf den Vollzug geschaut werden, soll „resozialisierung“ nicht nur eine hohle Phrase sein. Überlegt nur mal wie sich ein Mensch fühlt, wird er Buchstäblich wie ein Tier behandelt über Jahre. Mehr Respekt gegenüber der Gesellschaft erzeugt das nicht unbedingt denke ich.

  6. @Rene – Meiner Meinung nach stellt sich die Frage schon, vor allem nach dem ersten Kommentar! 🙂

    @Informant – Ich bin mir sicher du meinst nicht mich sondern Rene, ich hab nix von U-Haft oder Tablets geschrieben (-;
    Aber weißt du, es ist echt schwierig sich vorzustellen „wie sich ein Mensch fühlt, wird er Buchstäblich wie ein Tier behandelt über Jahre“. Für mich ist es genauso schwer mir überhaupt vorzustellenin den Knast zu kommen, weil ich möglicherweise andere Menschen wie Tiere behandelt habe o.Ä. Immerhin reden wir ja hier von Strafgefangenen (in der Hoffnung, dass sie nicht unschuldig hinter Gittern sitzen!), die ja meist nicht gänzlich unschuldig an ihrer Lage sind. Natürlich gibt das niemandem(!) das Recht sie schlecht oder unmenschlich zu behandeln, aber „die Gesellschaft“ ist ja auch bekanntlich nicht scharf darauf solche Menschen unter sich zu haben … obwohl sie sie sogar finanziert, Gefängnisse sind schließlich staatliche Einrichtungen zur Unterbringung von verurteilten Strafgefangenen und keine Hotels, das sollte man bei der Debatte vllt. auch nicht vergessen. Ich kenne sogar Leute, die sagen, dass es Menschen gibt, denen das Recht aufs Menschsein verwehrt werden soll. Das ist nicht (!) meine Meinung, aber ich würde ehrlich gesagt auch keine Freudensprünge machen, wenn ich in meiner Nachbarschaft einen Ex-Knacki hätte. Vorurteile kann man eben nur durch Begegnungen abbauen und bisher kenne ich lediglich einen jungen Mann, der wegen übertriebener Notwehr für ’ne Weile einsaß und nach wie vor keinen Job bekommt … Keiner nimmt ihn, obwohl alles schon ein paar Jahre her ist. Da ist’s völlig egal, ob er einen Internetzugang, einen großen Freundeskreis, Arbeitsambitionen usw. hat oder nicht und es liegt sicher auch nicht am grausigen Arbeitsmarkt.

    @Halina – Okay, dann wäre es ja tatsächlich hirnrissig den Internetzugang verbieten zu wollen. Die Sicherheitsmaßnahme/Überwachung/Kontrolle müsste dann vermutlich auch auf den Einzelfall angepasst werden – umständlich und wohl auch kostenintensiv.

  7. liebe juke,

    es ist für dich unvorstellbar in den knast zu kommen? dann schau einmal durch das strafgesetzbuch, für was du alles in den knast kommen kannst. und schau dir durchaus mal ersatzfreiheitsstrafe an, was das meint. oder schaust dir mal an, was gerade im mietrechtsänderungsgesetz passiert ist. und wenn du dann noch lust hast, lies mal ein kriminologie-lehrbuch. hört sich schlimmer an als es ist. es gibt soviele gründe, warum menschen kriminell werden, dass ich mich sehr hüten würde zu sagen, mir passiert sowas auf gar keinen fall.

    und wer einmal einen knast besucht hat, der weiß, dass es keine hotels sind. im übrigen -und das ist die kernauseinandersetzung- soll knast gerade der resozialisierung dienen (ob er das kann, ist eine andere frage). der grundgedanke ist eben, dass dir lediglich die bewegungsfreiheit entzogen werden soll.

  8. ach halina,
    von unvorstellbar war ja nicht die rede, nur, dass es für mich schwierig ist mir das vorzustellen … das mit dem mietrechtänderungsgesetz ist übrigens die höhe, aber das weißt du ja! 🙁

  9. @Informant: Ich beziehe Deine Äußerungen zu den Tablets mal auf mich. Ich habe durchaus einige Erfahrung, was den Alltag in Gefängnissen angeht. Ich arbeite wöchentlich in einer Jugendstrafanstalt. Das ist nicht ganz mit dem Erwachsenenvollzug zu vergleichen, zumal einige Bedingungen noch verschärfter sind. Aber zumindest erfreuen sich diejenigen Inhaftierten, die ich kenne, durch die Bank weg an funktionierenden Steckdosen – was nicht zuletzt auch die häufigen Funde von „DIY-Tauchsiedern“ bestätigen. Und ob nun eine funktionierende Steckdose da ist oder nicht, inwieweit ungerechtfertigt eine U-Haft verhängt wird oder eben nicht und ob der Zellenraum groß genug ist, ist noch keine Aussage darüber, ob mir in der U-Haft die Nutzung eines Tablets (von mir aus auch eines alten Laptops, Handys, sonstwas) einfach so versagt werden kann. Angenommen ich säße in U-Haft, dann säße ich dort nicht als verurteilter Straftäter, dem eine Schuld gerichtlich nachgewiesen wurde. Sondern ich säße da, weil andere Leute annehmen, ich wäre ziemlich eindeutig schuldig an irgendwas und ich könnte in Freiheit etwas vertuschen oder so. Ich säße also dort ein, weil ich wahrscheinlich etwas begangen haben könnte, wofür man gemeinhin im Knast landen könnte – wohingegen viele U-Häftlinge im folgenden Prozess gar keine Haftstrafe aufgebrummt bekommen, das ist aber wieder ne andere Sache.

    Im Grunde will ich nur darauf hinaus, dass die rechtlichen Umstände einer U-Haft explizit andere sein müssen und sind und eine solche Rechte-Einschränkung, wie im Regelvollzug in der U-Haft nicht stattfinden dürfte. Aus dieser Erwägung nehme ich die Idee, dass (rein theoretisch und natürlich eine Steckdose vorausgesetzt) die Mitnahme und Nutzung meines Tablets (ich hab übrigens gar keines, schade eigentlich) erlaubt sein müsste. Wenn ich mithilfe des Internets in der U-Haft nichts ausüben könnte, was nach § 119 Abs. 1 StPO zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr verhindert werden müsste, dann hätte ich gerne die gottverdammte Freiheit, dieses gottverdammte Internet auch nutzen zu dürfen. Vielleicht muss ich ja nebenbei lebenswichtige Lottotipps abgeben, Medikamente oder Tierfutter bestellen, Bewertungen bei Einkaufsportalen schreiben oder mich auf hochdotierte Referentenjobs bei kommunalen Energieunternehmen bewerben oder eine mehr als 5 Euro teure Flasche Wein bestellen. Ganz egal, ob ich nun der Straftäter bin, für den mich die Leute hielten, solange sie es mir nicht nachgewiesen haben, wäre es mir egal, ob sie mich sympathisch finden oder sie den Knast nicht für ein Hotel halten – für mich gälte die Unschuldsvermutung und von daher auch das Recht auf mehr Rechte als „gemeinen“ Strafgefangenen.

    Und da wohl nicht ganz ausgeschlossen werden kann, dass ich vielleicht doch was verdunkeln will, müsste sich die Justiz Gedanken machen, wie sie meine Internetnutzung so gestaltet, dass ich das nicht kann. Und wenn sie darauf eine Lösung gefunden hat, dann sollte sie sich bzw. die Politik fragen, ob dieses neumod´sche Internet nicht doch ganz prima für die Resozialisierung, also für die Heranführung an die haftexternen, lebensweltlichen Bedingungen nützlich sein könnte. Da sind wir wieder beim Glaubenskrieg. Ich denke, dass ohne eine hinreichende Internetkompetenz ein Zurechtkommen in Freiheit – gerade nach sehr, sehr, sehr langen Haftstrafen – nur spärlich möglich ist. Das wiederum sollte all denen zu denken geben, die den Knackis nicht über den Weg trauen – denn wenn die in Freiheit keine Chance haben, up to date zu sein, sind die Chancen, wieder straffällig zu werden, größer.

    Wer im Knast sitzt, soll bestraft werden – soweit so klar – aber gleichzeitig auch resozialisiert, also befähigt, zukünftig ohne Straftaten und in den aktuellen Bedingungen der Gesellschaft klar zu kommen. Knäste sind keine Rache-Institutionen, die bei Wasser und Brot die Vorzüge der Welt „da draußen“ allen Inhaftierten verwehren sollen. Wer den Inhaftierten das Internet, den Fernseher, größere Räume, eine haftinterne Ausbildung/Arbeitsstelle, Bildung, eine Zeitung, angemessene Ernährung, Gesundheitsversorgung, ordentliche Kleidung, Kulturveranstaltungen oder sonstwas versagen will, will sich einfach nur rächen. Der Freiheitsentzug ist schon ne ziemlich harte Kante, dass merkt man auch, wenn man auf der Seite mit den Schlüsseln steht und jeden Tag wieder heim gehen kann.

    Insofern, @JUKE, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Internets (z.B. bei der Jobsuche) für mich immer noch nicht. Ich habe es aus der Sicht der U-Haft gefragt. In U-Haft ziemt es sich nicht, mir den Netzzugang zu verwehren, wenn ich genauso effektiv einen Brief schreiben könnte. Da ich nicht verurteilt bin, habe ich mehr Rechte zu genießen. That´s it. Und da hat mir niemand vorzuschreiben, ob ich die Jobsuche mit ausgeschnittenen Tageszeitungsannoncen oder lieber doch mit nem Jobportal zu machen habe – wenn ich das z.B. mit Mitteln machen könnte, die ich selbst zur Verfügung hätte (also einem eigenen Tablet bspw.) und nicht von der Justiz gestellt bekommen müsste (was ja aus Kostengründen schon versagbar wäre). Das ist meine Auffassung. Ob das Online-Jobportal mehr bringt ist doch zweitrangig. Zumal diese Sinnhaftigkeit in U-Haft nicht einmal vor dem Hintergrund einer effektiven Resozialisierungsmaßnahme hinterfragt, evaluiert oder bewertet werden muss.

  10. Hallo Juke,
    frag einfach mal den Sozialwissenschaftler Andrej Holm.

  11. Pingback: Nicht schlecht | Blog von Halina Wawzyniak

  12. Pingback: Nicht schlecht « DIGITALE LINKE

  13. Pingback: Links (45) vom 31.12.2012 bis 06.01.2013 – CBeuster

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert