Es war einmal …

… vor langer, langer Zeit als in Deutschland der Sommer noch ein solcher mit Sonne war. Während in Deutschland die Menschen unter der Hitze stöhnten, regnete es in Südeuoropa ständig und war verhältnismäßig kalt. Eine Linderung der Hitze in Deutschland zeichnete sich nicht ab. Die Bereitschaft Erwerbsloser zur Linderung der Hitze in der Produktion von Sonnenschirmen zu arbeiten und eine diesbezügliche Umschulung zu absolvieren war groß. Doch die Unternehmen hatten daran kein Interesse. Wer weiß, wie die nächsten Sommer sind, dachten sie sich.  Wenn sie wieder so sind wie die Sommer jetzt in Südeuropa, dann haben wir lauter Sonnenschirmbauer aber benötigen keine Sonnenschirme mehr. In Südeuropa wiederum gab es aufgrund der dort eigentlich üblichen Sommer genügend Sonnenschirmbauer. Da der Sommer dort aber verregnet und kalt war, bestand kein Bedürfnis nach Sonnenschirmen und sie waren meist erwerbslos.

Die brütende Hitze und die fehlenden Sonnenschirme beschäftigten auch die Politik in Deutschland. Der Wetterminister hatte zunächst dafür gesorgt, dass in Deutschland Sommer und Südeuropa kaltes und regnerisches Wetter war. Er machte den Vorschlag,  die in Südeuropa vorhandenen Sonnenschirmbauer nach Deutschland zu holen um schnell und effektiv Sonnenschirme zu produzieren und somit Abhilfe gegen die Hitze zu schaffen. Die Unternehmen hatten nichts dagegen, schließlich gab es noch keinen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser Vorschlag war für sie billiger als die Umschulung von Erwerbslosen in Deutschland zum Sonnenschirmbauer. Andere im politischen Deutschland formulierten, dass es doch völlig egal sei wer die Sonnenschirme nun baut, Hauptsache es gibt sie endlich. Am besten sei sowieso wenn es eine europaweite Koordinierung des Sommers und  Sonnenschirmproduktion gebe, schließlich zeige sich das die Sommer mal im Süden, mal im Norden, mal im Osten und mal im Westen besonders heiß sind. Im übrigen müsste aber die Unternehmen endlich ihren Beitrag zum Abbau der Erwerbslosigkeit leisten und der gesetzliche Mindestlohn kommen, damit kein Lohndumping erfolge.

Eine Spitzenmeldung produzierte ein Spitzenpolitiker der „Rettungschirm für Sonnengeschädigte„-Partei (RfSP). Dieser formulierte: „Bevor die erwerbslosen Sonnenschirmbauer aus den südlichen Ländern Europas abgeworben werden,  müssen wir eine Umschulungsoffensive in Deutschland starten und die Erwerbslosen die ja bereit sind sich an der Produktion von Sonnenschirmen zu beteiligen umschulen.“ 

Mitglieder der RfSP reagierten aufgeschreckt. Über die Presse ebenso wie über Twitter und Facebook meldeten sich Politiker/innen der RfSP zu Wort und wiesen die Aussage zurück, meldeten aber auch erhebliche Zweifel an ob diese Aussage von dem Spitzenpolitiker der RfSP tatsächlich so gesagt wurde. Dem Politiker der RfSP wurde das Ganze ein wenig unheimlich. Wenige Stunden nach seiner Aussage und den Widerworten aus der eigenen Partei wurde aus seinem Büro auf Anfrage ein „Originalzitat“ verschickt, welches in den sozialen Netzwerken kursierte.  „Wir wollen das schnell Sonnenschirme hergestellt werden und es ist uns egal, ob sie von Menschen aus Ost-, West-, Süd- oder Nordeuropa produziert werden.  Aber der Wetterminister will etwas ganz anderes. Erst sorgt er dafür, dass in anderen Teilen Europas der Sommer kein Sommer mehr ist  und treibt damit die Sonnenschirmbauer in eine dramatische Krise und zerstören Millionen Arbeitsplätze, und dann sollen die Sonnenschirmbauer nach Deutschland abgeworben werden. Das ist genau das falsche Rezept. Wer den Sonnenschirmbauern wirklich helfen will, muss europaweit für ein ausgewogenenen Sommer sorgen.  Zur Wahrheit gehört auch, dass die deutschen Unternehmen sich weigern Sonnschirmbauer einzustellen und umzuschulen, weil es ihren Profit schmälern würde.  Die RfSP fordert seit Jahren einen gesetzlichen Mindestlohn und Umschulungsmaßnahmen.“

Viele in der RfSP atmeten auf. Ist ja doch nicht so schlimm wie gedacht, meinten sie. Der beste Freund des die Aufregung verursachenden Spitzenpolitikers verschickte eine E-Mail an alle zur Verfügung stehenden Adressen, in welcher er nicht nur auf das „Originalzitat“ verwies, sondern auch noch jede Menge programmatische Forderungen der RfSP verschickte. Gleichzeitig bat er doch ausdrücklich darum, dass die Mitglieder der RfSP solidarisch mit dem Politiker umgehen.

Während für viele in der RfSP die Angelegenheit damit beendet war regte sich bei einigen Mitgliedern Zweifel.  Das Originalzitat des Politikers befand sich nämlich auf keiner seiner offiziellen Websites. Es wurde nur in den sozialen Netzwerken verteilt und weder von der RfSP noch vom Spitzenpolitiker selbst war lautes Lamentieren zu vernehmen, dass es ein Skandal sei, dass die Presse den Spitzenpolitiker zitiert mit einem Zitat welches im „Originalzitat“ nicht ansatzweise auftaucht. Einige aus der RfSP wiesen darauf hin, dass das Ein-Satz-Zitat immer noch in der Welt steht und nur dann richtig gestellt werden könne, wenn eine Gegendarstellung gemacht werden würde. Bei solch offensichtlichen journalistischen Mängeln könne das ja kein Problem sein.

Doch es passierte nichts. Weder gab es eine Gegendarstellung noch wurde öffentlich beklagt, dass ein Zitat derart entgegen journalistischer Sorgfalt verwendet wurde. Einige in der RfSP kamen zu dem Schluss, dass vielleicht das Ursprungszitat tatsächlich so gesagt wurde, aber beweisen konnten sie es nicht.

Die Sommer sind seit diesem Vorfall verregnet.

9 Replies to “Es war einmal …”

  1. @linksman: der link führt bei mir ins leere. und mein märchen ist ja ein märchen, welche assoziationen wer beim lesen hat, liegt nicht in der hand des/der märchenerzählerin

  2. jupp… ein märchen von halina. wie immer halt!

  3. … und am Ende wundern sich sämtliche Politiker, Märchenerzähler, Sonnen- und sogar Regenschirmbauer, dass Menschen kein Interesse an ihrem Tun mehr haben.

  4. jupp, dieser link funktionierte. ich lese, dass jemand über thesen von petra pau aus dem jahr 2000 schreibt. die thesen werden nicht mitgeliefert, soweit ich das sehe. das macht es schwierig. soweit ich das aber in erinnerung habe -so ganz weit hinten in der ecke- fand ich das damals nicht richtig. aber einen beleg habe ich natürlich dafür nicht, weil noch kein blog und kein twitter.

  5. strategische ausgangslage in meinen augen korrekt beschrieben. vollste zustimmung zu „Die PDS-Position „Offene Grenzen für Menschen in Not“ deckt nur einen Teil dieses Politikfeldes ab, nämlich den Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Das gilt zumindest dann, wenn man unter Not im wesentlichen Verfolgungssituationen begreift sowie Kriege, Bürgerkriege, Hunger- und ökologische Katastrophen. Diese Position steht nicht zur Disposition. Sie muss offensiv verteidigt und weiter ausgebaut werden.“ ob es klug ist, asyl- und flüchtlingspolitik von einwanderungspolitik zu trennen, weiß ich nicht so recht, wäre spannend zu wissen, wie die autorinnen das heute sehen. auffallend ist jednfalls, dass in punkt 2 einwanderung und flucht wieder durcheinandergewürfelt wird, wobei die kritik an quoten richtig ist. 2 a) bis 2 e) teile ich nicht. allerdings dürfte sich einiges dort angesprochenes durch die eu (u.a. arbeitnehmerfreizügigkeit) erledigt haben. punkt 3 in ordnung. soweit auf die schnelle am späten abend.

  6. Guter Beitrag vom linken Blogger Jörg Wellbrock zum Thema: http://www.spiegelfechter.com/wordpress/127293/offenbar-will-philipp-rosler-importweltmeister-werden

    Zitat:
    „Sahra Wagenknecht […] forderte, zunächst die „verlorene Generation“ in Deutschland durch eine Ausbildungsoffensive in Lohn und Brot zu bringen, nachdem sie eine Ausbildung gemacht habe. Mit Verweis auf die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit machte sie deutlich, dass im Mai 2013 eine knappe Million Menschen zwischen 15 und 35 Jahren keinen Job hätten. Die Hälfte davon stehe ohne abgeschlossene Ausbildung da.
    Würde Rösler sich tatsächlich durchsetzen und gezielt arbeitslose Jugendliche aus den südlichen Ländern bei uns anwerben, wäre es um die Stimmung in Deutschland schlecht bestellt. Das fremdenfeindliche Gebrüll „Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“, das schon vor 10 oder 15 Jahren lautstark zu vernehmen war und bis heute nicht abgeklungen ist, bekäme in Zeiten wie den heutigen neues Futter und würde Ausländerhass schüren. Wahrscheinlich in Ausmaßen, die die bisherigen noch übertreffen würden.“

    Auch dies sollten unsere Freunde der „offenen Grenzen für alle“ bedenken.

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