Die Sache mit dem Mindestlohn – Teil II

Über „Die Sache mit dem Mindestlohn“ habe ich eigentlich hier schon mal geschrieben.

Aus aktuellem Anlass will ich heute einen Teil II beitragen (und danke Stefan Liebich für die Anregung). Der Peer und die Katrin sollen erklärt haben, wenn die rosane und die grüne Partei die Bundestagswahl gewinnen würden, gäbe es ab 2014 einen Mindestlohn. Soso.

Schauen wir einmal ein wenig zurück. Schauen wir doch mal auf den 2. Juli 2002 und hier die 248. Sitzung des 14. Deutschen Bundestages. Im Plenarprotokoll ab Seite 25020 geht es auch um den gesetzlichen Mindestlohn. Die Regierungskoalition damals war rosa und grün (gern auch als rot-grün bezeichnet), also jene die jetzt versprechen den Mindestlohn einzuführen. An jenem 2. Juli 2002 stand neben vielen anderen Anträgen auch ein Antrag der PDS auf der Tagesordnung mit dem Titel: „Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen Mindestlohns“. Coole Sache. Hätten Rosa und Grün am 2. Juli 2002 einfach zugestimmt, hätten wir uns zehn weitere Jahre Diskussion erspart und diejenigen die einer Erwerbstätigkeit nachgehen hätten ein vernünftiges Einkommen. Rosa-Grün hätte ja eine Mehrheit gehabt. Aber wir wissen ja: Hätte, hätte, Fahrradkette.

Tatsächlich passierte im Bundestag aber das:

Bundeskanzler Schröder freute sich über einen sinkenden Spitzensteuersatz. „Der Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer einschließlich Gewerbesteuer lag 1998, also zur Zeit der schwarz-gelben Koalition, bei 53 Prozent. Im Jahr 200beträgt er 48,5 Prozent und im Jahr 2005 wird er bei 42 Prozent liegen. Das ist der historisch niedrigste Spitzensteuersatz, den es jemals gegeben hat.“  Und in Bezug auf die langsam bekannt werdenden Vorschläge der Hartz-Kommission (in der im Übrigen auch zwei Gewerkschafter/innen mitgearbeitet haben) meinte er: Herr Hartz hat mit diesen Vorschlägen seinen Ruf als innovativer Reformer, aber auch als Anwalt sozialer Gerechtigkeit bestätigt.“ Das Plenarprotokoll vermeldet an dieser Stelle: Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Friedrich Merz für die Unionsfraktion skizzierte eine soziale Kahlschlagspolitik. Diese ist in diesem Zusammenhang aber nicht weiter zitierenswert (wer will kann ja im Protokoll nachlesen), denn die Union war, ist und bleibt -wohl- bei einem Nein zu einem gesetzlichen Mindestlohn.

Peter Struck redete für die SPD auch so einiges, beschäftigte sich auch mit den Vorschlägen der Hartz Kommission und den Rentenversicherungsbeiträgen aber sagte kein Wort zum Mindestlohn.

Die FDP wurde von Guido Westerwelle in der Debatte vertreten, auch er -wenig überraschend- hatte nichts zum Thema Mindestlohn zu sagen. Aber bei der FDP ist das ja auch klar: Dagegen.

Die Grünen wiederum ließen Joseph Fischer das Wort ergreifen. Der arbeitete sich am nicht anwesenden Stoiber ab und hielt eine Wahlkampfrede.

Roland Claus wies für die PDS-Fraktion im Hinblick auf die Hartz-Kommission darauf hin, dass eine Reform der Arbeitswelt und keine Reform der Arbeitslosenwelt“ benötigt wird. Und er ergänzte: …, dass Sie sich auf den Wogen einer Diskriminierungskampagne bewegen. Sie rechnen kühl durch: Es gibt 40 Millionen Erwerbstätige und 4 Millionen Arbeitsuchende in dieser Republik und Sie fragen sich, ob man bei den 40 Millionen nicht Punkte machen kann, indem man die 4 Millionen zwar nicht offen, aber doch hinter vorgehaltener Hand ein wenig diskriminiert und eine „Selber schuld“- Diskussion in die Wege leitet. Eine solches Vorgehen wird sicherlich Stimmen bringen. Es ist dennoch verantwortungslos.“

Viele weitere Redner/innen meldeten sich zu Wort. Über den Mindestlohn wurde nur noch von Pia Maier (PDS) gesprochen. Sie begründete den Antrag zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns unter anderem mit den Worten: „Dass Arbeit arm macht, können wir nicht akzeptieren. (…) Die PDS fordert 9,42 Euro für jede gearbeitete Stunde, egal was, egal ob in Ost oder West.

Nach den Reden wurde abgestimmt. Im Protokoll heißt es dann: „Tagesordnungspunkt 3 l: Beschlussempfehlung desselben Ausschusses. Die Fraktion der PDS hat einen Antrag zur „Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen Mindestlohns“ eingereicht. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS angenommen.“ Kurz und knapp zusammengefasst: Am 2. Juli 2002 stimmte allein die PDS für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien sagten Nein zum gesetzlichen Mindestlohn. 

Nun also soll mit Rosa-Grün ein gesetzlicher Mindestlohn ab 2014 kommen. Ganz ehrlich: Schön wäre es. Was sinnvoll und richtig ist, muss unterstützt werden. Sollte es soweit kommen, dann hat sich der jahrelange Kampf der PDS und später der LINKEN gelohnt. Es wäre auch unser Erfolg. Ohne PDS und LINKE hätte sich wohl nichts bewegt. Soweit ich das überblicke wurde im Wahlmanifest 2005 der SPD  noch kein Mindestlohn gefordert. Im Regierungsprogramm 2009 wurde formuliert:  Wir werden in möglichst vielen Branchen allgemeinverbindliche tarifliche Mindestlöhne ermöglichen. (…) Unser Ziel ist ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn, der eine Grenze markiert, unter die Löhne nicht fallen dürfen. Eine Mindestlohn-Kommission soll ihn festsetzen. Wir gehen davon aus, dass ein Mindestlohn von 7,50 Euro zurzeit eine sinnvolle Orientierungsmarke ist.“ Okay, es scheint unklar zu sein, ob die SPD nun allgemeinverbindliche tarifliche Mindestlöhne will oder einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, aber sie scheint nicht mehr so verbockt in dieser Frage zu sein wie noch 2002.  Die Grünen waren ein wenig schneller, auch wenn sie in ihrem Wahlprogramm 2005 keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn forderten, sondern: „… regional und branchenspezifisch differenzierte Mindestlohnregelungen ein, die armutsfeste Löhne gewährleisten. Wo armutsfeste, allgemein  verbindliche Tarifverträge nicht zustande kommen und in tariffreien Bereichen muss es eine rechtlich verbindliche Mindestlohngrenze geben.“ Im Wahlprogramm 2009 wurde dann präzisiert: Mit einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in  höhe von wenigstens 7,50 Euro je Stunde wollen wir sicherstellen, dass man von seiner Arbeit auch leben kann.“ 

Glaubt man/frau den Presseverlautbarungen, wollen Peer und Katrin einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Die Grünen haben das so in ihrem Wahlprogramm stehen und die SPD hat dies ebenso im Wahlprogramm aufgeschrieben. Hätten SPD und Grüne also eine Mehrheit und würden sich an ihr Wahlprogramm halten, könnte es tatsächlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn geben. Aber wir wissen ja: Hätte, hätte, Fahrradkette.

Eine Mehrheit für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn gibt es nur mit der LINKEN. Und eine Erinnerung der SPD und der Grünen an ihre eigenen Aussagen im Wahlprogramm -nicht nur in dieser Frage- gibt es auch nur mit der LINKEN. DIE LINKE würde zusätzlich noch Druck aufmachen, was die Höhe des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes angeht. Wir fordern einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 EUR, der bis zum Ende der Legislaturperiode an der Marke 60% des nationalen Durchschnittslohns ausgerichtet werden soll.

Das sind dann schon mal drei gute Gründe für die anstehenden Bundestagswahlen. 🙂

3 Replies to “Die Sache mit dem Mindestlohn – Teil II”

  1. nun ja, langsam müsste auch dem allerletzten hampel klar sein, daß man dem „finanzexperten“ und der „betschwester“ nicht mehr glauben kann und darf als den (…), für die sie da antreten. und man darf sicher sein, daß ein von rosa-oliv gewährter mindestlohn allerhöchstens auf hartz 4 niveau liegen dürfte, evtl sogar noch darunter.

  2. beim kommentar von landbewohner wurde eine formulierung durch „(…)“ ersetzt um möglicherweise entstehenden zivil- oder strafrechtliche konsequenzen zu vermeiden sowie ein mindestmaß an kultur im rahmen der kommentare zu ermöglichen.

  3. Na, an der SPD und den Grünen muss man sich nicht abarbeiten. Einfach rechts liegen lassen.

    Um die Forderung der Partei Die Linke von 10 € / h Mindestlohn nicht von der SPD, den Grünen oder den Medien als utopisch oder als Überbietungswettbewerb denunzieren zu lassen, mag man mal eine Rede von Michael Sommer aus dem Jahr 2005 lesen, worin er einen Mindestlohn von 7,5 € setzt und das begründet.

    http://www.dgb.de/themen/++co++d33e4bda-3674-11df-5e49-00188b4dc422

    Jetzt kommt der Clou.

    Rechnet man diesen Mindestlohn mit einer jeweiligen 3%igen Lohnsteigerung pro Jahr für die gesamten 8 Jahre ab 2005 bis heute, kommt man für 2013 auf einen Mindestlohn von 9,5 €. Das ist schon ziemlich nah an der Forderung der Partei Die Linke. Und so etwas sollte man für die eigene Argumentation nutzen.

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