Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung

Nachdem bereits in der letzten Sitzungswoche im Bundestag bereits im Plenum debattiert wurde (meine Rede gibt es hier), war heute die Anhörung im Rechtsausschuss.

Die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen (soweit vorhanden) können hier nachgelesen werden. In der Rechtsausschusssitzung wurden verschiedene Themen behandelt, ich will mich gleich auf einige wenige konzentrieren.  Sicherlich ist es überdenkenswert statt „Abgeordnetenbestechung“ besser von „Mandatsträgerbestechung“ zu reden, die betroffenen Personen sind so besser erfasst. Aber ehrlich gesagt ist das für mich nicht entscheidend für die Frage, ob ich einem Gesetz zustimmen würde oder nicht.

Nun aber zu den eigentlichen rechtichen Problemen. Der Gesetzesvorschlag lautet: „Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

I.

Nach dem Gesetzentwurf liegt eine Strafbarkeit nur vor, wenn eine Handlung oder Unterlassung „im Auftrag oder auf Weisung“ vorgenommen wurde. Das ist sicherlich problematisch, auch wenn in der Gesetzesbegründung deutlich darauf hingewiesen wird, dass es nicht um eine rechtstechnische Formulierung  handele sondern im Sinne des „allgemeinen Sprachgebrauchs“ zu verstehen sei. Dann wäre es aber in meinen Augen sinnvoll -und wurde von mir sowohl in meiner Rede und im Rechtsausschuss vorgeschlagen- zu formulieren: „Handlung oder Unterlassung in Wahrnahmung des Mandates“. Dies würde -glaubt frau der Gesetzesbegründung- das Problem zu lösen.

II.

Es wurde eine Unbestimmtheit hinsichtlich des „ungerechtfertigten Vorteils“ kritisiert. Das fand ich nun nicht einleuchtend, denn in Abs. 4 S. 1 wird dieser klar normiert. Abs. 4 S. 1 lautet: Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht.“ Das ist normenklar und verhindert, das Richter/innen aufgrund ihrer eigenen sittlichen Wertung urteilen. Der Sachverständige Jäckle spricht insoweit von einem „originellen Weg, der einen Gedanken aufnimmt, welcher sich in dem 2013 von den Abgeordneten Siegfried Kauder, Burkhard Lischka, Jerzy Montag und Raju Sharma vorgelegten interfraktionellen Entwurf (…) findet.“  Wer -wie DIE LINKE- Probleme mit zum Beispiel den Verhaltensregeln des Bundestages hat, muss diese ändern und strenger machen. Wenn nun aber ein zurück zur Formulierung gefordert wird, ein ungerechtfertigter Vorteil liege vor, wenn er gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten“ verstoße, dann ist das viel unbestimmter und lässt jeglichen Raum für Richterrecht und damit lauter Schlupflöcher. Der Verweis,  kommunale Vertretungen haben keine Verhaltensregelungen ist nicht überzeugend.  Dann müssen sie sich halt welche schaffen. Wenn kritisiert wird, Verhaltensregelungen können auf den verschiedenen Ebenen unterschiedlich sein und damit entstehe eine unterschiedliche Strafbarkeit, dann ist das zwar zutreffend, liegt aber in der Materie der Regelung. Die einzige Lösung die ich sehe, wäre hier festzulegen, ein ungerechtfertiger Vorteil liegt vor, wenn eine Zuwendung den Wert von x Euro übersteigt.  Kann man/frau machen. Ich wäre für 20 Euro. Aber -ich hätte damit kein Problem- das heißt dann eben auch, dass ein ungerechtfertigter Vorteil immer dann gegeben ist, wenn der Wert von 20 Euro -in meinem Beispiel- überstiegen ist.

III.

Es gibt die Kritik, im Gesetzesentwurf fehle die „Dankeschön-Spende„. Die kann sicherlich mit aufgenommen werden, besser wäre aber ein Spendenannahmeverbot für Mandatsträger im Abgeordnetengesetz und in den Verhaltensregeln aufzunehmen. Dann stellt sich das Problem nämlich gar nicht. Dies ist vor allem deshalb die beste Lösung weil rein rechtspolitisch betrachtet für eine Strafbarkeit eine Kausalität erforderlich ist. Wie eine solche bei einer „Dankeschön-Spende“ nachgewiesen werden soll, wenn der/die Spender/in nicht auf den Beleg schreibt „für x oder y“ ist mir nicht ganz einleuchtend. Hier  würde eine Ermittlungsbefugnis für Staatsanwaltschaften geschaffen, die bei jeder vermeintlichen „Dankeschön-Spende“ eintritt. Denn es muss ja ermittelt werden, ob eine Kausalität zwischen Spende und vorheriger Handlung oder Unterlassung besteht. Dann doch lieber ein Spendenverbot an Mandatsträger/innen, die dann aber im Abgeordnetenrecht und den Verhaltensregeln geklärt werden muss und nicht im StGB.

IV.

Nicht nachvollziehen kann ich den Vorschlag  „als Gegenleistung“ zu streichen. Das streichen der „Gegenleistung“ als Tatbestandsmerkmal würde bedeuten, das bestraft wird, wer einen ungerechtfertigten Vorteil (nach meiner Ziffer III. also Zuwendingen über 20 Euro) einfordert, sich versprechen lässt oder entgegennimmt, dafür das er (nach Ziffer I) in Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung oder Unterlassung vornimmt. Mal abgesehen davon, das heutzutage wohl niemand irgendeine Zuwendung macht ohne Gegenleistung, finde ich die Formulierung „Gegenleistung“ dient der Klarheit der Norm. Ohne „Gegenleistung“ würde bedeuten, dass ohne Kausalität zwischen Handlung/Unterlassung in Ausübung des Mandates eine geforderte, versprochene oder angenommene Zuwendung, wenn sie einen ungerechtfertigten Vorteil darstellt, zur Strafbarkeit führt. Nach Ziffer 3 wären das 20 EUR. Dann wäre es aber konsequent, Zuwendungen überhaupt nicht zu ermöglichen. Das würde allerdings bedeuten, das gesamte Abgeordnetengesetz umfassend zu reformieren. Sicherlich sinnvoll, aber eben gerade auch wieder nicht im StGB zu regeln.

Sicherlich geht immer mehr. Aber dieses Gesetz halte ich für Zustimmungsfähig. Da bin ich dann bei Gregor Hackmack der in seiner Stellungnahme schreibt: „Der vorliegende Entwurf löst das Spannungsverhältnis zwischen notwendiger politischer und gesellschaftlicher Handlungsfreiheit des Abgeordneten und seiner Integrität und Verpflichtung auf das Gemeinwohl in einer insgesamt akzeptablen Weise.“ Das befreit uns Abgeordnete nicht von der Aufgabe, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist durchaus weitergehende Vorschläge im Abgeordnetengesetz zu unterbreiten. Vorschläge die im StGB eine einfache und verständliche Formulierung zur Folge hätten. Diese könnte zum Beispiel lauten:  „Strafbar ist, wer als Mitglied einer Volksvertretung (…) eine Zuwendung jenseits der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung (Abgeordnetendiät, Kostenpauschale, Zuschuss zu Krankenversicherung, Amtsausstattung) im Wert von über 20 EUR entgegennimmt.“

Im Übrigen will laut Spiegel die Union den Vorschlag der LINKEN aus der letzten Wahlperiode aufgreifen, nachdem die erstinstanzliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten eröffnet werden soll. Auch die Union ist lernfähig ;-).

 

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