Adamek/Otto schreiben über die Schonung der Reichen

Manche Bücher machen mich wütend. Oder macht mich wütend, dass die Fakten auf dem Tisch liegen und nichts geschieht? Wer Sascha Adameks und Kim Ottos „Schön reich – Steuern zahlen die anderen“ gelesen hat muss wütend werden. Denn in diesem Buch wird fein säuberlich auseinandergenommen, wer hier die Sozialschmarotzer sind. Das sind all diejenigen, die ihren Reichtum nicht versteuern, ihre Gewinne gering rechnen und die dafür sorgen, dass Finanzbeamte, Betriebsprüfer und Steuerfahnder der millionenfachen Steuerflucht ohnmächtig gegenüberstehen. Das Buch ist aus dem Jahr 2009, aber schon die Zahlen von damals sind erschreckend. Und besser ist es ja nicht geworden.

Adamek und Otto zeigen auf: von einer flächendeckenden und gleichmäßigen Besteuerung kann schon lange keine Rede mehr sein. Nach bundesweiten Zeitvorgaben hat ein Finanzbeamter für die Bearbeitung einer Steuererklärung eines Millionärs (inklusive sechs Anlagen) 210 Minuten und 38 Sekunden Zeit. Fast überall entspricht die Ist-Zahl der Betriebsprüfer nicht der Soll-Zahl, insgesamt fehlen (Stand 2009) 3.000 Betriebsprüfer. Das ist um so absurder, wenn man überlegt, dass ein Betriebsprüfer im Durchschnitt 1,5 Millionen Euro an Steuern reinbringt und selbst inklusive späterer Pension 62.000 Euro im Jahr kostet. Jede Sonderprüfung bei Einkommensmillionären soll im Durchschnitt Mehreinnahmen von 135.000 Euro bringen, unter Berücksichtigung der Einkommensmillionärszahl wären das mehr als 1 Milliarden Euro.  Ach ja, und um ins Internet zu kommen musste man in so manchem Finanzamt im Jahr 2009 noch einen Antrag stellen.

Am Beispiel Commerzbank wird gezeigt wie diese (aber auch Landesbanken) in nicht unerheblichem Umfang an der Steuerhinterziehung wenigstens mittelbar beteiligt war und politischer Druck eine umfasende Aufklärung verhinderte. Adamek und Otto gehen davon aus, dass 300 Milliarden Euro auf Nummernkonten im Ausland liegen, ohne Steuern darauf zu zahlen und vermutlich unter Ausnutzung der Möglichkeit der „anonymen Bareinzahlung„.

Doch nicht nur deshalb geht es den Millionären und Milliardären gut. Nach der Abschaffung der Vermögenssteuer sparen sie kräftig, von acht Milliarden Euro im Jahr ist die Rede. Auch die Senkung des Spitzensteuersatzes und die Abgeltungssteuer lassen die Reichen lachen und weiter Geld sparen. Und schließlich ist auch die Erbschaftssteuer ein Schnäppchen, insbesondere wenn das Vermögen vorher zum Betriebsvermögen gemacht wurde (an dieser Stelle wird im Buch sehr schön der Lobbyismus und dessen Wirkung auf die zu diesem Zeitpunkt das Finanzministerium innehabende SPD dargestellt). Und schließlich gab es im Rahmen der Unternehmenssteuerreform auch noch die Senkung der Körperschaftssteuer.

Ach so, die SPD. Tja, in deren Wahlprogramm 1998 ging es auch um Steuern. Ich habe noch mal nachgelesen und weiß jetzt wieder, warum diese Partei auch 1998 keine Alternative für mich war. Im Kapitel 2 “Gerechte Steuern und solide Finanzen” wird im Rahmen der  Steuerreform u.a. die Senkung der Unternehmenssteuersätze und die Senkung des Spitzensteuersatz von 53% auf 49% angestrebt. Im Wahlprogramm wird die Rückführung der Staatsverschuldung als Ziel ausgegeben, wozu eine strenge Haushaltsdisziplin nötig ist. Wörtlich hieß es im Wahlprogramm “Deshalb müssen wir heute bereit sein, unsere Ansprüche an den Staat zurückzunehmen.

Und die Unternehmen? Die haben die Chance ganz legal ihre Gewinne zu drücken. IKEA Deutschland beispielsweise hat nur 0,02 Prozent Eigenkapital und spart zum Beispiel Steuern durch die Schuldzinsen, selbst wenn das Geld von IKEA Frankreich kommt. Und die Lizenzgebühr für die Nutzung des eigenen Namens kann auch den Gewinn senken.

Wenn mir noch irgendjemand erzählen will, es gäbe das Problem des Sozialleistungsbetruges, dann sollte es ihm entgegenschallen: Schweig! Wir wollen solange nichts davon hören, wie das Problem der Steuerhinterziehung, der Herunterrechnung des Gewinns eines Unternehmens und der mangelhaften Möglichkeiten der Verfolgung von Steuerhinterziehung nicht gelöst ist. Und mir soll solange auch niemand erzählen, bestimmte Dinge sind nicht finanzierbar. Die Steuerfrage muss gestellt werden, wann immer von Unfinanzierbarkeit die Rede ist.

10 Replies to “Adamek/Otto schreiben über die Schonung der Reichen”

  1. In Frankreich gibt es ja schon seit einiger Zeit die direkte Aktion: Bossnapping!
    Die Linke sollte diese Aktionsform auch in der BRD propagieren.
    Nicht reden – handeln!

  2. das mag deine art von politik sein, meine ist es nicht. die steuergeschenke rückgängig machen und die finanzbehörden ordentlich ausstatten würde schon reichen

  3. Ja, das ist halt der real existierende Kapitalismus der Bundesrepublik. Verwundern darf einen das nach der Ausschlachtung der DDR eigentlich niemanden, wie man hier lesen kann: http://www.verlag-neues-leben.de/veranstaltungen-1/veranstaltung/2368-Otto_Koehler_Die_grosse_Enteignung.html und hier http://www.edition-ost.de/programm-2/titel/64-Raubzug_Ost.html und hier über das vereinigte Deutschland http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=9704 und hier kann man sich das auf kommunaler Ebene ansehen: http://www.wdr.de/tv/diestory/sendungsbeitraege/2012/0430/stadt.jsp?smonat=2012-6 . Und wie immer, muss man nach den willigen und willfährigen Helfershelfern der Reichen fragen. Die aus der Union und der FDP sind bekannt, die aus SPD und Grünen muss man beim Namen nennen. Wer politisch und somit auch juristisch etwas erreichen will, muss als allererstes die SPD solange in die Enge treiben, bis die wieder so etwas wie sozialdemokratische Politik machen wollen. Denn empören reicht nicht, man muss was tun. Und man darf nicht auf deren Sprüche reinfallen. Die blinken immer so ein bisschen links, um dann ganz scharf rechts abzubiegen. Die verdrehen und verzerren die Tatsachen und verwirren damit die Menschen. Die Linke muss die Menschen über die Tatsachen und über die SPD aufklären.

  4. halina
    regt es dich auch auf, das der finanzminister von brandenburg (immerhin von der PDL) öffentlich erklärt in zukunft kein geld mehr für den ankauf von steuersünder cd´s beizusteuern? da sind ja die cdu länder weiter! wenns nicht so traurig wäre – mit unser regierungsspielerei – könnte man glatt drüber lachen! im übrigen – konsequenz aus dieser netten politik die die kassen leer lässt, entgegen vollmundiger versprechen werden lehrerstellen gestrichen und 2012 über 21 millionen euro für die bildung im rot-roten brandenburg eingespart. sind dies die lehren von rot-rot in berlin? oder sichern sich die mitspieler in rot-roter brandenburger verantwortung blos ihre altersversorgung auf kosten der wahlbetrogenen bürger? halina – alles eine soße…. aber wir wollen ja alles anders machen – fragt sich nur wo denn und wann denn?
    jens raabe

  5. halina
    nicht nur das du mal wieder nur auf einen bruchteil meines „aufregers“ eingehst, daran ist man ja inzwischen gewohnt – zeigst du zusätzlich mit deiner ausschließlich kleinkrämerisch rechtlichen antwort – dass problem vorzüglich auf. ihr sucht nicht möglichkeiten etwas zu ändern, sondern nur ausreden nichts zu ändern. angekommen eben.

  6. halina,

    ist es nun zensur oder bist du wieder auf malta? wenn malta dann kommt morgen hoffentlich nicht wieder irgendein boykottaufruf! pirker hat ja die tage was in der jw geschrieben….nicht wahr
    raabe

  7. „… ist die Ungeheuerlichkeit, mit der hier einige wie selbstverständlich sich ihrer Steuerpflicht entziehen …“

    Deshalb ist Steuerhinterziehung auch nicht, wie oft verharmlosend geschrieben wird, eine Steuersünde sondern ab einer bestimmten Summe eine Straftat, die dann auch mit Freiheitsstrafen geahndet werden kann. http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerhinterziehung#Strafandrohung . Da stellt sich einfach die Frage einer Rechtsgüterabwägung. Und eine wirtschaftliche. Denn der Ankauf von Daten zur Aufdeckung von Steuerhinterziehungen, die kriminell beschafft wurden, ist allemal preiswerter als neue Gesetze und neue Mitarbeiter bei der Steuerfahndung. Der Ankauf solcher Daten kann mit verdeckter Ermittlung im kriminellen Milieu verglichen werden, diese Ermittlungen werden ja im rechtlichen Graubereich durchgeführt. Möglicherweise gehört all das auch zum real existierenden Kapitalismus.

  8. Bei falsch deklarierten bzw. verschleierten Parteispenden müssen Parteien die doppelte Summe an den Staat zahlen. Eine ähnliche Regelung sollte für Steuerhinterziehung gelten.
    Ferner könnte der berühmte Boston-Tea-Party-Satz umgedreht werden:
    No representation without taxation – zu deutsch: Wer Seuern hinterzieht, verliert seine bürgerlichen Ehrenrechte, nebst aktivem & passivem Wahlrecht.

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