Alle reden über Personal, ich über Inhalte :-)

Das Erfolgsrezept der LINKEN bis zur Bundestagswahl 2009 lag darin, die soziale Frage ebenso wie die Frage Frieden zu thematisieren und damit enttäuschte Wähler/innen vor allem von der SPD zu gewinnen. Diese befand sich bis zum Jahr 2009 in der Regierung.

Nach den Bundestagswahlen bildete sich innerhalb der parlamentarischen Opposition ein Bündnis aus SPD und Grünen. Ob ein Wandel in der SPD stattgefunden hat oder nicht, muss nicht entschieden werden. Öffentlich wahrnehmbar profilierten sich SPD und Grüne als Opposition gegen Schwarz-Gelb. Diese zwei Blöcke stehen sich in der öffentlichen Wahrnehmung gegenüber.

Die LINKE hat darauf vor allem mit zwei Maßnahmen reagiert:

a) DIE LINKE hat darauf wert gelegt im Wettbewerb höher, schneller, weiter an allen Stellen vor SPD und Grünen zu sein

b) DIE LINKE hat öffentlich wahrnehmbar vor allem die Auseinandersetzung mit der SPD gesucht und diese mehr oder weniger als Hauptgegner angegriffen

Wenn wir von der Zwei-Lager-Theorie ausgehen, dann stellt sich die Frage wie DIE LINKE sich aufstellen muss. Wenn wir davon ausgehen, dass für uns (wahl)entscheidend ist, ob das soziale oder friedenspolitische Thema auf der Tagesordnung steht, stellt sich die Frage wie wir von dieser Konjunktur unabhängig werden.

1. Wenn die Gesellschaft sich grob in zwei Lager einteilt, kommt es für uns darauf an ohne einem Lager zugeordnet zu werden dennoch kenntlich zu machen, dass Schwarz-Gelb vom Grundansatz ihrer Politik deutlich schlechter ist als Rot-Grün. Wir müssen also deutlich machen, dass wir Rot-Grün auf richtigen Wegen unterstützen – vor allem wenn sie in eine andere Richtung als Schwarz-Gelb gehen- allerdings wir noch weiter gehen würden. Wir müssen also deutlich machen, dass ohne uns Rot-Grün droht beliebig zu werden oder dem Druck von Schwarz-Gelb nachzugeben. Mit anderen Worten: Wir müssen zum Motor für einen Politikwechsel werden.

Dies setzt im öffentlichen Auftreten aber voraus, dass wir Schwarz-Gelb als Gegner sehen und diese kritisieren, unsere Inhalte präsentieren und dann Rot-Grün als Konkurrenten deutlich machen, warum uns ihre Politik nicht weit genug geht.

2. Aus meiner Sicht ist es notwendig unsere Inhalte zu formulieren. Hier müssen mehr als Überschriften und Schlagworte her. Nötig sind realistische Konzepte mit systemüberwindendem Ansatz. Diese Inhalte müssen transportiert werden. Das bedeutet aber, dass wir sie ins Zentrum unserer Öffentlichkeitsarbeit stellen (Pressekonferenzen, Online, Druck, Anträge, Redebeiträge). Im Zentrum unserer Inhalte steht dabei selbstverständlich die soziale und die Friedensfrage. Doch darum herum müssen wir uns breiter aufstellen. Dies meint beispielsweise konsequent sich der Frage der Demokratie zuzuwenden und die gesellschaftlich relevanten Themen wie Gesundheit, Energie und Netzpolitik aufzunehmen. Nur wenn wir nicht allein auf die soziale Frage oder die Frage Frieden reduziert werden, können wir bei Nicht-Konjunktur dieser Themen auch wahlpolitisch erfolgreich sein.

7 Replies to “Alle reden über Personal, ich über Inhalte :-)”

  1. Und ich habe erst mal Fragen…
    Die „Soziale Frage“ und die „Friedensfrage“ zu thematisieren, war nicht „das Erfolgsrezept“ bis 2009. (Das ist vielmehr eine Schutzbehauptung, weil es im Fortgang dann ja heißt, jetzt dominiert gerade die „Umweltfrage“ – eigentlich müsste uns das aber ja in die Hände gespielt haben, weil doch im Programmentwurf die Umweltfrage, der sozialökologische Umbau, eine von drei Leitideen ist.)
    In dieser Allgemeinheit hat die Aussage ahistorischen Charakter ohnepolitischen Wert. Die „soziale Frage“ wird immer wieder neu in jeweils historischer Form gestellt, von denen, die Konfliktlinien zu formulieren vermögen, entlang denen Identifikations- und Zuordnungsprozesse stattfinden können. Das war „HartzIV“ als Entwertung des wohlfahrtsstaatlich abgefederten Lebensmodells traditioneller sozialdemokratischer Arbeitnehmermilieus, als der Abschied der SPD von ihren arbeiterlichen Traditionslinien. Enttäuschung, Wut usw. sammelten sich unter anderem bei der Linken. Mit der Abwahl der SPD als Regierungspartei war diese spezifische Gestalt der sozialen Frage an ihr Ende gekommen. Es kommen immer noch andere als rationale/rationalistische Faktoren hinzu, damit eine Erfolgswelle entsteht.
    Ähnlich verhält es sich mit der angeblichen „Friedensfrage“, die seiner Zeit vor allem eine „Afghanistan“-Frage war (und ist), eine Beteiligung an einem „amerikanischen Krieg“. Bei der militärischen Einmischung in Libyen herrscht in hohem Maße Verunsicherung, ob man nicht doch mit „ein wenig Gewalt“ einen Diktator stürzen helfen sollte… Auch hier gilt: erst die Bescheibung der historischen Gestalt führt zu einer politischen Aussage.
    Folgt man diesem Gedanken, dann ist auch die These, die soziale Frage und die Friedensfrage müssten im Zentrum unserer Inhalte stehen bleiben, entsprechend zu hinterfragen. Der Mindestlohn stellte die soziale Frage ja auch nicht als „soziale Frage“ schlechthin, sondern als Frage danach, ob man von seiner Arbeit Lohn leben kann. Es wäre also nach zeitgemäßen Formen, Gestalten der sozialen Frage Ausschau zu halten, nach der Fragestellung, an der sich gesellschaftliche Konfilkte entwickeln lassen. In diesem Zusammenhang ist es schade, dass es bisher nicht gelungen ist, die blockierte Debatte zwischen „Grundsicherung“ und „Grundeinkommen“ produktiv zu entschlüsseln als Ausdruck unterschiedlicher sozialer Erfahrungen und Perspektiven, die eine neue Linke eigentlich in sich vereinigen müsste. Vielleicht ist es aber ja gerade die sich in diesen verschiedenen sozialen (Prekariats-)Lagen verbergende unterschiedliche soziale Wahrnehmungswelt, aus deren Zusammenführung eine neue, mobilisierende Gestalt der sozialen Frage zu entwickeln wäre. Oder die Frage nach der Zeitsouveränität führrt zu solchen Brüchen in der hegemonialen Ordnung, an denen Bewegung möglich ist.
    Ähnlich verhält es sich mit der Friedensfrage. Würde sich die politische Glaubwürdigkeit der friedenspolitischen Positionen, die Zahl unserer Partner und unser gesellschaftlicher Einfluss nicht erhöhen, wenn wir uns mit der gleichen Energie, mit der wir uns um NATO, Bundeswehr und Co kümmern, uns auch um „Entwicklungspolitik“, um Fragen globaler Gerechtigkeit, das Agieren der deutschen Regierung auf dem Feld der Krisenprävention usw. sorgen würden?
    Nehmen wir dann noch die nicht erwähnte, dritte klassische linke Frage, die Frage nach der Grenze zwischen Öffentlich/Gemeinschaftlich/Kollektiv und Privat/Individuell hinzu, dann ist damit ein breites Feld abgesteckt, auf dem die Hausaufgaben zu erledigen sind. Erst wenn das „Kerngeschäft“ floriert, macht auch das Breiter- Aufstellen Sinn, weil es dann nämlich keine Ersatzhandlung ist, die immer den Geruch des Unglaubwürdigen trägt.
    Selbstverständlich sollten wir rotgrün nicht „unterstützen“, wenn sie auf dem „richtigen Weg“ sind – wozu braucht es uns denn dann noch? (In diese politisch- logische Falle sind wir jüngst in RLP und BaWü geraten.) Nein, bei einer Zusammenarbeit, da geht es immer um konkrete Vorhaben und soziale Interessen und Projektionen/Identitäten, die Die Linke repräsentiert, und die „beteiligt sich“ dann an etwas, damit etwas für ihre Leute dabei raus kommt. Damit das so ist, muss nicht schlecht abstrakt „das System“ überwunden werden, sondern, und da wird es dann im Zweifel radikal und realistisch, weil eben möglich, – bestimmte „Subsysteme“, institutionelle Ordnungen und Arrangements (z.B. die bestehende Ordnung des Gesundheitssystems, usw.). Das setzt aber voraus, die jeweils bewegenden Kräfte zu erkennen, ins Spiel zu bringen, also die „soziale Frage“ konkret zu stellen.
    Vor den Antworten und vor den Personen kommen die richtigen Fragen. Spannend, ob die Partei gemeinsame Fragen formulieren kann. Das niemand das Wahlergebnis in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz positiv bewertet, weckt Hoffnung.

  2. @horst: da zu antworten schaff ich erst nach der nächsten sitzungswoche 🙁

  3. tja, die parlamentarische betriebsamkeit…. aber die käseglocke lass ich jetzt mal in ruh.

  4. Rotgrün besser als Schwarzgelb?
    Die kriegerische Hardliner-Rhetorik gerade von SPD/Grüne in der Libyen-Frage lässt die Haltung von Merkel/Westerwelle geradezu vernünftig erscheinen.
    (Ohnehin sind CDUler wie Willy Wimmer oder Jürgen Todenhöfer um Längen klüger als die Moral-statt-Verstand-Heulbojen von Rotgrün)
    Die LINKE wäre gut beraten, sich – nicht nur in dieser Frage – als unabhängiges, drittes Lager in der deutschen Politik zu positionieren.

  5. „Alle reden über Personal“? Eigentlich redet nur das Personal über Personal. Dafür wurden dieses aber nicht von den Mitgliedern gewählt. Von den Bürgerinnen und Bürgern wahrscheinlich auch nicht. Als Mitglied gehen mir diese Selbstdarsteller ziemlich auf die Nerven.

    Bezüglich der Themenvielfalt stimme ich Dir zu. Allerdings scheint mir dies auch ein Problem des Marketings zu sein. In den Kommunen treten wir doch nicht nur mit den Themen Afghanistan und Hartz IV auf.

    Vom Personal mal ganz abgesehen kann ich den inhaltlichen Vorzug von SPD-DIE GRÜNEN gegenüber CDU-CSU-FDP nicht wirklich erkennen.

  6. Mehr eigene Inhalte zu präsentieren bzw sie erst zu entwickeln halte ich auch für unabdingbar.
    Ich habe oft das Gefühl das in der Partei eine Scheu darin besteht, Konzepte zu vertreten die etwas mehr an die Wurzel des Systems gehen.
    Wir sollten als allerletzte versuchen für die anderen Parteien als Koalitionspartnerin in Frage zu kommen sondern uns immer fragen:
    Wie könnte man in diesem oder jenem Bereich ein Primat der Politik herstellen.
    (Zum Beispiel die Forderung aus dem Bundestagswahlkampf zur demokratisierung aller Lebensbereiche auch der Wirtschaft)

    Die Politik der Linken bisher die Michael Heinrich mit Hinblick als den Programmentwurf als „keynsianischer Wunschzettel für den Weihnachtsmann bezeichnet hat“ kann und darf nicht alles sein das wir fordern.

    Seit der Godesberger Wende der SPD haben linksstehende Parteien in der BRD diesen wahnsinnigen drall zur Mitte.
    Diesen Fehler darf die Linke nicht machen.

    Seine wir lieber eine Partei der Randständigkeit die versucht die Massen zu begeistern. 😉

  7. was sagst du als bezirksvorsitzende denn zur zunehmenden festivalisierung kreuzbergs?steht schon euer bezirkswahlprogramm ?

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