Ich will, dass immer die Sonne scheint

Es muss im Sommer gewesen sein, denn wir saßen draußen. Ein Jugendstammtisch. Um die Jahrtausendwende. Nie wieder haben wir so intensiv über persönliche Dinge geredet, wie an diesem Abend. Und seitdem schwirrt der Satz in meinem Kopf: „Ich will, dass immer die Sonne scheint.“ Meinen Einwand, dass dies nicht gehen würde, schobst Du beiseite. Wenigstens für diesen Abend.

Fast 20 Jahre gemeinsame Politik und ab und zu ein gemeinsamer Urlaub in großer Gruppe. Immer mal wieder ein Kneipenabend und viele Gespräche an vielen Orten. Immer ein Ratgeber, Aufmunterer. Der weinrote Motorroller, mit dem du angebraust kamst, damals 2002 im Wahlquartier. So jung und schon so professionell habe ich gedacht. Und pfiffig. Aus der Ansage „Nicht mit schwarzen Klamotten ins Morgenmagazin“ machtest Du einfach: Ein tiefdunkles Dunkelblau ist doch kein Schwarz.

Wenn jemand Europa gelebt hat, dann Du. Und das hieß auch reisen. Zum Beispiel nach Wien. Mit der Bahn. Ein „Horrortrip“, schließlich gab es ja kein Raucherabteil und die Zugfahrt dauerte gefühlte drei Tage. Wien und die Geschichte mit der Fernbedienung für den Fernseher. Die Genossen*innen der KPÖ hatten keine zwei Einzelzimmer, also teilten wir uns ein Zimmer. Du Nachteule bliebst natürlich länger wach. Also lag die Fernbedienung ordentlich auf deinem Bett, damit Du sie leicht findest. Selbstverständlich flog sie dennoch quer durch das Zimmer. Wiederholt.

Schnell in der Formulierung und klar in der Analyse. Das waren Deine Stärken. Und immer hast Du gute Laune verbreitet. Mit Dir ernsthaft streiten ging nicht. Zum streiten braucht es ja den Gegenpart. Du hast dann eher mal zwei Monate auf rein professionell und sonst „nicht miteinander sprechen“ gemacht. Um danach wieder zum vertrauten, alten Modus zurückzukehren. Nichtausgetragene Konflikte wurden einfach zu den Akten gelegt und diese verschlossen. Immer wieder hast Du nachgefragt, wie es anderen geht, die Fragen bei Dir aber nicht zugelassen. Oder jedenfalls nicht beantwortet. Oder selten. Oder meistens mit „Mir geht es gut“, auch wenn es Dir Scheiße ging.

Immer wieder bittere, ungerechtfertigte Niederlagen, wenn Du kandidiertest. Ehrlich, das Europäische Parlament hätte Dich mehr als verdient gehabt und die Partei Dich als Vizevorsitzenden auch.  Vor allem hätten sie einen wie dich gebraucht. Trotzdem bist Du  immer wieder aufgestanden und hast gekämpft.  Für Deine Überzeugung.

Für Dich galt: „Immer unter Strom und immer unterwegs.

Vielleicht scheint ja da, wo Du jetzt bist, immer die Sonne.  Wir sehen uns. Also bis später. Irgendwann.

 

 

3 Replies to “Ich will, dass immer die Sonne scheint”

  1. Ja, liebe Halina, so war er , der Dom-schön, dass du diese Worte gefunden hast…

  2. Halina. Danke. Es ist so wichtig, Freunde zu haben, gerade dann, wenn man unter Genossen lebt. Danke.

  3. Pingback: Jahresrückblick 2017 – Blog von Halina Wawzyniak

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