Langzeitwirkung eines Eigentors

Noch vor einem Jahr hätte ich vor Freude über eine solche Meldung und solche Veröffentlichungen in die Hände geklatscht. Nicht weil der Fakt der Unternehmensspende an Parteien ein Grund zur Freude ist, sondern weil es einen kurzen Zeitraum Aufmerksamkeit für das Thema Unternehmensspenden und Käuflichkeit von Parteien und Politik gibt.

Noch vor einem Jahr hat die Fraktion DIE LINKE aus ähnlichen Gründen einen Antrag vorgelegt, der auf Anträgen vergangener Wahlperioden basierte. Verbot von Unternehmensspenden an Parteien, juristisch korrekter: Verbot von Spenden juristischer Personen an Parteien, sowie Verbot von Parteiensponsoring und Begrenzung von Spenden natürlicher Personen.

Doch warum das Ganze? Begründet habe ich die Forderung unter anderem bereits hier. Aber die Argumente waren ja nicht überzeugend, also versuche ich es mal mit einem neuen Arguent und fasse die alten Argumente zusammen.

Wir haben schon jetzt eine Situation, in der Menschen die Transferleistungen beziehen oder geringes Einkommen haben weniger zur Wahl gehen als Menschen mit Durchschnitts-, hohem und höchstem Einkommen. Wir haben das Vorurteil, die Wirtschaft habe bestimmenden Einfluss auf Politik. Mit der Möglichkeit von Spenden juristischer Personen (Unternehmensspenden) wird das Signal ausgesendet: Hey, wer genügend Kohle hat, der kann auf die Politik mehr Einfluss nehmen als Menschen mit weniger Kohle. Zum Beispiel durch eine Spende. Spenden, soweit sie nicht an Wohltätigkeitsorganisationen im weitesten Sinne gehen, sondern an Entscheidungsträger/innen, werden aber nicht aus rein gutwilligen Motiven verteilt. Wer aus reinen Wohltätigkeitsgründen spenden will, der spendet nicht an Parteien. Spenden an Parteien sind indirekt eine Belohnung für bisherige Entscheidungen. Und es wird mir diesen Spenden indirekt die Erwartung ausgedrückt, es wird auch weiter so entschieden. Und damit gibt es dann doch den Einfluss von Menschen mit mehr Kohle, oder zugespitzter formuliert von Wirtschaft,  auf Politik.

Bei Spenden von juristischen Personen (Unternehmen) entscheiden nicht diejenigen, die eine Überschuss erwirtschaftet haben über die Verwendung des Überschusses, sondern andere. Die Parteien sollen an der Willensbildung des Volkes mitwirken, weswegen in ihnen auch keine juristischen Personen Mitglieder sein dürfen. Dann sollen aber auch juristische Personen keinen finanziellen Einfluss auf die Parteien ausüben. Das Verbot von Spenden juristischer Personen an Parteien ist im Kern ein kleiner aber notwendigen Schritt zur Trennung von Wirtschaft und Politik. Ein Verbot von Spenden juristischer Personen (Unternehmensspenden) gewährleistet das Prinzip der gleichen Teilhabe am politischen Willensprozess der Einwohnerinnen und Einwohner.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Ich klatsche nicht vor Begeisterung in die Hände. Ich habe kein Interesse daran, das Thema im Bundestag zu thematisieren oder gar den eigenen Antrag zu debattieren. Das sind die langfristigen Folgen des Eigentors aus dem Mai 2014.

2 Replies to “Langzeitwirkung eines Eigentors”

  1. Zitat:
    „Wir haben das Vorurteil, die Wirtschaft habe bestimmenden Einfluss auf Politik.“
    Schöner hätten es Roland „Bilfinger“ Koch, Wolfgang „RWE“ Clement, Gerhard „Gazprom“ Schröder, Dirk „Rheinmetall“ Niebel, Ronald „Deutschebahn“ Pofalla nicht formulieren können… 😉

  2. Eine Partei ist auch eine juristische Person. Das vorneweg.

    GG Art 21
    „(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

    Damit ist das Wesentliche gesagt. Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit, von mitwirken sollen oder gar müssen ist da nicht die Rede.

    Eine Partei als juristische Person ist nicht Mitglied es Parlaments oder der Regierung und kann es auch nicht sein.

    Lediglich die von den Bürgern als Abgeordnete gewählten Menschen, die einer Partei angehören können aber nicht müssen, können im Parlament sein, nicht aber Parteien selbst.

    Wer jetzt über den Begriff ‚Politik‘ die Parteien da einschmuggeln will, vernebelt die Sachverhalte.

    Das ist typisch für alle Parteien. Sie wollen damit ihre eigene Wichtigkeit oder gar einen Anspruch auf das Wirken des Parlaments oder der Regierung herausstellen, sie segeln aber unter falscher Flagge, unterstützt von Medien, die Parteifunktionäre einerseits und Abgeordnete wie Regierungsmitglieder andererseits unterschiedslos als ‚Politiker‘ bezeichnen. Parteifunktionäre sind Parteifunktionäre und keine ‚Politiker‘, außer, sie sind auch noch Abgeordnete oder Regierungsmitglieder. Da ist aber dennoch das eine vom anderen zu unterscheiden.

    Somit hat ‚die Wirtschaft‘ keinen Einfluss auf ‚die Politik‘ sondern unterstützt Parteien finanziell oder materiell.

    Ein Einfluss der Wirtschaft auf die tatsächliche Politik, nämlich auf Abgeordnete oder Regierung, wäre strafbare Bestechung. Auch ein ebensolcher Einfluss der Parteien. Dort käme noch ein grundgesetzwidriger Übergriff auf die Rechte der weisungsunabhängigen Abgeordneten hinzu.

    Chinesisches Weisheit

    „Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen.“

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