Parteienfinanzierung und Würstchen

Heute hat im Innenausschuss die Anhörung zur Änderung des Parteiengesetzes stattgefunden. Es ging zum einen um den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD und zum anderen um den Antrag der Fraktion DIE LINKE. In der ersten Lesung habe ich zu beiden Anträgen geredet.

Wie die staatliche Teilfinanzierung funktioniert, habe ich hier versucht zu beschreiben. In aller Kürze: Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung haben nur Parteien, die  nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht (§ 18 Abs. 4 Parteiengesetz) und einen Rechenschaftsbericht vorgelegt haben. Es gibt eine absolute Obergrenze (§ 18 Abs. 2 Parteiengesetz). Alle Parteien, die an der staatlichen Parteienfinanzierung teilnehmen, können zusammen nicht mehr Geld erhalten als mit der absoluten Obergrenze festgelegt. Die jeweiligen Parteien bekommen aber nur soviel Geld, wie sie selbst an Einnahmen in Form von Mitgliedsbeiträgen, Mandatsträgerbeiträgen und ähnlich regelmäßigen Beiträgen, Spenden natürlicher Personen, Spenden juristischer Personen, Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen, Einnahmen aus sonstigem Vermögen sowie Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit (§ 24 Abs. 4 Nr. 1-7 Parteiengesetz) erzielen. Das nennt sich relative Obergrenze. An staatlichem Geld erhalten Parteien derzeit für 4 Millionen abgegebener gültiger Stimmen 0,85 EUR, für jede Stimme darüber hinaus 0,70 EUR und für jeden Euro Mitgliedsbeitrag bzw. für jeden Spendeneuro natürlicher Personen bis 3.300 EUR gibt es 0,38 EUR. Dieses Geld bekommen sie aber eben nur in vollem Umfang, wenn nicht wegen Überschreitung der absoluten Obergrenze proportional gekürzt wird und wenn sie in gleicher Höhe wie sie staatliche Mittel bekommen könnten auch eigene Einnahmen haben.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hat nun viele Bestandteile. Die wichtigsten sind aus meiner Sicht folgende: (1) Seit 2002 sind die staatlichen Beträge für abgegebenen Wähler/innen-Stimmen und für Mitgliedsbeiträge/Spenden nicht erhöht worden. Der Gesetzentwurf will deshalb eine Anpassung vornehmen. Statt 0,70 EUR soll es 0,83 EUR geben, statt 0,38 EUR soll es 0,45 EUR geben und statt 0,85 EUR dann 1,00 EUR.  (2) Wenn eine Partei sechs Jahre lang ihrer Pflicht aus dem Grundgesetz über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel und ihres Vermögen öffentlich Rechenschaft abzulegen nicht nachkommt, dann verliert sie die Rechtsstellung als Partei. (3) Bei den Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit soll für die Berechnung der relativen Obergrenze zukünftig allein die Höhe eines positiven Saldos berücksichtigt werden. (4) Mittel, die nach dem Parteiengesetz beim beim Bundestagspräsidenten eingehen (nach § 31c Parteiengesetz rechtswidrig erlangte und nicht veröffentlichte Spenden) werden nicht mehr durch das Bundestagspräsidium verteilt, sondern gehen an den Bundeshaushalt. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE bereits aus dem Januar 2014 -Achtung Überraschung ;-)- sieht vor, das umgehend ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, mit dem im Parteiengesetz Spenden von juristischen Personen wie Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Vereinen verboten, Parteiensponsoring wie Unternehmensstände auf Parteitagen untersagt werden und Spenden von natürlichen Personen den Betrag von 25 000 Euro im Jahr nicht übersteigen dürfen.

Der Antrag der LINKEN ist mir eine Herzensangelegenheit. Aus demokratietheoretischen Gründen. Parteien haben durch Artikel 21 GG einer herausgehobene Stellung im Verfassungsgefüge. Nur sie können -leider, in meinem von der Fraktion der 17. Wahlperiode nicht mitgetragenen Gesetzentwurf zum Wahlrecht war das anders vorgeschlagen- beispielsweise zu Bundestagswahlen antreten. Der § 2 Parteiengesetz definiert eine Partei als eine Vereinigung von Bürgern. Diese sollen dann aber auch Einflussmöglichkeiten auf Parteien haben und nicht juristische Personen. Schon jetzt gehen Menschen die Transferleistungen beziehen oder ein geringes Einkommen haben weniger zur Wahl. Sie sind auch in Parteien unterrepräsentiert. Mit der Möglichkeit von Spenden juristischer Personen (Unternehmensspenden) und unbegrenzter Höhe von Spenden natürlicher Personen wird das Signal ausgesendet, dass diejenigen mit viel Geld finanziellen Einfluss auf Parteien ausüben. Denn auf Geld sind Parteien schließlich angewiesen. Offensichtlich aber auch auf Würstchen. Und Spenden, soweit sie nicht an Wohltätigkeitsorganisationen im weitesten Sinne gehen, sind eben nicht rein rein gutwillige Taten. Spenden an Parteien sind indirekt eine Belohnung für bisherige Entscheidungen. Und es wird mir diesen Spenden indirekt die Erwartung ausgedrückt, es wird auch weiter so entschieden. Bei Spenden von juristischen Personen (Unternehmen) entscheiden eben auch nicht diejenigen, die eine Überschuss erwirtschaftet haben wohin dieser geht, sondern die Eigentümer des Unternehmens. Ich habe das Verbot von Spenden juristischer Personen und die Begrenzung der Spendenmöglichkeit natürlicher Personen immer als einen kleinen, aber notwendigen Schritt zur Trennung von Wirtschaft und Politik verstanden. Gerade vor diesem Hintergrund verteidige ich aber auch die staatliche Teilfinanzierung. Sie scheint mir der Rolle von Parteien nach dem Grundgesetz und der Definition von Parteien nach dem Parteiengesetz gerecht zu werden. Ich habe es in meine Rede schon gesagt, wer die staatliche Teilfinanzierung von Parteien in Frage stellt, der will eine andere Demokratie. Eine Demokratie, in der die wirtschaftlich Mächtigen Parteien nach ihrem Willen formen.

Eigentlich fühle ich mich mit meiner Position, es sei rechtlich möglich und politisch notwendig Spenden juristischer Personen an politische Parteien zu verbieten, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. April 1992 bestätigt. Dieses hat u.a. ausgeführt, dass der Grundsatz der Staatsfreiheit der  Parteien „durch die Gewährung finanzieller Zuwendungen dann verletzt (wird), wenn durch sie (die staatliche Parteienfinanzierung) die Parteien der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehende Bürger zu bemühen„. Das ist zumindest ein Hinweis, dass es vorwiegend um Mitglieder und Bürger geht, nicht um juristische Personen. Weiter heißt es: „Die Parteien müssen nicht nur politisch sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürger angewiesen bleiben. Durch öffentliche Mittel darf den einzelnen Parteien daher das Risiko des Fehlschlagens ihrer Bemühungen um eine hinreichende Unterstützung in der Wählerschaft nicht abgenommen werden.“ (Rn. 91) Auch hier ist wieder von Bürgern und der Wählerschaft die Rede und nicht von juristischen Personen. Und Rn. 101: Dem Gebot, auch durch die Art ihrer Finanzierung die gesellschaftliche Verwurzelung der Parteien zu festigen, wird Rechnung getragen, wenn der Erfolg, den eine Partei beim Wähler, den sie bei der Summe der Mitgliedsbeiträge sowie bei dem Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden erzielt, zu einem jeweils ins Gewicht fallenden, im einzelnen allerdings vom Gesetzgeber zu bestimmenden Anteil in den Verteilungsmaßstab eingeht. Ein staatliches Finanzierungssystem, das diesen Anforderungen genügt, indem es die Parteien nicht aus der Notwendigkeit entläßt, sich um Zustimmung und aktive — auch finanzielle — Unterstützung in der Bevölkerung zu bemühen, verstärkt die darauf gerichteten, um der Einbeziehung des Volkes in die politische Willensbildung willen erwünschten und gebotenen Anstrengungen der Parteien. Ein diesen Vorgaben entsprechendes System staatlicher Parteienfinanzierung führt dazu, daß die Entscheidung darüber, ob eine Partei staatliche Leistungen erhält und in welchem Umfang dies geschieht, nach gesetzlich vorbestimmten Regeln beim Bürger selbst verbleibt“. Auch hier ist der Bezugspunkt wieder der/die Bürger/in. Die Entscheidung ob eine Partei staatliche Leistungen erhält und in welchem Umfang verbleibt aber gerade nur dann beim Bürger/bei der Bürgerin, wenn Unternehmensspenden nicht erforderlich sind, um die relative Obergrenze zu erreichen. Mindestens wenn Unternehmensspenden erforderlich sind um die relative Obergrenze zu erreichen, läuft dies meiner Ansicht nach der Entscheidung des BVerfG zuwider (dazu steht aber auch noch was weiter unten bei Prof. Koß und Prof. Grzeszick). Da aber ein objektives Kritierum erforderlich ist und nicht darauf abgestellt werden kann, dass nur Unternehmensspenen unzulässig sind die zum Erreichen der relativen Obergrenze erforderlich sind, sollte der Gefahr aus den bereits auch an anderer Stelle ausgeführten Gründen durch ein Annahmeverbot für Spenden juristischer Personen begegnet werden.

Interessanterweise spielte das Thema Unternehmensspenden in der Anhörung doch eine ziemlich große Rolle. Und das obwohl die schriftlichen Stellungnahmen das zunächst gar nicht vermuten ließen. Und damit auch Würstchen. Denn offensichtlich müssen, egal wo das Thema diskutiert wird, Würstchen und Fleischer herhalten um zu begründen, warum Unternehmensspenden nicht verboten werden sollen. Im Mai 2014 waren es Thüringer Bratwürste, die zunächst ein Satzungsänderung bei der LINKEN verhinderten. Das ist mittlerweile fast geheilt. In der Anhörung heute war es Prof. Morlok, der darauf verwies das bei einem Verbot von Unternehmensspenden der Fleichermeister keine Würstchen mehr Spenden könne. Ich fand und finde es immer noch absurd -und bekomme regelmäßig Puls- wenn einem aus meiner Sicht für eine Demokratie elementar wichtigen Verbot von Spenden juristischer Personen mit Würstchen begegnet wird. Mal abgesehen davon, wenn der Fleichermeister eine Ein-Mann-Betrieb ist, stellt sich das Problem nicht. Betreibt er eine Fleicherei in Form einer juristischen Person (GbR, GmbH, Aktiengesellschaft) dann gäbe es eine Spendenverbot an Parteien – also wenn es nach mir geht. Im Übrigen finde ich das Würstchen zu lächerlich sind um als Argument gegen ein Verbot von Spenden juristischer Personen an Parteien herzuhalten. Wenn es an Würstchen scheitert, dann ist auch sonst mit der jeweiligen Partei nicht weit her.

Doch zurück zur Anhörung. In der Stellungnahme von Prof. Morlok fand ich den interessanten Hinweis im Hinblick auf die Pflicht einen Rechenschaftsbericht abzugeben, dass insoweit die Verhängung eines Zwangsgeldes als Ermessensvorschrift ausgestaltet wurde. Spannend auch die Frage, wie im Hinblick auf die Parteigründungsfreiheit in diesem Fall die Wiedererlangung der Parteieigenschaft stattfinden kann. Prof. Morlok hatte da auch keine richtige Idee und empfahl eher die Norm gleich fallen zu lassen. Ich fand ja die Regelung eigentlich richtig, die Folgeprobleme scheinen mir aber durchaus bedenkenswert. Die Indexierung des Zuwendungsanteils lehnte Morlok ab, weil es eine doppelte Indexzierung sei. Dieser Einwand scheint mir auch berechtigt zu sein. Sehr zu Recht kritisiert Morlok -wie ich in meiner Rede- dass der den Landesverbänden zukommende Betrag bei 0,50 EUR stehen bleibt und nicht auch angepasst wird. Die Schließung der Lücke, die relative Obergrenze durch Umsatzsteigerung zu erreichen, findet Morlok richtig. In der Anwendung der Regelung zur Saldierung bereits für den für 2015 einzureichenden Rechenschaftsbericht sieht Morlok eine unechte Rückwirkung. Das Argument, es könne sich ja darauf eingestellt werden, weil der Rechenschaftsbericht für 2015 in 2016 einzureichen ist und erst für Berechnungen der Zuwendungen in 2017 relevant wird, fand Prof. Morlok nicht überzeugend. Im Hinblick auf den Antrag der LINKEN Spenden juristischer Personen zu verbieten formuliert Morlok: „Es gibt gute Gründe, zu diesem Instrument zu greifen, um die gesellschaftliche Ungleichheit, insbesondere in finanzieller Hinsicht, nicht durchschlagen zu lassen auf die demokratische Politik, die strikt egalitär verfasst ist.“ Das sei verfassungsrechtlich zwar nicht geboten, aber möglich.

Dr. Christina Deckwirth von LobbyControl begrüßte in ihrer Stellungnahme die vorgeschlagenen Änderungen im Parteiengesetz. Sie kritisierte aber, „dass die vorliegende Reform weitere seit Jahren bekannte Missstände und Lücken unbearbeitet lässt„. Sie schlägt konkret eine Offenlegung der Herkunft und Höhe von Parteiensponsoring vor, ebenso eine Begrenzung des Sponsoring auf 50.000 EUR pro Sponsor pro Jahr. Darüberhinaus soll die Grenze zur sofortigen Offenlegung von Spenden auf 10.000 EUR und die Grenze der im Rechenschaftsbericht anzugebenden Spenden auf 2.000 EUR gesenkt werden. Leider fordert aber Lobbycontrol kein Verbot von Spenden juristischer Personen, sondern lediglich eine Obergrenze für Parteispenden. Allerdings argumentierten sie auch nicht mit Würstchen. Schließlich wird gefordert, ein unabhängiges Gremium zur Kontrolle des Parteiengesetzes einzurichten, dieses soll umfassende Ermittlungskompetenzen erhalten. Nach welchem Verfahrensrecht diese Ermittlungskompetenzen ausgestaltet sein sollen und was alles von dieser Kompetenz erfasst ist, blieb offen.

Dr. Michael Koß von der LMU München hatte gegen die im Entwurf der Koalition vorgeschlagenen Änderungen am Parteiengesetz „nichts vorzubringen„. Die Vorschläge im Antrag der LINKEN fand er „zu weitreichend„, aber einen Ausgangspunkt um mögliche Kompromisse zu finden. Wenn Dr. Koß im Hinblick auf die relative Obergrenze formulierte, diese sei dazu da, „die finanzielle Unterstützung der Parteien durch die Wählerschaft sicherzustellen„, dann ist das richtig aber eben auch ein Argument gegen Spenden jurstischer Personen. Auch die Ausführungen zum Sponsoring überzeugten mich nicht. Dr. Koß erkennt an, dass es dabei immer auch um eine Gegenleistung geht. Wenn das aber so ist, dann ist doch auch hier ein Einfluss wirtschaftlich mächtiger Akteure auf Parteien gegeben, den zumindest ich angesichts der staatlichen Teilfinanzierung von Parteien für problematisch halte. Und wenn zum Beispiel durch Sponsoring Standmieten gezahlt werden, hat eine Partei Einnahmen die ihren Etat entlasten. Und wenn jemand Würstchen vertickt -als Spende- spart die Partei Ausgaben zur Verköstigung. Der zentrale Dissens besteht wohl darin, dass nach Ansicht von Dr. Koß „nicht die Herkunft einer Spende, sondern die Höhe ihre Legitimität untergräbt„. Ich finde ja, beides untergräbt die Legitimität. Beides ist ein Problem. Ich habe das -auch in Auseinandersetzung mit Prof. Grzeszick- versucht im Ausschuss auszuführen. Die Parteien bekommen Cent-Beträge für ihre Verankerung in der Gesellschaft, gekennzeichnet durch Zuwendungen privater Personen und Wähler/innen-Stimmen. Die ihnen so zustehenden Beträge gibt es aber eben nur -siehe weiter oben- wenn in gleichem Umfang eigene Einnahmen vorhanden sind. Wenn ich diese Einnahmen nun eben auch durch Spenden juristischer Personen oder Sponsoring generiere, dann ist eben die staatliche Teilfinanzierung nicht mehr abhängig von der Verankerung in der Bevölkerung, sondern auch von finanziellen Zuwendungen wirtschaftlich Mächtiger. Jedenfalls ist das möglich, wenn anderweitig die relative Obergrenze nicht erreicht wird. Allerdings erklärte Dr. Koß aber auch, ein Verbot von Spenden juristischer Personen an Parteien sei verfassungsrechtlich möglich.

Das sah Prof. Grzeszick anders. In seiner schriftlichen Stellungnahme argumentierte er kurz zum Thema. Ohne Verweis auf Würstchen. In der Tendenz kommt Prof. Grzeszick zu dem Ergebnis, dass die Aberkennung der Parteieigenschaft bei Nichteinreichung eines Rechenschaftsberichtes über einen Zeitraum von 6 Jahren verfassungsrechtlich zulässig sein dürfte. Auch gegen die Saldierung hatte er nichts einzuwenden. Im Hinblick auf die Rückwirkungsproblematik argumentierte er: „Zum einen gilt sie nur für die künftig einzureichenden Rechenschaftsberichte, weshalb sie wohl auch in Bezug auf bereits begonnene Abrechnungszeitabschnitte als unechte Rückwirkung einzustufen ist, die angesichts der Bedeutung der Rechenschaftsberichte zulässig ist„. Zu den Unternehmensspenden heißt es: „Vielmehr soll – wenn sie (Unternehmen-H.W.) schon nicht an Wahlen teilnehmen dürfen – zumindest die Unterstützung von Parteien möglich sein, die ihre Ziele verfolgen.“ Ja, genau das ist die Differenz. Unternehmen -genauer: juristische Personen- können auf allen Ebenen Einfluss nehmen, sie müssen nicht auch noch Parteien finanziell so unterstützen. Im Zweifelsfall so gar noch so, dass diese die ihnen zustehenden staatlichen Mittel ausschöpfen können. Eine Partei muss nicht zwigend mit Würstchen für ihre Grillfeste durch eine Unternehmensspende unterstützt werden.  Aber es wird noch deutlicher:  „Nicht dagegen vorgebracht werden kann, dass auch die hinter den Unternehmen stehenden Privatpersonen spenden könnten, denn deren Ziele sind nicht notwendigerweise identisch mit denen des Unternehmens“. Aber im Regelfall entscheiden sie, wohin die Spende geht. Und dann kommt das Argument der Wettbewerbsverzerrung: „Weiter würden durch ein Spendenverbot zum einen möglicherweise diejenigen Parteien besonders stark betroffen, die sich politisch für die Interessen von Wirtschaftsunternehmen oder -verbänden einsetzen. Zum anderen könnten neue Parteien besonders benachteiligt werden, soweit sie noch über kein Vermögen verfügen und deshalb in besonders hohem Maße auf Spenden angewiesen sind„. Ich dachte immer Parteien vertreten Interessen aus Überzeugung, aber offensichtlich nur, wenn es auch Spenden von Unternehmen gibt und Würstchen :-(. Und eine kleine oder neue Partei die sich nur durch Spenden von Unternehmen halten oder gar ihre Position ausbauen kann, hat offensichtlich den Kernpunkt ihrer Verankerung nicht in der Gesellschaft, sondern bei Unternehmen. Parteien sind nun aber mal Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern. Im Hinblick auf das Bundesverfassungsgericht wird dann noch mit den „Grundrechten der spendenen Unternehmen“ argumentiert. Als gäbe es Grundrechte und Freiheiten immer unbeschränkt. Die Egalität der Demokratie wäre in meinen Augen jedenfalls ein zentraler Punkt das „Grundrecht auf Spenden an politische Parteien“ von Unternehmen einzuschränken. Es gibt ja auch kein Grundrecht auf von Unternehmen gespendete Würstchen (auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass manche das glauben).

Prof. Shirvani war leider kurzfristig erkrankt. In seiner Stellungnahme argumentierter er im Hinblick auf den Verlust der Parteieigenschaft bei Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichtes über einen Zeitraum von 6 Jahren mit Folgeproblemen und präferiert eine Zwangsgeldfestsetzung. Im Hinblick auf die Unternehmensspenden heißt es: „Am politischen Willensbildungsprozess nehmen nicht nur natürliche Personen, sondern auch Organisationen, gesellschaftliche Gruppierungen und Verbände teil. Diese Form politischer Partizipation ist grundrechtlich insbesondere durch Art. 9 und 5 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützt. Drückt sich die politische Partizipation in finanzieller Un terstützung der Parteien aus, ist dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Auch das BVerfG betont, dass Spenden juristischer Personen an politische Parteien >in beliebiger Höhe zulässig< seien.“ Das ist aus zweierlei Sicht interessant. Zum einen hat DIE LINKE nie behauptet, Spenden juristischer Personen seien verfassungsrechtlich unzulässig. Sind sie nicht. Die Frage ist, ob ein Verbot von Spenden juristischer Personen unzulässig wäre. Ich denke nein. Zum anderen ist das Argument mit der Partizipation ein Zirkelschluss. Gerade weil Partizipation in verschiedenster Form stattfindet, ist es nicht noch zusätzlich nötig Parteien mitzufinanzieren. Transparanz allein als Mittel gegen eventuell daraus entstehende Gefahren greift mir zu kurz.

Ich bin gespannt ob in der Debatte am Donnerstag wieder das Würstchen-Argument kommt. Ich glaube dann ticke ich aus. Und jetzt brate ich mir ein vegetarisches Schnitzel. Ich esse nämlich keine Würstchen.

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