Respekt!

Ein nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Brief hat das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Warum und weshalb bietet genügend Platz für Spekulation. Spekulieren hilft aber nichts, mit der Tatsache ist nun umzugehen.

Ich will mich auf einen Punkt konzentrieren. Es heißt: „Wir erwarten mehr Respekt.“ Was meint das aus meiner Sicht? Ich lebe seit 1996 in einem Ost-West-Bezirk und habe ich immer als Wossi verstanden, also als jemand der sich in Ost und West gleichermaßen wohlfühlt. Meine ostdeutsche Herrkunft hat nicht wirklich eine Rolle gespielt.

Ich habe viele westgeborene Freunde/innen. Diese Freundschaften entstanden aus Neugier. Sie interessierten sich für meine 16-17 Jahre in der DDR. Wie ist es, wenn ein System komplett zusammenbricht und man/frau selbst mittendrin ist. Was bedeutet das für einen Menschen und welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen. Warum hast du das und das gemacht, fragten sie? Welche Bücher hast du gelesen, welche Musik gehört und welche Filme gesehen? Warum haben sie dich beeindruckt und geprägt. Und umgekehrt hat mich natürlich das Leben meiner westgeborenen Freunde/innen interessiert. Unsere Freundschaft ist von gegenseitigem Respekt geprägt.

Doch mittlerweile habe ich keine Lust mehr über meine Erfahrungen zu berichten, wenn ich nicht danach gefragt werde. Ich habe keine Lust mehr, weil ich den Eindruck habe ich dränge mich auf damit, es interessiert nicht wirklich. Und dieses Gefühl des Aufdrängens, des mangelnden Interesses hat dann eben was mit mangelndem Respekt zu tun.

Ich streite seit dem Anfang der 90iger Jahre für eine gesamtdeusche linke Partei. Dabei bleibt es auch, denn eine sozialistische Partei kann nur eine internationalistische, europäische und eben gesamtdeutsche Partei sein.

Eine von der Frage des Respekts zu trennende Sache ist die -auch im Brief angesprochene- Frage der Beitragsehrlichkeit. Das ist aus meiner Sicht eher eine Selbstverständlichkeit und eigentlich ist es traurig, dass dies noch einmal extra erwähnt werden muss.

13 Replies to “Respekt!”

  1. In der Zeitzeugen-Reihe von Thomas Grimm schrieb Georg Stefan Troller den Ostdeutschen ins Stammbuch: Tut Euch nicht so leid!
    Die Behauptung, im Westen herrsche keine Beitragsehrlichkeit, muss als böswillige Unterstellung betrachtet werden. Dies und das Schlechte-Verlierer-Buhuu („im Parteivorstand nicht vertreten“) zeigt, wie Recht Troller – leider – immer noch hat.

  2. dir scheinen, was die beitragsehrlichkeit angeht andere zahlen vorzuliegen als den parteivorstandsmitgliedern in der letzten parteivorstandssitzung. da waren wir schon ein wenig erschreckt über die mitglieder- und beitragsentwicklung (ich habe darüber auch im blogbeitrag zur pv-sitzung geschrieben). bremen, hessen, niedersachsen und nrw konnten die beitragseinnahmen absolut erhöhen. ansonsten gilt: „Die Annahme, dass der Beitragsverlust in den Ostlandesverbänden durch die Entwicklung und Stabilisierung in den Westlandesverbänden kompensiert werden kann, zeichnet sich nicht ab.“. mehrere tausend beitragssäumige mitglieder, mit einnahmeverlusten in sechsstelliger höhe, mehr als tausend personen die seit 2009 keinen beitrag gezahlt haben und trotzdem mitglied sind. beitragsdurchschnitt im osten deutlich über 10 euro, bremen knapp über 10 euro, hamburg und hessen knapp an 10 euro. der rest im westen deutlich unter 10 euro.

  3. hier wurde ein kommentar das users jens raabe nicht freigeschaltet, der sich nicht mit dem blogbeitrag beschäftigte, sondern mit meiner person und meiner zukunft.

  4. Nichts neues bei der „Linken“: immer wenn es mit den Umfragen nicht klappt, werden Briefe geschrieben. Nun ziehen also die Ost-Chefs vom Leder. Fehlen nur noch die Unterschriftensammlungen via Internet wie einst bei dem „Skandal“ um die Junge Welt und im Vorfeld des letzten Parteitags.

    Statt „Wir erwarten mehr Respekt“ liest der geübte „Zwischen-den-Zeilen“-Leser: Wir wollen bestimmen, wer, welchen Posten in und für die Partei erhält. Das ist angesichts der Umfragenentwicklung auch kein Wunder.

    Werte Frau W., zu Ihrer Beruhigung und Freude: Das ist mein letzter Kommentar in Ihrem Blog, nachdem Sie hier zunehmend zensierend eingreifen. Für Ihren weiteren Lebensweg wünsche ich Ihnen schon mal viel Erfolg.

  5. Hallo Halina,
    interessant, dass auch die ostdeutsche Seite die „Wir-füttern-Euch-durch-und-Ihr-seid-so-undankbar“-Jammernummer drauf hat. Weil die einen etwas über 10 Euronen abdrücken, sind jene, welche knapp drunter liegen, dann schwuppdiwupp sowas wie parasitäre Kostgänger.

  6. ich glaube du hast das was falsch verstanden. es geht nicht um undankbarkeit, es geht auch nicht um durchfüttern. es geht um beitragsehrlichkeit. da kann man darüber streiten, ob die lage der mitglieder im westen wirklich so schlecht ist, dass sie bestimmte marken nicht erreichen. bei der frage der beitragsehrlichkeit geht es aber auch um die frage, wieviel nichtzahlende mitglieder hat eigentlich wer. die nichtzahlenden mitglieder werden bei der delegiertenvergabe mitberücksichtigt und damit ist es einfach eine frage der demokratie.

    schließlich finde ich es bedauerlich, dass hier im hinblick auf den letzten satz diskutiert wird, wie auch in der gesamten partei -soweit ich das verfolgen kann- das der debattenpunkt ist. damit wird eine machtpolitische debatte geführt, statt darüber zu debattieren, was eigentlich hinter dem „wir fordern mehr respekt“ steht. um genau das ging es mir in meinem beitrag. das ist eine frage unseres miteinanders in der partei. das problem gibt es schon länger. die erste veranstaltung von „geschichten erzählen“, in der es genau um die unterschiedlichen biografien ging, die unter dem label „come together“ stattfinden sollte ist ausgefallen, weil es keine interessenten dafür gab. die zweite hat stattgefunden, aber nachahmer/innen fand sie nicht. wir wären deutlich weiter, wenn wir neugierig auf die biografien und lebensläufe der anderen wären. scheint aber nicht so der fall zu sein. leider.

  7. Das Problem mit dem „Respekt“ gibt es doch überall in unserer Gesellschaft … die „Wessis“ meckern über die „Ossis“, die „Ossis“ über die „Wessis“ und warum?

    Genau, weil man nach mer als 20 Jahren „Deutscher Einheit“ noch immer keine Einheit ist. Da kann man auf Respekt hoffen wie man will, ich denke das Thema ist gegessen. Die Geschichte wird ja sogar in z.B. Gedenkstätten so umgeändert, wie es ins Gesellschaftsbild passt und das ist ja nun mal westdeutsch dominierend *hust* … im Mauermuseum wird übrigens auch der Fernsehturm mal eben zum Alexanderturm O.o

    Ich, Tochter von Proletariern aus der ehem. DDR, habe mit Ost & West gar nichts am Hut (bin nach der Wiedervereinigung geboren) und finde es erschreckend wie verstumpft die Menschen heute noch denken. Da gibt’s z.T. noch richtiges Klassen-Denken.
    Mein Geschichtslehrer im Abitur kam aus Dortmund, erklärte immer, dass er froh über die friedliche Revolution sei – sonst hätte er uns ja nicht kennen gelernt. Aber statt sich mal mit „Zeitzeugen“ aus Ostdeutschland (der ehem. DDR) zu unterhalten, lud er lieber BRD-Bewohner in unseren Unterricht ein, die z.T. Probleme mit der DDR, Stasi usw. hatten. Toll, er vertritt also auch nur die Sichtweise, die er schon in seinem Kopf hat und möchte uns, den Kindern der Bürger der DDR, sein verschobenes(?) Ost-Bild aufzwängen. Jeder Diskussionsversuch, dass es Menschen gab, die in der DDR durchaus glücklich waren und keine Probleme mit der Stasi, SED usw. hatten, ging ins Leere. Als würden unsere Eltern lügen, wenn sie sagen, dass sie glücklich waren! ò.ó

    Ich schätze, dass sich das Ganze erst in ca. 100 Jahren ändern wird. Wenn niemand mehr übrig ist, der auch nur ansatzweise etwas über Ost & West und die unterschiedlichen Mentalitäten der Bürger weiß. Ja, ich weiß, ich bin mega-pessimistisch, aber man kriegt die Mauer anscheinend nicht aus allen Köpfen. Weder Ost noch West … ob links oder liberal … ob jung, ob alt …

  8. „die nichtzahlenden mitglieder werden bei der delegiertenvergabe mitberücksichtigt und damit ist es einfach eine frage der demokratie“
    da hast du wohl früher in staatsbürgerkunde nicht richtig aufgepasst, sonst hättest du schon lange gewusst, dass westdemokratie eine frage des geldes ist…

  9. …und Ostdemokratie war eine Frage der Planerfüllung. 😉
    Die Mentalitätsunterschiede zwischen west und Ost sind
    a) nicht verwunderlich und
    b) nichts schlechtes.
    Bayern und Schleswig-Holsteiner leben seit 1871 in einem Staat und niemand wundert sich über die heutigen Unterschiede. Und selbst innerhalb von Bundesländern (NRW, BaWü) grollt bisweilen der (Theater-)Donner.

  10. Gibt es denn auch Nord-NRW- und Süd-NRW-Gehälter?
    Der Mentalitätsunterschied besteht mE auch darin, dass die einen bereits die Ellenbogen-Egoisten-Kapitalismus-Gesellschaft von kleinauf kennen und die anderen mehr oder weniger hinein gedrängt wurden – aus ihrer Helfe-ich-dir-hilfst-du-mir-Sozialismus-Gesellschaft. Und nahezu alles, was aus der ehem. DDR kam, erst mal grundsätzlich schlecht war (mal abgesehen vom Sandmann). Heute wird ja einiges (wieder-)entdeckt und eingeführt, was damals selbstverständlich war. Dass sich da der eine oder andere verarscht fühlt, kann man wohl nachvollziehen. Komischerweise sind die Menschen aus den neuen Bundesländern (imho auch eine sehr eigene Bezeichnung!) ja noch immer weniger Wert als diejenigen aus den alten Ländern. Gerne wird da mit Lebenshaltungskosten oder Aufbau Ost argumentiert, aber damit bescheißen sich die Leute doch nur selbst. Entschuldigt den Ausdruck, ist aber so!

  11. Hallo Juke
    „Gibt es denn auch Nord-NRW- und Süd-NRW-Gehälter?“

    Ja.
    Geh mal in die Nobelgegenden von Düsseldorf und dann mal nach Gelsenkirchen.
    Der Brandbrief der SPD-OBs im Ruhrgebiet, den derzeitigen Soli mit seiner betonierten West-Ost-Fließrichtung aufzugeben (Städte wie eben Gelsenkirchen drücken Geld ab für Shoppingmalls in Dresden und müssen dafür Schwimmbäder schließen) und stattdessen in eine allgemeine Abgabe für strukturschwache Gebiete – unabhängig von Himmelsrichtungen – zu überführen, war überfällig. Das bornierte „Njet“ der Linken besiegelte dann den völlig verdienten Auszug aus dem NRW-Landtag.

  12. OK, Linksmann, wenn es danach geht, reicht es auch aus, wenn ich in einer einzelnen Stadt von A nach B fahre. In Berlin wäre das z.B. Wannsee vs. Hellersdorf. In Rostock die Alstadt vs. Toitenwinkel und so weiter. Ich kann auch nicht Oranienburg mit Strausberg vergleichen oder Köln mit München oder Berlin.
    Wahrscheinlicher ist übrigens, dass die Shoppingmalls nicht von einer Stadt selbst sondern von einem Investor erbaut werden …

  13. Mein Hauptproblem mit diesem Brief ist, dass ich min. vier verschiedene Gebrauchsformen des Wortes „Respekt“ kenne:

    • Frage an den Trainer: „Haben sie vor dem nächsten Gegner Angst?“ Antwort: „Nein, aber Respekt.“ (Ich hoffe das diese form nicht gemeint ist.)
    • Jugendsprache: „Ey, Respekt Alder“ (Ich weis nicht, was damit gemeint ist.)
    • eine patriarchalische Bedeutung: „So lange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, verlange ich, dass Du mir den notwendigen Respekt entgegenbringst.“
    • und den Respekt auf Gegenseitigkeit, der dazu führt, dass man einen Anderen und seine Meinung in seiner Verschiedenheit respektiert.

    Leider erweckt der Duktus des Briefes bei mir die Einschätzung, dass eher die patriarchalische Bedeutung gemeint ist.

    Ich habe von Dir Halina mal gelesen, dass Du in der Wendezeit in die Partei eingetreten bist. Dafür hast Du meinen Respekt! Ich kann mich noch an diese Zeit erinnern. Ich habe mal als Westlinker mit Genossen aus Bad Salzungen im Wahlkampf Plakate aufgehängt. Wir waren zu fünft: zwei für das Aufhängen und drei damit keinem beim Aufhängen etwas passiert.

    Zur Beitragsehrlichkeit:

    Nach der Mitteldeutschen Zeitung hat Raju Sharma mitgeteilt, dass im Westen 18% und im Osten 6% keinen Beitragssäumig sind. Wir haben also keinen beitragsehrlichen Osten und keinen beitragsunehrlichen Westen, sondern die Landesverbände haben ein unterschiedlich großes Problem, wie mit Mitgliedern, die keinen Beitrag zahlen umgegangen wird. Für mich nutzen viele Mitglieder den Stopp der Zahlungen als eine schleichende Form des Austritts aus der Partei. Da die Mitgliedschaften im Osten deutlich langjähriger sind, ist dieser Fall natürlich seltener (je länger jemand in einer Partei Mitglied ist, umso schwerer fällt es ihm auszutreten). Das im Westen die Bereinigung der Mitgliederzahlen hinterher hängt, liegt aber vor allem an zu schwachen Basisstrukturen. In vielen Kreisverbänden hat der Kassierer mehrfach gewechselt und es ist wohl der blödeste Job in der Partei Betragszahlungen einzutreiben. Das sind aber auch ganz normale Situationen in der Gründungsphase einer Partei. Der Landesverband Hessen hat letztes Jahr die Zahl auf 7% gesengt (also fast Ost Niveau :-)). Inzwischen ist die Zahl aber wieder auf 14% angestiegen (wir müssen an dem Thema leider ständig dran bleiben und das machen wir auch!). Interessant in dem Zusammenhang ist aber auch, dass das Problem kaum Auswirkungen auf den bisherigen Delegiertenschlüssel gehabt hat. Ich habe mal zum Spaß den Delegiertenschlüssel zum letzten Parteitag neu berechnet und dabei bei den Ostverbänden 6% und bei den Westverbänden 18% Mitglieder abgezogen. Das Ergebnis ist, dass die Ostlandesverbände 12 Delegierte mehr und die Westlandesverbände 12 Delegierte weniger gehabt hätten. Das Entspricht gerade mal 2,1% der gesamten Delegierten (incl. Zusammenschlüsse und solid).

    Zur Zusammensetzung des geschäftsführenden Parteivorstand:

    Währe den die Situation aus der Sicht der Ost-Landesvorsitzenden besser, wenn anstatt Katina Schubert z.B. Thomas Nord in den geschäftsführenden Parteivorstand gewählt worden währe?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert