Freies Mandat schützt vor falschen Freunden

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Entscheidung getroffen, die weit über den Einzelfall hinaus geht. Vordergründig ging es um die Frage, ob einem Normenkontrollantrag beigetreten oder sich diesem angeschlossen werden kann. Auf der Seite des Bundesverfassungsgerichts ist schön nachzulesen, worum es bei der abstrakten Normenkontrolle geht: „Die abstrakte Normenkontrolle steht einem begrenzten Kreis von Antragstellern offen. Unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit und von eigener Betroffenheit des Antragstellers wird die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm unter allen in Frage kommenden Gesichtspunkten überprüft.“ Es gab nun 216 Mitglieder der demokratischen Oppositionsfraktionen, die eine solche Normenkontrolle eingereicht haben. Die AfD wollte auch mitspielen. Das BVerfG hat Continue Reading →

Die Sache mit den Aufstellungsversammlungen

Mitten in meinem Urlaub (voll ökologisch mit Fahrrad und Zug) stolperte ich über diesen Artikel von Jasper von Altenbockum, indem es um die nur begrenzte Zulassung der AfD zur Landtagswahl in Sachsen ging. Und tatsächlich verschlug es mir die Sprache. Es fängt schon im ersten Absatz an, der einen Formfehler zwar anerkennt aber bagatellisiert und so tut, als sei mit Basisdemokratie notwendigerweise ein solcher Formfehler verbunden. Das stimmt nun bei weitem nicht, wie andere geschichtliche Beispiele (wie das der Piratenpartei) zeigen. Der Hammer ist aber der letzte Absatz: „Im Umgang mit der AfD hat sich, wie sich jetzt auch wieder Continue Reading →

Bedeutung der Entscheidung des BVerfG zu Wahlrechtsausschlüssen für ein Paritätsgesetz

Klare Ansage – so kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrechtsausschluss eingeordnet werden. Worum geht es? Im deutschen Wahlrecht gibt es ganze Gruppen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Diese Wahlrechtsausschlüsse sind in § 13 BWahlG aufgeführt, finden sich aber auch im Grundgesetz. Vom Wahlrecht komplett ausgeschlossen sind Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht besitzen, Menschen, die unter 18 Jahre alt sind, und Menschen, die unter § 13 BWahlG fallen. Das wiederum sind Menschen, die unter § 45 StGB fallen. Und das sind Menschen, die unter sog. Vollbetreuung stehen sowie Menschen, die sich aufgrund einer Anordnung nach dem StGB in einem psychiatrischen Continue Reading →

Die Sache mit der tarifvertraglichen Differenzierungsklausel

Seit ca. 2008 (ich weiß es nicht mehr genau) bin ich Mitglied von ver.di. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist also wesentlich kürzer als die Mitgliedschaft in einer Partei. Und jetzt hat mir das Bundesverfassungsgericht die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft vergällt. Was ist passiert? Das Bundesverfassungsgericht hat über die sog. tarifvertragliche Differenzierungsklausel entschieden. Juristisch korrekt, hat es natürlich nicht entschieden, denn die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Den Sachverhalt beschreibt das Bundesverfassungsgericht wie folgt: „Der Beschwerdeführer ist, da er keiner Gewerkschaft angehörte, allein arbeitsvertraglich und durch einen Sozialplan begünstigt worden. Er hat damit nicht erhalten, was tarifvertragsgemäß nur Beschäftigten Continue Reading →

Die Sache mit der Wahl von Richter*innen zum BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einen neuen Bundesverfassungsrichter. Wieder einen aktiven Politiker – Stephan Harbarth. Schon mit Bundesverfassungsrichter Peter Müller wechselte ein Politiker unmittelbar an das höchste Gericht. Dass nun erneut ein aktiver Politiker unmittelbar als Richter zum Bundesverfassungsgericht wechselt, wäre eigentlich ein guter Anlass mal darüber nachzudenken, was bei der Wahl von Bundesverfassungsrichter*innen möglich sein soll/darf – eine rechtspolitische Debatte also. Doch tatsächlich findet zumindest in meiner Filterbubble eine andere Debatte statt. Angestoßen durch queer.de wird dort eine Debatte über Homophobie beim neuen Bundesverfassungsrichter Harbarth geführt. So gibt es einen Artikel, der über die schrecklich nette Homophobie des Bundesrates berichtet. Continue Reading →

Versammlungsfreiheit nicht aushöhlen!

Viele Menschen wollen -völlig zu Recht- ihren Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg kreativ und friedlich ausüben. Glücklicherweise gibt es in Deutschland Versammlungsfreiheit. Doch mit den jüngsten Gerichtsentscheidungen könnte die Versammlungsfreiheit entkernt werden, am Ende bliebe dann eine leere Hülle übrig. Am Anfang steht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Da ist zunächst die Entscheidung vom 28. Juni 2017, mit der die Versammlungsbehörde verpflichtet wurde, „über die Duldung der Veranstaltung mit dem Tenor >Antikapitalistisches Camp – Alternativen zum Kapitalismus leben und sichtbar machen< als Versammlungsbehörde nach Maßgabe der Entscheidungsgründe (II 2 b cc) versammlungsrechtlich zu entscheiden.„ Was sich zunächst gut liest, ist am Continue Reading →

Die G10 Kommission darf nicht klagen

Die G10-Kommission ist indirekt in Artikel 10 Abs. 2 GG erwähnt. Der Artikel 10 Abs. 2 GG erlaubt zunächst Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnises. Beschränkung meint hier Eingriff. Unter bestimmten Bedingungen, die ebenfalls in Abs. 2 erwähnt werden, müssen solche Eingriffe den Betroffenen nicht mitgeteilt werden. Dann kommt der entscheidende Halbsatz. Dann kann das Gesetz vorsehen, dass: „an die Stelle des Rechtsweges (…) die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane„. tritt. Ein spezielles G10-Gesetz regelt dann die weiteren Details der Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnises. Die G1o-Kommission genehmigt oder genehmigt nicht die von den Nachrichtendiensten Continue Reading →

Das CETA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Über die Abstimmung zu CETA im Bundestag habe ich hier bereits geschrieben. Nun hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil gefällt. Bislang liegt allerdings nur die Presseerklärung vor. Diese bietet aber ausreichend Stoff, um das Urteil einer ersten Bewertung zu unterziehen. Um es vorweg zu nehmen. Ich halte das Urteil für ausgesprochen klug und sehen keinen Anlass für Gerichtsschelte. Mal abgesehen davon, dass es aus meiner Sicht auch generell nicht klug ist, ein Gericht für ein Urteil zu kritisieren, wenn es mal nicht der eigenen Überzeugung entspricht. Das Urteil kommt, so wie es jetzt vorliegt, auch nicht wirklich überraschend. Bereits am 11. Continue Reading →

Berlin plant Resozialiserung durch Digitalisierung

Im Jahr 2012 hatte ich mich in der Kritischen  Vierteljahresschriff für Gesetzgebung und Rechtsprechung (KritV) mit der Frage beschäftigt, ob die Verweigerung eines Internetzugangs im Strafvollzug rechtmäßig ist. Im Ergebnis stellte ich damals fest: „Eine generelle Verweigerung des Zugangs zum Internet für Strafgefangene ist rechtswidrig. Eine gesetzliche Einschränkung, d.h. eine rechtliche Grundlage für die Verweigerung eines solchen Anspruches, existierte im StVollzG (Bund) und in den bereits verabschiedeten Ländergesetzen nicht. Lediglich der Musterentwurf hat sich des Problems angenommen. Die vollständige Verweigerung eines Internetzugangs kann auch nicht aus der Sorge um die Sicherheit und Ordnung der Anstalt hergeleitet werden. Darüber hinaus sind Continue Reading →

Das war 2015

Bevor es ein paar wenige Tage in den Urlaub geht, ein kleiner Rückblick auf das Jahr 2015. Es war -wie die Jahre zuvor- ein Pendeln zwischen Digitaler Politik und Rechtspolitik. Manchmal überschneidet sich das ja auch. Natürlich gab es auch jede Menge innerparteilicher Debatten, es gab Griechenland, die widerlichen Fratzen von Pegida und AfD und viel Solidarität mit Geflüchteten. Januar Es ging um Pegida (einmal hier und einmal hier) um Blasphemie und denunziatorische Kommunikation. Februar Die Debatten um Karenzzeiten und Griechenland standen auf der Tagesordnung (hier und hier). Griechland wird mich noch bis in den August hinein beschäftigen. März Der Continue Reading →