Unbeabsichtigte Premiere

… war mein gestriger Besuch in der BVV (Bezirksverordnetenversammlung) Friedrichshain-Kreuzberg. Offensichtlich – so die Rückmeldungen- gab es noch nie eine/n Bundestagsabgeordnete/n der der BVV-Sitzung beiwohnte.

Die BVV lehnte nach einer knapp 2 stündigen Debatte den vorgelegten Haushalt ab (nur die SPD stimmte dafür) und steht damit unter Zwangsverwaltung.  Für die weitere Debatte verweise ich noch einmal auf die Erklärung des Fraktionsvorsitzenden der LINKEN Lothar Jösting-Schüßler, die hier nachgelesen werden kann. Diese Position habe ich bereits gestern unterstützt.

Neben den überzeugenden Argumenten von Lothar fand ich vor allem die Beiträge des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Daniel Wesener interessant, der meinte, die BVV könne nur den Mangel verwalten und soll den Haushaltsnotstand -der sich aus der mangelnden Zuweisung des Landes ergibt- demokratisch legitimieren. Dieser Haushalt sei gegenüber den Einwohner/innen nicht zu vertreten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andy Hehmke teilte zwar die Einschätzung der Lage, zog aber andere Schlussfolgerungen. Er verwies darauf, dass es im Abgeordnetenhaus nicht einen einzigen Antrag der Grünen gegeben habe, der eine erhöhte Finanzuweisung an die Bezirke forderte. Es sei -das müsse er anerkennen- ein Erfolg der LINKEN auf Landesebene gewesen, dass es überhaupt zu einer erhöhten Zuweisung an die Bezirke gekommen sei, auch wenn dies nicht in gewünschter Höhe geschehen sei.

Jetzt ist es an der Zeit, sowohl in der LINKEN aber auch im Land Berlin generell darüber zu reden, wie die Zumessung an die Bezirke erfolgen soll.

Darüber hinaus war die Fanny-Hensel-Siedlung zu der ich mich bereits hier geäußert habe ein wichtiger Punkt in der BVV. Schön, dass der Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE einstimmig von der BVV angenommen wurde. Einstimmiger Beschluss der BVV vom 24-Feb-10

Gleich geht es im Plenum des Bundestages für mich weiter, wo ich zum IT-Planungsrat reden werde, nachdem ich der „spätromischen Dekadenz“ in Person Guide Westerwelle schon bei seinen Ausführungen zu Hartz IV folgend durfte – ein zweifelhaftes Vergnügen. Gestern wurde mir mitgeteilt (S.  1969A), dass die Bundespolizei über keinerlei Pepperball-Waffen verfüge (soll ich schreiben, noch nicht?) und meine zweite Frage (S. 2009D) zur Frage wie es mit den Krankenkassenbeiträgen von Menschen unter 25 Jahren steht, die weder ALG I noch ALG II beziehen, sich nicht in Ausbildung befinden und auch kein Kindergeld erhalten wurde zwar formal beantwortet, nicht aber inhaltlich.

One Reply to “Unbeabsichtigte Premiere”

  1. Wieso hat diese BVV eigentlich deutlich weniger Machtbefugnisse gegenüber dem Bezirksamt als z.B. der Bundestag gegenüber der Regierung? Wenn ich selbst keine Beschlüsse durchbringen, sondern lediglich Empfehlungen an das Bezirksamt geben kann, hat das für meine Begriffe mit Demokratie nichts mehr zu tun. Dann kann man solch ein Alibi-Gremium auch abschaffen, zumal, wenn es geographisch fast in Tempelhof oder Tiergarten tagt, also für viele Friedrichshainer gar nicht präsent ist. Tagt denn der Bundestag draußen in Köpenick oder Marzahn? Und vom JobCenter brauchen wir erst gar nicht reden. Offenbar ist der Stadt die Miete im MTV-Gebäude schon zu teuer. In Neukölln ist jeder vierte Erwerbsfähige arbeitslos, in Friedrichshain dürfte es jeder fünfte sein. Wenn die Bürger schon nicht zur Politik kommen (Politikverdrossenheit), dann muss die Politik zu den Bürgern kommen. So einfach ist das. Von wegen politische Teilhabe, wie sie das BVerfG verordnet (hat).

    „IT-Planungsrat“ ist vermutlich das langweiligste Thema, das es im Parlament zu diskutieren gilt. Doppelt schlimm ist es dann, wenn man seine eigene Rede mehr oder wenig vollständig vom Blatt abliest (anstatt frei zu sprechen) und der Redetext einem Gesetzestext gleicht, so als würde er gar nicht von einem selbst stammen. Allein der Nominalstil, also das gehäufte Auftreten von Substantivierungen zu Lasten von Vollverben, zeigt, dass die juristische Domäne noch immer durch und durch von Männern dominiert wird.

    Die Hartz-IV-Debatte heute Mittag brachte seitens der Opposition, bis ein wenig Polemik, überhaupt keine neuen Argumente ans Tageslicht. Und der Außen- und Vizekasper dürfte am Vormittag bereits die FAZ gelesen haben. Also war das auch langweilig.

    Pepperball-Waffen gibt es u.a. bei amazon. Warum sollte also die Polizei über keine verfügen, wenn hierzulande jede unbeschränkt geschäftsfähige Person an diese gelangt?

    Das Leben ist bunter??? Bunter als was? Bunter als die Liebe, als der Tod?
    Aber schon klar… Wer von den Grünen, den Linken oder der SPD ist jetzt noch gerne Opposition? Die sogenannte christlich-liberale Koalition ist schließlich derzeit ihre eigene Opposition und braucht keine zweite.

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