Wie funktioniert eigentlich

… die staatliche Parteienfinanzierung? Über  die staatliche Parteienfinanzierung wird immer mal wieder geredet und geschrieben. Manches ist richtig. Aber nicht alles.

Eigentlich ist hier alles ganz gut erklärt. Dennoch will ich den Versuch unternehmen die staatliche Parteienfinanzierung zu erklären 🙂

Die kürzeste Kurzfassung sieht so aus: Der Topf der staatlichen Parteienfinanzierung ist nicht unendlich, es gibt eine absolute Obergrenze. Nicht alle Parteien sind daran beteiligt, sondern nur diejenigen, die bei bei der letzten Bundestags- bzw. Europawahl mindestens 0,5% der Stimmen oder bei der jeweils letzten  Landtagswahl mindestens 1% der Stimmen erreicht haben. Die Parteien erhalten jeweils nur maximal soviel Geld, wie sie auch selbst an eigenen Einnahmen erzielen (relative Obergrenze).

Etwas länger sieht das dann so aus: Erstens gibt es die absolute Obergrenze der an die Parteien zu gebenden Gelder. Im Jahr 2013 (sorry, ich muss immer auf 2013 zurückgreifen um die staatliche Parteienfinanzierung zu erklären, weil die Daten für 2014 noch nicht vorliegen) waren dies 154.117.600 Euro. Mehr war und ist im Jahr 2013 nicht zu verteilen gewesen. Die sog. absolute Obergrenze und ihre Erhöhung sind in § 18 Abs. 2 Parteiengesetz geregelt.

Zweitens haben nicht alle Parteien Anspruch auf die staatliche Parteienfinanzierung, sondern nur die Parteien, welche nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben (§ 18 Abs. 4 Parteiengesetz). Wer dies nicht packt, der ist von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen.

Drittens -das ist das eigentlich Komplizierte- werden die Gelder vom Bundestagspräsidenten jeweils für das vergangene Jahr festgesetzt (§ 19a Abs. 1 Parteiengesetz). Im Februar 2014 wurde also für das Jahr 2013 festgesetzt, welche Parteien wieviel Geld aus dem Topf  für das Jahr 2013 beanspruchen können. Im Jahr 2013 hatten CDU, SPD, Grüne, DIE LINKE, CSU, FDP, pro NRW, PIRATEN, SSW, AfD, FW Thüringen, FW FREIE WÄHLER,  Freie Sachsen, NPD, pro Deutschland, REP, Die Tierschutzpartei, FAMILIE, ödp, RENTNER und die Bayernpartei Anspruch auf staatliche Gelder.  Das bringt einen interessanten Aspekt mit sich: Die erst im Jahr 2013 gegründete AfD hatte bereits im Jahr 2013 Anspruch auf Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Da diese Gelder aber erst im Februar 2014 festgesetzt wurden, bekommt die AfD ihr 2013er-Geld erst ab 2014, also nachträglich, ausgezahlt – zusätzlich zu den vierteljährlichen Abschlagszahlungen für das Jahr 2014 .

Soweit so einfach: Es gibt eine absolute Obergrenze, nur wer ein bestimmtes Wahlergebnis erzielt hat, bekommt die Kohle und die Gelder werden jeweils für die Vergangenheit festgesetzt. Danach wird es etwas komplizierter.

Viertens stellt sich nämlich jetzt die Frage, wie sich die absolut zur Verfügung stehenden Gelder auf die Parteien verteilen. Das Gesetz besagt, Maßstab dieser Verteilung ist der „Erfolg, den eine Partei bei den Wählern bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erzielt, die Summe ihrer Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge sowie der Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden“ (§ 18 Abs. 1 Parteiengesetz). Wichtig ist hier, bei den eingeworbenen Spenden handelt es sich -glücklicherweise- nur um Spenden natürlicher Personen und diese werden auch nur bis zu einem Betrag von 3.300 EUR berücksichtigt (§ 18 Abs. 3 Parteiengesetz). Konkret heißt das: Für bis zu 4 Millionen abgegebener gültiger Stimmen bekommt eine Partei 0,85 EUR, für jede Stimme darüber hinaus 0,70 EUR und für jeden Euro Mitgliedsbeitrag bzw. für jeden Spendeneuro natürlicher Personen bis 3.300 EUR gibt es 0,38 EUR. Diese ganzen Summen werden für die jeweiligen Parteien zusammengerechnet und dann entsprechend der -für das Jahr 2013- geltenden absoluten Obergrenze auf die Parteien verteilt. Das bedeutet, für die Verteilung der insgesamt den anspruchsberechtigten Parteien zur Verfügung stehenden Kohle ist neben den Wahlergebnissen in absoluten Stimmen auch wichtig, in welcher Höhe die Parteien Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden natürlicher Personen bis 3.300 EUR haben. Um es an einem Beispiel deutlich zu machen: DIE LINKE hat für das Jahr 2013 einen Anspruch auf 11.142.415,75 EUR, der sich zusammensetzt aus 6.374.551,65 EUR Wähler/innen-Anteil und  4.767.864,10 Spenden- und Mitgliedsbeitragsanteil. Der Bundesanteil davon sind 9.880.205,00 EUR. Ergo:  Je mehr absolute Stimmen und je größer die Summe von Mitgliedsbeiträgen und Spenden natürlicher Personen bis 3.300 EUR desto mehr Stücke vom Kuchen für die jeweilige Partei.  Zunächst.

Denn fünftens, eine Partei bekommt immer nur maximal soviel staatliche Kohle, wie sie selbst an Einnahmen zu verzeichnen hat. Das nennt sich relative Obergrenze. Die Einnahmen können neben den schon erwähnten Mitgliedsbeiträgen und Spenden natürlicher Personen bis 3.300 EUR  auch Spenden juristischer Personen sein (was ich prinzipiell für falsch halte und untersagen würde, so wie es die Fraktion DIE LINKE im Bundestag auch  in diesem Antrag gefordert hat), Spenden natürlicher Personen über die 3.300 EUR hinaus oder zum Beispiel Einnahmen aus Verkäufen von Publikationen. Wenn also eine Partei nicht genügend eigene Einnahmen erzielt, kann es passieren, dass sie nicht in vollem Umfang die ihr zur Verfügung stehenden Mittel erhält. Das betrifft für den Anspruch auf staatliche Parteienfinanzierung für das Jahr 2013 zum Beispiel die Piraten. Die eigenen Einnahmen betrugen bei den Piraten 1.738.450,70 EUR. Die Piraten hätten aber allein auf Grund der Wähler/innen-Stimmen schon einen Anspruch auf 2.158.507,00 EUR. Weil aber die eigenen Einnahmen diese Summe nicht erreichen, bekommen die Piraten für das Jahr 2013 eben nur 1.738.450,70 EUR.

Die praktische Schwierigkeit für eine Finanzplanung besteht aber nun -sechstens- darin, dass erst im darauffolgenden Jahr das Geld für das vergangene Jahr festgesetzt wird. Für das Jahr 2013 wurden die staatlichen Mittel eben erst im Februar 2014 festgesetzt. Auf die Unterscheidung zwischen Länder- und Bundesanteil will ich hier nicht weiter eingehen. Nur soviel, der Länderanteil richtet sich nach den jeweiligen absoluten Stimmen bei Landtagswahlen. Die Auszahlung der Gelder findet in vierteljährlichen Abschlagszahlungen statt. Die Festsetzung der Gelder erst im darauffolgenden Jahr kann natürlich dazu führen, das eine Partei -soweit sie schon in der Parteienfinanzierung war- im Jahr 2013 mehr Geld bekommen hat, als ihr eigentlich zugestanden hätte. Ich mache das mal wieder an einem Beispiel deutlich: DIE LINKE hat eigentlich einen Anspruch für das Jahr 2013 in Höhe von insgesamt 11.142.415,75 EUR, davon hier relevant ist der Bundesanteil in Höhe von 9.880.205,00 EUR. Tatsächlich hat sie aber im Jahr 2013  eine Abschlagszahlung für den Bundesanteil in Höhe von 10.483.204,12 EUR erhalten. Das ist eine Überzahlung von von 602.999,12 EUR. Die der Partei DIE LINKE tatsächlich als Bundesanteil im Jahr 2013 zustehenden Mittel werden ihr im Jahr 2014 abzüglich der Überzahlung in Höhe von 602.999,12 EUR ausgezahlt. Die im Finanzplan 2014 geschätzten 9,6 Mio. EUR an Einnahmen 2014 aus staatlichen Mitteln für 2013 waren zwar niedriger angesetzt als der eigentliche 2014er-Anspruch,  tatsächlich steht der aber der LINKEN nicht in voller Höhe zur Verfügung sondern lediglich 9.277.205,88 EUR. Schließlich muss ja die Überzahlung aus 2013 ausgeglichen werden.

Alles in allem finde ich das System der staatlichen Parteienfinanzierung ziemlich ausgewogen. Wer eine staatliche Parteienfinanzierung unabhängig von eigenen Einnahmen der Parteien fordert, der verdrängt, dass es Aufgabe der Parteien nach Artikel 21 GG ist an der Willensbildung mitzuwirken. Dies umfasst aber mehr als die Beteiligung an Wahlen und deshalb braucht es neben den absoluten Wähler/innen-Stimmen weitere Berechnungsgrößen für die Verteilung der Gelder. Das dies die Mitglieder und ihre Beiträge sowie Spenden natürlicher Personen bis 3.300 EUR sind, scheint mir sinnvoll zu sein. Wer auf eine staatliche Parteienfinanzierung komplett verzichten will, der verkennt, das Parteien dann nur an der Willensbildung mitwirken können, wenn sie Spenden von juristischen Personen und zahlungskräftigen Mitgliedern bekommen. Das kann aber auch nicht gewollt sein. 

5 Replies to “Wie funktioniert eigentlich”

  1. Ein Grund/Sechs Gründe mehr sich für Spenden juristischer Personen zu öffnen.

  2. das sehe ich anders.
    erstens helfen die spenden juristischer personen nur bedingt. sie sind zwar für die relative obergrenze relevant, aber eben nicht für den auszahlungsbetrag.
    zweitens sind spenden juristischer personen ja etwas, was die juristische person über das notwendige zur aufrechterhaltung des betriebes hinaus erwirtschaftet. der/die chef/in entscheidet also, an wen der von den arbeitnehmer/innen erarbeitete mehrwert geht. ich fände es jedenfalls nicht gut, wenn mein erarbeiteter mehrwert vom chef/der chefin dann an die afd um ein beispiel zu nennen weitergereicht wird.
    drittens soll die bevölkerung auf die willensbildung des volkes einfluss nehmen und deshalb dürfen in parteien nur natürliche personen sein. wenn diese aufgabe durch juristische personen übernommen wird, weil sie parteien finanziell unterstützen wird den juristischen personen ein einfluss zugebilligt, den ich nicht will. zumal es nicht ausgeschlossen ist, das die spenden nur fließen wenn eine politik im interesse der juristischen personen gemacht wird. wer spenden juristischer personen will, der sollte nicht jammern, das die wirtschaft zuviel einfluss auf die politik hat 🙂

  3. Ich werde mal nachsichtig sein, denn aus deiner Biografie geht ja nicht hervor, dass du mal bei einem nach Gewinn strebenden Unternehmen gearbeitet hast. Als Arbeitnehmer hast du keinen Einfluss darauf, wie der von dir erarbeitete Mehrwert eingesetzt wird. Ob dein/e Chef/in (oder deren/dessen Chef/in etc.) sich mehr in die eigene Tasche steckt, das Geld an Wohltätigkeitsorganisationen oder Parteien spendet, zurücklegt oder es z.B. in Maßnahmen zur Kundengewinnung investiert, statt dir und deinen Kollegen mehr Kohle zu zahlen … als Arbeitnehmer haste diese Entscheidungen hinzunehmen (oder eben nicht, dann kündigste und beantragst ALG in der Hoffnung schnell einen neuen Job zu bekommen). That’s it.

    Du darfst es gern anders sehen und dann z.B. die Mitgliedsbeiträge deutlich nach oben korrigieren, damit etwas mehr Geld in die Kasse kommt. So, dass nicht wieder Parteimitglieder jenseits der 70 ein paar Wochen vor einer Wahl plötzlich erfahren, dass ihr Kreisverband die Verteilung von Wahlwerbematerial über eine Firma doch nicht finanziert kriegt sondern sie mal wieder selbst, gebrechlich wie sie teilweise in diesem Alter sind, von Briefkasten zu Briefkasten laufen müssen … oder dann stapelweise Material in der Garage vergammeln lassen, weil sie’s nicht mehr auf die Reihe kriegen es zu verteilen. Geiz ist halt nicht geil.

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