Hände weg vom Hauptausschuss

Gestern durfte der Bundestag mal tagen. Wann wir im Plenum sitzen und wann nicht ist derzeit ja unklar. Aber gestern gab die Kanzlerin eine Regierungserklärung ab und wurde über den NSA-Bespitzelungsskandal gesprochen. Die Debatte will ich hier gar nicht bewerten, denn das Entscheidende fand an ihrem Ende statt und darauf will ich eingehen. Die Fraktionen von LINKEN und Grünen hatten jeweils Entschließungsanträge zum Thema gestellt. Sie wünschten -logischerweise- eine Sofortabstimmung. Das sah die vermutliche Große Koalition aber anders. Sie wollte eine Überweisung in den Ausschuss. In den was? In den Ausschuss. Komischerweise gibt es aber noch keine Ausschüsse, in die Continue Reading →

Auf einmal sind die Geschäftsordnungsfristen eine Verletzung von Abgeordnetenrechten

  Das Bundesverfassungsgericht hat nach eigener Pressemitteilung entschieden, dass trotz eines der Geschäftsordnung entsprechenden Verfahrens, die Rechte von MdB verletzt wurden und deshalb das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht mehr vor der Sommerpause beschlossen werden kann. Geklagt hatte MdB Heilmann (CDU), Bundestagsabgeordneter seit 2017. Er sah sich in seinen Rechten verletzt. Hintergrund ist ein Gesetzesvorhaben, dass am 19. April 2023 im Kabinett beschlossen und am 17. Mai 2023 in den Bundestag eingebracht wurde. Am 15. Juni 2023 fand die erste Lesung statt, der Gesetzentwurf wurde in den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen. Eine Sachverständigenanhörung fand am 21. Juni 2023 statt und Continue Reading →

Vernünftige Idee kaputt gemacht

Öffentlicher Berichterstattung zufolge will die Ampel den Gesetzentwurf zum Wahlrecht ändern. An dieser Stelle hatte ich dem Entwurf bescheinigt, dass er bessser als erwartet ist. Auch wenn es nicht meine Lieblingsvariante ist (die bleibt weiterhin ein reines Verhältniswahlrecht mit veränderbaren Listen), fand ich die Idee insgesamt ganz charmant. Leider macht die Ampel mit den öffentlich gewordenen Änderungsvorschlägen die gute Idee kaputt. Und das ohne Not. Ich will mich jetzt gar nicht an der Erhöhnung der gesetzlichen Sitzzahl der Mitglieder des Bundestages aufhalten, das ist verfassungsrechtlich weder zwingend noch verboten. Ich halte es nicht für zielführend, eine „Rückbenennung“ der Wahlkreis- und Continue Reading →

Paritätsgesetz – Die Entscheidung des LVerfG Brandenburg

Nach dem Verfassungsgerichtshof in Thüringen hat nun auch das Landesverfasssungsgericht (LVerfG) Brandenburg ein Paritätsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Bislang liegen die Urteilsgründe noch nicht vor, insoweit kann ich mich zunächst nur auf die Presseerklärung beziehen. Der Beitrag wird aber einem Update unterzogen, sobald das Urteil mit den Entscheidungsgründen vorliegt. Update: Die Entscheidungsgründe liegen nunmehr vor, der Blogbeitrag wird  entsprechend angepasst. Es fällt zunächst auf, dass die Verfassungsbeschwerden „nur im Hinblick auf die gerügten Grundrechte der passiven Wahlrechtsgleichheit (Art. 22 Abs. 3 Satz 1 LV) und des Diskriminierungsverbots wegen des Geschlechts (Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 LV) zulässig Continue Reading →

Grundsätzlich erlaubt Gleichstellungsgebot Eingriffe in Wahlrechtsgrundsätze – Zur Entscheidung des VerfGH Thüringen

Nun ist es da, das erste Urteil zu einem Paritätsgesetz. Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Thüringen hat gesprochen und das Paritätsgesetz für nichtig erklärt. Das Urteil ist enttäuschend, vor allem wegen seiner Begründung. Zwar stellt der VerfGH Thüringen klar, dass grundsätzlich Eingriffe in die Wahlrechtsgrundsätze durch das Gleichstellungsgebot in Verfassungen gerechtfertigt sind, kommt dann aber zu einem bedauerlichen Ergebnis, weil die Auslegungsgrundsätze fehlerhaft angewendet werden. Der Landtag von Thüringen beschloss mit der Änderung des Wahlgesetzes ein Teilparitätsgesetz. Teilparität deshalb, weil es keine Regelungen zu den Wahlkreisen gab. Nach dem Gesetz sind die für eine Wahl einzureichenden Listen abwechselnd mit Männer und Frauen Continue Reading →

Die Sache mit dem Grabenwahlrecht

Unmittelbar nach Weihnachten überraschten einige Unionsabgeordnete mit einem Vorschlag für ein neues Wahlrecht. Ein  sogenanntes Grabenwahlsystem soll es richten. Ein alter Vorschlag, der auf den ersten Blick ganz überzeugend wirkt. 299 Direktgewählte Abgeordnete und 299 Listenabgeordnete, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, der Bundestag wird also – anders als nach der Wahl 2017 –  nicht größer. Der Vorschlag ist nicht neu, er ist vor allem aber nicht überzeugend. Aus faktischen Gründen, aus demokratietheoretischen Gründen und aus verfassungsrechtlichen Grünen. 1. Das Grabenwahlsystem in Fakten  Wäre das Grabenwahlsystem bei der Bundestagswahl 2017 angewendet worden, sähe der Bundestag zunächst heute Continue Reading →

Mehr Mut wagen

Ich muss mich korrigieren. Der Bundespräsident ist doch kein Grüßaugust, wie ich selbst an der einen oder anderen Stelle abschätzig angemerkt habe. Der Bundespräsident ist im Moment, also nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen, der wichtigste Mann. Es liegt zunächst an ihm, ob es Neuwahlen geben wird. Und dann an den im Bundestag vertretenen Parteien (mit Ausnahme der AfD). Sind sie mutig und beschreiten neue Wege, die die Demokratie lebendiger machen oder verharren sie im strengen Koalitionskorsett. Es wird nun ganz viel von Neuwahlen geredet. Doch so einfach ist das nicht. Der Bundestag kann sich nämlich Continue Reading →

Das Gegenteil vom Gewollten erreicht

Manchmal passiert es ja, das von dem Gewollten genau das Gegenteil erreicht wird. Das ist dann blöd. Gut ist, das ich die Chance habe einiges klarzustellen und weiter auszuführen. Gestern habe ich hierzu einen Beitrag geschrieben. Auf Grund der Kommentare habe ich aber feststellen müssen, über die als Antwort auf eine (rhetorische) Frage des Bundespräsidenten gedachten 4 Punkte wurde wenig bis gar nicht eingegangen. Vielmehr stand im Mittelpunkt der Berichterstattung die -in meinem Fall gar nicht so neue- Passage zur Abschaffung des Amtes. Spannend war auch festzustellen, was nicht alles so hineininterpretiert und was alles nachgefragt wurde. Das hat mich Continue Reading →

Der Koalitionsvertrag

… zwischen CDU/CSU und SPD liegt nunmehr vor und wurde schon mehrfach verlinkt. Auch erste Einschätzungen liegen vor. Ich habe mich bisher mit einer Bewertung zurückgehalten, weil ich erst die 185 Seiten durcharbeiten wollte. Am Anfang will ich eine Bemerkung machen, die vielleicht Streit auslöst. Ich weiß, dass Koalitionsverträge Kompromisse sind. Und im Interesse einer fairen Auseinandersetzung sollte berücksichtigt werden, dass niemand in einer Koalition 100% seiner Forderungen aus dem Wahlkampf umsetzen kann. Reflexhaftes reagieren oder beschimpfen hilft deshalb nicht weiter. Ich fange deshalb auch mal mit einem Lob an. Das Thema Digitalisierung der Gesellschaft zieht sich durch den gesamten Continue Reading →