Vor ziemlich genau einem Jahr, am 7. Juli 2016 beschloss der Bundestag die sog. „Nein heißt Nein„-Regelung im Strafrecht. Bereits zu diesem Zeitpunkt existierte die Reformkommission Sexualstrafrecht beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Am 19. Juli 2017 übergab sie nun ihren Abschlussbericht. Und der hat es in sich. Doch nicht nur im Hinblick auf das aktuelle Sexualstrafrecht ist der Bericht interessant; er war mir auch eine willkommene Angelegenheit die Vorschläge der Reformkommission mit dem Gesetzentwurf der LINKEN zur „Nein heißt Nein„-Lösung zu vergleichen.

Auf Seite 13 ff. befinden sich die 61 Vorschläge für eine Änderung des Sexualstrafrechts. Ein genauerer Blick auf die eine oder andere Empfehlung lohnt sich ebenso, wie der Überblick über die Entwicklung des Sexualstrafrechts ab S. 21. Nachfolgend wird vor allem auf die Vorschläge der Reformkommission eingegangen, die sich mit den jüngsten Änderungen im Sexualstrafrecht beschäftigen.

§ 177 StGB – Die „Nein heißt Nein“-Lösung

Die Kommission ist sich…

Am Donnerstag, den 7. Juli 2016 hat der Bundestag die Regelung zum „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht in namentlicher Abstimmung einstimmig beschlossen. Zeit für eine kurze parlamentarische Chronik.

Anhörung zur Istanbul-Konvention

Am 1. August 2014 trat die sog. Istanbul-Konvention in Kraft. Dabei handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Am 28. Januar 2015 fand eine Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz statt, dessen Grundlage ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen war. Darin ging es um die Schließung von Strafbarkeitslücken im Sexualstrafrecht. Sehr zu empfehlen ist in diesem Fall das Wortprotokoll der Anhörung. Denn dieses Wortprotokoll macht die Konfliktlinien der weiteren Debatte um die Verankerung von „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht deutlich.

Die Sachverständige Grieger schilderte einen Fall, in dem die Staatsanwaltschaft  das Verfahren eingestellt hatte, weil der Tatbestand der sexuellen Nötigung nach Meinung der Staatsanwaltschaft nicht erfüllt…

In der Debatte um das Sexualstrafrecht und die sexuelle Selbstbestimmung gerät manches durcheinander. Oder es wird einiges klarer. Je nach Standpunkt.

Kürzlich hat sich zum Beispiel Bundesrichter Fischer im Rahmen seiner Kolumne an der Debatte beteiligt. Bevor ich auf die These mit der angeblich nicht existierenden Schutzlücke eingehe, ein paar Details am Rande. Fischer behauptet, es habe eine 1. und 2. Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung stattgefunden. Das ist zweifach falsch. Tatsächlich handelte sich um die 1. Lesung und neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ging es auch um den Gesetzentwurf der LINKEN. Beides ist im Plenarprotokoll (ab Seite 16386) leicht nachzulesen. Dieses Verfahren ist übrigens auch der Regelfall. Erst kommt die 1. Lesung, dann eine Überweisung in den Ausschuss oder die Ausschüsse und danach dann gibt es die 2. und 3. Lesung. Steht auch so in der Geschäftsordnung des Bundestages, konkret in § 80 Abs. 1. Bundesrichter Fischer verweist zwar auf den Gesetzentwurf der…

Der Wunsch den Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht zu verankern besteht seit langem. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz führte am 28. Januar 2015 eine Anhörung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention durch. Es war diese Anhörung, die mich davon überzeugt hat, dass im Sexualstrafrecht Schutzlücken bestehen.

Im Januar schrieb ich hier über den Alltag im Bereich sexualisierter Gewalt und sexueller Belästigung. Zum Thema Sexualstrafrecht und Köln habe ich im Januar ebenfalls etwas aufgeschrieben. Die Mühlen des Parlamentarismus mahlen nun etwas langsamer als sich Blogbeiträge schreiben lassen. Aber jetzt ist es geschafft. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zur Verankerung von „Nein heißt Nein liegt vor. Ihn zu schreiben hat viel Zeit und Kraft gekostet, aber es hat sich gelohnt. Und wenn frau von was überzeugt ist, schreibt es sich ja auch viel besser :-).

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf bereits am 01.07.2015 vorgelegt, die Anhörung zu…

Am 6. Januar schrieb ich hier darüber, dass wir über den Alltag von sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch reden müssen. Da wo mein Beitrag in Allgemeinplätze übergeht setzt glücklicherweise der Aufruf von ausnahmslos.org an. Die in diesem Aufruf formulierten Forderungen finde ich ausnahmslos richtig und unterstützenswert. Sie zeigen deutlich auf, wo Handlungsbedarf besteht. Handlungsbedarf, der über einfache und kurzfristige Antworten hinausgeht. Genau das ist es, was jetzt gebraucht wird. Ich selbst hätte vielleicht noch ein oder zwei andere Punkte hinzugefügt, die sich um Rechte von Betroffenen sexualisierter Gewalt/sexueller Belästigung im Straf- und Ermittlungsverfahren drehen. So finde ich einen Rechtsanspruch von Opfern sexualisierter Gewalt/sexueller Belästigung auf kostenlose psychologische Beratung/Betreuung, soweit von ihnen gewünscht wichtig. Gleiches gilt für einen Anspruch von Opfern sexualisierter Gewalt/sexueller Belästigung auf Befragung durch weibliche Polizeibeamte/Staatsanwältinnen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und auf Aufzeichnung in Bild und Ton der Erstvernehmung zur Beweissicherung.

Nach meinem Blogbeitrag und nach diesem Artikel für die Homepage der Fraktion habe ich…