Parteivorstandssitzung 8/II

Der Parteivorstand tagt mal wieder am Sonntag und Montag. Am Montag kann ich nicht teilnehmen, da zum gleichen Zeitpunkt ein Treffen der Rechtspolitischen Sprecher/innen der LINKEN stattfinden wird. Deshalb gibt es hier (fast) nur etwas zum Sonntag.

Obligatorisch gab es zunächst den Punkt Aktuelles. In diesem Tagesordnungspunkt war auch ein Rückblick auf die Linke Woche der Zukunft enthalten. Ich hätte mir gewünscht, die linke Woche der Zukunft hätte unter dem Fokus „Veränderungen der Gesellschaft durch Digitalisierung und demokratisch-sozialistische Antworten darauf“ gestanden. Ich bin es leid, ständig darauf hinzuweisen, dass die Digitalisierung alles verändert, von der Produktionsweise bis hin zur Lebensweise. Ich bin es leid einzufordern, dass DIE LINKE sich zu all diesen Veränderungen verhalten und Antworten entwickeln muss. Sie muss für sich entscheiden, wie aus ihrer Sicht eine digitalisierte Gesellschaft demokratisch, sozial und friedlich gestaltet werden kann und gestaltet werden sollte. Dazu müsste sie sich aber ein paar Fragen stellen, die eben über alle Themenbereiche gehen. Was bedeutet es für die Friedenspolitik, wenn demnächst irgendwann computergesteuerte Roboter statt Soldaten in den Krieg ziehen? Was bedeuten Bitcoin und andere Internetwährungen für das Finanzsystem? Kann Digitalisierung zu einer ökologischeren Lebens- und Produktionsweise durch Ressourceneinsparung beitragen oder verschärft sie das Problem noch? Kann Digitalisierung dazu führen, dass die Ausbeutung des Nordens durch den Süden und damit auch der Kampf um Rohstoffe beendet wird oder findet er noch zugespitzter statt? Was bedeutet es für gewerkschaftliche Organisierung, wenn immer weniger Leute in Betrieben beschäftigt sind und das Normalarbeitsverhältnis abnimmt? Wie soll mit der sog. Sharing Economy umgegangen werden? Was ist „Gute Arbeit“ im digitalen Zeitalter? Muss sich was im Hinblick auf die sozialen Sicherungssysteme ändern und wenn ja, was und wie? Ich habe an dieser Stelle schon auf eine Drucksache verwiesen, die eine Grundlage für eine weiterführende Debatte sein könnte. Wenn DIE LINKE sich nicht mit der Digitalisierung beschäftigen will, dann will sie es nicht. Zukunftsfähig ist sie dann aber eben auch nicht. Und ich glaube die Grunddifferenz zwischen mir und der Partei(führung) besteht darin, dass letztere glaubt, es reicht mal abstrakt die eine Veranstaltung bzw. ein Panel zum Thema Digitalisierung zu machen. Nach dieser Einschätzung sind die Veränderungen durch die Digitalisierung eben nicht so umfassend, dass sie auf alle Bereiche des Lebens durchschlagen. Kurz und gut, meine These das die Digitalisierung alle Verhältnisse verändert und grundsätzlich neue Fragen an eine linke Partei stellt auf die diese Antworten geben muss, wird von der Partei(führung) nicht geteilt. Fragt sich nur, wo dann die gemeinsame Grundlage für zukünftiges Handeln ist. Unter dem Punkt Aktuelles wurde noch viel mehr debattiert, aber das schreibe ich jetzt nicht auf.

Nach dem Mittagessen wurde der Delegiertenschlüssel des 5. Parteitages, das ist der für die Jahre 2016/2017, beschlossen. Hierzu gab es wegen § 16 Abs. 4 der Bundessatzung einige Nachfragen, denn die Delegierten werden auf der „Grundlage der Mitgliederzahlen aus beitragszahlenden und beitragsbefreiten Mitgliedern“ errechnet. Es gab darüber hinaus eine Verständigung zu offenen Fragen des Bielefelder Parteitages. Offene Fragen ist vielleicht die falsche Bezeichnung, es ging eher um eine Übersicht der eingegangen Anträge. Zu einem Antrag (Offenen Brief) habe ich mich hier bereits geäußert. Den Antrag auf S. 88 im Antragsheft 2 (P.8.) zu Unvereinbarkeit von Mitgliedschaften finde ich absurd. Die Mitgliedschaft in der Atlantikbrücke e.V. kann mensch durchaus kritisch sehe. Aber wer einen Unvereinbarkeitsbeschluss fordert, der hat offensichtlich nicht begriffen, das die Zeiten von vor 1990 vorbei sind. Der will die politische Auseinandersetzung durch administrative Maßnahmen ersetzen und hat Pluralismus nicht verstanden. Ich kann nur hoffen der Parteitag erteilt diesem Antrag eine deutliche Absage. Einen Änderungsantrag zum Leitantrag im Hinblick auf Ukraine-Russland Konflikt konnte ich nicht mittragen. In dem Änderungsantrag wird -zu Recht- kritisiert, das die NATO sich stetig gen Osten ausdehnt. Aber es fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass noch im November 2010 eine militärische Kooperation zwischen Russland und der NATO vereinbart wurde. Es fehlt auch jeglicher Hinweis darauf, dass noch im August 2014 Russland Manöver in der Region um die Ukraine durchgeführt hat. Der Leitantrag selbst enthält jetzt bereits alle wichtigen Aussagen, dieser Änderungsantrag ist nicht notwendig. Zu einigen Debatten führte auch der Antrag G.8. auf Seite 60 des Antragsheftes 2. Offensichtlich stören sich einige an der Passage zur Zweiten Erneuerung ab Zeile 110. Ich habe den Antrag vor allem wegen nachfolgender Passage unterstützt: „… wollen wir eine `Lernende Partei` sein. Eine Partei, die sich nicht in Parteisoldaten, Parteioffiziere und Parteigenerale unterscheidet, sondern in der alle Mitglieder auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Abschließende Gewissheiten sind linker Politik wesensfremd, die politische Stärke einer Partei wächst aus dem immer wieder neuen Suchen als lernende Organisation. Eingedenk unseres historisch-politischen Erbes darf avantgardistische Überheblichkeit kein Element der innerparteilichen Kultur und des parteilichen Selbstverständnisses sein. (…) Neue, fundamentale gesellschaftliche Themen und Fragestellungen müssen endlich auch mehr Gewicht in unserer Politik erfahren.

Eine Vorlage zur weiteren Arbeit des Ältestenrates wurde beschlossen. Er arbeitet also wieder. Mit den Streikenden bei Kita, GDL und Post wurde sich solidarisiert. Ebenso wurden Vorlagen zum Fest der Linken 2015 und zur Beteiligung an den Pressefesten 2015 beschlossen. Die Finanzplanabrechnungen des Parteivorstandes wurde vorgelegt. Und bestimmt habe ich noch die eine oder andere Vorlage vergessen hier aufzuschreiben.

Dann war der erste Tag der Parteivorstandstagung beendet und damit würde eigentlich auch dieser Blogbeitrag zu Ende sein.

Aber ich komme nicht umhin auf einen Punkt auf der Tagesordnung einzugehen, der Morgen behandelt wird. Da liegt dem Parteivorstand eine Informationsvorlage zu einer Kundgebung und einem Konzert zum Weltflüchtlingstag vor. Richtigerweise wird in dieser Vorlage darauf hingewiesen, dass in der Fraktionsversammlung am 21.04.2015 eine Aktion derselben (gemeint ist der Fraktion – H.W.) zur aktuellen Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer und ihren politischen Ursachen, Auswirkungen, Folgen bzw. Begleitumständen vorgeschlagen wurde. Wohlgemerkt, es ging damals um eine Aktion der Fraktion. Es handelte sich damals um den Vorschlag, ein Konzert zu veranstalten. In der Vorlage heißt es dann weiter: „Die Mehrheit der Fraktion hat diesen Vorschlag zustimmend zur Kenntnis genommen oder Bereitschaft zu Unterstützung erkennen lassen. Vereinzelt gab es Widerspruch bzw. Bedenken.“ Das ist nun nicht mehr richtig. Die Mehrheit der Fraktion hat geschwiegen und nichts gesagt. Also die Vorlage stimmt dann, wenn „wer schweigt stimmt zu“ als Grundlage gilt. Von denjenigen die das Wort ergriffen hat eine Mehrheit tatsächlich den Vorschlag unterstützt. Mir ist nur eine einzige Wortmeldung mit Widerspruch erinnerlich – meine eigene am Ende der ganzen Debatte. Mein Einwand war, dass DIE LINKE als Partei der Flüchtlingshelfer lieber ganz konkret Unterstützung leisten sollte, zum Beispiel durch Spenden an Sea Watch oder durch konkrete Hilfe vor Ort. Ein Konzert als Aktion der Fraktion -und noch mal, soweit ist die Vorlage richtig genau das war der Vorschlag damals- halte ich als Reaktion für verfehlt. Obwohl keine Abstimmung stattfand wurden -auch insoweit ist die Informationsvorlage korrekt- „in der vergangenen Woche verschiedene Voraussetzungen für eine solche Aktion und Möglichkeiten für ihre Realisierung geprüft„. Das wäre an sich kein Problem, bliebe es bei der Prüfung. In der Informationsvorlage wurde dem Vorstand dann der Stand der Prüfung mitgeteilt. Nach diesem Stand ist ein Termin gefunden (20. Juni) und ein Ort angemeldet worden (Brandenburger Tor). Auch noch okay. Aber es wurden durch den Fraktionsvorsitzenden und die Parteivorsitzenden Briefe an Gewerkschaften, Kirchen und weitere Verbände, Vereine und Organisationen, besonders im Bereich der Flüchtlingspolitik, mit der Bitte um Rückmeldung bis zum 12.05.2015, geschrieben. Damit wurden nun aber Fakten gesetzt. Das Ziel der Briefe sei, so die Aussage in der Informationsvorlage, Partner zu gewinnen. Weiter heißt es in der Vorlage: „Der Geschäftsführende Parteivorstand hat sich für eine Sockelfinanzierung von15 T€ ausgesprochen. Es ist eine Spendenkampagne in Vorbereitung und durch die Parteiführung werden potentielle Bündnispartner um finanzielle Unterstützung gebeten.“ Bereits in der Fraktionssitzung am 5. Mai 2015 hat eine Mehrheit der Fraktion (gegen meine Stimme) entschieden, dem Vorstand des Vereins der Bundestagsfraktion zu empfehlen, eine Monatseinnahme für das Konzert zur Verfügung zu stellen. Warum ich das hier alles aufschreibe? Weil es mich immer noch wütend macht, dass ohne jegliche Abstimmung einfach Fakten geschaffen werden, die dazu führen das alle irgendwie in Bedrängnis sind. Entweder sie gefährden die schon kommunizierte Aktion wenn sie die Zustimmung zu den Finanzen verweigern oder sie beschließen das Geld ohne das sie von der Sinnhaftigkeit überzeugt sind. Ich würde es immer noch für sinnvoller halten 15 T€ aus Parteimitteln und eine Monatseinnahme des Fraktionsvereins für tatsächlich bei Geflüchteten ankommende Hilfe auszugeben. Die zur Finanzierung des Konzertes geplante Spendenkampagne hätte auch eine Spendenkampagne für konkrete Hilfe sein können.

5 Replies to “Parteivorstandssitzung 8/II”

  1. Der Antrag gegen die Atlantikbrücke ist überfällig.
    Diese klandestine Vorfeldorganisation des real existierenden Amerikanismus gehört im Grunde verboten. Dann hätte Stefan Liebich auch mehr Tagesfreizeit.

  2. @linksman: verbieten, verbieten, verbieten. unbedingt verbieten. ich finde auch, alles was nicht der revolution dient verbieten. sofort. und wenn die sich nicht dran halten, dann kommen die entsprechenden organe und regeln das. *zynismus off*

  3. Hallo Halina,
    hältst Du diese verbotskritische Position auch im NPD-Verbotsverfahren durch?

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