Wer auf die Webseite der Letzten Generation geht (Ist das jetzt schon strafbar?), stellt zunächst fest, dass diese vom LKA Bayern wegen des Verdachtes der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gesperrt worden ist. Das hat zunächst erst einmal den Nachteil (für interessierte Bürger*innen) und den Vorteil (für die Strafverfolgungsbehörden), dass eine authentische Information über Ziele, Aktionen, Finanzierung und Mitgliedschaften unmöglich ist.

Das ist insofern bedauerlich, weil es genau darauf ja bei der Frage der Einordnung als „kriminelle Vereinigung“ nicht unwesentlich ankommt. Ich habe im Jahr 2022 zur Frage kriminelle Vereinigung schon mal etwas aufgeschrieben und mir damals die noch abrufbare Webseite angeschaut. Damals fand ich einen Hinweis auf die Werte und den Aktionskonsens. Darunter fand sich, dass die Letzte Generation „absolut gewaltfrei“ in Verhalten und Sprache sein will, Rettungswagen durchlassen möchte und darauf achten will, dass immer eine Rettungsgasse gebildet werden kann.

Für alle weiteren Informationen bin ich seit vorgestern auf Sekundärinformationen angewiesen. Demnach -und so meine ich…

Irgendwann -wenn wir noch dazu kommen- werden wir feststellen, dass das Jahr 2023 der Kipppunkt war.

Der Kipppunkt der Gesellschaft wie wir sie kennen. Die Demokratie löste sich auf, weil keine der sog. Gewalten sich ernsthaft um ihre Rettung bemühte. Die letzte Chance den „Point of no return“ im Hinblick auf das Überleben des Planeten noch abzuwenden, wurde vertan.

Eigentlich ist alles wie in einem Film, tausendfach gesehen. Alle wissen, dass es so nicht weitergehen kann, Niemand will von den eigenen Privilegien abgeben. Niemand will es wahrhaben und so schlimm wird es schon nicht werden. Die Wissenschaft warnt, die Gerichte ignorieren, die Medien machen Umsatz mit dem Spiel mit der Angst und die Politik (an dieser Stelle ist „die“ Politik mal richtig) will die Wählenden nicht überforden und versagt.

Nur die Natur interessiert das alles nicht und am Ende kommt auch kein Held (in den Filmen sind es meist Helden und nicht Heldinnen), der die Welt kurz vor dem Zusammenbruch…

Marko Buschmann twittert, er wolle Einwanderung in den Arbeitsmarkt – nicht in den Sozialstaat. Marko Buschmann ist weder Rassist noch Faschist. Marko Buschmann ist Demokrat. Und er ist Justizminister der Bundesrepublik Deutschland. Als solcher kennt er den Unterschied zwischen Einwanderung und Flucht. Das er mit der Wortwahl „Einwanderung in den Sozialstaat“ am rechten Rand fischt, ist das Problem. Und ein Beleg für die #Diskursverschiebung in der Gesellschaft.

Diese Art der Anbiederung am rechten Rand ist auch kein Zufall, denn am darauffolgenden Tag twittert Marko Buschmann von seinem Privataccount erneut, dass die Migration in Sozialsysteme erschwert wird.

Marko Buschmann ist nicht allein. Auch Friedrich März hat schon von „Einwanderung in die Sozialsysteme“ palavert. Über Einwanderung und die Kriterien kann geredet werden. Das ist einer Demokratie auch richtig so. Die These von der „Einwanderung in den Sozialstaat“ ist jedoch eine originär rechte These. Mit ihr geht es gar nicht um Einwanderung. Mit ihr geht es um Hetze gegen Menschen…

Vorgeschichte

Die Beschlussbegründung des BVerfG vom 17. Mai 2023 zur Ablehnung der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Wiederholungswahl in Berlin ist ohne die Vorgeschichte nicht bewertbar. Mit dem Beschluss vom 25. Januar 2023 (2 BvR 2189/22) wurde der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und erklärt, dass die Begründung den Beteiligten gesondert übermittelt wird.

Mit der einstweiligen Anordnung war die „Verschiebung“ der vom VerfGH Berlin angeordneten vollständigen Wiederholungswahl bis zur Entscheidung in der Hauptsache begehrt worden und es wurde vorgetragen, dass das Urteil des VerfGH Berlin die antragstellenden Personen in ihren Grundrechten aus Art. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 3 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG verletzen.

Zum Urteil des LVerfGH Berlin habe ich an dieser Stelle schon ein wenig ausgeführt. Der LVerfGH ordnete damals eine vollständige Wiederholungswahl an. Ich sah und sehe in…

Eigentlich ging es im Beschluss des BVerfG vom 1. Februar um Kinderehen. Das tritt jedoch in den Hintergrund angesichts des Leitsatzes 1/Randnummer 109. Dort steht:

„Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine rechtlich verbindliche, im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft, die durch einen formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird.“

Die „Revolution“ des Beschlusses wird erst deutlich, wenn ein Blick auf frühere Entscheidungen des BVerfG geworfen wird.

Im Jahr 2002 formulierte das BVerfG zum Lebenspartnerschaftsgesetz noch in Randnummer 87::

„Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates (…), in der Mann…

Manche Dinge radikalisieren und einige Radikalisierungen passieren unvorbereitet. Obwohl ich nach wie vor die parlamentarische Demokratie als wichtigen zivilisatorischen Fortschritt empfinde, habe ich mich in der Kritik an ihr radikalisiert – in der Zeit im Parlament und immer so, dass es um konkrete Verbesserungsvorschläge ging.

Jetzt radikalisiere ich mich, weil die Ignoranz gegenüber der Klimakatastrophe mich zur Verzweiflung bringt. Ich verstehe die Wut und die Angst derjenigen, die sich an Straßen festkleben – auch wenn ich nicht überzeugt bin, dass mit dieser Art von Protest Überzeugungsarbeit in Sachen Klimaschutz stattfindet. Was muss eigentlich geschehen, dass die Notwendigkeit von Klimaschutz begriffen wird? In der Politik und bei jedem/jeder?

Natürlich kann ich das machen, worauf sich die Ampel jetzt geeinigt hat und das Klimaschutzgesetz so ändern, dass nicht mehr jeder Sektor (Energie, Gebäude oder Verkehr) pro Jahr CO2-Vorgaben erfüllen muss, sondern die Einhaltung der Klimaschutzziele anhand „einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft“ wird. Und ich kann den Grundsatz ändern, wonach es…

Mit einigen anderen habe ich ein Papier zu Sozialpolitik in Zeiten der drohenden Klimakatastrophe geschrieben.

Es geht um deinen Diskussionsaufschlag, denn ich glaube, das Thema Sozialpolitik muss breiter aufgestellt werden.

Aus dem Papier:

Eine ökologische Sozialpolitik der Ressourcenumverteilung steht vor der Herausforderung,Konzepte und Antworten auf sich regulatorisch aufdrängende Fragen zu entwickeln.Klimakrisenfeste Sozialpolitik muss zwangsläufig konkrete Antworten auf Fragen finden, die sich unter anderem bereits im Rahmen der Energiekrise gestellt haben:

Was sind lebenswichtige Grundgüter, deren Vernichtung oder Einschränkung durch die Klimakatastrophe droht? Wer erhält in welchem Umfang ein kostengünstiges Grundkontingent an lebenswichtigen Gütern wie z.B. Wasser, Wärme, Energie, Lebensmittel? Was sind Kriterien für ökologische und soziale Mindeststandards bei Produktion und Erwerbsarbeit? Ist eine „Ausgleichsabgabe“ für ein die Klimakatastrophe beförderndes Wirtschaften eine angemessene Lösung und wie kann diese ggf. ausgestaltet werden? Wie kommen wir zu bezahlbarem und klimaneutralem Wohnraum für alle? Welcher Flächenverbrauch ist für welchen Personenkreis aus welchen Gründen angemessen? Wie kann der Wohnungsmangel behoben werden? Wo darf…

 

Dieser Text wird sehr lang werden.

Vorbemerkung

Die Debatte zum Wahlrecht am 17. März 2023 und die Verabschiedung des neuen Bundeswahlgesetzes wurde hoch emotionalisiert geführt, dabei gerieten auch einige Fakten durcheinander. Die sachliche Darstellung des derzeitigen Wahlrechts und seine Herleitung fielen dabei unter den Tisch. Das ist schade.

Der aus meiner Sicht akzeptable Grundentwurf des Ampel-Vorschlages wurde durch die kurzfristige Streichung der Grundmandatsklausel leider in seiner Akzeptanz untergraben. Und das vor allem wegen des Verfahrens (auch in der Sache finde ich die Streichung falsch, aber dazu komme ich noch). Am Sonntag sickerten erste Informationen durch, am Freitag wurde beschlossen. Das Wortprotokoll der Anhörung zum Gesetzentwurf, der eine Grundmandatsklausel enthielt, lag noch gar nicht vor.  Die Ampel hat durch das schnelle Verfahren verhindert, dass sich seriös mit der Grundmandatsklausel und den Folgen ihres Wegfalls beschäftigt wurde. Sie hat so einen Beitrag geleistet, dass ein Gefühl des „überfahren werden“ entstanden ist. Es wäre überhaupt nicht schlimm gewesen, sich einfach zwei…

Öffentlicher Berichterstattung zufolge will die Ampel den Gesetzentwurf zum Wahlrecht ändern. An dieser Stelle hatte ich dem Entwurf bescheinigt, dass er bessser als erwartet ist. Auch wenn es nicht meine Lieblingsvariante ist (die bleibt weiterhin ein reines Verhältniswahlrecht mit veränderbaren Listen), fand ich die Idee insgesamt ganz charmant.

Leider macht die Ampel mit den öffentlich gewordenen Änderungsvorschlägen die gute Idee kaputt. Und das ohne Not. Ich will mich jetzt gar nicht an der Erhöhnung der gesetzlichen Sitzzahl der Mitglieder des Bundestages aufhalten, das ist verfassungsrechtlich weder zwingend noch verboten.

Ich halte es nicht für zielführend, eine „Rückbenennung“ der Wahlkreis- und Hauptstimme in Erst- und Zweitstimme vorzunehmen. Schon jetzt gibt es unter den Wählenden eine Verunsicherung, welche Stimme die „Wichtigere“ ist. Die „Umbenennung“ in Wahlkreis- und Hauptstimme hat insoweit schon Sinn gemacht. Denn mit dem im Kern immer noch unterstützenswerten Ansatz des Ampel-Gesetzentwurfes kommt es gerade auf die Hauptstimme oder jetzt wieder Zweitstimme an. Weil ohne deren Deckung auch kein…

Pazifist*innen, verstanden als Menschen, die jede Anwendung von Gewalt ablehnen und damit aus Gewissensgründen auch jede Form von Krieg, lehnen auch die Verteidigung eines angegriffenen Staates mit militärischen Mitteln ab. In der Konsequenz nehmen Pazifist*innen in Kauf, dass Menschen im Rahmen eines Krieges oder einer Aggression brutal ermordet, gefoltert und verletzt werden.Ein so verstandener Pazifismus schließt die Anwendung des kollektiven Selbstverteidigungsrechtes aus, in diesem Punkt erkennt ein so verstandener Pazifismus die Normen des Völkerrechts nicht an. Das Völkerrecht sieht in Art. 51 UN-Charta das Recht auf kollektive Selbstverteidigung vor. (Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, … .“) Wer aus dem Völkerrecht ableitet, dass das dort verankerte Selbstverteidigungsrecht in bestimmten Fällen auch voraussetzt, dass dafür (Verteidigungs)Waffen erforderlich sind und geliefert werden müssen, ist kein*e Kriegstreiber*in oder Bellizist*in. Menschen die sich für Waffenlieferungen aussprechen nehmen in Kauf, dass durch die damit vorgenommene Selbstverteidigung…