Unmittelbar nach Weihnachten überraschten einige Unionsabgeordnete mit einem Vorschlag für ein neues Wahlrecht. Ein  sogenanntes Grabenwahlsystem soll es richten. Ein alter Vorschlag, der auf den ersten Blick ganz überzeugend wirkt. 299 Direktgewählte Abgeordnete und 299 Listenabgeordnete, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, der Bundestag wird also – anders als nach der Wahl 2017 –  nicht größer. Der Vorschlag ist nicht neu, er ist vor allem aber nicht überzeugend. Aus faktischen Gründen, aus demokratietheoretischen Gründen und aus verfassungsrechtlichen Grünen.

1. Das Grabenwahlsystem in Fakten 

Wäre das Grabenwahlsystem bei der Bundestagswahl 2017 angewendet worden, sähe der Bundestag zunächst heute so aus:

CDU: 185 Direktmandate (CDU) +80 Landelistensitze  (26,8% von 299) = 265 Sitze

CSU: 46 Direktmandate  (CSU) + 19 Landeslistensitze (6,2% von 299) = 64 Sitze

SPD:  59 Direktmandate + 60 Landeslistensitze (20% von 299) = 119 Sitze

Grüne:  1 Direktmandat + 27 Landeslistensitze (8,9% von 299) = 28 Sitze

FDP:  0 Direktmandate + 32 Landeslistensitze…