Die alltägliche Herabwürdigung von Frauen

Ich bin derzeit in Tutzing bei einer Veranstaltung zum Wahlrecht. Um nach Tutzing zu kommen, musste ich mit dem Zug fahren. Diese Zugfahrt von Berlin nach München mit dem ICE 1003 im Wagen 27 war eines der einprägendsten Erlebnisse der letzten Zeit.

Der Zug kam aus Hamburg und in dem Wagen 27 saßen ca. 7-12 junge Männer ohne Migrationshintergrund (das ist an dieser Stelle ja wichtig zu erwähnen, weil es ja angeblich immer nur die Menschen mit Migrationshintergrund sind, die Probleme machen), die schon leicht angetrunken und dementsprechend laut waren. Sie hörten auch laut Musik. Das alles hätte mich nicht weiter gestört, das passiert halt. Was aber dann passierte war nachhaltig verstörend.

Die jugen Männer bewerteten zunächst lautstark jede weibliche Person, die an ihnen vorbei gehen mussten. Das alles mit einem sexistisch bewertenden Ton, der sich auf das Aussehen und die primären Geschlechtsmerkmale bezog. Anschließend wurde über Frauen als „Schlampen“ geredet und dann lautstark gesungen „Zieh Dich aus Du geile Schlampe“. Frauen als Verfügungsmasse und Sexobjekt.

Das Zupersonal versuchte den jungen Männern klarzumachen, dass ein solches Verhalten ungebührlich ist – und als es weiter zog ging es weiter wie vorher.

Eine junge Frau mit Kind und ich nahmen das Angebot an, in die 1. Klasse zu wechseln. Aber der Wechsel hielt nur bis Halle, danach waren die eingenommenen Plätze reserviert. Also ging es wieder zurück in den Wagen 27.

Die dort vermeintlich herrschende Ruhe war wohl nur einer kleinen alkoholbedingten Pause geschuldet. Je näher der Zug München kam, desto frauenverachtender und lauter wurde es. Die jungen Männer bekundeten lautstark, dass nach dem Halt in Nürnberg erst mal richtig aufgedreht wird, weil dann können sie ja nicht mehr aus dem Zug geschmissen werden. Zwischendurch versuchten sie den Mitreisenden Bier anzudrehen.

Wurde vorher „nur“ von Schlampen gerdet, ging es nach Nürnberg dann richtig los. Die Lieder und die lautstarken Gespräche drehten sich um Frauen als Sexobjekte. Frauen als Verfügungsmasse, die für Sex herhalten müssen, unabhängig von ihrem eigenen Willen. Es war mit jeder Faser zu spüren, dass hier Frauen herabgewürdigt und als minderwertig angesehen werden.

Was macht mensch in einer solchen Situation? Ich hatte Angst, fühlte mich unwohl. Aber es hilft ja nichts. Ich versuchte die jungen Männer anzusprechen um ihnen zu sagen, dass ich die Sprüche und die Lautstärke als Bedrohung und Belästigung ansehe. Das Ergebnis war leider vorhersehbar. Es wurde noch lauter und dreckiger, ergänzt um abwertende Äußerungen und Beleidigungen. Subversiv wurde auch gedroht. Ich war aus einem Emanzenseminar ausgebrochen, sei wohl unterfickt und sie könnten mir schon zeigen wie Sicherheit aussieht. Die letzten 20 Minuten in diesem Zug waren der blanke Horror, ich war mir nämlich nicht sicher, ob die jungen Männer nicht noch handgreiflich werden würden.

Beim Aussteigen signalisierten mir dann mehrere Mitreisende, dass ich schon recht habe.

Was ist eigentlich in den Köpfen los von Menschen, die Frauen als reine Verfügungsmasse für ihre Wünsche und Vorstellungen sehen? Was ist in den Köpfen von Menschen los, die es für selbstverständlich halten, Frauen abzuwerten, weil sie Frauen sind? Und warum ertragen alle diese Machtdemonstration und wehren sich nicht? Wie will die Deutsche Bahn eigentlich sicherstellen, dass Menschen sich als Gäste nicht von anderen Gästen bedroht fühlen.

Vielleocht ist den jungen Männern ihr Verhalten peinlich wenn sie wieder nüchtern sind. Ich hoffe es jedenfalls.

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