Steuerbefreiung von Mieteinnahmen und Kindergrundsicherung

Medial wird derzeit ein Streit aufgeführt, der lautet: Paus gegen Lindner oder Wachstumschancengesetz gegen Kindergrundsicherung. Was dabei m.E. zu kurz kommt, ist eine Einordnung, was eigentlich jeweils gewollt ist. Denn nur dann kann ja geschaut werden, auf welche Seite sich geschlagen wird oder ob sich das eine mit dem anderen verbinden lässt.

Im Hinblick auf das Wachstumschancengesetz lauert mindestens an einer Stelle eine gehörige Schieflage. Sicherlich findet sich das auch an anderer Stelle, aber diese ist mir halt aufgefallen. Allgemein, so lese zumindest ich das, setzt das Wachstumschancengesetz nicht an der Frage an, was die öffentlichen Haushalte an finanziellen Mitteln benötigen um die Daseinsvorsorge zu sichern und den wegen des Klimawandels nötigen klimaresilienten Umbau der Gesellschaft zu bewältigen. Vielmehr geht es um Wachstumschancen „für unsere Wirtschaft“, wobei selbstverständlich die privatnützige Wirtschaft gemeint ist, Investitionen und Innovation in neue Technologien sollen ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Dafür soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert und Impulse gesetzt werden und auf der anderen Seite soll das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfacht „und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie“ entlastet werden.

Zu den Maßnahmen gehören unter anderem die Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz und die Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

Das mit der Freigrenze macht mich stutzig. Ich kann nämlich nachvollziehen, dass es Investitionsprämien für die Transformation der Wirtschaft in Richtung mehr Klimaschutz gibt. Ob die im Gesetz vorgesehenen sinnvoll und richtig sind, dazu kann ich mir kein Urteil erlauben. Mit fiel nur auf, dass es diese nicht für Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme und/oder Fernkälte gelten soll und die Anschaffungskosten mindestens 10.000 EUR betragen müssen (vgl. Art. 1, § 2).

Aber wieso bitte eine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung? Angesichts der Tatsache, dass 78% der Vermieter*innen Nettorendite mit der Miete erzielen, scheint mir das keinen Sinn zu machen. Vor allem wenn dadurch den öffentlichen Haushalten dringend nötiges Geld entzogen wird.

Der § 21 EStG regelt, was Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und der § 3 EStG was steuerfreie Einnahmen sind. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung fielen bislang nicht unter steuerfreie Einnahmen. Der Artikel 4 Nr. 2 b) des Wachstumschancengesetzes sieht nun vor, dass Mieteinnahmen ab 2024 steuerfrei bleiben, wenn sie im Veranlagungszeitrum insgesamt weniger als 1.000 EUR betragen.

Was wie Peanuts scheint, bringt aber -so die Tabelle des Referentenentwurfes- dem Bund im Jahr 2025 ein Minus von 6 Millionen EUR und ab 2026 von 9 Millionen EUR ein. Insgesamt führt das gesamte Wachstumschancengesetz -siehe S. 98- beim Bund zu Mindereinnahmen bei der Steuer zu einem Minus von 1.595 Millionen Euro im Jahr 2024, von 4.965 Millionen EUR in 2025 und von 6.305 Millionen Euro im Jahr 2026.

Die Freigrenze von 1.000 EUR bei Mieteinnahmen -so die Begründung auf S. 147- zur Bürokratieentlastung. Steuerfrei bleiben nunmehr die „Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung (…), sofern die Summe der Einnahmen im Sinne des § 21 Absatz 1 EStG eines Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum insgesamt weniger als 1 000 Euro betragen“. Kurz gesagt, mache ich aus Vermietung 1.000 EUR Gewinn darf ich sie behalten ohne Steuern zu zahlen. Wenn ich allerdings mehr Ausgaben als Einnahmen im Hinblick auf die Mietsache habe, dann kann ich die Einnahme auf Antrag als Steuerpflichtig behandeln lassen. Worin jetzt die Bürokratieentlastung zu sehen ist hat sich mir nicht ganz erschlossen, insbesondere im Hinblick auf die beschriebene Möglichkeit des Antrages diese 1.000 EUR doch als steuerpflichtig betrachtet wissen zu wollen. Das sieht mir ja eher nach mehr Bürokratie als vorher aus.

Jetzt könnte gesagt werden, diese 1.000 EUR sind echt nicht viel. Das stimmt und gilt sowohl in die eine Richtung (Steuerpflichtige), wie in die andere Richtung (Steuereinnahme). Aber wie heißt es so schön: Kleinvieh macht auch Mist und -wie bereits ausgeführt- am Ende sind das dann auch Millionenbeträge.

Mit der Kindergrundsicherung nun sollen Armutsrisiken verringert und gleiche Entwicklungs- und Teilhabechancen für Kinder und Jugendlich geschaffen werden. Es soll einen Garantiebetrag anstatt des bisherigen Kindergeldes und einen einkommensabhängigen Zusatzbetrag geben. Letzterer soll die Leistungen für Kinder im Bürgergeld, Kinderzuschlag und Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zusammenfassen.

Nach dem Gesetzentwurf soll die Kindergrundsicherung zunächst 3,5 Milliarden EUR kosten, das liegt deutlich unter den ursprünglich geforderten 12 Milliarden EUR. Noch problematischer ist aber aus meiner Sicht, dass die Ausgaben auf den Daten und Leistungshöhen des Jahres 2023 basieren und noch nicht fortgeschrieben sind. Damit so scheint es, ist aber vor allem nicht erreicht, dass die Leistungen erhöht werden. Die Freistellung von Mieteinnahmen von 1.000 EUR wird das Problem nicht lösen, das ist mir klar. Aber es ist politisch das falsche Signal, die dadurch existierenden Einnahmeausfälle von 1.595 Millionen Euro im Jahr 2024, von 4.965 Millionen EUR in 2025 und von 6.305 Millionen Euro im Jahr 2026 hinzunehmen, während für eine wirklich armutsfeste Kindergrundsicherung nicht ausreichend Geld vorhanden ist. Dies Einnahmeausfälle wären in der Kindergrundsicherung sicherlich gut aufgehoben. Oder zugespitzter formuliert: Wenn ich angeblich nicht ausreichend finanzielle Mittel für eine armutsfeste Kindergrundsicherung habe, kann ich auch nicht Mieteinnahmen von 1.000 EUR steuerfrei stellen.

Meine Befürchtung ist, im Wachstumschancengesetz finden sich schnell weitere Beispiele für eine soziale Schieflage.

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