Leistungsgerechtigkeit – Wie bitte?

Sonntag, früher Mittag. Und dann dieser Artikel. Ich habe Puls. Wie bitte?

Leistungsgerechtigkeit ist also Supidupi, eine tolle Sache. Wirklich? Der Beitrag von Ralf Krämer ist eine Entgegnung auf diesen Artikel von Tom Strohschneider. Die Verteidigung der Leistungsgerechtigkeit und die Argumente der Verteidigung führen bei mir zu fortwährendem Kopfschütteln.

Tom Strohschneider nimmt aus meiner Sicht die Leistungsgerechtigkeit in seinem Artikel wunderbar auseinander:

Vielen ist die Leistungsgerechtigkeit ein Leitbegriff. Die wäre verwirklicht, wenn die Markteinkommen der Beschäftigten nur davon abhingen, ob sie belastbar, effizient, einsatzbereit sind. Das ist vor allem unter kapitalistischen Bedingungen eine Chimäre. (…) Über die Frage, was Leistung eigentlich ist und wie diese zu messen sein könnte, schweigen sich die Freunde der Leistungsgerechtigkeit gern aus. Weder kann in einer so stark arbeitsteiligen Gesellschaft das individuelle Talent oder Arbeitsvermögen über den gesellschaftlichen Gesamtnutzen der einzelnen Tätigkeit etwas aussagen, noch können es Kennziffern wie die Produktivität, die höchstens über das Marktergebnis der Lohnarbeit ganzer Betriebe Auskunft gibt. Auch wird man nicht schlauer, wenn man den Lohn als Maß hinzuzieht – dass Gehaltsunterschiede in aller Regel nichts mit Leistung zu tun haben, ist dabei nicht einmal eine Sache individueller (hier eben »falsch« bewerteter) Unterschiede, sondern eine Frage gesellschaftlicher Verhältnisse. Im Lohn spiegelt sich weniger die geleistete Arbeit des Einzelnen als vielmehr die Stärke von Gewerkschaften, die Wirkung von staatlicher Regulation des Arbeitsmarktes, die Zahl der Arbeitsuchenden und so weiter. (…) Man kann Gerechtigkeit nicht länger als Angelegenheit betrachten, die sich allein nationalstaatlich regulieren ließe. Vieles von dem, was wir in der Vergangenheit als Schritt Richtung »gerechterer« sozialer Verhältnisse betrachtet haben, resultiert aus ökonomischem Wachstum, das woanders seine Spuren hinterlässt. Natürlich ist es ein Gewinn gewesen, dass große Teile der abhängig Beschäftigten aus der Proletarität aufsteigen konnten. Doch diese »Aufstiegsgesellschaft« konnte nur auf Strukturen entstehen, über die Menschen hier von den Ausbeutungsverhältnissen in der Welt profitieren.“

Aus meiner Sicht muss eine (emanzipierte) Linke auf Chancengerechtigkeit, also die Schaffung möglichst gleicher Ausgangsbedingungen setzen. Und möglichst gleiche Ausgangsbedingungen heißt eben auch Nachteilsausgleich für diejenigen, deren Ausgangsbedingungen schlechter sind, als die anderer. Und als Linke kann Chancengerechtigkeit meines Erachtens eben nicht nationalstaatlich gedacht werden.

Aber zurück zum Artikel von Ralf Krämer. Er geht zwar auf die Argumente von Strohschneider nicht wirklich ein, versucht sich aber trotzdem in der Verteidigung der Leistungsgerechtigkeit. Was dabei auffällt: Krämer stellt die Verhältnisse nicht in Frage. Als seien diese unveränderbar. Kein Anspruch auf grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, nirgends.

Krämer plädiert für Wachstumspolitik („Ökonomisches Schrumpfen … würde nicht helfen„) ohne Reflexion dessen, was Wachstum an Zerstörung der Umwelt und des Klimas bedeutet. Er setzt einen über den Nationalstaat hinausgehenden Ansatz von Gerechtigkeit mit einem „Verzicht auf eine Politik für mehr innergesellschaftliche Gerechtigkeit“ gleich, ohne anzudeuten, von wem ein solcher Ansatz überhaupt vertreten wird. Und Krämer propagiert, vom derzeitigen Zustand der vorwiegend nationalstaatlich organisierten (linken) Bewegung ausgehend, den Nationalstaat als Handlungsrahmen.

Dementsprechend setzt Krämer bei der Mehrheit der Bevölkerung an.

Deshalb muss eine Linke, die erfolgreich sein will, auch die Gerechtigkeitsvorstellungen berücksichtigen, die in der Bevölkerung verbreitet sind, die sie ansprechen und gewinnen muss.“

Was aber sind die Gerechtigkeitsvorstellungen der Bevölkerung? Wer weiß das so genau? Möglicherweise finden ja absurd hohe Gehälter für Profifußballer (das gendern kann hier weggelassen werden) ebenso Zustimmung wie Sanktionen gegen Hartz IV-Empfangende? Vielleicht zählt zu den Gerechtigkeitsvorstellungen der Mehrheit der Bevölkerung, dass Geflüchtete weniger an Unterstützung bekommen sollen, als sie derzeit erhalten? Gerechtigkeitsvorstellungen von Menschen fallen nicht vom Himmel. Sie werden vermittelt vom gesellschaftlichen Umfeld. Das ist ein kapitalistisches. Vielleicht geht es ja eher darum, dass eine linke Politik um andere Mehrheitsvorstellungen von Gerechtigkeit kämpfen muss, als einfach herrschende Vorstellungen zu übernehmen.

Aber das will Krämer offensichtlich nicht. Er will an dem gesellschaftlichen Leitbild, nach dem Akzeptanz und (finanzielle)  Anerkennung auf Erwerbsarbeit oder gesellschaftlich nützlicher Arbeit basiert, festhalten. Martin Schulz könnte es nicht besser ausdrücken:

„Wenn (…) Menschen aus ihren mühsam erarbeiteten Einkommen Steuern zahlen sollten zur Finanzierung von Leistungen, die einigen ein besseres Lebensniveau ermöglichen als sie es selber haben, würde das nicht nur bei diesen zu schlechter Stimmung und Ablehnung führen, sondern wäre auch ungerecht.“

Die erste Frage, die sich stellt: Wer hat konkret ein besseres Lebensniveau, weil er/sie von den Steuern der Leute lebt, die dies mühsam von ihrem erarbeiteten Einkommen bezahlen? Was macht Lebensniveau aus? Was ist das bitte für ein Gegensatz, der hier aufgemacht wird? Krämer tut hier so, als gäbe es nur einen Gegensatz/Widerspruch zwischen Menschen, die von steuerfinanzierten Leistungen  leben und jenen, die von ihrem mühsam erarbeiteten Einkommen Steuern zur Finanzierung dieser Leistungen zahlen. Das scheint mir dann doch ein wenig kurz gesprungen. Es gibt zum Beispiel eine ungleiche Vermögensverteilung (die oberen Fünftel besitzen 73,6%) und auch  die Einkommen sind höchst unterschiedlich verteilt. Linke Politik sollte hier aufklärerisch ansetzen. Dieser Punkt kommt im politischen Diskurs um Gerechtigkeit doch viel zu kurz.

Krämer verteidigt aber das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit:

„Wenn demgegenüber Leistung als Arbeitsleistung verstanden und im Wesentlichen an der Quantität der notwendigen Arbeit festgemacht wird, ist eine auf Leistung und Gegenleistung beruhende Gerechtigkeitsvorstellung sozialistisch und links (…).“

Wie aus dem weiteren Text erkennbar wird, meint Krämer hier nicht Arbeitsleistung, sondern Erwerbsarbeitsleistung. Das ist nicht ganz unwichtig. Denn alles was nicht Erwerbsarbeitsleistung ist, wird so in Krämers Leistungsbegriff ausgeschlossen. Mithin -siehe dazu aber noch später- zunächst auch Pflege- oder Erziehungsarbeit. Nur für Erwerbsarbeit gibt es eine Gegenleistung. Und bei der Erwerbsarbeit soll sich die Leistung an der Quantität der Erwerbsarbeit festmachen. Wer viel und lange einer Erwerbsarbeit nachgeht, erbringt demnach auch viel Leistung und bekommt eine dementsprechende hohe Gegenleistung.  Wie vereinbart sich das aber mit dem Wunsch nach früherem Renteneintrittsalter, Arbeitszeitreduzierung und Kritik am Leistungsdruck? Vor diesem Hintergrund wohl soll die Quantität nicht das einzige Kriterium sein:

„Das schließt auch als angemessen betrachtete Ungleichheiten der Bewertung unterschiedlicher konkreter Arbeiten entsprechend ihrer Qualität und der dazu erforderlichen Qualifikation ein. Eine solche Leistungsgerechtigkeit wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung geteilt und unterstützt, insbesondere auch in der arbeitenden Klasse.“

Also nicht nur Quantität, sondern auch Qualität und Qualifikation. Wer aber legt den Maßstab für Qualität fest? Und unterliegt die Qualifikation für eine Erwerbsarbeit nicht auch einem stetigen Wandel? Ist nicht die Bewertung der Qualität von Erwerbsarbeit auch immer nur das Ergebnis von Kräfteauseinandersetzungen? Zumindest wenn das Einkommen berücksichtigt wird: Was macht die qualititativ höhere Bewertung der Erwerbsarbeit X (Gewerkschaftssekretär*in, Richter*in, Abgeordnete) gegenüber der Erwerbsabeit Y (Kinderbetreuung, Krankenschwester oder -pfleger) aus? Wird diese herrschende Art der Leistungsgerechtigkeit von der großen Mehrheit der Bevölkerung geteilt und unterstützt? Und wenn ja, sollte eine linke Politik nicht dafür sensibilisieren, dass dies durchaus problematisch ist?

Gerechtigkeit über Leistungsgerechtigkeit zu definieren, lässt aus dem Blick geraten, dass wir im Kapitalismus leben. Das ist das Ding, wo es um Profite geht und einige vieles haben und viele wenig.

„Zu einer solchen breit geteilten Gerechtigkeitsvorstellung gehört auch, dass von den Menschen erwartet wird, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, durch eigene Arbeit und Anstrengung zur Deckung ihrer Bedarfe beizutragen und von anderen bzw. der Gesellschaft bzw. dem Staat nur das verlangen, was sie nicht selber leisten können. Solidarität bedeutet nicht nur Hilfe für die Bedürftigen, sondern auch, dass sich alle an gemeinsamen Anstrengungen beteiligen und dies von ihnen auch erwartet werden kann, um die Lage zu verbessern. (…) Eine Erwerbsarbeit anzunehmen, auch wenn es nicht der Traumjob ist, gilt als zumutbar, nicht zumutbar auch aus Sicht der meisten Beschäftigten ist lediglich, wenn dabei Qualifikationen und faire Einkommensansprüche grob missachtet werden oder andere Bedingungen besonders schlecht sind. Die Gerechtigkeitsvorstellungen gerade in der arbeitenden Klasse beruhen sehr stark auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und darauf, dass Menschen nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben im Interesse der Gemeinschaft.“

Schröder oder Lindner oder was? Wer erwartet hier von wem was? Welche Pflichten im Rahmen welcher Gemeinschaft? Und was heißt „grob unzumutbar„? Sorry, aber die Gemeinschaft existiert doch so gar nicht. Es gibt diejenigen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen (ggf. auch als Soloselbständige) und diejenigen, die das nicht müssen. Und es gibt diejenigen, die sich noch den letzten Steuerschlupfwinkel suchen um so wenig wie möglich für die Gemeinschaft zu tun oder versuchen Steuerzahlungen zu umgehen. Wo ist da bitte das Prinzip der Gegenseitigkeit? Und wem gegenüber gibt es eine Verpflichtung zu Erwerbsarbeit?

„Nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch Erziehungs- und Pflegeleistungen anzuerkennen ist dabei nicht nur aus linker Sicht geboten, sondern auch vermittelbar. Das gilt aber nicht für beliebige frei gewählte Tätigkeit oder Muße, deren Nutzen für die Gesellschaft von dieser nicht anerkannt ist.“

Kurz vor dem Ende seines Artikels schafft es Krämer doch noch die Erziehungs- und Pflegearbeit zur „Leistung“ zu machen. Damit werden nicht nur Erwerbsarbeiter*innen zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft, sondern auch Menschen, die Pflege- und Erziehungsarbeit leisten. Danach ist dann aber Schluss.  Wer eine Tätigkeit frei wählt, deren Nutzen für die Gesellschaft nicht anerkannt ist (oder keine gesellschaftliche nützliche Tätigkeit ausüben kann), der bringt auch keine Leistung. Der erfüllt seine Pflichten gegenüber der Gemeinschaft nicht.

Ich kann mit sowas nichts anfangen. Eine Gesellschaft, welche den Menschen reduziert auf seinen Nutzen und seine Nützlichkeit für die Gesellschaft/Gemeinschaft, ist nicht meine Vorstellung von einer gerechten Gesellschaft.  Ich möchte eine Gesellschaft der Freien ohne materielle Armut. Der Mensch hat einen Anspruch darauf als Mensch anerkannt, geschützt und unterstützt zu werden, weil er ein Mensch ist.  Dazu gehört eben auch jenseits der Nützlichkeit für die Gesellschaft Anspruch auf angemessene materielle Absicherung zu haben. Mal abgesehen davon, dass „die“ Gesellschaft überhaupt nicht entscheiden kann, ob etwas nützlich für sie ist oder nicht. Wäre das der Maßstab, dann würde zum Beispiel ein großer Teil an wirklich großartiger Literatur, Musik und Film nicht unterstützenswert sein, weil „die“ Gesellschaft das nicht für nützlich hält.

Kurz und gut: Die Gerechtigkeitsvorstellungen von Krämer sind völlig andere als meine. Wer auf die „arbeitende“ Klasse setzt ohne zu realisieren, dass diese vielschichtig ist und es darüberhinaus einen beträchtlichen Teil von Menschen gibt, die aus ihr herausgedrängt werden und wurden, der betreibt das Prinzip des Teile und Herrsche des Kapitalismus. Wer so die soziale Frage aufmacht, der grenzt die aus dem Erwerbsleben Herausgedrängten weiter aus. Es empfiehlt sich einfach mal mit Menschen zu reden, die gern in Erwerbsarbeit gehen würden und aus verschiedenen Gründen nicht kommen oder können. Die Scham, die diese Menschen empfinden (zu Unrecht), ihre Hoffnungslosigkeit und ihre Vereinsamung, die in Rückzug mündet – all das wird befördert wenn ich auf „Leistung“ setze. Diese Menschen zu ermuntern, sich wieder einzumischen, ihnen die Scham zu nehmen und ihnen deutlich zu sagen: Du bist ein wertvoller Teil dieser Gesellschaft, weil du bist – das wäre Aufgabe linker Politik.

 

16 Replies to “Leistungsgerechtigkeit – Wie bitte?”

  1. Leider, oder zum Glück, habe ich nicht die Zeit bzw. finde es lohnt sich nicht, den ganzen Sermon richtigzustellen und zu beantworten, den sich Halina hier zusammenphilosophiert oder auch phantasiert, was ich angeblich meine oder auch nicht. Sie hat anscheinend nicht nur nicht verstanden, worum es mir geht, sie will es auch gar nicht verstehen bzw. versucht es überhaupt nicht. Mir vorwerfen zu wollen, ich würde mich nicht um die massiv ungerechte Verteilung der Vermögen, Einkommen und Arbeit, innerhalb wie außerhalb des Erwerbsbereichs, oder um notwendige Alternativen gegen den Kapitalismus kümmern, ist schlichtweg lächerlich. Ich versuche über gesellschaftliche Realität, Ökonomie und Politik zu reden, sie antwortet mit ihren individuellen und idealistischen Vorstellungen und Heilserwartungen und Phantasien. Das hat so keinen Zweck.
    Beste Grüße
    Ralf Krämer

  2. das ist natürlich auch eine form der auseinandersetzung… die zitate sind ja tatsächlich geschriebenes und nichts ausgedachtes. der wohl zentrale unterschied besteht in der frage, ob realitäten hingenommen oder ob sie verändert werden sollen…

  3. Halinas impulsive Einwürfe („Schröder oder Lindner oder was?“) zeigen, dass sie Ralf Krämer (nach 23 Jahren SPD-Mitgliedschaft ausgetreten und ab 2006/07 Mitglied der WASG bzw. Linken) in eine neoliberale Ecke drücken will. Krämer ist jedoch Sprecher der parteilinken Strömung „Sozialistische Linke“.
    Wenn es um Schrödereien geht, sollte sich die Noch-MdB Wawzyniak mal lieber mit ihren Koalitionsfreunden in Berlin, Brandenburg und Thüringen beschäftigen, welche emsig Hartz IV und Abschiebunge umsetzen (in Berlin unter Wowereit auch gerne Wohnungsprivatisierungen).
    Wenn die Parteienlandschaft nun nicht nur bunter, sondern gelegentlich auch unschöner wird, hängt dies auch mit der Herablassung altkluger Personen des etablierten Parteienbetriebes zu tun.

  4. was ist jetzt konkret die kritik an meiner kritik an ralf krämers position? welche meiner konkreten politischen handlungen der letzten 8 jahre (nur in diesen saß ich in einem parlament) kritisieren sie?

  5. Krämers Ausführungen sind (auch wenn sie als Analyse gedacht sein sollten, was nicht deitlich wird) dermaßen retro, dass sie aus dem 19. oder aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen könnte. Das Fazit, das man daraus ziehen kann, lautet: Wer nicht (erwerbs-) arbeitet, soll auch nicht essen. Dabei auch noch die nationale Karte zu ziehen, macht mich nur noch sprachlos! Umso trauriger, dass die (eher im rechten Spektrum anzusiedelnden) Ausführungen von dem Sprecher der „parteilinken“ Strömung „Sozialistische Linke“ stammt. Gruselig!

  6. Mir ist noch ein schönes Beispiel eingefallen, das vielleicht auch Halina Wawzyniak versteht, bei dem wir als Linke nämlich völlig einig waren in der Unterstützung einer Kampagne, die darauf beruhte, das Leistungsprinzip nach links bzw. im Sinne von mehr Gerechtigkeit einzusetzen. Ich meine den Kampf für die Aufwertung der – überwiegend von Frauen geleisteten – Arbeit in den Sozial- und Erziehungsdiensten. Da haben wir doch nicht damit argumentiert, dass alle gleich viel bekommen sollten, oder nach Bedürfnisprinzip (was übrigens in Widerspruch zu pauschal für alle gleich viel steht, vielleicht muss das Bedürfnis sogar erst mal festgestellt werden…). Sondern damit dass die qualifizierten und engagierten Beschäftigten dort eine wichtige gesellschaftlich notwendige und qualifizierte Arbeit leisten, und überhaupt nicht einzusehen ist, dass diese Leistung schlechter bezahlt werden sollte als etwa die Arbeit von – zumeist männlichen – Facharbeitern in der Industrie. Aber vielleicht war Halina ja auch der Meinung, wir hätten diesen Kampf gar nicht unterstützen sollen, weil die Erzieherinnen ja sowieso schon besser verdienten als Hilfsarbeiter, oder gar als Menschen in den armen Ländern der Erde, oder weil höhere Löhne sowieso schlecht weil umweltschädlich sind….

  7. Und ok. noch ein paar konkrete Richtigstellungen diffamietrenden Bemerkungen: „Kein Anspruch auf grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, nirgends.“ Sehr witzig, ich argumentiere doch ausdrücklich dafür, mit dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit antikapitalistisch, gegen die Ungleichheit durch den Reichtum der herrschenden Klasse. Aber Halina meint wahrscheinlich, dass die Überwindung der Privilegien und Herrschaft des Kapitals keine grundlegende Veränderung sei. Ich hab nirgends was gegen Politik für Chancengleichheit gesagt („Changengerechtigkeit“ kenne ich noch als CDU-Sprech gegen die Gesamtschulen in NRW).
    Nächster Absatz setze ich überhaupt nicht gleich, die Aussagen zur Schrumpfpolitik und zum nationalen Rahmen als Ausgangspunkt (nicht abschließenden Rahmen, ich rede von Entwicklungspolitik, Friedenspolitik usw.) sind Tatsachenaussagen. Realitäten nicht sehen zu wollen ändert sie nicht.
    Ich tue überhaupt nicht so als seien Ungerechtigkeiten in Bezug auf Sozialleistungen das Hauptproblem, aber es gibt die von mir beschrieben Probleme, sie leugnen ändert das nicht.
    Ich betrachte nicht nur Erwerbsarbeit als Arbeit und Leistung, aber wenn es um Bezahlung von Arbeit geht, dann geht es um Erwerbsarbeit, denn die ist so bestimmt. Und völlig klarspielt die Quantität zetrale Rolle. Jede Forderung in Bezug auf Stundenlöhne, etwa Mindestlohn, impliziert, dass wer mehr Stunden erwerbsarbeitet auch in derSumme mehr Lohn bekommt. Davon abzugehen als Prinzip wäre ziemlich irre. Zur Frage der Qualifikation der Arbeit siehe meinen Hinweis auf die Sozial- und Erziehungsdienste. Ok. , wenn Halina der Meinung ist, ein RENO-Gehilfe solle genauso viel verdienen wie eine Anwältin, kann sie das gerne in ihrer späteren Berufstätigkeit so handhaben, aber als allgemeine „linke“ Forderung fände ich das ziemlich gaga.
    Dass jeder Mensch ein Recht auf Leben und gesellschaftliche Teilhabe hat sehe ich auch so, dies ist im Bedarfsfall durch entsprechende Sozialleistungen zu sichern, schreibe ich auch im Text, die sollten verbessert werden, BGE-Unfug folgt daraus nicht. Und wer wirklich etwas gegen soziale Ausgrenzung von erwerbslosen tun will, muss v.a. sich um gute Erwerbsarbeit und Beschäftigungsangebote für alle kümmern.
    Halina schreibt also von vorne bis hinten nur Zeug über Aussagen, die ich gar nicht gemacht hab, oder inhaltlichen Unsinn. Getoppt wird sie allerdings noch von Ilse Günter. Aus ihren pure Diffamierungs-Ausführungen sollte eher das Fazit folgen: wer nicht denken will, sollte auch nicht schreiben.

  8. ich wäre fast geneigt, wegen des letztes satzes überhaupt nicht zu antworten, weil er deart meine argumentation verdreht, dass es schon weh tut. im ziel der kampagne waren wir uns einig. die motive waren aber, so scheint es mir, völlig unterschiedlich. für mich hatte die frage der aufwertung der arbeit in den sozial- und pflegeberufen nichts mit leistungsgerechtigkeit zu tun. für mich hatte es etwas damit zu tun, dass diese menschen einen konchenharten job machen. der bis an die grenzen der psychischen und phyischen belastbarkeit geht. ein job, der mit einer ungeheuren verantwortung für menschen einhergeht. mir ging es darum, dass menschen, die in solchen bereichen arbeiten von ihrer (erwerbs)arbeit leben können und sich voll auf diese verantwortung konzentrieren können. ich glaube, das ist der grunddissens: ich will, dass jede*r mensch frei von angst vor materieller armut leben können muss. im übrigen auch der hilfsarbeiter. das war ja wohl auch die idee des mindestlohns. das es nach oben hin abweichungen geben soll und muss, streitet niemand ab. nach meiner meinung muss es aber auch am oberen ende ein ende geben. by the way: redet man in der praxis mit menschen im pflege- und erziehungsbereich geht es diesen vor allem um eine entlastung. sie wollen natürlich auch angemessen bezahlt werden, aber sie wollen eben vor allem mehr personal, damit sich die arbeit besser verteilt.

  9. „>Kein Anspruch auf grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, nirgends.< Sehr witzig, ich argumentiere doch ausdrücklich dafür, mit dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit antikapitalistisch, gegen die Ungleichheit durch den Reichtum der herrschenden Klasse." kannst du mir die entsprechende textstelle zeigen? ich lese bei dir etwas von realität und anerkennung derselben. ich lese etwas davon, dass linke nicht darüber nachdenken sollten, "was abstrakt oder unter idealen Umständen gerecht wäre. Sondern sie müssen ausgehen von dem gegebenen Stand der Produktivkraftentwicklung und den gesellschaftlichen Verhältnissen" ausgehen. ich lese was, das wir berücksichtigen sollen, was derzeit als gerecht empfunden wird von der mehrheit der bevölkerung und das wir darüber reden müssen, welche ungleichheiten unter den derzeitigen bedingungen als gerecht angesehen werden müssen. sorry, aber die derzeitigen bedingungen sind ungerecht. ungleichheiten unter derzeitigen bedingungen als gerecht anzuerkennen, heißt die derzeitigen bedingungen anerkennen. "Aber Halina meint wahrscheinlich, dass die Überwindung der Privilegien und Herrschaft des Kapitals keine grundlegende Veränderung sei." wie kommst du auf diesen schmalen ast? wo liest du das im blogbeitrag? "Realitäten nicht sehen zu wollen ändert sie nicht." damit hast du zweifelsohne recht. allerdings realitäten zu sehen und sie zu akzeptieren führt nun auch nicht zu sozialismus. es muss, ich glaube das mache ich deutlich, darum gehen die realitäten zu ändern. "Ich betrachte nicht nur Erwerbsarbeit als Arbeit und Leistung, aber wenn es um Bezahlung von Arbeit geht, dann geht es um Erwerbsarbeit, denn die ist so bestimmt." ich schreibe ja bewusst nichts von bezahlung. wie das heißt ist mir völlig tofu. ich will, dass jede*r ohne angst vor materieller armut leben kann. "Ok. , wenn Halina der Meinung ist, ein RENO-Gehilfe solle genauso viel verdienen wie eine Anwältin, kann sie das gerne in ihrer späteren Berufstätigkeit so handhaben, aber als allgemeine „linke“ Forderung fände ich das ziemlich gaga." wenn ich die realität sehe, geht das derzeit nicht, weil a) anwälte nach dem rvg nicht nach stunden, sondern nach streitwert bezahlt werden (grob ungerecht im übrigen, weil es nichts mit der zeit zu tun hat, die investiert wird und anwälte im sozialrecht massiv benachteiligt) was für eine reno-gehilfin nicht gewollt sein kann und b) die herrschenden vorstellungen ja gerade finden, das hier ja ein unterschiedliche qualität herrscht. ein wenig beschäftigung mit der arbeit einer reno-gehilfin im übrigen würde zu tage bringen, dass dies ein sehr verantwortungsvoller job ist, denn im regelfall sind es diese, die dafür zuständig sind, dass keine fristen versäumt werden. "Dass jeder Mensch ein Recht auf Leben und gesellschaftliche Teilhabe hat sehe ich auch so, dies ist im Bedarfsfall durch entsprechende Sozialleistungen zu sichern, schreibe ich auch im Text, die sollten verbessert werden, BGE-Unfug folgt daraus nicht." der einzige, der im zusammenhang mit deinem text vom bge spricht, bist du. ich habe das thema bge überhaupt nicht angerührt in meinem blog. "Und wer wirklich etwas gegen soziale Ausgrenzung von erwerbslosen tun will, muss v.a. sich um gute Erwerbsarbeit und Beschäftigungsangebote für alle kümmern." sorry, das ist so vom elfenbeinturm. mal abgesehen davon, dass es menschen gibt, die nicht mehr einer erwerbsarbeit nachgehen können, denen also gute erwerbsarbeit und beschäftigungsangebote nicht helfen, ist das eine arroganz gegenüber diesen leuten, die mich echt auf die palme bringt. hast du jemals von der scham gehört, die leute empfinden, weil sie "aussortiert" wurden? weil sie sich selbst scheiße fühlen, weil sie eben nicht mehr "ihre pflicht" gegenüber der gesellschaft erfüllen können und diese ihnen das auch deutlich signalisiert, dass sie das blöd findet. wirklich, ein wenig mehr empathie würde hier nicht schaden. "Getoppt wird sie allerdings noch von Ilse Günter. Aus ihren pure Diffamierungs-Ausführungen sollte eher das Fazit folgen: wer nicht denken will, sollte auch nicht schreiben." mein vorschlag wäre ja, du sagst an dieser stelle einfach warum ilse günter inhaltich falsch liegt. was du konkret aus welchem grund als diffamierung empfindest. einfach immer schön bei der sache bleiben.

  10. Mein letzter Satz richtete sich gegen Ilse Günter, nicht dich. Und genau, es geht bei der Frage der Leistungsgerechtigkeit um die Abweichungen nach oben und die Angemessenheit der Bezahlung. Das ist genau das was in meinem Text steht, wenn man mal richtig liest: Ausgangspunkt ist das Prinzip Gleichheit, aber es muss auch behandelt werden, welche Ungleichheiten als gerecht gelten. Steht da. Gegen Begrenzungen nach oben hab ich gar nichts, steht nirgends, aber der Hauptpunkt dabei ist, die wirklich extremen Einkommen und Vermögen, die haben nichts mit eigener Arbeit zu tun, sind auch formal keine Arbeitseinkommen, sondern Kapitaleinkommen. Und genau diese sind das Hauptproblem, diese sind anzugreifen, auch mit Hilfe des Prinzips der links interpretierten Leistngsrechtigkeit, weil sie eben in keiner Weise aus (eigener) Arbeitsleistung begründbar sind, sondern auf Ausbeutung fremder Arbeit beruhen. Die kann man leider nicht so einfach begrenzen, sondern da müsste man enteignen. Damit sind wir bei der Klassenfrage, die in den Mittelpunkt zu stellen und die Lohnabhängigen möglichst breit gemeinsam dagegen in Stellung zu bringen statt verschiedene Teile der lohnabhängigen Klassen gegeneinander zu treiben, darum geht es mir.

  11. Ergänzend zu meinm noch nicht freigeschalteten Kommentar von heute morgen: Wenn du selber anscheinend nur lesen kannst, was du hineinlesen willst, kann ich gerne noch mal explizit aus meinem Text zitieren:
    „Die extrem ungerechten kapitalistischen Verteilungsverhältnisse beruhen gerade nicht auf Arbeitsleistung, sondern auf Ausbeutung, kapitalistischer Aneignung unbezahlter Arbeit. (…) Es ist politisch völlig sinnvoll und war eines der Erfolgsrezepte der Arbeiterbewegung, dies antikapitalistisch gegen den unverdienten Reichtum der herrschenden Klassen zu wenden.“ Da es in dem Text nicht um antikapitalistische Strategie ging, musste das ja wohl reichen die Perspektive deutlich zu machen.
    Du schreibst: „ich lese etwas davon, dass linke nicht darüber nachdenken sollten, ‚was abstrakt oder unter idealen Umständen gerecht wäre. Sondern sie müssen ausgehen von dem gegebenen Stand der Produktivkraftentwicklung und den gesellschaftlichen Verhältnissen‘ ausgehen.“ Das grenzt an Lüge, weil ich hab geschrieben, sie sollten nicht NUR darüber nachdenken. Und gerade wenn wir gesellschaftliche Verhältnisse tatsächlich verändern wollen, müssen wir dazu von den gegebenen Realitäten zunächst ausgehen und die Menschen gewinnen, darum geht es mir, statt abgehoben rumzuphilosophieren und sich dabei super-toll links zu fühlen, aber gar nichts zu ändern, politisch vielleicht eher zu schaden gegenüber dem Versuch, tatsächlich Kräfte zu formieren für Veränderung.
    Ich bin für repressions- undsanktionsfreie Mindestsicherung, und für aktive Beschäftigungspolitik, wie unsere Partei. Es bleibt dabei, dass auch die meisten Langzeiterwerbslosen als zentrales Interesse haben und es auch artikulieren, wieder eine halbwegs gute Beschäftigung zu bekommen, das sollten wir zu organisieren versuchen.

    Ilse Günter interpretiert mich so: „Wer nicht (erwerbs-) arbeitet, soll auch nicht essen. Dabei auch noch die nationale Karte zu ziehen, macht mich nur noch sprachlos!“ Zu 1. hab ich explizit das Gegenteil geschrieben: „Zunächst gibt es das soziale Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit: wer einen ungedeckten Bedarf hat um leben und an der Gesellschaft teilhaben zu können, soll Leistungen bekommen, und wer einen begründet höheren Bedarf hat, soll mehr bekommen als jemand, der/die einen geringeren Bedarf hat.“ Zu 2. hab ich geschrieben: „Linke Politik muss sicherlich darauf gerichtet sein, auch globale Verhältnisse gerechter zu gestalten. Aber auch hier sind die Bedingungen und Möglichkeiten konkret zu analysieren. Erforderlich sind solidarische Entwicklungspolitik, ökologischer Umbau, Friedenspolitik. (…) ist es gegenwärtig und absehbar weiterhin der nationalstaatliche Rahmen, in dem sich politische Bewegung und Entwicklung primär organisiert und in dem linke Politik Mehrheiten und Macht gewinnen muss für eine Politik der Gerechtigkeit auch auf dem internationalen Feld. Das ist keine Frage idealistischer Ziele, sondern der Realität.“ Was Ilse Günter daraus macht, kann m.E. logisch nur drei Ursachen haben: Sie kann nicht lesen und denken, oder sie will es nicht an dem Punkt, oder verbreitet bewusst und böswillig Lügen. Dazu kann ich ihr nur Cana Bayram zitieren: „Einfach mal die Fresse halten.“

  12. „Und genau, es geht bei der Frage der Leistungsgerechtigkeit um die Abweichungen nach oben und die Angemessenheit der Bezahlung. Das ist genau das was in meinem Text steht, wenn man mal richtig liest: Ausgangspunkt ist das Prinzip Gleichheit, aber es muss auch behandelt werden, welche Ungleichheiten als gerecht gelten.“
    genau das ist die differenz, die wir haben. durch dein ständiges bezugnehmen auf die vorstellungen im hier und heute und den bezug auf „realität anerkennen“ suggerierst du es gäbe im kapitalismus eine leistungsgerechtigkeit, mit der ungleichheiten als gerecht gelten könnten. ich finde, genau die gibt es im kapitalismus nicht. ich muss das deutlich machen und eben nicht diesen begriff übernehmen.

    „… aber der Hauptpunkt dabei ist, die wirklich extremen Einkommen und Vermögen, die haben nichts mit eigener Arbeit zu tun, sind auch formal keine Arbeitseinkommen, sondern Kapitaleinkommen. Und genau diese sind das Hauptproblem, diese sind anzugreifen, auch mit Hilfe des Prinzips der links interpretierten Leistngsrechtigkeit, weil sie eben in keiner Weise aus (eigener) Arbeitsleistung begründbar sind, sondern auf Ausbeutung fremder Arbeit beruhen“
    nur teilzusimmung. für den ersten teil. nur davon schreibst du nichts. und ja, das muss ich angreifen, aber eben nicht mit leistungsgerechtigkeit.

  13. Ich schreibe nirgends, im Kapitalismus ginge es verteilungsgerecht zu, im Gegenteil. Dass ich gegen extreme Kapitaleinkommen schreibe, hab ich schon belegt. Und auch sonst schreibe ich über normative Beurteilungskriterien in Bezug auf Ungleichheiten, da ist Leistungsgerechtigkeit eines neben anderen, nicht über die Verteilungsrealität. Mein Punkt ist doch gerade, dass die auch dem Kriterium der Leistungsgerechtigkeit nicht entspricht, weshalb auch dieses Prinzip gegen die kapitalistischen Verteilungsrealitäten gerichtet werden kann, und dass das sehr sinnvoll ist das zu tun, weil dieses Prinzip in der Bevölkerung breit verankert ist, was in der Fassung als Arbeitsgerechtigkeit auch völlig ok. ist. Zur Verteilungsrealität schreibe ich: „Linke streben einen starken Abbau der bestehenden sozialen Ungleichheit an, aber keine pauschale Gleichmacherei, wenn die realen Bedingungen unterschiedlich sind.“ Wie gesagt, du schiebts mir in deinen Beiträgen immer wieder Aussagen unter, die ich nicht geschrieben habe, das ist nicht korrekt.

  14. beide kommentare sind freigeschaltet!

    „Die extrem ungerechten kapitalistischen Verteilungsverhältnisse beruhen gerade nicht auf Arbeitsleistung, sondern auf Ausbeutung, kapitalistischer Aneignung unbezahlter Arbeit. (…) Es ist politisch völlig sinnvoll und war eines der Erfolgsrezepte der Arbeiterbewegung, dies antikapitalistisch gegen den unverdienten Reichtum der herrschenden Klassen zu wenden.“ Da es in dem Text nicht um antikapitalistische Strategie ging, musste das ja wohl reichen die Perspektive deutlich zu machen.
    im prinzip ja, aber eben nicht, wenn ich gleichzeitig kapitalistische begrifflichkeiten übernehme und sie auf das hier und jetzt beziehe. gerade da muss doch eine überwindungsperspektive sofort mitgedacht werden…

    ja, du schreibst, linke sollte sich nicht nur gedanken machen, was abstrakt oder unter idealen umständen gerecht wäre. aber dein ganzer text ist eben nur in der realität. ich sehe auch beim dritten und vierten lesen nicht die veränderungspersepektive…

    „Und gerade wenn wir gesellschaftliche Verhältnisse tatsächlich verändern wollen, müssen wir dazu von den gegebenen Realitäten zunächst ausgehen und die Menschen gewinnen, darum geht es mir, statt abgehoben rumzuphilosophieren und sich dabei super-toll links zu fühlen, aber gar nichts zu ändern, politisch vielleicht eher zu schaden gegenüber dem Versuch, tatsächlich Kräfte zu formieren für Veränderung.“
    niemand bestreitet, das wir vom hier und jetzt ausgehen müssen. aber doch bitte mit einem aufklärerischen aspekt. und der setzt eben voraus gewissen erwartungshaltungen und einstellungen bewusst zu hinterfragen. deshalb schrieb ich -sinngemäß- das einstellungen und erwartungen nicht vom himmel fallen, sondern aus einer kapitalistisch geprägten gesellschaft kommen. also: sagen was ist, erklären warum das aus linker sicht problematisch ist und gemeinsam eine überwindungsperspektive erarbeiten. und by the way: wenn ich kräfte zur überwindung formieren will, dann muss ich gerade die sozial ausgegrenzten ansprechen, die gehören dazu. und dann muss ich zur kenntnis nehmen, dass die zur überwindung des kapitalismus notwendigen kräfte eben auch unterschiedliche interessen haben. die muss ich irgendwie zusammenbringen.

  15. mh. finde ich nicht. ich zitiere dich. mit dem zitat setze ich mich auseinander.
    mag sein, dass du dinge anders gemeint hast. mag sein, dass du an anderer stelle weitere ausführungen gemacht hast. aber ich setze mich mit einem konkreten text auseinander.
    um mal bei leistungsgerechtigkeit zu bleiben. tom strohschneider hat fragen gestellt. ich auch. lass uns doch mal über die fragen debattieren. was ist leistung? woran misst sie sich?
    vielleicht ist das unsere differenz: ich finde, bloß weil leistungsgerechtigkeit breit verankert ist, muss ich mich nicht auf leistungsgerechtigkeit beziehen. ich muss den begriff „leistung“ hinterfragen. mindestens im kapitalismus (vermutlich auch in anderen gesellschaftsformen).

  16. Pingback: Jahresrückblick 2017 – Blog von Halina Wawzyniak

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