Die Debatte um den Führerscheinentzug im allgemeinen Strafrecht. Ich befürchte nur, genau das ist sie nicht. Die Einigkeit von Justizminister Maas und nun auch Kanzlerin Merkel sowie die Verankerung dieses populistischen Unsinns im Koalitionsvertrag lassen befürchten, der Führerscheinentzug als Sanktion im allgemeinen Strafrecht kommt.
Worum geht es bei dem Vorschlag? Nach dem Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) soll es um die Steigerung der Effizienz des Strafverfahrens gehen. Um das zu erreichen, soll die
„Bandbreite strafrechtlicher Sanktionen, die ein Fahrverbot als Nebenstrafe ausschließlich für Straftaten vorsieht, die bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurden„
nun auf den Bereich kleinerer und mittlerer Kriminalität ausgeweitet werden. Mit dem Führerscheinentzug im allgemeinen Strafrecht soll den Gerichten
„jenseits von verkehrsbezogenen Delikten ein zusätzliches Mittel an die Hand (gegeben werden), zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken“.
Zugleich soll der Vorschlag
„der Vermeidung insbesondere kurzer Freiheitsstrafen dienen„
Was bitte an den bisherigen Sanktionen, bei denen es sich um Geld- und Freiheitsstrafen handelt, verhindert eine zielgenaue, spürbare und schuldangemessene Strafe? Zur Verhinderung kurzer Freiheitsstrafen gibt es die Geldstrafe. Und wenn kurze Freiheitsstrafen für den Fall der Unmöglichkeit die Geldstrafe zu zahlen verhindert werden sollen, dann sollte die Ersatzfreiheitsstrafe abgeschafft werden. Wie der Führerscheinentzug im allgemeinen Strafecht zu einer Effizienzsteigerung im Strafverfahren führen soll, sehe ich nicht. Ich sehe eher noch mehr Aufwand. Zur Idee, mit dem Führerscheinentzug vor allem auch Unterhaltsschuldner*innen zu treffen, hat Dominc Heilig hier alles was notwendig ist gesagt.
Bereits im April 2015 habe ich hier kurz zum Vorschlag des Führerscheinentzugs im allgemeinen Strafrecht Stellung genommen. Im deutschen Strafrecht ist die Schuld des/der Täter*in Grundlage der Strafe. So steht es in § 46 Abs. 1 S. 1 StGB. Die persönlichen Verhältnisse des/der Straftäters/Straftäterin können zum Beispiel im Rahmen der Höhe der Tagessätze bei der Geldstrafe berücksichtigt werden, nicht aber beim Ausspruch der Strafe an sich. Es ist im Hinblick auf die Strafe an sich eben egal, ob jemand viel oder wenig Geld hat, einen Führerschein besitzt oder ein Auto.
Ich sehe jede Menge verfassungsrechtlicher Bedenken zum Vorschlag, den Führerscheinentzug im allgemeinen Strafrecht zu verankern. In Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz heißt es:
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Der Führerscheinentzug ist ein weiterer Schritt in Richtung von mehr Zugriff des Staates auf den Einzelnen, von mehr Zwang gegen diejenigen, die etwas zu verlieren haben. Man kann zum Beispiel darauf warten, dass die ersten ihren Führerschein verlieren, weil sie die Zwangsgebühren für ein Fernsehprogramm nicht bezahlen, das sie nicht sehen wollen. Zwangsvollstreckungen sind viel mühsamer als Führerscheinentzug.
Dieser Staat wird an allen Ecken und Enden zunehmend autoritär, alle liberalen Grundsätze, z.B. Meinungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gehen mit einer Leichtigkeit von Bord, die man kaum noch glauben mag. Deutschland ist ein autoritäres Land und gerade auch Sozialdemokraten (wie der Justizminister Maaslos) sind Teil dieser autoritären Tradition, keineswegs die Antithese zum Autoritarismus. Man lässt die Maske jetzt fallen, der Kampf gegen Rechts ist ein wunderbarer Vorwand. Aber täuscht Euch nicht: es wird auch die Linke treffen, jedenfalls ihren nonkonformistischen Teil.
mir ist deutschland auch zu autoritär, aber es ist kein autoritärer staat. noch gibt es meinungs-, presse- und versammlungsfreiheit. noch gibt es demokratie. das alles muss aber verteidigt werden.
der kampf gegen rechts wird mir nicht ausreichend geführt, im gegensatz zu der von ihnen verbreiteten these ist aber nicht der kampf gegen rechts der vorwand für einschränkungen demokratischer rechte, sondern der kampf gegen den terror. und der wird heute ausschließlich beim islamismus gesehen, der dann gleich mal synonym für islam gesehen wird.
Das Ganze kann man auch etwas entspannter sehen – z.B. wie der liberale Publizist (und Jurist) Heribert Prantl:
http://www.sueddeutsche.de/politik/strafrecht-das-fahrverbot-fuer-straftaeter-ist-gut-weil-es-wehtut-1.3111162
Andere Länder sind da bereits weiter:
http://www.sueddeutsche.de/politik/strafrecht-liebling-auto-1.3121584
(…)
Die Linke ist in ihrem Selbstverständnis jedoch eine europäische Partei.
ich habe in ihrem kommentar mal den persönlichen angriff rausgenommen. wir wollen ja auf der sachlichen ebene diskutieren.
natürlich kann man es wie prantl sehen, dann ist der ausgangspunkt aber eben, „es muss weh tun“ und damit ein anderes verständnis von strafe. selbst wenn das in zweifel gestellt wird, beantwortet auch prantl die frage nicht, wie die im blogbeitrag dargestellte ungleichbehandlung behoben werden soll. auch hier kann sich natürlich auf den standpunkt gestellt werden, dass diese ungleichbehandlung hingenommen werden sollte. mein standpunkt ist das nicht.
wenn wir aber hier diskutieren, würde mich interessieren, warum sie diese ungleichbehandlung für akzeptabel halten.
zur transparenz: die autorin hat einen führerschein, aber kein auto. die autorin lebt in einer großstadt und ist deshalb auf den führerschein nicht angewiesen. der führerscheinentzug würde ihr also nicht weh tun.
„ist aber nicht der kampf gegen rechts der vorwand für einschränkungen demokratischer rechte, sondern der kampf gegen den terror“
Oh, die Oligarchie ist überhaupt nicht wählerisch, wenn es um eine Begründung für weniger Freiheit geht. Sogar die RAF taucht immer mal wieder aus dem Off auf, wenn es passt. So wird jede mögliche Angst bedient, solange das Ergebnis stimmt: mehr Macht für die Oligarchie. Man muss sich doch nur mal diese merkwürdige Geschichte um die Sauerlandgruppe anschauen. Der schröckliche Terrorist und Rädelsführer sitzt wenige Jahre ein, aber die Überwachungsgesetze bleiben ewig:
http://www.n-tv.de/politik/Bericht-Kopf-der-Sauerlandgruppe-ist-frei-article18433531.html
Die Sauerlandgruppe war eine V-Mann-Truppe durch und durch. Und dieses Prinzip findet man auch bei der RAF, hier an einem Beispiel glänzend recherchiert:
https://www.amazon.de/zweite-Tod-meines-Vaters/dp/3426782340
Und das Wenige, das man sicher weiß, ist, dass es beim NSU nicht so viel anders war. Der Staat erschafft und deckt den Terror zu mindestens 50% selbst, der ihm dann als Begründung für Freiheitseinschränkungen dient. Das muss man verstehen lernen, statt sich immer wieder in eine neue Version desselben Spiels einspannen zu lassen.
ich gebe zu, ich habe mit der bezeichnung oligarchen probleme. legt sie doch nahe, es gibt nicht wirklich demokratie. das wiederum sehe ich dann anders, auch wenn ich sehr viel für verbesserungswürdig halte.
an spekulationen, wer wie unterwandet war/ist, will ich mich nicht beteiligen. vielleicht reicht es ja für den anfang, den unsinn mit dem führerschein zu kritisieren und zu verhindern.
„legt sie doch nahe, es gibt nicht wirklich demokratie.“
Man muss der Möglichkeit ins Auge sehen, dass Demokratie gelenkt wird. Nur über das Ausmaß kann es Zweifel geben.
Andreas Müller, wahre Worte. Ich sehe es jeden Tag in den Nachrichten aber man schaut da besser weg, heißt es für viele
LG