Die Eigentumsfrage in das 21. Jahrhundert transportieren

DIE LINKE debattiert auch die Eigentumsfrage. Und das völlig zurecht. Doch dabei geht es in der Regel um Banken -die zu verstaatlichen sind- und um große Betriebe, an denen die Mitarbeiter/innen beteiligt werden. Das ist immer eine Diskussion wert.

Mir geht es aber um eine andere Eigentumsfrage. Mir geht es um die Eigentumsfrage des 21. Jahrhunderts. Eigentumsfrage? 21. Jahrhundert? Ja, es geht um Netzpolitik, und nach meiner Osterlektüre finde ich um so mehr, dass es sich um Gesellschaftspolitik handelt und dass auch hier die Eigentumsfrage auf den Tisch gehört.

Über Ostern habe ich zwei Bücher gelesen. „Freiheit vor Ort – Handbuch kommunaler Netzpolitik“ und „Die Datenfresser“. Ersteres sei jedem/jeder Kommunalpolitiker/in empfohlen. Doch zurück zur Eigentumsfrage, die sich nach dem lesen beider Bücher für mich stellte.

Soweit es sich nicht um eine bilaterale Kommunikation handelt oder um eine Kommunikation in einem vorher ausdrücklich als geschlossenen Raum definierten Zusammenhang, müssen wir davon ausgehen, dass Informationen öffentliche Güter sind. Doch was passiert mit diesen Informationen? Sie verbleiben im Regelfall nicht im öffentlichen Raum, sind nicht öffentliches Eigentum sondern werden geheimgehalten. Warum? Weil sie damit zur Manifestation von Macht und Einfluss und damit zur Aufrechterhaltung der sozialen Spaltung dienen.

Die Eigentumsfrage stellt meines Erachtens die Open Courseware-Bewegung. Diese stellt Ausbildungsmaterialien online. Aber sie stellt sie nicht nur online, sie sind auch noch frei und offen, d.h. es müssen keine zusätzlichen Kosten aufgewendet werden um sie zu lesen und es gibt für Dritte die Chance die Kurse weiterzuentwickeln. Angesichts der öffentlichen Mittel, die in Schulen und Universitäten fließen, durchaus eine Möglichkeit, Wissen – das von allen mitfinanziert wird – auch allen wieder zur Verfügung zu stellen.

Die Eigentumsfrage stellen auch Kommunen, die sich bei der Auftragsvergabe nicht an Monopolisten ketten, sondern bei der Ausstattung ihrer IT auf freie/open Software setzen. So ganz nebenbei kann dabei übrigens auch auf gute Arbeit für regionale Anbieter gesorgt werden. Die Eigentumsfrage stellen dann aber auch die, die sich gegen die Patentierung von Quellencodes einsetzen.

Die Eigentumsfrage stellen auch die Blogger/innen oder Twitter/innen. Denn ob gewollt oder nicht gewollt, setzen sie Alternativen zum Mainstream der Medien und können so mancher von diesen boykottierten Nachricht zum Durchbruch verhelfen. Das kann soweit gehen, dass selbst diese nicht mehr an der Nachricht vorbeikommen. Damit wird Medienmacht in Frage gestellt.

Die Eigentumsfrage stellt auch die Open Access Bewegung. Ihr geht es darum wissenschaftliche Literatur kostenfrei und öffentlich im Netz zugänglich zu machen. Ausgangspunkt hierbei ist, dass Wissenschaftliche Ergebnisse häufig auf öffentliche Subventionierung der Forschung zurückzuführen ist. Dann ist es wohl auch nur berechtigt, die Ergebnisse in öffentliches Eigentum zu übergeben.

Und wenn die Open Government Bewegung fordert, die Dienstleistungen der öffentlichen Einrichtungen und Ämter transparent online in Anspruch nehmen zu können und wenn die Open Data Bewegung fordert, Daten der öffentlichen Verwaltung offen zugänglich zu machen, dann wird hier auch die Eigentumsfrage gestellt. Nein, es geht nicht um die persönlichen Daten beispielsweise von Transferleistungsempfangenden, es geht um Statistiken und Studien und zwar in offenen Standards, so das mit diesen Daten weiter gearbeitet werden kann.

Die Eigentumsfrage stellen ab auch all diejenigen, die nach ihren Daten fragen. Daten die vom Staat und privaten gesammelt werden. Daten, mit denen unser Leben nachgezeichnet werden kann und kontrolliert. Je mehr jemand mit staatlichen Behörden zu tun hat, um so mehr Daten werden über ihn gesammelt. Es handelt sich also auch um eine soziale Frage und nicht nur um eine demokratische, wenn man sich gegen staatliche Datensammelwut auspricht. „Meine Daten gehören mir“ bedeutet eben, dass ich wissen will -ohne das ich dazu erst auffordern muss- wer weiß was über mich und hat es an wen weitergegeben. Es heißt aber auch, ich will, dass meine Daten nach einem gewissen Zeitraum automatisch verfallen, also nicht länger gespeichert werden, es sei denn ich habe ausdrücklich etwas anderes erklärt. Und das gilt vor allem für freiwillig bereitgestellte Daten.

Am Ende wird vor allem eines deutlich: der freie Zugang zum Netz ist eine soziale und eine demokratische Frage. Wenn sich zunehmend das Leben auch im Netz organisiert und abspielt, viele Dinge schneller und bequemer online laufen, dann führt es zur Spaltung der Gesellschaft, wenn die einen das können und die anderen das nicht. Und wenn Dritte über die schnellere oder langsamere Durchleitung von Daten entscheiden, ist Netzneutralität dahin und damit der gleiche Zugang zur Verbreitung von Informationen. Und wenn wir uns der Eigentumsfrage des 21. Jahrhunderts nicht intensiver zuwenden, dann leisten wir unseren Beitrag zur Zementierung der herrschenden Machtstrukturen und der Fortschreibung sozialer Spaltung.

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