Parteivorstandssitzung 11/II

Kaum von meiner Dienstreise nach Helsinki und Tallinn angekommen, musste ich einen kompletten Perspektivenwechsel einnehmen. Nichts mehr mit Digitalem, Gedanken wie das Digitale die Gesellschaft verändert und was linke Antworten darauf sein könnten. Stattdessen ein Tag Parteivorstandssitzung. Offensichtlich hilft eine langfristige Terminplanung allerdings wenig. Oder anders gesagt, der Parteivorstand hat sich fast selbst entmächtigt. Die Beschlussfähigkeit konnte nur knapp sichergestellt werden.

Wie immer wurde mit dem Tagesordnungspunkt Aktuelles begonnen. Es ging um die Themen Geflüchtete und zunehmende Gewalt und Hetze von „besorgten Bürger/innen„, meist eher Rassisten/innen und Nazis. Was ich ziemlich erschreckend finde ist die Tatsache, dass nach Informationen des Politbarometers 59% der LINKEN-Anhänger/innen Transitzonen gut finden. Aus meiner Sicht muss hier noch viel viel mehr Aufklärungsarbeit durch die Partei gemacht werden. Und der Satz „Fluchtursachen bekämpfen“ wird zum Leersatz, wenn nicht gleichzeitig gesagt wird, dass der globale Norden nicht weiter auf Kosten des globalen Süden leben kann. Und das bedeutet eben auch, dass wahrscheinlich nicht alles an Lebensstandard gehalten werden kann. Wenn wirklich zum Beispiel über fairen Handel geredet wird, dann wird so einiges im Norden möglicherweise teurer. Zur Wahrheit gehört dann eben auch, dass es zu Abstrichen kommen wird. Die Aufgabe der LINKEN muss deshalb m.E. sein Konzepte zu entwickeln, dass sogenannte Prekarisierte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Und vielleicht wäre es ja klug, die vorgelegte Ideenskizze für ein linkes Einwanderungsgesetz breiter zu diskutieren. Vielleicht wäre es ja klug sich darüber zu verständigen, ob nationalstaatliche Lösungen noch sinnvoll sind (ich finde nein) oder es nicht viel eher um europäische Lösungen gehen müsste. Und vielleicht reden wir auch noch mal darüber, ob die Forderung nach Löschen von rassistischen Kommentaren und Verboten von Demonstrationen und damit autoritäre Lösungsansätze wirklich hilfreich sind. Diese Kommentare, diese Demos sind widerlich – aber durch Löschen und Verbieten verschwinden die Gedanken nicht aus den Köpfen. Ist es dann aber nicht vielmehr richtig -ich finde ja- zu widersprechen und aufklärerisch gegen zu halten? Darüber hinaus geht es um die Unterstützung der Streikbewegung bei Amazon, die Kampagne „Das (nein nicht mit einem zweifachen s ;-)) muss drin sein„. Auch die Wahlbeobachtung in der Türkei wurde erwähnt.

Nach Aktuellem kam der Punkt Strategiedebatte. Ich führe ja immer wieder gern Strategiedebatten, finde allerdings sie führen sich besser, wenn es einen Aufschlag gibt. Am besten in Textform. Muss aber nicht sein. Wichtiger wäre mir, wenn eine Strategiedebatte auf einer Analyse aufbauen würde. Nur wenn ich weiß was ist, kann ich auch Strategien zur Verbesserung entwickeln. Und klären, ob ich eine Strategie im Hinblick auf die nächsten Wahlen entwickeln will oder eine wie ein Beitrag zur Veränderung der Gesellschaft leisten kann. Das kann, muss aber nicht dasselbe sein. Dem Parteivorstand lag aber nichts an Analyse der gesellschaftlichen Situation vor. Stattdessen gab es viele Zahlen, sehr fokussiert auf aktuelle Themen und Wahlen. Nicht das ich die Zahlen unwichtig finde, aber für eine Strategiedebatte die sich auf einen Beitrag zur gesellschaftlichen Veränderung bezieht -und dafür machen Parteien ja eigentlich Politik- braucht es mehr als Zahlen. Die ganze Anlage der Veranstaltung führte also logischerweise dazu, dass die Debatte kunterbunt durcheinander ging. Es ging um Wahlen, Angebote an Gewerkschaften und natürlich den Umgang mit der Situation Geflüchteter. Aus meiner Sicht -jetzt kommt die Analyse ;-)- haben wir eine paradoxe und damit auch gefährliche Situation. Der Parlamentarismus ist in der Krise. Das Vertrauen vieler Menschen in die Lösungsmechanismen des Parlaments schwinden. Sie nehmen die im Bundestag (und in den Landtagen) als ein Parteienkartell nach, fremdbestimmt durch die Wirtschaft wahr. Zuweilen wird auch mal keck behauptet, Deutschland sei nicht souverän. Alle Politiker/innen werden in einen Topf geschmissen. Ich halte eine solche Haltung für gefährlich und antidemokratisch. Doch ist es nicht so, dass dieser Haltung durch eine Erneuerung des Parlamentarismus entgegengetreten werden könnte. Doch die meisten Parlamentarier/innen sehen nur punktuellen Veränderungsbedarf. Ich habe schon an anderer Stelle über den ritualisierten Parlamentarismus geschrieben. Ich bin der festen Überzeugung, wer diesen ritualisierten Parlamentarismus nicht in Frage stellt und Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Parlamentarismus (und  für Elemente direkter Demokratie) unterbreitet, der kippt Wasser auf die Mühlen all jener, die von Parteienkartell, gekaufter oder von Wirtschaft gesteuerter Demokratie sprechen. Wenn das geteilt wird, will DIE LINKE Vorschläge zur Veränderung machen und wenn ja welche? Die derzeit existierende große gesellschaftliche Protestbewegung sind die „besorgte Bürger/innen“ mit ihrem Rassismus. Sie lassen ihrer „Fremdenfeindlichkeit“ freien Lauf. Da hilft nicht, dem nachzugeben sondern Aufklärung und Gegenhalten. Natürlich ist das Thema Geflüchtete derzeit beherrschend, aber erstens habe ich hier alles wesentliche geschrieben, zweitens habe ich unter „Aktuelles“ schon einiges geschrieben (und im Parteivorstand gesagt) und drittens wird mir bei dem Thema viel zu kurzfristig gedacht. Das führt mich zu meinem dritten Punkt. Zu einer Analyse gehört meines Erachtens zu erkennen, dass im digitalen Zeitalter, ein Denken und Handeln in Nationalstaaten nicht mehr zeitgemäß ist. Viel mehr Lösungen müssen europäisch oder gar im Rahmen der Vereinten Nationen gefunden und vereinbart werden. Wenn das geteilt wird, will DIE LINKE Vorschläge machen und wenn ja, welche? Mindestens der Parteivorsitzende teilt meine Analyse so nicht und demzufolge auch die Schlussfolgerungen nicht. Von anderen wurde gesagt, wir würden uns über die grundlegende Analyse nicht einig werden. Ja, aber wie will ich dann Strategien entwickeln? Und worin besteht dann die Gemeinsamkeit in einer Partei? Wenn zum Beispiel gesagt wird, die soziale Frage sei die entscheidende Frage, dann muss doch auch beantwortet werden, wie diese im 21. Jahrhundert und im Zeitalter der Digitalisierung gelöst werden soll. Ist es nicht so, dass wenn ich die soziale Frage im nationalstaatlichen Rahmen denke, dann muss ich in Staatsbürgerschaftskategorien denken und handeln und dann bleibt es bei der Ausbeutung des Südens durch den Norden. Und ist nicht die Frage des Zugangs zu Informationen und Wissen, damit am Ende auch der Zugang zum Internet eine Frage der sozialen Gerechtigkeit? Ist es nicht eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ob Konzerne Regelungen aufstellen (die natürlich renditeorientiert sind) oder Staatsgebilde sich auf Regeln einigen? Ist es nicht eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ob ich bestimmte Leistungen nur noch bekomme, wenn ich Daten zur Verfügung zu stelle? Irgendwie ist es zum verzweifeln: Grundlegende Fragen werden einfach nicht diskutiert. Vielleicht sind ja Parteien wirklich nicht diejenigen, die solche Debatten führen und Lösungen anbieten. Aber vielleicht bin auch nur ich falsch in einer Partei. Die Debatte bleibt übrigens vermutlich folgenlos. Naja, vielleicht auch nicht. Vielleicht mündet einiges in einen Leitantrag für den Parteitag im Mai 2016. Strategiedebatte halt :-(.

Nach der Strategiedebatte ging es um den Ältestenrat. Diese ist nunmehr (über)quotiert. Es folgte der beliebte Punkt Behandlung weiterer Vorlagen. Darin enthalten war der Finanzplan für die Friedenskonferenz 2016. Für diese sollen bis zu 40.000 EUR zur Verfügung gestellt werden. Das Problem an der Vorlage war, dass sie lediglich einen Finanzplan enthielt aber die inhaltliche Idee der Konferenz  und die Referenten/innen nicht wirklich klar waren. Darüber hinaus wurde auch der Sitzungsplan des Parteivorstandes für das 1. Halbjahr 2016 (wichtig für die Terminkalender) beschlossen. Der Parteivorstand wird sich im Jahr 2016 häufiger, aber dafür nur eintägig treffen. Also außer im Januar, da wird es zweitätig gesessen. Gleichfalls beschlossen wurde eine Vorlage zum Frauenpreis 2016 sowie eine Vorlage zur Bundesfrauenkonferenz 2016. Letzterer habe ich nicht zugestimmt, denn im Finanzplan wurde aufgenommen, Anzeigen in der jungen welt zu schalten. Auch der Aschermittwoch in Passau wurde beschlossen, also das da eine Veranstaltung der LINKEN stattfindet.

Den Abschluss bildete der Punkt Parteientwicklung. Dazu gab es eine Auswertung der Projektgruppe Parteientwicklung und eine Information über die Mitgliederentwicklung im 3. Quartal 2015 und im Zeitraum Januar bis September 2015. Die Partei hat per 30.09.2015 noch 59.630 Mitglieder. Es wurde natürlich darüber geredet, dass Menschen für die Mitgliedschaft in der Partei geworben werden sollen und das es darum gehen müsste, die Menschen auch zu halten. Wer viele Mitglieder wirbt, der/die soll auch öffentlich belobigt werden. Gut und schön. Aber vielleicht muss man sich zunächst mal die Frage stellen, ob die Partei überhaupt attraktiv ist und was sich ggf. ändern müsste, um eine Mitgliedschaft attraktiv zu machen. Der innerparteiliche Umgang ist es häufig vermutlich nicht.

Den Punkt Verschiedenes klemmten wir uns. Dafür kann ich jetzt in meiner Lieblingskneipe den Sommer verabschieden gehen.

9 Replies to “Parteivorstandssitzung 11/II”

  1. Danke für Dein grundsätzliches in-Frage-stellen der Dinge. Für mich jedenfalls ist die LINKE im BT im Moment fast nur noch relevant wegen der U-Ausschüsse und der parlamentarischen Anfragen, die erstaunlich effektiv Informationen zu Tage fördern. Politisch fehlen die Grundsatzdebatten. Kannst Du nur kurz noch erläutern, was es mit der jungen welt auf sich hat?

  2. die junge welt hatte zum 50. (?) jahrestag des mauerbaus ein titelbild mit einem bewaffneten kampfgruppentypen vor dem brandenburger tor mit der überschrift „dankeschön“ oder „danke“. das war ernst gemeint. es gab eine debatte in der fraktion und partei ob die junge welt „boykottiert“ werden soll. am ende gab es einen formelkompromiss, es änderte sich de facto nichts.
    ich hatte und habe kein verständnis für ein solches titelbild. ich fand und finde das widerlich. seitdem gebe ich denen kein interview und sehe auch nicht ein, dass ich sie mit anzeigen auch noch mitfinanziere.

  3. Gibt es irgendwo für nicht-PV-Mitglieder eine Möglichkeit die Zahlen zum Mitgliederschwund einzusehen? Habt ihr Informationen darüber wo (z.B. Bundesland) es besonders viel Schwund (Zuwachs ist ja aktuell nicht zu erkennen) gibt?

  4. Vielen Dank für Deinen Bericht von der Vorstandssitzung.
    Deine Analyse hat mich allerdings etwas ratlos zurückgelassen. Ich will es versuchen, im folgenden zu erläutern. Du schreibst: „Der Parlamentarismus ist in der Krise. Das Vertrauen vieler Menschen in die Lösungsmechanismen des Parlaments schwinde(t).“
    An dieser Stelle möchte ich Dir ausdrücklich zustimmen. Deine Aussage wird gestützt von vielen Studien, die sich mit der geringen Wahlbeteiligung etc. beschäftigt haben. Viele Bürgerinnen u. Bürger haben immer wieder den Eindruck, „die machen sowieso dort oben was sie wollen, das, was wir wollen, interessiert sie nicht.“
    Um es so fort klarzustellen, mit solchen pauschalierten Aussagen kann ich persönlich wenig anfangen; trotzdem muss man schon ziemlich ignorant sein, um eine solche Stimmung nicht in unterschiedlichsten Gesellschaftskreisen immer wieder wahrzunehmen.
    Die Frage ist doch, woher kommt eine solche Frustration? Natürlich wird es auch hier nicht nur eine Ursache geben, wie so oft, wird eine Summe von Gründen dafür verantwortlich sein.

    In diesem Zusammenhang, bitte ich Dich aber über eine Aussage nachzudenken.
    Du schreibst: „Was ich ziemlich erschreckend finde ist die Tatsache, dass nach Informationen des Politbarometers 59% der LINKEN-Anhänger/innen Transitzonen gut finden. Aus meiner Sicht muss hier noch viel viel mehr Aufklärungsarbeit durch die Partei gemacht werden.“

    Um es auch hier sofort klarzustellen. Ich habe keine abschließende Meinung zu den Transitzonen. Die genaue Ausgestaltung scheint mir auch zwischen den Koalitionsparteien noch gar nicht genau klar zu sein.
    Was mich stört, ist der Duktus Deiner Aussage: Die 59% haben natürlich Unrecht, wir wissen es besser, wir müssen Aufklärungsarbeit machen.
    Natürlich haben in der Vergangenheit dieses Landes Politiker immer wieder wegweisende Entscheidungen gegen eine vermutliche Mehrheit der Bevölkerung getroffen. Im Westen war das wohl bei der Wiederbewaffnung, der Agenda 2010, der Einführung des Euros und vielen anderen Fragen so. Zumindest in der SPD hatte Helmut Schmidt auch niemals eine Mehrheit für den NATO Doppelbeschluss. Hier haben Politiker – im Wissen, dass die Mehrheit der Bevölkerung es anders sieht – Entscheidungen getroffen, von denen sie der Meinung waren, sie seien gut für unser Land. Zumindest unterstelle ich das mal zu deren Gunsten. Über den Osten brauchen wir in diesem Zusammenhang nicht zu reden, da hatte die Partei sowieso immer recht.
    Genau das funktioniert aber – so glaube ich – nicht mehr. Diese von dir zitierten 59% sind doch keine Rassisten (zumindest längst nicht alle), genauso wenig, wie die vielen BürgermeisterInnen, die Brandbriefe an die Kanzlerin schreiben, es sind. SPD Bürgermeister treten aus ihrer Partei aus, ein OB der Grünen, der wiederholt direkt gewählt wurde, liegt quer zu seiner Partei etc.. Es sind (auch wenn Du es nicht gerne hörst) alles „besorgte Bürger“, die sich von keiner Partei mehr richtig vertreten fühlen. Die AfD ist für viele immer noch ein NoGo.
    Ich fühle mich bestätigt, durch die aktuellen Umfragen. CDU/CSU verlieren deutlich; ganz offensichtlich wegen ihrer Flüchtlingspolitik. Keine andere Partei (außer AfD) legt aber wirklich zu.
    Ich vermute, dass aktuell die Wahlbeteiligung noch einmal deutlich niedriger wäre sonst, obwohl das Land gerade sehr stark politisiert ist. In solchen Phasen steigt eigentlich immer die Wahlbeteiligung (s. letzte Landtagswahl in Baden-Württemberg nach Stuttgart 21).
    Viele Bürgerinnen u. Bürger finden sich aber offensichtlich nicht mehr richtig verstanden. Sie gehören nicht zu denen, die klatschend am Bahnhof stehen, wenn Flüchtlinge ankommen, aber auch nicht zu denen, die Steine/Brandsätze auf Asylbewerberheime schmeißen.
    Man kann über diese Menschen jetzt den Kopf schütteln, sie als Spießer abtun oder ihnen auch vieles andere unterstellen, aber es sind Millionen, vermutlich zig Millionen! Aus meiner Sicht funktioniert hier nur einen Dialog auf absoluter Augenhöhe; Belehrungen bzw. Aufklärung von oben sind absolut kontraproduktiv!

  5. lag als papiervorlage vor. papier habe ich nicht aufgehoben. einfach in der bundesgeschäftsstelle mal nachfragen.

  6. du schreibst, du hättest keine abschließende meinung zu transitzonen und findest den duktus meiner aussage (vermutlich das „erschreckt“) störend. danach verweist du -zurecht- darauf, dass immer wieder entscheidungen gegen die mehrheit gefällt wurden und bringst beispiele. du meinst, das funktioniert heute nicht mehr und schlägst dann den bogen, dass die 59% die tranistzonen wollen keine rassisten seien. da gerät jetzt einiges durcheinander fürchte ich. erstens habe ich nicht gesagt, dass die 59% rassisten sind, sondern das mich das erschreckt. zweitens habe ich in dem zusammenhang auch davon gesprochen, dass die partei aufklärungsarbeit leisten soll. und drittens finde ich, dass die aufgabe der linken nicht zwingend ist die mehrheit zu vertreten. es gibt punkte wo das der fall ist und es gibt punkte wo das nicht der fall ist. wenn alle parteien nur noch die mehrheit vertreten, dann sind wir wieder beim ein-parteien-system. im grundgesetz heißt es explizit, dass die parteien an der politischen willensbildung mitwirken, da steht nicht, dass sie -im positiven wie im negativen sinne- einfach mehrheitsmeinungen umsetzen sollen. und mitwirken heißt eben aufklären. und aufklären zuallerst bei den eigenen anhänger/innen. und dann sind wir bei den 59% und den bürgermeister/innen, die brandbriefe schreiben, aus der spd austreten oder mit der eigenen partei über kreuz liegen. warum fühlen die sich denn nicht mehr vertreten? warum sind bürger/innen besorgt? ja, es ist vor ort durchaus schwierig. aber brandbriefe an die kanzlerin, transitzonen etc. helfen doch vor ort auch nicht. vielleicht gibt es kurzfristig keine lösung, aber langfristig. über einige der langfristigen lösungsansätze habe ich im blog schon diverse male geschrieben. du verweist darauf, dass viele bürger/innen sich nicht mehr richtig verstanden fühlen. ich habe ja durchaus das eine oder andere bürger/innen-gespräch. und ich versuche zunächst zu verstehen, was die konkrete angst ist. aber meistens -ich muss das so hart sagen- kommt entweder gar nichts oder vorurteile. ein beispiel: ich sitze neulich in der kneipe und da sagt ein andere kneipenbesucher, er finde es unmöglich, dass der syrer genausoviel geld bekommt wie der alg II-empfänger. daraufhin sage ich, dass das gar nicht der fall ist. er verwies darauf, dass es in der zeitung stand, ich darauf das es im gesetz anders geregelt ist und die zeitung unsinn schreibt. er glaubt mir nicht und ist weiter gegen syrer, weil die ja genauso viel geld bekommen wie alg II-empfangende.
    machen wir es doch mal konkret: welche ängste hast du? was ist aus deiner sicht pro und contra von transitzone?

  7. Das Junge Welt-Titelblatt ist nun über vier Jahre her.
    Sicherlich war es eine polemische Zuspitzung und nicht jedermanns Geschmack.
    Aber wir sind nun auch alle vier Jahre älter geworden und sollten uns klar machen, wo der wirkliche Gegner steht.
    Hektische Übernahme kolportierter Umfragezahlen helfen wenig.
    Die negative „Verheißung“, dass „nicht alles an Lebensstandard gehalten werden kann“, dürfte kaum geeignet sein, Wählerstimmen hinzuzugewinnen. Eine Botschaft, wir (wer ist das???) müssten gewissermaßen ‚wegen der Flüchtlinge‘ den vielzitierten Gürtel enger schnallen, wäre eine Steilvorlage für die Pegida-Volksverhetzer.
    Ich denke, dass Halina nicht im Ernst meint, dass prekär Beschäftigte, Hartz IV-Empfänger, Rentner und Alleinerziehende künftig real noch weitere Abstriche hinnehmen sollen. Sie dürfte sich hier etwas ungeschickt ausgedrückt haben.
    Vielmehr ist eine globale Umverteilung von Nord nach Süd in Einklang zu bringen mit einer Umverteilung innerhalb des „Nordens“ von oben nach unten.
    Diese „doppelte Umverteilung“ (Arbeitstitel) sollte die linke Botschaft sein.

  8. oha, herr linksman ist dem revisionismus anheim gefallen. was kümmert mich eine haltelinie, wenn wir doch vier jahre weiter sind.
    ob ich mit meinen aussagen zum thema fluchtursachen bekämpfen und deren folgen wähler/innen verliere, ist mir egal. ich mache politik aus überzeugung, nicht zur stimmenmaximierung. und wenn ich leute nicht überzeugen kann, dann muss ich das leider hinnehmen. und ja, es ist meine überzeugung, dass der norden nicht alles an lebensstandard erhalten kann, wenn es wirklich fairen handel und nachhaltigkeit geben soll. energieverbrauch, lebensmittel und kleidung wären dann nicht mehr so billig oder so umfassend vorhanden. das -so steht es ja auch im blog- dies auch mit einer umverteilung im norden verbunden sein muss, ist klar. wird aber trotzdem nichts an der aussage ändern.

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