Am gestrigen Abend hat der Außerordentliche Landesparteitag der Linkspartei. Berlin beschlossen, mit der SPD in Koalitionsverhandlungen einzutreten. Ob diese Entscheidung sich als gut für die Partei erweist, wird sich zeigen.
Ich habe mich enthalten und dazu folgendes gesagt:
“Liebe Genossinnen und Genossen,
wir haben heute über die Ergebnisse der Sondierungsgespräche, wie sie Euch Klaus Lederer vorgetragen hat, zu entscheiden. Also darüber, ob sie ausreichen, um in Koalitionsverhandlungen mit der SPD einzutreten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wir entscheiden heute nicht darüber, ob unser Platz in den nächsten fünf Jahren in der Opposition oder im Senat sein wird. Diese Entscheidung haben wir erst dann zu treffen, falls es zu Koalitionsverhandlungen und einem Ergebnis gekommen sein wird.
Vor dem Hintergrund der hier vorgetragenen Sondierungsergebnisse sage ich ganz deutlich: Wer sich dafür ausgesprochen hat, mit der SPD in Sondierungsgespräche zu gehen -und dazu habe ich in den vergangenen zehn Tagen wo ich in verschiedenen Basisgruppen war, wenig Gegenstimmen gehört- der muss konsequenterweise diesem Antrag zustimmen. Vor dem Hintergrund dieser Sondierungsgespräche werde auch ich nicht gegen die Empfehlung des Landesvorstandes zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD stimmen.
Wir als Landesparteitag werden in einigen Wochen mit der Frage konfrontiert sein, ob die in ggf. stattfindenden Koalitionsverhandlungen erzielten Ergebnisse ausreichen, um in die Regierung zu gehen. Nochmal: diese Frage stellt sich heute nicht.
Aber eins ist klar -und das richtet sich weniger an uns als an die SPD- wir können regieren aber wir haben auch die Option der Opposition. Die bisherige Debatte hat gezeigt und von daher weiß ich nicht Ellen, woher du nimmst, dass wir willenlos Wowereits Willen folgen, uns geht es nicht um Regieren als Selbstzweck sondern um linke Politik für Berlin.
Wenn ich immer noch unschlüssig bin, ob ich dem vorliegenden Antrag zustimme, dann nicht weil es mir um opponieren an sich geht. Eine solche Haltung, und ich meine sie bei Wolfgang, Gabi und Ellen gehört zu haben, halte ich für apolitisch. Meine vermutlich fehlende Zustimmung beruht im wesentlichen darauf, dass ich die Aufnahme von Sondierungsgesprächen bereits abgelehnt habe. Von daher Gesine, wäre es ziemlich absurd gewesen, mich aufzufordern daran teilzunehmen. Ich habe die Sondierungsgespräche abgelehnt, weil ich befürchte, wir als Partei können vor dem Hintergrund des Wahlergebnisses nicht stark und durchsetzungsfähig genug in einer Regierung sein.
Egal wie wir uns heute entscheiden, eine Erkenntnis sollten wir in jedem Fall vom heutigen Parteitag mitnehmen. Es kann weder in Regierung noch in Opposition ein “Weiter so” geben. Für die Option Regierungsbeteiligung haben wir hier schon verschiedene Vorstellungen gehört. Für die Opposition allerdings wenig. Dabei muss uns klar sein, eine Oppositionspolitik wie wir sie vor 2001 gemacht haben, ist ebensowenig möglich, wie ein Agieren nach dem Vorbild der Oppositionsarbeit der Grünen in den vergangenen fünf Jahren. Eine neue Oppositionsarbeit müsste streng sachorientiert sein und in die Stadtgesellschaft hineinwirken, sie müsste aber auch notwendige Konfliktpunkte mit unterschiedlichen Akteuren benennen und austragen. Freilich träfe genau dies auch auf unsere Arbeit in einer zweiten Regierungsperiode zu.
Liebe Genossinnen und Genossen,
solltet ihr heute der Empfehlung des Landesvorstandes und eines großen Teils der Bezirksvorsitzenden folgen, und sollten wir Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen, dann sind wir allerdings alle gefragt. Auch Gabi, auch Wolfgang, auch Ellen und auch ich. Das gebietet der Respekt vor Parteitagsbeschlüssen. Dann müssen wir im Sinne unseres Wahlprogramms und der gewählten Schwerpunkte verhandeln, Prioritäten setzen und zeigen, dass wir aus unserer Wahlniederlage gelernt haben. Das heißt vor allem die Fehler der vergangenen fünf Jahre in der Koalition und im innerparteilichen Umgang mit den Senatsakteuren zu vermeiden. Wie auch immer wir uns entscheiden, wir sollten Berlin und uns bewegen.”
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