Direkte Demokratie – nichts für Brandt und die Union

Auf der gestrigen Sitzung des Bundestages wurde der Antrag der Fraktion DIE LINKE für mehr direkte Demokratie debattiert.

Die Debatte war insofern spannend, als das der Kollege Helmut Brandt von der Union offensichtlich unter Beweis stellen wollte, dass für die Union gilt: Die Union in ihrem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf :-(. Der Kollege Brandt nämlich verstieg sich zu ganz absurden Thesen (nachzulesen hier ab Seite 5667).

Was erfahren wir? Es handelt sich  „um einen rein populistischen Antrag und eine rein populistische Forderung„. Aha. Gut das im Prinzip auch alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien somit populistisch sind, außer der Union selbstverständlich, die dieses Instrument allerdings gern nutzt, wenn es um ihre Interessen geht. Wer für die Ergänzung (so differenzieren kann Herr Brandt offensichtlich nicht) der parlamentarischen Demokratie ist tut „gerade so, als sei unsere parlamentarisch-repräsentative Demokratie eine quasi minderwertige Form der Demokratie„.  Frei nach der Devise „dümmer geht immer“ werden dann gewichtige Argumente gegen mehr direkte Demokratie aufgefahren: „Volksabstimmungen bergen die Gefahr des Missbrauchs und der politischen Destabilisierung in sich“ und schließlich sei in der Weimarer Zeit „das Volk aufgewühlt und gespalten und das Vertrauen in das Parlament zusätzlich erschüttert“ worden.  Peinlich auch der Dünkel, Politiker/innen seien die besseren Entscheider/innen. Oder wie ist zu verstehen, wenn Herr Brandt erklärt: „Mit Volksabstimmungen kann man den immer schwierigeren und komplexen Fragestellungen unserer pluralistischen Welt gerade nicht gerecht werden.“  Sicherlich, die Parlamentarier sind besser und können das. Absurd! Doch es wird noch besser,  denn „Ein Volksentscheid ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem eine Frage – und das steht in Ihrem Antrag – mit Ja oder Nein entschieden wird. So sind komplexe Probleme nicht zu lösen.“  Da spricht ein wahrer Kenner! Vielleicht ist Herrn Brandt aber einfach nur entgangen, dass im Bundestag auch mit Ja oder Nein entschieden wird. Aber auch ansonsten hat Herr Brandt wirklich überzeugende Argumente ;-).  „Für besonders groß halte ich auch die Gefahr, dass wichtige Fragen nicht nach sachbezogenen Gesichtspunkten entschieden werden, sondern danach, welche Interessengruppe die bessere Lobbyarbeit macht„. Ja, ja. Diese Gefahr besteht nur bei direkter Demokratie, sie ist völlig ausgeschlossen im Gesetzgebungsverfahren des Bundestages. Mir scheint, der Kollege lebt in einer Scheinwelt.

Die anderen Redebeiträge waren deutlich sachlicher und ich bin gern bereit mit SPD, Grünen und auch FDP zu reden, was am Gesetzesentwurf verändert werden muss.  Es ist Zeit endlich mehr direkte Demokratie einzuführen, wir müssen es nur angehen.

6 Replies to “Direkte Demokratie – nichts für Brandt und die Union”

  1. Halina,mal andersrum gefragt-Was glaubst Du:In wieviel Jahren haben wir den Volksentscheid auf Bundesebene?

  2. Ja, Halina, dann unterstütze doch bitte die direkte Demokratie in Berlin tatkräftig, indem Du z. B. das Volksbegehren „Schluß mit den Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück!“ unterzeichnest und bewirbst.

    Denn: Selbst wenn man die Intention des Wassertischs nicht teilt sollte man unterschreiben. Damit alle Berlinerinnen und Berliner schließlich beim Volksentscheid abstimmen können, ob sie dem Wassertisch oder dem Senat folgen wollen. Das wäre dann direkte Demokratie.

    Hoffentlich ist das jetzt nicht zu „realpolitisch“ gedacht….

  3. @karin: für direkte Demokratie sein, heißt nicht alles zu unterschreiben… auch bei direkter Demokratie bleibt die Chance für Auseinandersetzung und Argumentation… Das Instrument ist notwendig, wenn sich genügend leute finden, die das Volksbegehren unterstützen ist es gut, aber ich werde nicht alles unterschreiben, was als Volksbegehren startet.

  4. Wenn ich meine(n) Volksvertreter für 4 Jahre in sein Amt wähle, soll er seine Arbeit machen. Möglichst nahe an dem, was er mir vorher zugesagt hat.

    Ich will nicht bei jedem Problem, mich selbst mit der Sache befassen müssen für die ich gar keinen Sachverstand habe und ich möchte auch nicht, das 50 Milionen Leute, von denen zu dem speziellen Thema auch 30-40 Millionen der Sachverstand fehlt, darüber entscheiden.

    Ich bin gegen Volksentscheide.

  5. sehe ich anders, weil du unterstellst ja, dass deine volksvertreter in allen dingen den sachverstand haben… würde ich bezweifeln…

  6. Nein, natürlich hat mein Wahlkreiskandidat nicht auf allen Gebieten Sachverstand. Wäre auch zuviel verlangt, man kann nicht in Medizin, jdem Rechtsgebiet, Steuern, Finanzen usw. gebildet sein.

    Aber er hat sich um den Job „Volksvertreter“ beworben. Also ist seine Aufgabe sich in diesen Dingen jeweils schlau zu machen. Er hat ja ggf. auch Kollegen in der Fraktion die ihn informieren können und lesen kann er auch, also kann er sich in Büchern, Zeitschriften und dem Internet informieren.

    Schließlich bekommt er ja sein Gehalt, damit er seine gesamte Arbeitskraft in den Dienst des Volkes stellt. Du/Sie gehörst(en) ja selbst in die Gruppe und ich setze mal voraus, das wenn ein Gesetzesentwurf auf den Tisch kommt, die nicht zu Deinem/Ihrem mal erlentern Berufsfeld gehört ist viel Arbeit angesagt, denn selbst wenn man sich auf eine FRaktionskollegIn verlassen kann, wi man dem/der doch zumindest die richtigen Fragen stellen können. Zumindest würde ich es so machen. Bei Steuern und Finanzen könnte ich vermutlich 90 % der Bundestagsabgeordneten noch eine Wissenerweiterung bieten, aber in der Medizin weiss ich gerade das Aspirin ein Schmerzmittel ist.

    Bei einem Bundestagsabgenordnetem weiss ich, dass er zumindest soweit gebildet ist, das er sich informieren kann udn es vermutlich auch macht.

    Bei den Leuten, die mir manchmal auf der Straße begegnen udn die bei einer Volksabstimmung eben auch eine Stimme haben, muss ich nur die Frage richtig stellen und bekomme die gewünschte Antwort.

    Beispiel:
    „Seid Ihre dafür das die Nachtzuschläge steuerfrei bleiben und die wehrpflicht bleibt.“

    Und schon habe ich die Stimmen aller Schichtarbeiter für den Schwachsinnigen Wehrdienst.

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