Diskursverschiebung nach rechts

Wenn sich ein Thema eignet die gesellschaftliche Diskursverschiebung nach rechts deutlich zu machen, dann ist es der Umgang mit Geflüchteten und Einwander*innen. Nicht nur diverse Äußerungen der Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im Bundestag machen das deutlich, jetzt liegt ein Papier von vielen Männern und drei Frauen vor, das diese Diskursverschiebung klar dokumentiert.

Die ersten Sätze kommen noch harmlos daher, wenigstens in Bezug auf Geflüchtete scheint es eine klare Haltung zu geben.

DIE LINKE muss konsequent für eine humanitäre Flüchtlingspolitik eintreten. Der Schutz von Menschen in Not, die vor Krieg oder politischer Verfolgung fliehen, kennt keinerlei Einschränkungen.

Doch so einfach ist es nicht. Denn die Autoren*innen definieren Not. Gemeint sind Menschen, die vor Krieg oder politischer Verfolgung fliehen. Nicht gemeint sind Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung fliehen, die fliehen, weil ihnen die Lebensweise des globalen Nordens und damit der Kapitalismus die Lebensgrundlagen entzieht und Menschen, hier vor allem Frauen, die Opfer (systematischer) sexualisierter Gewalt werden.

Die Autoren*innen weisen zu Recht darauf hin, dass im

bisherigen Debattenverlauf (…) Einwanderung und Asyl bzw. Aufnahme von Flüchtlingen teilweise durcheinander geworfen

wurden. Das Papier der Autoren*innen soll sich wohl eigentlich vorwiegend mit der Einwanderung beschäftigen, allerdings wird zur Begründung der eigenen Position dann doch wieder Asyl und Einwanderung vermischt. Zunächst wenden sich aber die Autoren*innen gegen

eine unbegrenzte Einwanderung, die auch all diejenigen einschließen würde, die lediglich ein höheres Einkommen erzielen oder einen besseren Lebensstandard genießen wollen“.

Wohlstand für Alle gilt halt doch nicht für Alle. Der Ossi, der wegen der höheren Löhne in den Westen zieht, das geht in Ordnung. Aber wehe es kommt jemand aus Asien oder Afrika und sagt, ich will von eurem Wohlstand auch was abhaben. Das geht überhaupt nicht. Das sind in den Augen der Autoren*innen wohl sog. Wirtschaftsflüchtlinge und die sollen weitgehend draußen bleiben. Woher eigentlich die Idee kommt, fast alle Menschen wollen in dieses verregnete, meist kalte und immer noch ziemlich spießbürgerliche Deutschland kommen, bleibt im Dunkeln. Es hat schon zynische Züge, wenn gesagt wird, Migration sei

ein sozio-ökonomisch motivierter Akt, der weder alternativlos ist, noch den letzten Strohhalm darstellt, sondern bei dem eine Wahl unter verschiedenen möglichen Optionen getroffen wird.

Wenn die Autoren*innen auf die UN-Menschenrechtscharta verweisen, in der

zwar ein universales Auswanderungsrecht verankert, jedoch kein entsprechendes universales Einwanderungsrecht“

normiert sei, wäre doch eine linke Forderung ein solches Einwanderungsrecht zu schaffen. Entgegen der Ansicht der Autoren*innen würde dies das Asylrecht nicht entwerten, es würde es ersetzen. Es würde es ersetzen durch die Anerkennung des Rechts, dass jeder Mensch seinen Lebensmittelpunkt da wählen kann, wo er/sie es will.

Die Vision der „Offenen Grenzen“ wird im Papier zum „Leitbild„. Weil aber gegenwärtig die Bedingungen dafür nicht gegeben sind, brauche es Zwischen- und Übergangslösungen. Mal abgesehen davon, dass diese im Papier -anders als im linken Einwanderungskonzept– eher unkonkret bleiben, wird im nachfolgenden Satz ein Bild deutlich, was zu Recht in vielen sozialen Fragen einen Sturm der Entrüstung hervorrufen würde. Diese Zwischen- und Übergangslösungen

„müssen unter den aktuellen Bedingungen praktikabel und der breiten Bevölkerung, insbesondere den abhängig Beschäftigten und dem weniger privilegierten Teil der Gesellschaft, vermittelbar sein.“ 
Das ist nicht mehr und nicht weniger als die Aufgabe der Position, in der Gesellschaft um andere Mehrheiten zu kämpfen. Mit Verweis darauf, dass den abhängig Beschäftigten und der weniger privilegierte Teil der Gesellschaft eine Position der offenen Grenzen nicht vermittelbar sei, wird argumentiert, dass eine solche Position nicht vertreten werden sollte. Diese Position ist aus meiner Sicht aus drei Gründen völlig falsch. Sie entwertet den weniger privilegierten Teil der Gesellschaft, weil diesem unterstellt wird, er hätte für globale Gerechtigkeit keinen Sinn. Er verharmlost den privilegierteren Teil der Gesellschaft, denn die Position tut so, als gäbe es dort keine Rassisten*innen und dieser Teil würde mit wehenden Fahnen für globale Gerechtigkeit auf die Straße gehen. Dieser Satz sagt aber eben auch, Politik ist nicht: Menschen von eigenen Positionen zu überzeugen, ist nicht: für eigene Positionen zu werben, sondern: auf Mehrheitsmeinungen zu schauen und diese umzusetzen. Mit einer solchen Haltung wäre es übrigens nie zum gesetzlichen Mindestlohn gekommen. Denn als die PDS den erstmals forderte, waren selbst große Teile der Gewerkschaften gegen ihn.
Der Politikansatz des Bedienens herrschender Diskurse setzt sich in dem Papier fort, wenn es um Grenzkontrollen und -regime geht.
Ohne kluges und wirksames Grenzmanagement stünden die Staaten hilflos gegenüber der international organisierten Kriminalität und dem Terrorismus einerseits und dem Kapital- und Warenverkehr oder der Steuerflucht andererseits da. Die Verfechter eines radikalen >No border<-Ansatzes sollten sich mit der Frage befassen, auf welche Weise sie noch die Erfüllung des legitimen Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung gewährleisten und die internationalen Bewegungen von Kapital-, Waren und Dienstleistungen sozial regulieren wollen.
Die Autoren*innen bedienen hier die Erzählung der Bedrohung der „inneren Sicherheit“ durch Menschen, die nach Deutschland kommen. Mit dem Verweis auf die „legitimen Sicherheitsbedürfnisse“ wird das noch einmal untermauert. Selten wird die Übernahme des konservativen herrschenden Duktus so deutlich. Hier wird suggeriert, wenn es nur ein kluges Grenzmanagement geben würde, würde es auch keinen Terrorismus geben. Darüber hinaus scheint den Autoren*innen aber auch überhaupt nicht in den Sinn zu kommen, dass die soziale Regulierung der internationalen Bewegungen von Kapital-, Waren- und Dienstleistungen gerade im Zeitalter der Digitalisierung  – zumindest aus meiner Sicht – besser und sinnvoller europäisch oder weltweit denn nationalsstaatlich gelingen kann. Wenn es dafür keine ausreichenden progressiven Kräfte gibt, dann wäre es doch Aufgabe, genau dafür zu streiten, statt auf nationalstaatliche Lösungen zu setzen.
Im weiteren bauen die Autoren*innen einen Pappkameraden auf, indem sie so tun, als sei regulierte Einwanderung nur das was sie vorschlagen. Das linke Einwanderungskonzept ist auch eine Regulierung – aber eben eine, die nicht auf wirtschaftliche Verwertbarkeit derjenigen setzt, die nach Deutschland kommen. Genau gegen dieses Konzept wenden sich daber die Autoren*innen, wenn sie formulieren:
„Hingegen wäre ein Modell, demzufolge faktisch jede/r einwandern und ein Bleiberecht erhalten dürfte, der/die kein/e bekannte/r Terrorist/in ist oder einem vollkommen sozial isolierten Lebenswandel nachgeht, wie es die von der „Projektgruppe Einwanderung“ vorgelegte Konzeption vorschlägt, unseres Erachtens für eine realistische linke Migrationspolitik weder zielführend noch der breiten Bevölkerung vermittelbar.“
Warum das nicht zielführend sei, wird noch nicht erklärt, der erneute Fingerzeig auf die Vermittelbarkeit macht aber deutlich, in welche Richtung es geht. Bemerkenswert an dieser Stelle ist, dass die Autoren*innen verschleiert den Nützlichkeitsaspekt (nur wer für uns nützlich ist, darf zu uns kommen) bedienen und damit die Frage der Migration allein Verwertungsgesichtspunkten (im Übrigen des Kapitals) unterwirft.
Die Aufgabe, für eine grundlegende Umverteilung von Reichtum, Vermögen und Einkommen einzutreten, scheinen die Autoren*innen aufgegeben zu haben. Im Hinblick darauf, dass in den Herkunftsregionen mehr getan werden müsse, wird darauf verwiesen, dass dies eine
rationale, pragmatische Betrachtung im Hinblick auf die bestmögliche Verwendung von kurz- und mittelfristig begrenzten Mitteln
sei. Das ist kurz gefasst die Formel: Weil es uns nicht gelingt, Reichtum, Vermögen und Einkommen gerecht umzuverteilen, sorgen wir bei der Geldvergabe lieber dafür, dass Menschen nicht auch noch zu uns herkommen. Unser Versagen ist Euer Schicksal.
Wenn die Autoren*innen dann formuliere
Unregulierte Arbeitsmigration ist dagegen kein Ausdruck von linkem Internationalismus, sondern kommt dem Interesse der >Internationalen>  des Kapitals zugute.
ist dies eine klare Absage an internationale Solidarität und eine Übernahme der Argumentation der „Internationalen“ des Kapitals (wer auch immer damit konkret gemeint ist). Mit der Digitalisierung ist bereits jetzt eine Unmenge an Produktion international organisiert. Wie und warum würde es zu dem von den Autoren*innen beschriebenen Szenario kommen? Der Verweis auf frühere Anwerbeabkommen ist hier nicht überzeugend. Es liegt doch an der Kampfkraft der Arbeiterklasse, welchen Bedingungen Zugewanderte unterliegen. Wenn diese zu schwach ist, für Arbeitsmigranten*innen vernünftige Bedingungen zu erzielen, dann kann dies doch nicht der Grund sein, Zugewanderte verantwortlich zu machen. Genau das machen aber die Autoren*innen.
Die Autoren*innen bedienen nämlich das leider herrschende Bild, nachdem Zugewanderte (und Geflohene) für gesellschaftliche Missstände verantwortlich sind und nicht der Kapitalismus.
„Keine linke Einwanderungspolitik sollte eine Destabilisierung der Gesellschaft und eine Schwächung der Kampfbedingungen der ArbeiterInnenklasse durch Migration billigend in Kauf nehmen, geschweige denn mutwillig herbeiführen.“
Da bleibt mir die Spucke weg. Was ist denn das für ein Menschenbild? Der/Die Zugewanderte/Flüchtling als Sündenbock. Statt die Arbeiter*innenklasse international zu betrachten, wird sie national gesehen.  Arbeiter*innen die nach Deutschland kommen, sorgen dafür, dass es deutschen Arbeiter*innen schlechter geht. Nicht mehr und nicht weniger steht in diesem Satz. Statt den gemeinsamen Nenner zu suchen, statt gemeinsam weltweit für vernünftige Erwerbsarbeits- und Lebensbedingungen zu sorgen, wird Migration verantwortlich dafür gemacht, dass der Kapitalismus immer noch Kapitalismus ist.
Einwanderung als Grund für „Destabilisierung der Gesellschaft“ und „Schwächung der Kampfbedingungen der ArbeiterInnenklasse“. Das sind ganz bittere nationale Töne. Töne, die mich erschrecken, hielt ich sie in der LINKEN doch bisher eher für eine Einzelmeinung.

19 Replies to “Diskursverschiebung nach rechts”

  1. Die impulsive Reaktion von Frau Wawzyniak zeigt, wie richtig und notwendig das Papier ist.
    Die AutorInnen (die Bloggerin ist offenbar wütend, dass auch Männer darunter sind) sind einfach nicht bereit, sich mit 13 bis 16 Prozent AfD abzufinden. Sie haben erkannt, dass man um WählerInnen manchmal auch kämpfen muss.
    Auch Michael Leutert – ein fds-Mann – hat unterschrieben. Ebenfalls lesenswert: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1085056.linke-migrationspolitik-fuer-eine-fluechtlingspolitik-die-allen-hilft.html
    Die Notwendigkeit einer maßvollen Kurskorrektur der Linken in der Flüchtlingspolitik wird also erkannt. Nostalgische Open-Border-Romantik hilft niemandem.
    Ergänzende Lektüre: http://www.taz.de/!5313478/

  2. Dieses „Papier“ ist in Butterbrotpapier. Wenn man genau hinschaut, lugt der soziale Chauvinismus durch.

  3. Danke, Halina, für diese pointierte Auseinandersetzung mit einem Papier, das sich während meiner Lektüre vom Unbehagen zum Entsetzen entwickelt hat. Auch ich hielt die nationale Perspektive bislang für Einzelmeinungen. Eine Linke, die sich von der internationalen Solidarität verabschiedet und Migrant*innen und Geflüchtete in bester CSU-Manier zur Bedrohung der inneren Sicherheit stilisiert, nähert sich gefährlich dem Konzept der Volksgemeinschaft. Solidarität statt nationale Verblendung

  4. Wütende Kommentare helfen alleine nicht weiter – weder von rechts noch von links, noch aus irgendeiner schwer zu verortenden Mitte. Solange erstens die Bevölkerungsentwicklung in Afrika, zweitens der Klimawandel und die damit einhergehende Verbreiterung der Wüstenzonen und drittens die „Privatisierung“ des Faktors Wasser weder von der Europäischen Union, noch von ernstzunehmenden Wissenschaftlern oder von der katholischen Kirche (die ist in Afrika immer noch sehr einflussreich) als ernsthaftes Problem angesehen werden und stattdessen weiter die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort meistens ziemlich plump und planmäßig kaputtgemacht wird (nicht nur „The Real Donald Trump“ führt Handelskriege – sondern auch wir in der EU und zwar z.Zt. gegen Afrika) ist sowieso Hopfen und Malz verloren.
    Denn die Menschen wollen gar nicht ins verregnete Deutschland oder in irgendeine soziale Hängematte – die suchen weltweit einen Sinn in Ihrem Leben. Leider ist gute und vor allem gutbezahlte Arbeit in Europa seit der Machtübernahme Deng Xiaopings in der Volksrepublik China sehr knapp geworden, das haben erst Osteuropa und dann Südeuropa zu spüren bekommen – und so kommen sowohl die arabischen als auch die afrikanischen Flüchtlinge schlicht und einfach zu spät.

  5. Danke Halina und Linksfrau ich stimme euch voll zu. Wer sich von der internationalen Solidarität verabschiedet, sollte sich am besten auch aus DER LINKEN verabschieden!

  6. Pingback: No border Positionen: kurzschlüssig und weltfremd? | Blaue Stunde

  7. Das war jetzt schon eine Runde übel! Ein Eintrag reicht im Kommentarfeld dafür gar nicht.
    Man weiß ja gar nicht mehr, wo man bei der Widerrede anfangen soll.
    Das fängt schon damit an, dass Fr. Wawzyniak den Autoren unterstellt, „sexuellen Orientierung “ als Asylgrund auszuschließen. Steht so nicht im Text, dafür jedoch der Bezug zum Asylrecht (vgl. Asylgründe: https://www.nds-fluerat.org/leitfaden/3-wer-bekommt-asyl/31-voraussetzungen-fuer-die-asyl-und-fluechtlingsanerkennung/).
    Dann erfolgt die rhetorische Frage, nach „Wohlstand für Alle“ – offensichtlich ohne das Konzept zu kennen, denn dieses beschäftigt sich mit der Nationalökonomie und hat mit Migration erstmal nichts zu tun.
    Und dann wird`s lustig: „soziale Regulierung der internationalen Bewegungen von Kapital-, Waren- und Dienstleistungen gerade im Zeitalter der Digitalisierung – zumindest aus meiner Sicht – besser und sinnvoller europäisch oder weltweit denn nationalsstaatlich gelingen kann.“
    Gut gesagt, aber nicht real! Und natürlich ist es eine Aufgabe der Linken dafür zu streiten, jedoch wird die Umgestaltung in der derzeitig vorherrschenden „neoliberalen“ Weg absehbar nicht kommen. Und schon hat das „Offene-Grenzen“-Konzept ein riesiges Problem.

  8. Der „Nützlichkeitsaspekt“ wird weder angesprochen noch bedient, da ASYL sich überhaupt nicht darum kümmert, sondern rein nach dem Mensch und seinen Umständen im Ausland wertet. Das ist klar eine falsche Fährte. Der nächste Einlass: „Verwendung von kurz- und mittelfristig begrenzten Mitteln“ = „Weil es uns nicht gelingt, Reichtum, Vermögen und Einkommen gerecht umzuverteilen“. Ja, es ist leider nicht gelungen Reichtum, Vermögen und Einkommen gerecht zu verteilen.
    Vielleicht hat Fr. Wawzyniak ja noch einen übergroßen Geldtopf zur Hand, ansonsten gilt immer noch das Steuer- und Sozialaufkommen als endliche Größe. Der nächste Absatz ist dann die endgültige Absage an die arbeitende Bevölkerung hier: „Es liegt doch an der Kampfkraft der Arbeiterklasse, welchen Bedingungen Zugewanderte unterliegen. Wenn diese zu schwach ist, für Arbeitsmigranten*innen vernünftige Bedingungen zu erzielen, dann kann dies doch nicht der Grund sein, Zugewanderte verantwortlich zu machen.“
    Die Arbeiterklasse durfte in den letzten Jahrzehnten eine Niederlage nach der nächsten Einstecken. Jetzt ist sie lt. Fr. Wawzyniak selbst schuld und soll sich nicht so anstellen??? Danke, es sind genau diese Aussagen, die die Arbeiterschaft von der Partei dieLinke entfernen lassen. Im weiteren ist es weder beim Großteil der Arbeiterschaft noch bei den Verfassern so, dass Flüchtlinge dafür verantwortlich gemacht werden, aber sie verschärfen die Situation in verschiedenen Bereichen.

  9. „Der „Nützlichkeitsaspekt“ wird weder angesprochen noch bedient, da ASYL sich überhaupt nicht darum kümmert,“ richtig ist, asyl kümmert sich darum nicht. deshalb steht das ja bei migration. … „Der nächste Einlass: „Verwendung von kurz- und mittelfristig begrenzten Mitteln“ = „Weil es uns nicht gelingt, Reichtum, Vermögen und Einkommen gerecht umzuverteilen“. Ja, es ist leider nicht gelungen Reichtum, Vermögen und Einkommen gerecht zu verteilen. Vielleicht hat Fr. Wawzyniak ja noch einen übergroßen Geldtopf zur Hand, ansonsten gilt immer noch das Steuer- und Sozialaufkommen als endliche Größe.“ hat sie nicht. die kritik richtet sich daran, dass an umverteilung nicht gedacht wird. so steht es auch im blogbeitrag. … „Die Arbeiterklasse durfte in den letzten Jahrzehnten eine Niederlage nach der nächsten Einstecken. Jetzt ist sie lt. Fr. Wawzyniak selbst schuld und soll sich nicht so anstellen???“ falsche interpretation. aber wer die arbeiter*innenklasse national definiert, kommt wohl zu so einem ergebnis. es geht darum, dass die arbeitende klasse sich verbünden muss und nicht die nationale klasse.

  10. „Das fängt schon damit an, dass Fr. Wawzyniak den Autoren unterstellt, „sexuellen Orientierung “ als Asylgrund auszuschließen. Steht so nicht im Text, dafür jedoch der Bezug zum Asylrecht (vgl. Asylgründe: https://www.nds-fluerat.org/leitfaden/3-wer-bekommt-asyl/31-voraussetzungen-fuer-die-asyl-und-fluechtlingsanerkennung/).“ im text steht das zitat, welches menschen in not einschränkt. entweder, die autoren*innen wollen asyl für menschen in not oder sie wollen eine von ihnen definierte not. sie haben sich für letzteres entschieden. art. 16a selbst gewährt politisch verfolgten asyl. … wohlstand für alle mag ein konzept der nationalökonomie sein, es sollte leitidee einer anderen gesellschaft sein. … wenn nun argumentiert wird, „nicht real“ sind wir beim kernproblem: in bezug auf auf migration fordern die autoren*innen ultrareale positionen. wie soll sich aber eine gesellschaft weiterentwickeln, wenn sie nur realistische dinge einfordert? würden die autoren*innen das auch bei anderen themen vorschlagen?

  11. Pingback: Linkspartei auf der Kippe: Der Machtkampf sollte jetzt entschieden werden | NachDenkSeiten – Die kritische Website

  12. In der Tat sind für alle offene Grenzen einem Großteil der Bevölkerung nicht vermitelbar. Das ist für die so wie der „Veggie-Day“. Warum wählen die aufgehetzten Leute den die AfD und nicht die Linke? Und wer will offene Grenzen? Das Kapital, so wie immer. Auch die Armen wollen eigentlich gar nicht ihre Heimat verlassen, lieber wäre es Ihnen, die Zustände in ihren Heimatländern würden sich verbessern. Es ist jetzt auch nicht zwingend solidarisch, wenn Ländern wie z.B. Syrien gut ausgebildete Leute vertrieben oder totgebombt werden. Ich erinnere mich auch, dass es seinerzeit selbst in der Linken Leute gab, die in die „Gaddafi muss weg!“-Propaganda mit eingestimmt haben. Erbärmlich. Die größte Gefahr für alle Menschen ist neben dem Klimawandel mal wieder der dritte Weltkrieg. Ich vermisse eine konsequente und wirksame Kampagne der Linken für Frieden und Abrüstung und den Stopp deutscher Waffenexporte überall hin. Eigentlich müsste die Linke mithelfen, Hundertausende gegen die Russlandhetze und die Auslandseinsätze der Bundeswehr auf die Straße zu kriegen, aber der bürgerliche Parlamentarismus hat euch schon so umgedreht und eingelullt, dass ihr kaum mehr auf die Reihe kriegt, als euch alberne Scheindebatten zu liefern, in denen es in Wahreheit um die Pöstchenverteilung geht, das schöne Steuergeld. Der rechte, antideutsch unterwanderte, Flügel der Linken ist einfach zu geil darauf, endlich mit den neoliberalen Sozen und Grünen zu regieren. Da die SPD sich immer reduziert, rückt auch diese Option in weite Ferne. Das könnte man schon mal gemerkt haben. Dazu kommt natürlich noch der Neid, dass man selber halt weder den Respekt in der Bevölkerung noch das Format von Wagenknecht hat. Ihr seid die Rechten in der Linken, nicht Wagenknecht. Sollte es euch gelingen, Sahra wegzumobben, kann sich die Rest-Linke dann auch direkt wieder bei den neoliberalen Loosern von der SPD eingliedern. Man sieht ja, wie schön deren Konzept aufgeht, ne.

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  14. eine konkrete auseinandersetzung mit dem blogbeitrag wäre sinnvoller als eine pauschale schimpfkanonade. grüße von jemandem ohne amt und mandat, ergo basis.

  15. „[dass] soziale Regulierung der internationalen Bewegungen von Kapital-, Waren- und Dienstleistungen gerade im Zeitalter der Digitalisierung – zumindest aus meiner Sicht – besser und sinnvoller europäisch oder weltweit denn nationalsstaatlich gelingen kann.“

    Liebe Halina,
    das erscheint mir eine erstaunlich naive Position, die wir als Linke nicht weiter vertreten sollten. Sag mir doch, welche der überstaatlichen Organisationen dazu derzeit geeignet wäre? Die zu einer neoliberalen Lobby-Technokratie verkommene EU? Die in Ländern wie Portugal, Spanien oder Griechenland mit ihren Troika-Maßnahmen die Tarifbindung massiv reduziert hat (https://www.boeckler.de/45592_45609.htm). Die in Griechenland, einem Land mit binnenmarkt-orientierter Wirtschaft, die Einkommen um 20 % abgesenkt und damit einen beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang verursacht hat?
    Oder denkst Du an den von den USA dominierten IWF, der in den letzten Jahrzehnten mit dem Washington Consensus ein marktliberales Wirtschaftsprogramm für Entwicklungsländer propagiert hat?
    Der einzig sinnvolle Weg erscheint mir, auf nationalstaatlicher Ebene die Diskurshoheit und politische Mehrheiten zurückzugewinnen, was angesichts der starken Dominanz marktradikaler Positionen in allen gesellschaftlichen Bereichen schwer genug wird.
    Wenn das – nicht nur in einem Land, sondern in vielen – gelingen sollte, könnte der nächste Schritt der Umbau internationaler bzw. supranationaler Organisationen in unserem Sinne sein.

  16. Es ist vollkommen illusorisch von offenen Grenzen zu reden und zu schreiben. Genau das ist der Autorin und Ihren Unterstützerinnen und Unterstützern auch sehr bewusst. Mithin ist die ganze Argumentation bestenfalls akademischer bzw. polemischer Natur. Es geht um Ideologie und auf keinen Fall um praktische Politik.

    Große Fluchtbewegungen in den Westen über akute Bedrohungslagen hinaus existieren bisher nicht. Durch religiöse und kulturelle Unterschiede, durch Bindung an Familien – also durch Heimat wurde das bis jetzt vermieden. Das jedoch kann sich schnell und nachhaltig ändern. Offene Grenzen würden große Fluchtbewegungen befördern.

    Fakt ist und bleibt, dass westlicher Wohlstand, wie er allgemein und auch von der Linken verstanden wird, für alle Menschen der Erde unter den gegebenen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung der globalen Ressourcen nicht machbar ist. Dieser Fakt ist zunächst mal zu akzeptieren.

    Daraus folgernd gibt es 2 Möglichkeiten: entweder es existieren Grenzen, die Überflussgesellschaften gegenüber den weniger privilegierten Gesellschaften absichern oder aber die Überflussgesellschaften müssen sehr deutlichen Verzicht lernen und damit eine ausreichende Angleichung der Lebensverhältnisse realisieren.

    Die deutsche Linke steckt im Dilemma keinesfalls verzichten zu wollen. Verzicht auf materiellen Wohlstand, materiellen Überfluss, Infragestellung der Wachstumsapologetik und des Fortschrittglaubens ist nicht Teil des linken Programms. Ganz im Gegenteil wird eine stetige Steigerung materieller Versorgung gefordert und z.B. auch über befreundete Gewerkschaften regelmäßig durchgesetzt. Echte Solidarität mit den Abgehängten weltweit ist daher bei den deutschen Linken eine leere Propagandahülse.

    Die Linke in Deutschland ist zwingend auf Grenzregimes angewiesen, denn ohne diese geschlossenen Grenzen, ohne nach außen abgegrenzte Staatlichkeit, wäre linke Realpolitik und linke Kampagnen nach mehr und mehr und mehr – alles bezogen auf die geschlossene deutsche, in Einzelfällen europäische Gesellschaft – nicht machbar. Damit ist das Thesenpapier der „vielen Männer und 3 Frauen“ nichts weiter als ein Beitrag zur Absicherung des jetzigen Status der Linken hierzulande.

    Wer offene Grenzen nur fordert und noch nicht einmal ansatzweise Wege zum „Wie“ aufzeigt, weiß dass eine praktische Umsetzung nicht droht. Damit ist die Forderung nach offenen Grenzen scheinheilig und leer. Erst wenn auch dargestellt wird, was alles für offene Grenzen vorauszusetzen ist, erst dann kann man diese Forderung ernst nehmen.

  17. Halina, ich teile von ganzem Herzen deinen Gedanken in Bezug darauf, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, sein Glück woanders suchen zu dürfen. Grenzen kommen der ausbeuterischen Lebensweise des Westens zu Gute; wir trennen uns so künstlich von unserer Verantwortung für das Leid anderer. Wenn ich all das Leid sehe, dass wir anrichten, könnte ich explodieren. Ich verachte unsere Lebensweise zutiefst und möchte dies so schnell wie möglich radikal ändern.
    Wenn wir aber alle Grenzen fallen lassen und Migration nicht regeln, kommt es zu einer Revolution. Der Staat bricht zusammen und es herrscht das Gesetz des Stärkeren. Vielleicht bewirkt dies, dass die Karten neu ausgeteilt werden, aber das menschenverachtende Spiel beginnt auf diese Weise lediglich von vorne. Schwächere und Minderheiten werden verlieren und einige wenige werden Macht und Reichtum akkumulieren. Daher sollten wir es uns zunutze machen, dass wir die Fähigkeiten und Ressourcen haben, schrittweise die Spielregeln zu ändern. Das ist notwendigerweise ein langwieriger Veränderungsprozess, da es Zeit braucht, bis diese Regeln auf Verständnis und Akzeptanz stoßen und verinnerlicht werden. Die Menschen müssen begreifen, dass es ihnen besser geht, wenn es anderen Menschen um sie herum auch besser geht. Das allerdings wird nicht gelingen, wenn wir anarchische Umstände herbeirufen. Dies führt nur dazu, dass wir kurzsichtig und rücksichtslos werden; die Karten werden kurzzeitig neu verteilt, aber das Gesetz des Stärkeren besteht nach wie vor.
    Wir als Linke werden wie keine andere Partei im Spannungsfeld zwischen Realität und Hoffnung zerrissen. Diese Spannung ist in der Natur des Menschen verwurzelt und der Kern seiner Schaffenskraft. Wir sollten unsere Menschlichkeit beweisen indem wir diese Spannung ertragen und aus ihr eine positive Kraft gewinnen, die dem Leben dauerhaft zu Gute kommt. Krieg und Revolution sind nur eine kurzzeitige Entladung dieser Spannung und führen möglicherweise zu Genugtuung, aber nicht zu mehr Humanität.

  18. ich glaube, wir liegen nicht weit auseinander :-). ich bin sehr dafür aufzuklären, zu sensibilisieren und mehrheiten für den von dir und mir geteilten anspruch zu gewinnen. ich glaube, das gelingt nicht, wenn die rhetorik und argumentationsmuster der herrschenden übernommen werden. mein problem ist, das dieses papier genau das macht.

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