Ein unfreiwilliges Experiment

Seit vergangenen Dienstag habe ich keine Heizung in der Wohnung und auch kein warmes Wasser. Das ist ein unfreiwilliges und nicht wirklich schönes Experiment. Und es hat mir die Ohnmacht einer Mieterin vor Augen geführt. Ich weiß gar nicht, ob dieses Experiment, wenn ich heute Abend nach Hause komme schon beendet ist.

Aber der Reihe nach. Nach der Debatte des Haushaltes Justiz und Verbraucherschutz im Bundestag am vergangenen Dienstag freute ich mich auf zu Hause. Als ich vor der Haustür stand, las ich einen Zettel. Die Heizung sei ausgefallen, aber am Mittwoch würde alles wieder in Ordnung sein. Der Ausfall der Heizung betrifft auch das Warmwasser, mithin die Möglichkeit warm zu duschen. Nun gut denke ich mir, das kann ja mal passieren. Einen Tag geht es auch irgendwie. Am Mittwoch komme ich am Abend nach Hause und lese einen neuen Zettel an der Haustür. Das mit der Reparatur der Heizung hat irgendwie nicht geklappt. Aber am Donnerstag würde alles schön werden. Nun gut denke ich mir, einen weiteren Tag ohne Heizung und Dusche halte ich auch noch aus. Am Donnerstag komme ich spät Abends nach Hause und -Überraschung- lese einen weiteren Zettel. Es habe immer nicht geklappt mit der Reparatur der Heizung. Für weitere Informationen können sich die Mieter/innen aber an die Hausverwaltung wenden. Es ist kalt. Die Wohnung kühlt langsam aus. Und irgendwie wäre so eine Dusche auch mal wieder ganz angenehm. Ich denke, irgendwann ist auch mal gut. Der Vermieter muss doch irgend eine Lösung anbieten.

Als ich am Freitag Vormittag die Hausverwaltung anrufe, wird mir folgendes erklärt: Es sei ein Elektroteil ausgetauscht worden, die Heizung hätte trotzdem nicht funktioniert. Nun vermutet man, es liege an einem anderen Teil, aber das müsse aus Italien geliefert werden. Man habe aber per Expresslieferung bestellt. Ich verweise darauf, dass ja nun das Wochenende ansteht und ein Wochenende in einer kalten Wohnung ohne Warmwasser vielleicht nicht so das angenehmste sei, was einem/einer Mieterin passieren könne. Die Verwaltung zeigt sich hilflos und hofft auf eine schnelle Lieferung des Ersatzteils. Ich verkneife mir zu fragen, was eigentlich sei, wenn es nicht an diesem Ersatzteil liegt. Ich hoffe, am Sonntag ist alles wieder in Ordnung.

Ich sehe zu, dass ich erst am Sonntag wieder zu Hause bin. Zwischendurch bekomme ich die Mitteilung, dass in Sachen Heizung und Warmwasser immer noch nichts passiert sei. Ich besorge ein mobiles Heizgerät, um wenigstens einen Teil der Wohnung nicht völlig auskühlen zu lassen. Es ist trotzdem kalt am Sonntag Abend. Die Wohnung ist mittlerweile komplett ausgekühlt. Ich mummel mich ein. Zwei Pullover, Schal, dicke Socken, Decke. Jeder Gang wird zweimal überlegt. Ich bin genervt. Was tun? Es ist Zeit, die Mietminderung anzukündigen und darauf hinzuweisen, dass sollte nicht kurzfristig durch die Verwaltung Abhilfe geschaffen werden, ich mich selbst kümmere. (By the Way: Warum laut einem Urteil des AG Charlottenburg vom 07.06.2013 zum Az. 216 C 7/13 nur eine Minderung von 70% möglich ist, verschließt sich mir. Die Wohnung ist ja komplett unbewohnbar.) Ich verweise darauf, dass soweit ich selbst Abhilfe schaffe, der Vermieter die entsprechenden Kosten tragen muss. Die Mail geht raus. Aber eigentlich will ich nur, dass die Wohnung wieder warm ist und auch das warme Wasser wieder zur Verfügung steht.

Am Montag morgen telefoniere ich mit der Hausverwaltung. Es gibt die wage Hoffnung, dass am Dienstag des Ersatzteil aus Italien geliefert wird und -wenn die Vermutung das der Heizungsausfall auf diesem Teil beruht- die Heizung und das warme Wasser wieder geht. Das wären dann aber 7 Tage ohne Heizung und Warmwasser. Ein kurzfristiges Angebot zur Behebung des Zustandes bleibt aus. Mir scheint, die Hausverwaltung kann nicht so richtig nachvollziehen, wie es ist seit 6 Tagen ohne Heizung und Warmwasser in einer Wohnung zu wohnen. Wobei ich -im Gegensatz zu anderen Mieter/innen im Haus- ja noch die Chance hatte, zwei Tage der Kälte zu entfliehen. Wenigstens das Angebot, mobile Heizgeräte zur Verfügung zu stellen und die entsprechenden Mehrkosten beim Stromverbrauch zu zahlen, hätte die Verwaltung ja machen können.

Der Montag Abend endet wieder mit einmummeln. Zwei Pullover, Schal, dicke Socken und Decke. Die Wohnung scheint es, ist noch einmal kälter geworden. Ich fühle mich hilflos. Als Mieterin bin ich am Arsch. Ich kann die Miete mindern, aber davon wird die Wohnung auch nicht warm. Es gibt viele Freunde/innen, die mir anbieten für eine Zeit bei ihnen zu wohnen. Ich bin dankbar, aber eigentlich will ich eine warme Wohnung und warmes Wasser. Ich habe die Möglichkeit in ein Hotel auszuweichen und ein klein wenig Linderung durch das mobile Heizgerät zu schaffen. Was aber machen Menschen, die das nicht können? Was machen Menschen, denen es nicht möglich ist da Geld für mobiles Heizgerät und Hotel vorzustrecken um es dann dem Vermieter in Rechnung zu stellen?  Wie lange sollen sie in einer kalten Wohnung leben? Und was ist mit den Folgekosten, die durch die ständige Kälte entstehen? Gesund ist das ja in keinem Fall und so langsam werden auch die ersten Dinge in der Wohnung klamm.

Es geht nicht mehr. Wenn heute Abend die Wohnung nicht beheizbar ist und das warme Wasser nicht läuft, dann werde ich eine Alternative suchen. 7 Tage ohne Heizung und Warmwasser sind zuviel.

Und dann? Ich fühle mich immer noch hilflos. Ich will doch nur eine warme Wohnung und warmes Wasser. Ich habe keine weiteren Druckmittel und kann mich auch nicht selbst um die Reparatur der Heizung kümmern. Ich hätte die Chance fristlos die Wohnung zu kündigen. Aber sie gefällt mir ja eigentlich und ich müsste ja auch eine neue Wohnung suchen. Bis ich da was gefunden habe ist ja vielleicht die Heizung wieder repariert. Mir fällt auch keine richtige Lösung ein. Denn selbst wenn ich gesetzlich festschreiben würde, dass der Vermieter eine kurzfristige Abhilfe schaffen muss, bis ich das durchgeklagt habe ist hoffentlich die Wohnung wieder warm.

Es bleibt die Hoffnung, das heute Abend alles wieder in Ordnung ist.

update, 2.12.2015, 18.00 Uhr: Experiment beendet. Heizung geht wieder.

12 Replies to “Ein unfreiwilliges Experiment”

  1. Hallo Halina,
    ich denke, der Vermieter kann sich nicht mit „auf Teil aus Italien warten“ herausreden. Wenn der weiter so herumdilettiert, wäre eine sofortige Kündigung sinnvoll:
    „Bei einem Heizungsausfall in kalten Wintermonaten kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden. Ob eine Abmahnung erforderlich ist, ergibt sich aus den Umständen. Wird der Vermieter nicht tätig oder kommt es häufiger zu Ausfällen, ist eine Abmahnung entbehrlich. Das LG Saarbrücken entschied, dass Mieter/innen einen Schadensersatzanspruch haben. Er umfasst die Kosten des mit der fristlosen Kündigung beauftragten Rechtsanwalts, die Kosten der Wohnungssuche und des Umzugs sowie der Herrichtung der neuen Wohnung einschließlich Telefonanschluss und die Gebühren des Kautionskontos (LG Saarbrücken, Urteil vom 17. Juni 1994, AZ: 13 B S 58/94).“
    http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/me-single/article/kalt-erwischt.html
    Aus eigener Erfahrung: Wenn der Vermieter Sprechzeiten hat, dort auch mal unangemeldet auf der Matte stehen – als Anrufer wird man schnell mal abgewimmelt.
    Viel Glück und rasches „Wiederauftauen“!

  2. das urteil mit dem frislos kündigen habe ich auch gefunden. will ich aber nicht. bin gerade vor 1,5 wochen umgezogen. und auf der matte stehen ist eine gute sache, schaffe ich aber in sitzungswochen nicht. und sprechzeiten hat er auch nicht. ich hoffe jetzt, bis zum wochenende ist wieder alles gut…

  3. Ich bin bis „Ohnmacht einer Mieterin“ gekommen, dann bekam ich einen Lachanfall. Haben Sie schon einmal über die Ohnmacht eines Vermieters nachgedacht, in dessen Wohnung sich Mietnomanden einnisten?!!

    Wieder mal: links; wieder mal: fern jeglicher Realität. Immerhin liefern Sie diesbezüglich – konsequent …

  4. seit 2010 werden mietnomaden immer herangezogen, wenn es passt. mal abgesehen davon, dass wegen denen die rechte der vermieter mit der mietrechtsnovelle 2013 gestärkt wurden, ist deren prozentsatz auch sehr gering.

  5. Hallo Ernst Mosch (jr.),
    das Gejammer über Mietnomaden ist lächerlich.
    Mit den Mietnomaden wird von der finanzkräftigen Vermieterlobby gern ein Elefant aufgeblasen, der zahlenmäßig einer Mücke entspricht.
    Ein kluger Vermieter muss im Grunde nur zwei simple Dinge vom Wohnungsbewerber einfordern: Verdienstbescheinigung vom Arbeitgeber sowie Bescheinigung über Mietschuldenfreiheit, ausgestellt durch den vorherigen Vermieter.
    Wer das nicht tut, ist als Vermieter eben selber schuld.

  6. Erzählen Sie ihren ideologischen Unsinn einmal der alten Dame, die darauf angewiesen ist, ihre karge Rente mit einer schon von ihren Eltern geerbten Zweizimmerwohnung aufbessern zu müssen. Die Existenz von diesen Menschen ist kein Prozentsatz! Ich verbitte mir derartige unmenschliche Äußerungen! Haben Sie denn gar kein Herz für diese älteren Herrschaften! Wie kann man nur so herzlos sein!

  7. Ich hätte mehr Mitgefühl wenn Sie wenigstens in einem Nebensatz mal darauf hinweisen würden, dass in diesem unseren Lande tausende Menschen ohne Strom und Warmwasser, Heizung sitzen, wenn sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Ein Wink von Mitgefühl für die Bürger der Krim, die längere Zeit als Sie ohne Strom aushalten, wäre irgendwie auch angebracht. So klingt das alles nach einem Luxusproblem. Anwälte und Lehrer sind übrigens diehehnigen Mieter vor denen sich der kleine Vermieter fern halten sollte.Dank Ihrem Beitrag wird man daran wieder erinnert. Wenigstens etwas.

  8. ich zitiere mich mal selber: „Ich habe die Möglichkeit in ein Hotel auszuweichen und ein klein wenig Linderung durch das mobile Heizgerät zu schaffen. Was aber machen Menschen, die das nicht können? Was machen Menschen, denen es nicht möglich ist da Geld für mobiles Heizgerät und Hotel vorzustrecken um es dann dem Vermieter in Rechnung zu stellen? Wie lange sollen sie in einer kalten Wohnung leben?“ … ihr mitleid geht mir übrigens am arsch vorbei, bei ihnen erwarte ich nur schadenfreude. sie müssen sich ja treu bleiben…

  9. Das ist glatt gelogen, denn diese Ihre obige Einlassung bezogen Sie ausschließlich auf ähnlich gelagerte Fälle wie den Ihren, also um eine Wohnung die durch einen Schaden unbeheizt ist! Mitnichten schrieben Sie von den Sorgen und Nöten derjenigen die ihre täglichen Rechnungen nicht begleichen können. Ihre Empörung übertüncht auch nicht meine Aussage zu den Bewohnern der Krim. Und welchen Arsch meinen Sie?

  10. ich habe zitiert, was ich geschrieben habe… und wenn ich über mietenprobleme schreibe, konzentriere ich mich darauf. sonst würde ich unendlich lang werden. ich schlage ihnn vor, machen sie einen blog und schreiben sie dort, was sie so bewegt. aber nix vergessen, sonst kommentiere ich.

  11. Es ist interessant was Sie immer so vergessen! Sie sitzen für die Partei die Linke im Bundeestag, ich nicht.

    Was ich mich frage, ist das mit dem (in meinen Augen nicht vorhandenen) „Arsch“ der normale Umgangston im Bundestag, oder etwa in der Anwaltskammer?

  12. Das mit den Mietnomaden kann ich ehrlich gesagt ganz gut nachvollziehen. Meine Mutter hatte auch mal einen Teil des Hauses vermietet und Monate lang keine Miete erhalten. Das war für uns alle sehr ärgerlich. Das unfreiwillige Experiment mit der Heizung habe ich auch schon durchgemacht. Für mich war dies aber kein Problem. Nach 1 Tagen hatte mein Vermieter mich angerufen und bestätigt, dass die Heizungssanierung fällig war und wieder alles ging. Ich dusche aber früh eh lieber kalt. Da ist man auch gleich auf 100% 😀

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