Das sog. Flüchtlingscamp am Oranienplatz ist immer noch ein Dauerbrenner. Wenigstens in den Berliner Medien. Innensenator Henkel wollte das Flüchtlingscamp räumen lassen und hatte dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Ultimaten gestellt. Die Räumung -so meine letzten Informationen- ist mittlerweile zunächst vom Tisch. Die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann hat ein Moratorium vorgeschlagen und mitteilen lassen, dass das Bezirksamt eine polizeiliche Räumung nach wie vor ablehnt.
Dass das Bezirksamt eine polizeiliche Räumung weiterhin ablehnt, begrüße ich ausdrücklich. Auch die Idee, im Rahmen eines Moratoriums zu verhandeln, wie es zu einer Lösung des „Konfliktes“ kommen kann, finde ich gut.
Doch es gibt ein Problem. Die Flüchtlinge am Oranienplatz haben politische Forderungen. Wer sich mit den Flüchtlingen unterhält und die eine oder andere Presseberichterstattung verfolgt, der weiß, was die Flüchtlinge als politische Forderungen haben: bundesgesetzliche Aufhebung der Residenzpflicht, Aufhebung des Arbeitsverbotes und Schließung aller Lagerunterkünfte. Diese Forderungen sind alle berechtigt, ich teile sie. Für die Umsetzung dieser Forderungen wollen die Flüchtlinge im öffentlichen Raum werben.
Denkbar wäre ja nun, dass die neue Bundesregierung ihren Beitrag zur Lösung des „Konfliktes“ am Oranienplatz leistet, indem sie wenigstens eine Prüfung der Forderungen der Flüchtlinge vornimmt um dann ggf. auch im Dialog mit den Flüchtlingen die Forderungen teilweise oder gar ganz umzusetzen. Ich zumindest hätte mir gewünscht, dass die Große Koalition einen Beitrag dazu leistet, den „Konflikt“ um den Oranienplatz zu lösen, schließlich wäre das ja auch eine Hilfe für die Große Koalition im Senat von Berlin.
Doch genau diese Hilfe ist von der Bundesregierung nicht zu erwarten. Dies ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Anfrage vom 20. Dezember 2013.
Die Residenzpflicht soll auf das jeweilige Bundesland ausgeweitet werden, schreibt die Große Koalition. Das heißt aber auch, dass sie nicht bereit ist auch nur zu prüfen, ob die Residenzpflicht bundesgesetzlich abgeschafft werden kann. Eine bundesgestzliche Abschaffung der Residenzpflicht ist von dieser Bundesregierung also nicht zu erwarten.
Das Arbeitsverbot soll auf 3 Monate beschränkt werden, schreibt die Große Koalition. Eine Prüfung der Abschaffung ist nicht geplant. Von dieser Bundesregierung ist also auch keine Aufhebung des Arbeitsverbotes zu erwarten.
Bei der Lagerunterbringung verweist die Bundesregierung auf die Länder und die EU-Aufnahmerichtlinie. Übersehen hat die Bundesregierung, dass der § 20 Asylverfahrensgesetz eine Weiterleitung an eine Aufnahmeeinrichtung vorsieht. Der § 44 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz verpflichtet die Länder, eine Aufnahmeeinrichtung vorzuhalten. Der Forderung nach Schließung der Lagerunterkünfte könnte nachgekommen werden, wenn der § 44 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz mit der Verpflichtung der Länder zur Vorhaltung der Aufnahmeeinrichtung gestrichen wird. Doch auch hier zeigt sich: keine Prüfungsabsicht und keine Abschaffungsabsicht.
Schließlich teilt die Bundesregierung noch mit, dass eine Ausweitung der Asylgründe nicht beabsichtigt ist.
Was folgt nun daraus? Der politische Druck auf die Bundesregierung zur Erfüllung der Forderungen muss aufrecht erhalten werden. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kann die Forderungen der Flüchtlinge nicht erfüllen. Er kann -und das hat die Bezirksverordnetenversammlung auch getan– sich mit den Forderungen der Flüchtlinge solidarisieren. Wenn der Senat sich dem Moratorium anschließt und mit dem Bezirk und den Flüchtlingen verhandeln will, sollte gleichzeitig Druck auf die Große Koalition im Bund aufmachen, die Forderungen mindestens zu prüfen. Denn in der Bundespolitik liegt der Schlüssel zur Lösung des „Problems“ Flüchtlingscamp am Oranienplatz.