In meinen 48 Lebensjahren war ich eher eine Umweltsau. Aber seit einigen Jahren bemühe ich mich um einen vernünftigen ökologischen Fußabdruck. Ein Auto hab ich bestimmt seit 10 Jahren nicht mehr, mein letzter Flug – und der war dienstlicher Art – war 2016 (der letzte private Flug muss so um 2014 gewesen sein), ich esse seit ca. 8 Jahren kein Fleisch mehr. Und wenn ich Dinge kaufe, versuche ich auf Nachhaltigkeit zu achten. Aber das klappt nicht immer und ich bin bei weit davon entfernt ein ökologisches Vorbild zu sein.
Warum das alles? Ich bin tatsächlich der Überzeugung, dass das was ich öffentlich vertrete auch weitgehend von mir selbst gelebt werden sollte. Und ich finde, jede:r kann seinen/ihren Beitrag zu Nachhaltigkeit und dem Kampf gegen den Klimawandel tun. Der Reflex stattdessen nach staatlicher Regulierung zu rufen und damit zu glauben das Problem ist damit gelöst, ist meines Erachtens nicht überzeugend, auch wenn es natürlich nicht ohne staatliche Regulierung geht. Gerade gesetzliche Rahmenbedingungen für Unternehmen sind meines Erachtens unerlässlich. Und natürlich muss der Kampf gegen den Klimawandel sozial gerecht stattfinden. Aber das häufig gebrachte Argument Maßnahmen zum Klimaschutz oder zu Klimaresilienz würden vor allem die „Menschen mit geringen Einkommen“ belasten, da diese sich klimagerechtes Verhalten eigentlich nicht leisten können, hat aus meiner Sicht drei große Schwachstellen:
1. Das Argument wird ganz häufig allein mit Blick auf den Nationalstaat vorgebracht. Soziale Gerechtigkeit heißt aber immer auch die Folgen des Handelns in der Südhalbkugel der Welt in den Blick zu nehmen. Denn soziale Gerechtigkeit endet nicht an den Grenzen eines Nationalstaates oder eines Kontinents. Der Lebensstandard hier hat eben massive Auswirkungen auf die Lebensbedingungen im globalen Süden.
2. Das Argument mit den „Menschen mit den geringen Einkommen“ wird mir zu häufig von Leuten vorgebracht, bei denen der Eindruck entsteht, sie nutzen es um das eigene Handeln nicht reflektieren oder gar ändern zu müssen.
3. Der Verweis auf die „Menschen mit geringem Einkommen“, die sich eine ökologische Lebensweise nur schwer leisten können perpetuiert in meinen Augen aber auch ein neoliberales Stereotyp. Nicht die Menschen mit geringem Einkommen hinterlassen den größten ökologische Fußabdruck, vielmehr sind sie ganz häufig diejenigen, die mangels finanzieller Mittel ökologischer leben als jene, die sie als Vorwand benutzen.
- In jedem Fall staatliche Regulierung im Hinblick auf Reparaturpflichten (es gibt da irgendeinen Fachausdruck, den ich aber nicht parat habe), staatliche Regulierung im Hinblick auf den CO2-Ausstoß, Förderung ökologischer Fortbewegung (ja, das geht zu Lasten des Autos), schneller Umstieg auf regenerative Energien und sicherlich vieles mehr.
- Eine kleine, aber vermutlich erhebliche Proteststürme verursachende Maßnahmen wäre, alle Motorsportwettkämpfe einzustellen. Es ist in meinen Augen ein wenig absurd, dass alle über Klimawandel reden und gleichzeitig finden diverse Motorsportwettkämpfe statt. (Okay, das gibt jetzt einen Shitstorm).
- Soweit es möglich ist, könnte jede:r versuchen seinen/ihren individuellen Beitrag zur Bekämpfug des Klimawandels zu leisten. Und da gibt es sogar einiges im Angebot. Da wäre die Solarlampe (Danke für das Geburtstagsgeschenk), da wäre das Solarakku, die Möglichkeit beim Kauf von Klamotten oder Alltagsgegenständen (Rucksack) auf nachhaltige Produktion zu schauen, die Senkung des Fleischverbrauchs, erst reparieren bevor entsorgt wird oder die Frage welcher Strom- und Wasserverbrauch tatsächlich sein muss. Und nein, ich bin da leider auch nicht konsequent.
Es darf aber meines Erachtens nicht nur darum gehen über Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels nachzudenken, sondern es muss auch darum gehen über Klimaresilienz zu reden. Wir haben es ja mit der Coroana-Pandemie gerade durch. Die Gefahr wird gesehen, aber sie ist zu abstrakt. Wenn die Gefahr dann eintritt, sind alle überrascht. Um die Folgen einzuschränken kommt es dann zu „Notlagenpolitik“, d.h. es werden Grundrechte eingeschänkt.
Im Hinblick auf Pandemien, Starkregen mit Überschwemmungen, Hitze, Dürre oder Wasserknappheit ist es aber aus meiner Sicht notwendig, Ideen für eine resiliente Gesellschaft zu entwickeln. Wie können Menschen, Infrastruktur und Eigentum besser geschützt werden und welche Infrastrukturmaßnahmen sind dafür erforderlich? Vielleicht wäre es sinnvoll, einen Wettbewerb für eine resiliente Gesellschaft auszurufen. Dort können viele schlaue Menschen ihre Gedanken einbringen. Aber vielleicht gibt es das ja auch schon.
Ich habe mein Auto auch verkauft. Wenn ich dann mal selten eins brauche, miete ich mir eins. So muss ich mir keins anschaffen, sondern teile mir es mit anderen.