Reden wir über den Alltag

Aus dem Urlaub zurück liegt eigentlich jede Menge Arbeit auf dem Schreibtisch. Aber seit gestern schlage ich mich inbesondere bei Facebook damit rum, zu kommentieren. Es geht um Köln.

Was ist bekannt? Bis Dienstag gab es 90 Anzeigen wegen Taschendiebstählen und sexueller Belästigung. Es gab eine Ansammlung von ca. 1000 Menschen aus der heraus Gruppen die Straftaten begangen haben. Die Polizei hat bekannt gegeben, die mutmaßlichen Täten stammen „überwiegend aus dem nordafrikanischen beziehungsweise arabischen Raum„. Im Verlauf des heutigen Tages wurden die Informationen präzisiert. Danach gab es 100 Strafanzeigen, davon sollen dreiviertel einen sexuellen Hintergrund haben. Die Rede ist von zwei Vergewaltigungen. Entgegen vieler anderslautender Kommentare auf Facebook wurde vor allem in den Regionalmedien berichtet. Überregional erst nach einer Pressekonferenz der Polizei.

Warum ich den Tag mit kommentieren verbringe? Weil es mich aufregt, dass die Themen sexualisierte Gewalt und sexuelle Belästigung nicht im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stehen sondern sich mal mehr oder weniger versteckter Rassismus zeigt. Es geht pauschal darum, dass Geflüchtete eine Gefahr für Frauen sind. Es geht darum, dass Geflüchtete angeblich keinen Respekt vor Frauen haben. Und es geht darum, dass man ja schon immer gewusst habe, dass die Geflüchteten Probleme mit sich bringen.

Diese Selbstgerechtigkeit kotzt mich an. Das Problem sexualisierter Gewalt und das Problem sexueller Belästigung sind gesellschaftliche Probleme in Deutschland. Die Verharmlosung von sexualisierter Gewalt, die Einordnung von sexueller Belästigung als „Kavaliersdelikt“ ist Alltag. Statt nun aber über die Eindämmung von sexualisierter Gewalt zu reden, über Sensibilisierung in Bezug auf sexuelle Belästigung, werden sexualisierte Gewalt und sexuelle Belästigung zu einem exklusiven Problem Geflüchteter gemacht. Sind sie aber nicht. Es sind Probleme der deutschen Gesellschaft. Antje Schrupp hat hier schon vieles dazu gesagt und Tereasa Brücker hier auch.

Wenn es um den Kampf gegen sexualisierte Gewalt geht und um Sensibilisierung in Bezug auf sexueller Belästigung, dann sollten quantitative Betrachtung nicht der Kern der Debatte sein. Denn jeder Fall einer sexuelle Belästigung und jeder Fall sexualisierter Gewalt ist ein Fall zu viel. In der derzeitigen Debatte halte ich es für angemessen, darauf hinzuweisen, dass Deutschland wahrlich kein Musterland des Kampfes gegen sexualisierte Gewalt und gegen sexuelle Belästigung ist. In diesem Zusammenhang kann das Stichwort Oktoberfest fallen. Erst 1997 (ja, erst 1997) wurde aus dem Straftatbestand der Vergewaltigung das Wort „außerehelich“ gestrichen. Richtig gelesen. Bis dahin konnte der Ehemann, der seine Frau in der Ehe vergewaltigte, nicht wegen Vergewaltigung nach § 177 StGB bestraft werden. Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2014 (ja, ich weiß auch um die Schwierigkeiten mit Kriminalstatistiken) verweist auf Seite 52 darauf, dass es 12.742 Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung unter Gewaltanwendung oder Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses gegeben hat. Mehr als jede zweite erfasste Tat (62,5 Prozent) wurde von Verwandten oder näheren Bekannten verübt.

Und im Alltag? Wie häufig wir in deutschen Kneipen von deutschen Männern darüber geredet, wieviel und welche „Olle geknallt“ wurde? Wie häufig werden Frauen allein nach ihrem Aussehen bewertet und auf ihre (potentielle) sexuelle Nutzbarkeit taxiert? Wie häufig fällt (hinter vorgehaltener Hand natürlich) der Spruch, „Die Alte muss doch mal wieder gefickt werden“ wenn es darum geht, dass eine Frau nicht funktioniert oder schlechte Laune hat? Wie häufig trägt es sich zu, dass einer Frau Körperkontakt aufgedrängt wird? Und wie häufig hält nur die political correctness Männer davon ab, Testosteron auch noch als offiziellen Entschuldigungsgrund für Handlungen anzuführen? Wie häufig werden Frauen als reines Sexobjekt wahrgenommen?

Reden wir über das Problem sexualisierter Gewalt und das Problem sexuelle Belästigungen in Deutschland. Reden wir darüber wie dafür sensibilisiert werden kann. Reden wir darüber, wie ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden kann, in dem sexualisierte Gewalt und sexuelle Belästigung geächtet sind. Reden wir darüber, dass sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt eine Einstellungsfrage ist. Reden wir darüber, dass bereits Worte und Sprüche das Problem sind. Reden wir über Rollenbilder und Rollenzuschreibungen. Reden wir über Möglichkeiten zur Selbstermächtigung von Frauen, sich zu wehren. Wie wäre es zum Beispiel, wenn jede Frau die Möglichkeit bekommen könnte kostenlos einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen?

Die Veränderung muss zuerst im Kopf stattfinden. Jetzt wäre Zeit genau damit anzufangen. Das wäre die richtige Konsequenz.

15 Replies to “Reden wir über den Alltag”

  1. Man hätte viel früher anfangen müssen.

    Nur: wie?

    Wenn man so will, ist die ganze Gesellschaft mit der Objektifizierung der Frau förmlich durchtränkt.

    Wir haben hier zwar Religion und Staat getrennt, aber etwas von den alten Frauenbildern hat sich offenbar durch die Zeit gerettet. Und wenn man dazu das schräge Frauenbild mancher Männer bedenkt…

    So – und dann gibt es eben viele Männer auf diesem Planeten, die noch ein viel krasseres Frauenbild haben – von Kindheit an eingetrichtert – u. a. mit der Unterstützung der Mütter unter dem Druck einer Religion, Mütter, die ja auch von Kindheit an darauf trainiert wurden, dass Frauen eine Ware und Männer alles sind.

    Na ja, hier einige Worte einer Frau, die sich mit den Thema auskennt:
    https://soundcloud.com/mdr-info/dahinter-steckt-ein-frauenbild-dass-die-frau-eine-ware-ist-mina-ahadi-im-interview?utm_source=soundcloud&utm_campaign=share&utm_medium=twitter

    Tja, was würde den Opfern wohl helfen? Wäre ich eines der Opfer, ich wäre vielleicht traumatisiert, ich würde die Bilder, die Gefühle, die Gerüche nicht mehr aus dem Kopf bekommen, es würde mich vielleicht wer weiß wie lange verfolgen.

    Bräuchte ich Genugtuung (Verhaftung und Abschiebung, sofern man der Täter überhaupt habhaft werden kann)?

    Bräuchte ich die Sicherheit, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann (zzt. würde ich diese Sicherheit nicht haben)?

    Würde mir ein Schmerzensgeld helfen (wobei bei den Tätern vermutlich nichts zu holen ist)?

    Irgendwie bliebe mir gerade das Gefühl, ich müsste selbst sehen, wie ich mit dem Erlebten klar komme – inkl. der Erkenntnis, dass sich für Frauen so schnell nichts ändern wird.

  2. Ich bin begeistert, zwischen all dem Schwachsinn, eine fundierte und akzeptable Meinung zu lesen. Als Mann weiß ich, wie die „Hochachtung“ vor der Frau aussieht und sie zelebriert wird und das nicht nur in bildungsfernen Kreisen. Medial wird fast ausschließlich der fermdenfeindliche Hintergrund reflektiert. Auf den wenigen veröffentlichten Videomitschnitten ist durchaus zu erkennen, daß in Köln nicht nur sogenannte Migranten vor Ort waren, sondern auch reichlich „germanisch“ aussehende junge Männer. Aber es scheint so, als fanden sie das alle nur lustig….

  3. Der Blog zielt insgesamt wieder nur in eine Richtung und das ist schade.
    Dabei kann man ruhig mal auslassen, dass Männer auch Sexobjekte in der Werbung sind, sexuell von Frauen belästigt werden, und sich durch eine große Gruppe von Frauen zu bewegen, noch gar betrunkener, nicht ohne Betatschen und Anmachsprüche abläuft. Alles als Mann schon vielfach erfahren. Spielt aber hier keine Rolle.
    Im vorliegenden Fall gab es eine große Gruppe Männer aus einem ganz anderen Kulturkreis, vielleicht berauscht und sich unter sich heimisch fühlend.
    Als Frau ein Kopftuch in den Herkunftsländern zu tragen hat nicht nur religiöse Motive sondern ist auch in sexueller Hinsicht ein Statement. In manchen Ländern bewusst Haare unter dem Kopftuch zu zeigen ist so wie hier bewusst Dessous unter der Bluse hervorschauen zu lassen.

    Eine Frau im attraktiven Silversteroutfit durch eine große Gruppe Männer mit o.g. Migrationshintergrund gehen zu lassen ist so, als würden in einem anderen fiktiven Kulturkreis 1000 betrunkene Deutsche Männer vor einem Bahnhof stehen und die einheimischen Frauen in diesem Land normal Oben ohne durch die Silvesternacht gehen. Da würden selbst begleitende Partner der Frauen von den Männern als Looser ignoriert werden. Die Übergriffe wären zahlreich.

    Dieses Statement soll keine Entschuldigung für die Missachtung der Rechte der Frauen und Rechtfertigung für unzulässige Handlungen sein. Es basiert auf eigenen jahrzehntelangen Erfahrungen in diesem und dem arabischen Kulturkreis. Und auf Schilderungen von Frauen aus dem arabischen Kulturkreis, die Kopftuch, Burka, Nika, Tschador auch aus akzeptierten Regeln des Anstands in der Öffentlichkeit gewollt tragen.

    Ich hätte mit meiner Partnerin in jedem Fall einen anderen Weg genommen, im Silvesteroutfit im Angesicht einer solchen Gruppe.
    Vor dem öffentlichen Verkehrsknotenpunkt ist das natürlich nicht möglich. Da hätten Bahn und Polizei früher einschreiten müssen.

    Es nervt mich vor vielen Bahnhöfen mich durch die Treffpunkte suchtkranker oder andere gesellschaftlicher ‚Randgruppen‘ bewegen zu müssen. Anbetteln ist da die harmloseste Auswirkung.

    Es ist einfach so, dass sich als leicht bekleidete Frau durch eine solche Gruppe von Männern zu bewegen ein grosses Risiko darstellt. (Männer wollten auch um keinen Preis durch eine Gruppe von 1000 betrunkenen Kegelschwestern gehen. Nur ist das seltener ein Problem, große Migranten- und große Fussballfangruppen aber offensichtlich schon)
    Die Persönlichkeitsrechte der Menschen sind unantastbar. Darum sollte man Probleme mit Migrantengrupen, wie auch Flashmobs auf Grund social media, nicht mit allgemeinen, korrekten Moralstatements zu den Rechten der Frauen verhüllen.

  4. vielen dank für ihren kommentar. leider bestätigt er, was ich versucht habe mit dem blogbeitrag deutlich zu machen. auch sie reden über einen „ganz anderen Kulturkreis“. was ich versucht habe zu verdeutlichen, es ist eben kein problem eines anderen kulturkreises. mir ist egal, woher tatverdächtige kommen. wer auch immer sexualisierte gewalt anwendet, wer auch immer sexuelle belästigung ausübt ist ein arschloch und ein krimineller.

    soweit ich das aus heutiger sicht beurteilen kann, aber ich bin da auf informationen dritter angewiesen, könnten sie aber in bezug auf die polizei recht haben. ein endgültiges urteil diesbezüglich will ich aber nicht fällen, da ich nicht vor ort war und nicht weiß, was sich wie konkret abgespielt hat.

  5. in der anhörung zur sog. istanbul-konvention haben die vertreter/innen von opferorganisationen und anwälte/innen von opfer von sexualdelikten vor allem deutlich gemacht, dass die betroffenen frauen ernstgenommen werden wollen. meist geht es nicht um das ziel verurteilung, schmerzensgeld oder ähnliches, sondern um anspruch auf psychologische betreuung, zuhören und ernst nehmen.

  6. http://marx21.de/silvesterattacken-sexismus-ist-keine-importware/

    Fazit, was zu tun ist: Die nächste zentrale Möglichkeit, um gegen die antifeministische AfD als neues Sammelbecken für Nazis auf die Straße zu gehen, ist der Frauenkampftag am 6. März in Berlin. Was die gesellschaftliche Linke angeht, so muss absolute Klarheit darüber herrschen, dass die Frauenunterdrückung in Deutschland strukturell angelegt ist und wir uns im Kampf gegen sie keinesfalls durch Rassismus spalten lassen dürfen – wir müssen beiden Erscheinungen mit gleicher Entschlossenheit die Stirn bieten.

  7. Ich habe kein Problem damit an Karneval von Frauen abgegrapscht zu werden. Das gehört dazu und ist die ausgelassene Stimmung. Männlein und Weiblein flirten gerne und das ist auch gut so. Und wenn eine Frau mir an den Arsch geht und damit sexuell übergriffig wird, weil sie vielleicht etwas zu viel getrunken hat, dann ist das für mich kein Grund gleich in Empörung zu verfallen, sondern lächle ihr wohlwollend zu.
    Vielleicht solltest du mal mit Caren Lay über „countersexismus“ sprechen. Sie nimmt diese ganze Sexismus Diskussion etwas gelassener und weiss sehr wohl zu unterscheiden, was noch normaler Flirt und Ausgelassenheit bedeutet.
    Wenn du dich schützen willst vor Sexismus der Männer, dann zieh einfach eine lila Latzhose an. Das war die Burka der Feminstiinnen der 70er und 80er Jahre im Westen.
    Das Spiel zwischen Mann und Frau ist ein Balztanz und wirst du auch nicht verhindern können. Dafür ist der Mensch nunmal in unterschiedliche Geschlechter (nicht nur den offiziellen 2) diversifiziert.
    Heute ist der Mann genauso Sexobjekt geworden. Schau einfach auf Gayromeo (für schwule Männer DAS Datingportal)
    Ich sehe daher kaum noch unterschiede. Frauen haben auch schon lange dieses Selbstbewusstsein dominant diesen Balztanz zwischen Mann und Frau zu führen. Ist dann diese Frau sexistisch?

  8. es sei dir unbenommen, an karneval oder auch sonst von frauen abgegrapscht zu werden. nur zu. solange es einverständlich ist, spricht nichts dagegen. gleiches gilt für arsch fassen. was aber, wenn eine frau oder ein mann genau das nicht will? muss er oder sie es dann ertragen? ich denke nein. zur sexuellen selbstbestimmung gehört eben auch, dass ein „nein“ zu akzeptieren ist.

    „Wenn du dich schützen willst vor Sexismus der Männer, dann zieh einfach eine lila Latzhose an.“ wow. wenn ich nicht angegrapscht werden will soll ich latzhose tragen? und wenn nicht, dann ist es ein signal angegrapscht werden zu wollen? sonst geht es aber noch? ich ziehe die sachen an, in denen ich mich wohlfühle. und wenn ich „nein“ sage, meint das nein. nochmal: wer das individuell anders handhaben will bitte. solange es einverständlich ist, ist alles okay. aber angrapschen als gesellschaftliche norm, nein danke!

  9. Sexismus und Übergriffe stehen im Kontext einer allgemeinen Verrohung, welche nichts mit ethnischer Herkunft zu tun hat (die jährliche Dunkelziffer an Vergewaltigungen beim Münchner Oktoberfest liegt wohl im dreistelligen Bereich).
    Ein Markstein auf dem Weg zu dieser zunehmenden Verrohung sind und bleiben die Hartz-Gesetze.

  10. da wären wir fast einer meinung. am satz scheitert es, wenn ich ihn richtig interpretiert habe. ein land, welches erst 1997 vergewaltigung in der ehe unter strafe stellt, kann sich im hinblick auf verrohung nicht auf die hartz-gesetze berufen.

  11. Pingback: Sexualstrafrecht und Köln | Blog von Halina Wawzyniak

  12. Zitat Halina: „in der anhörung zur sog. istanbul-konvention haben die vertreter/innen von opferorganisationen und anwälte/innen von opfer von sexualdelikten vor allem deutlich gemacht, dass die betroffenen frauen ernstgenommen werden wollen. meist geht es nicht um das ziel verurteilung, schmerzensgeld oder ähnliches, sondern um anspruch auf psychologische betreuung, zuhören und ernst nehmen.“
    Ja, das möchte ich unbedingt unterstützen. Ernst nehmen von Frauen, die sich als Opfer fühlen, und jedenfalls einen Bruch in ihrem Leben erlebt haben, durch sexuelle Gewalt, ist ein Argument, um alles das zu rechtfertigen, was ich an der Geschichte aus Männersicht eigentlich ungerecht finde. Vor allem damit sich die Protesthaltung als Opfer nicht verfestigt, damit diese Frauen nicht männerfeindlich werden. Es ist unendlich schade um jede einzelne Frau, die den Männern durch so eine Scheiße als mögliche Sexpartnerin verloren geht. Sie müssen die Gelegenheit erhalten, übers Ziel hinauszuschießen, damit sie ihren Fehler erkennen und sich selbst wieder einkriegen können.
    Ich möchte aber auch nicht, dass am Ende irgendwelche Leute, die eigentlich Feinde freier Liebe sind, irgendwelche Nazis oder Rechtspopulisten am Ende mit dieser Trophäe davonziehen, dass Männer monströs überbestraft werden und die traditionellen Kräfte wieder die totale Kontrolle über den Sex erhalten. Stichwort nix „voreheliches“.
    Grapschen ist eigentlich nur Information. Jemand, dem es schlicht egal ist, vergisst es in fünf Minuten und es gibt keine körperlichen oder sonstigen Folgen, die ihn jemals wieder daran erinnern. Es gibt auch aufdringliche Verkäufer, die einen an der Tür nötigen, ein Abo zu kaufen, oder auf der Straße anhalten, um einem irgendeinen Dreck anzudrehen.
    Nun ist allerdings andererseits auch eine Drohung oft nur Information, und Menschen versuchen mit ihren Gefühlen zu jonglieren, wollen dabei nicht aus der Balance gebracht werden.
    Ist aber nicht eigentlich von jeder Bürgerin eine solche seelische Stabilität zu erwarten, dass ihr nicht gleich alles zusammenbricht, wenn mal einer eine unerwünschte Information liefert?
    Das heißt: ist es gerecht, einen selbst wissentlich unwillkommenen Grapscher härter zu bestrafen, als für eine Tat, die eine Frau nicht länger als ein paar Stunden aus dem Gleichgewicht bringt, sagen wir bis zum nächsten Telefonat mit der Freundin?
    Ich will auf Kausalität hinaus: Nur, weil ohne den Steinwurf ins Fenster das Haus nicht eingestürzt wäre, kann man einen Stein ins Fenster werfer doch nur gerechterweise für das bestrafen, was in einem solchen Fall möglich sein darf. Stein am Babykopf,ja. Äußerstenfalls. aber doch nicht Hauseisturz mit 20 Toten. Da hat der Häuslebauer irgedwie mitschuld am Schaden. Nicht der Tat natürlich.

    Deshalb finde ich Mindeststrafrahmen, die da bei 2 Jahren anfangen für viele Fälle sexueller Belästigung einfach absurd. Nur, weil sie zu mehreren waren.
    Ansonsten denke ich korrekter als mit der Formel „gegen den für den Täter erkennbaren Willen“ geht es nicht.
    Willen ist aber auch so eine Sache. Ein Psychologe könnte zum Beispiel einen verborgenen unterbewußten Willen erkennen. Hobbypsychologen sich das zu mindest einbilden. Eine Person, die im Verkehr eindeutige Signale gibt, wird selten mißverstanden. Wer aber unentschlossen ist und plötzlich doch in die andere Richtung abbiegt, gefährdet sich. Viele Personen sind es gewohnt, sich am Ende doch oft erweichen zu lassen, ob man ihnen nun ein Zeitungsabo aufdrängen will, oder „lass mich doch mal ein bischen.“ Ich hasse Zeitungsdrücker, aber ich will sie nicht nur deswegen für zwei Jahre einsperren. Willen ist also mehr, als nur nicht wollen, weil frau zu müde ist und keinen Bock hat, sondern etwas, dessen dauerhaft weiterhin zu befürchtender Bruch sie in ihrem Lebens und Freiheitsgefühl – auch ihrer sexuellen Libido dauerhaft einschränken würde. Es ist doof und frau ärgert sich jedesmal, wenn sie einen Bogen um den Bahnhof machen muß. Also ist das, was da passiert ist, dann ein relevanter Willensbruch gewesen. ok.
    Als passende Willenserklärungsformel schlage ich die Drohung mit Strafanzeige vor. Wer damit Unfug treibt, ist selber schuld. Loslassen ist Rücktritt. Austricksen gilt natürlich nicht.
    Aber um auf den Anfang zurückzukommen: Ich weiß, dass durch „Steinwürfe“ tatsächlich manchmal ganze „Häuser“ einstürzen. Deshalb ist das ernst nehmen eine ganz dringende Sache.
    Aber man verurteilt keinen bloßen Rüpel als Mörder. Man kann dann hoffen, dass die Richter dann den nötigen Verstand besitzen, um die Sache am Ende richtig einzuordnen. Diese Möglichkeit darf ihnen aber nicht durch einen Mindeststrafrahmen verstellt werden. Es bedarf vielmehr eines Katalogs, der dann mit drei Tagessätzen anfängt, oder so.

  13. @hans: ich glaube sie haben einiges nicht verstanden. „Es ist unendlich schade um jede einzelne Frau, die den Männern durch so eine Scheiße als mögliche Sexpartnerin verloren geht. Sie müssen die Gelegenheit erhalten, übers Ziel hinauszuschießen, damit sie ihren Fehler erkennen und sich selbst wieder einkriegen können.“ sonst geht es aber noch, ja? ihr problem ist, dass frauen männern nicht mehr als sexpartnerin zur verfügung stehen? sie müssen ihren fehler erkennen und sich selbst wieder einkriegen? was haben sie denn für eine frauenbild? das ist doch unfassbar, die frau die dem mann zu dienen hat.
    „Grapschen ist eigentlich nur Information. Jemand, dem es schlicht egal ist, vergisst es in fünf Minuten und es gibt keine körperlichen oder sonstigen Folgen, die ihn jemals wieder daran erinnern.“ was relativieren sie hier eigentlich? das anfassen von geschlechtsteilen ist gearde nicht nur information, es ist ein eingriff in intimität und sexuelle selbstbestimmung.
    jede weitere auseinandersetzung mit ihrem beitrag erübrigt sich dann jetzt.

  14. Tut mir leid, was hab ich auch auf Ihrem Blog verloren. Es ist zugegebenermaßen einiges ziemlich ordinär, was ich hier gesagt habe. Ich habe eigentlich gar keinen Streit gesucht, brauche mich ja auch gar nicht zu verteidigen. Also Schluss damit.

  15. Pingback: Gesetzentwurf zur Verankerung von „Nein heißt Nein“ | Blog von Halina Wawzyniak

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