Solidarischer Herbst für Demokratie und gegen Verarmung

Politik findet in Zeit und Raum statt. Was gestern als Aktionsform richtig war, muss es heute nicht mehr sein. Morgen sind wiederum ganz andere Aktionsformen nötig.

In einer Diktatur sind andere Formen von Protest und Widerstand legitim als in einer Demokratie. Personifizierungen und Verallgmeinerungen (Person X, „die Machtclique“) sind zur Überwindung einer Dikatur hilfreich – weil es in ihr keine demokratische Opposition und keinen demokratischen Weg zur Veränderung der Verhältnisse gibt. In einer stabilen Demokratie können Auseinandersetzungen härter und (möglicherweise) auch personalisierter geführt werden, als in einer gefährdeten Demokratie. Es gibt also keine Allgemeingültigkeit, welche Aktionsformen legitim und notwendig sind – die Antworten variieren nach Zeit und Raum.

Die Demokratie ist in Deutschland gefährdet – ohne Demokratie aber keine Möglichkeit für Kritik, Protest und Veränderung. Seit 2015 spaltet sich die Gesellschaft. In diejenigen, die -warum auch immer- Geflüchtete als Gefahr ansehen und diejenigen, die meiner Meinung nach völlig zu Recht es als Selbstverständlichkeit ansehen, Geflüchtete aufzunehmen. In diejenigen, die völlig bekloppt von Corona-Diktaur schwafeln und die Maske als größtes Menschheitsverbrechen ansehen und denjenigen die Grund- und Freiheitsrechte zentral finden und gleichzeitig angemessene Schutzmaßnahmen für richtig halten. Diejenigen die finden, dass der Angriffskrieg Putins ohne Folgen bleiben soll, im Übrigen die Abhängigkeit von fossilen Energien nicht so schlimm finden und diejenigen die wenigstens Sanktionen für angemessen halten und den Umstieg auf regenerative Energien beschleunigen wollen. Diejenigen, die den Klimawandel leugnen (oder ignorieren) und diejenigen, die ihn bekämpfen und dabei wissen, das Konsumtions- und Produktionsmodell des globalen Nordens wird sich nicht aufrechterhalten lassen.

Fakenews, abgeschlossene Diskussionsräume, unterschiedliche Öffentlichkeiten und die Parlamentsnazis von der AfD – all das verstärkt die Spaltung der Gesellschaft. In diesen Strukturen gedeihen antidemokratische Einstellungen und Verhaltensweisen. In diesen werden die Errungenschaften der Demokratie, insbesondere der demokratischen Streit um bessere Alternativen und die Möglichkeit der Abwahl von Regierenden geringgeschätzt. Da geht es nicht um Aufklärung über strukturellen Problemen und Erläuterung von Zusammenhängen. Dabei wäre das so wichtig.

Denn gerade in diesen Zeiten bedarf es aber Aufklärung über Strukturen und Zusammenhänge, um mit demokratischer Kritik und demokratischem Protest demokratische Veränderungen zu erreichen. Eben weil die Lasten der verschiedenen Krisen, insbesondere jetzt mit extrem steigenden Energiekosten und Inflation so massiv ungleich verteilt sind und Transferleistungsempfangende, Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen Gefahr laufen zu verarmen. Es muss deshalb auf Strukturen hingewiesen und für grundlegende Alternativen geworben werden. Denn es kommt darauf an, dass sich grundlegend etwas ändert und dafür braucht es Mehrheiten.

Demokratieverächter*innen, zu denen selbstverständlich Nazis gehören, nutzen noch jedes Thema um aufzuwiegeln und niedere Instinkte anzusprechen. Ihnen geht es darum, dass Vertrauen in die Demokratie zu zerstören, um sie am Ende abzuschaffen. Deswegen darf es keine Tolerierung oder Gemeinsamkeit mit diesen Leuten beim Protest geben und keine Übernahme ihres Gestus und ihrer Parolen. Im Kern nämlich handelt es sich um Leute, die vorgeben Vertreter*innen derjenigen zu sein, die besonders von Armut betroffen sind. Dabei verachten sie sie blicken auf sie herab. Außer für ein Foto würden sie sich nicht mit von Armut bettoffenen Menschen treffen und nicht mit diesem reden. Sie würden nicht einfach mal in einer „Arbeiterstampe“ mit ihnen ein Bier trinken. Ihnen geht es um Instrumentalisierung für eigene politische Interessen (sei es Aufmerksamkeit oder sei es Unterhöhlung der Demokratie), nicht um konkrete Verbesserungen.

Es ist natürlich absurd, wenn Politiker*innen und/oder gut bezahlte Manger*innen Menschen Spartipps geben, die in großen Teilen aus Mangel an Alternativen bereits an allen Ecken und Enden sparen müssen. Diese Arroganz der Macht muss klar zurückgewiesen werden. Als das was es ist: unsolidarisches und herablassendes Verhalten. In einer Demokratie geht das meiner Meinung nach am Besten, indem die konkrete Kritik verbunden wird  mit konkreten, durchsetzbaren Alternativen. Alternativen, die für von Verarmung bedrohte oder veramten Menschen konkrete Verbesserungen darstellen und gleichzeitig nicht vergessen, dass der globale Norden auf Kosten des globalen Süden lebt.

Es ist aus meiner Sicht nötig, einen solidarischen Herbst in breiten Bündnissen auf die Beine zu stellen, mit dem die Demokratie verteidigend konkrete Alternativen in den Mittelpunkt gestellt werden. Damit kann Druck auf Regierende ausgeübt werden, konkrete Hilfen und Struktuveränderungen in die Wege zu leiten. Ansatzpunkte dafür gibt es genug:

– Energie als Daseinsvorsorge definieren und der Marktlogik entziehen

– Umverteilung von Einkommen und Vermögen (Erbschafts-, Vermögens-, Einkommens- und Übergewinnsteuer)

– sanktionsfreie Mindestsicherung

– bezahlbare Mieten, jetzt konkret: Verbot von Kündigungen

– Aufhebung der Schuldenbremse

– schneller Ausbau regenerativer Energien und resilienter Städte und Dörfer

– Aufnahme Geflüchteter

Dafür würde es sich lohnen zu mobilisieren.

 

2 Replies to “Solidarischer Herbst für Demokratie und gegen Verarmung”

  1. Wenn doch nur mehr Menschen Deine Einstellung zum Leben hätten, danke für den Beitrag;)

    Viele Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert