Staatsleistung vs. Staatsvertrag

An der einen oder anderen Stelle habe ich bereits über den Grundgesetzartikel zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen geschrieben. Es handelt sich um einen uneingelösten Verfassungsauftrag.  Nun gab es gerade eine Debatte beim LINKEN Parteitag, mit teils skurrilem Verlauf. Deshalb vielleicht noch mal kurz eine Erläuterung.

DIE LINKE hat in der 17. Wahlperiode des Bundestages einen Gesetzentwurf zur Einlösung des Verfassungsauftrages eingebracht und und in der 18. Wahlperiode einen Antrag. Im Wahlprogramm 2013 hieß es:

„Wir wollen den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen endlich umsetzen.“

Diese Formulierung steht sinngemäß auch im Wahlprogrammentwurf für 2017. Dort heißt es:

„Wir treten für den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen ein.“
Nun hat der Parteitag DIE LINKE zunächst einen Antrag aus Hamburg -Nord angenommen:

„Die Staatsverträge mit den Kirchen werden gekündigt und die Sonderrechte der Kirchen… werden abgeschafft.“

Das ist zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht. Deshalb ist es ausdrücklich zu unterstützen, dass die Entscheidung korrigiert wurde.

Vermutlich wollten die Genossen*innen aus Hamburg genau das, was im Wahlprogramm 2013 stand und im Entwurf des Wahlprogramms 2017 steht. Aber genau das haben sie nicht beantragt. DIE LINKE hat in den vergangenen zwei Wahlperioden immer die Position vertreten, dass es zunächst nach dem Grundgesetz erforderlich ist, ein Grundsätzegesetz durch den Bund zu schaffen, nach dessen Vorgaben dann die Länder ihrerseits Gesetze zur Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften zu erlassen haben.

Der zentrale Begriff hier ist Staatsleistungen. Der Antrag aus Hamburg hätte bedeutet, dass alle geldwerten Zuwendungen an die Kirchen gekündigt werden würden. Das genau ist nicht das Anliegen der bisherigen Position der LINKEN und auch auch nicht der der parlamentarischen Initiativen.

Bei der Bezugnahme auf den Grundgesetzartikel zur Ablösung der Staatsleistungen geht es

„nur um solche Zahlungen, die zum Ausgleich für die weitreichende Enteignung von kirchlichem Eigentum im Rahmen der Säkularisation (vor allem 1803 auf Grundlage des Reichsdeputationshauptschlusses) erbracht werden.“

Mit der Bezugnahme auf den Verfassungsauftrag soll gerade klar gestellt werden, dass

Leistungen aufgrund eines öffentlichen Interesses, wie beispielsweise Subventionen der Religionsgesellschaften zur Unterstützung ihrer Tätigkeit in den Bereichen Sozialarbeit, Kindergärten, Schule, Jugendhilfe, Denkmalpflege u. Ä.,“

gerade nicht betroffen sein sollen. Das ist der kleine aber feine Unterschied zwischen der Bezugnahme auf Staatsleistungen oder Staatsverträge.

Im Gesetzentwurf aus der 17. Wahlperiode heißt es auch:

Auch andere Zuwendungen, die nach 1919 zur Förderung von Kultus- und Seelsorge im Rahmen der Gewährung von Religionsfreiheit (Artikel 4 Absatz 1 GG) erbracht wurden, wie beispielsweise die staatsvertraglich vereinbarten Landeszuschüsse an jüdische Gemeinden, fallen nicht unter diesen Staatsleistungsbegriff.
Um es noch mal deutlich zu sagen: Der Antrag aus Hamburg Nord bezog sich ausdrücklich nur auf die Kirchen. Es ging ausdrücklich nicht um andere Religionsgemeinschaften. Der Antrag aus Hamburg war aus meiner Sicht trotzdem abzulehnen. Denn er lässt den Grundgesetzauftrag außer Betracht. Diesen Grundgesetzauftrag umzusetzen sollte dennoch weiter Aufgabe einer LINKEN Partei im Bundestag sein.

2 Replies to “Staatsleistung vs. Staatsvertrag”

  1. Grundsatz für uns Linke sollte sein, dass wir den Religionsgemeinschaften den Platz zuweisen, der ihnen gebührt. Sich nämlich ausschließlich um die Verkündung zu kümmern. Das heißt, aus allem anderen, wie z. B. dem Betreiben von Kindergärten, Religionsunttericht an Schulen, Sozialarbeit etc.. All dies ist Aufgabe des Staats. Soweit zum Ziel. Zielführend ist es aber auch nicht, auf einem Parteitag mehr oder weniger spontan einen Antrag in dieser Richtung einzubringen. Denn das Thema ist komplex und mit vielen Emotionen behaftet und zudem juristisch nicht leicht umzusetzen.

  2. zum grundsätzlichen sag ich mal nichts. der vorwurf, mal kurz ein antrag, geht m.e. fehl. vor einem jahr lag ein umfassender laizismus antrag aus sachsen vor. der wurde leider an den pv überwiesen, der hat eine ag eingerichtet und seit dem ruht der see still. zu den staatsleistungen gab es in der vergangenen wahlperiode einen gesetzentwurf der linken und in dieser einen antrag.

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