Was passiert, wenn

… über das Paritätsgesetz getwittert wird? Zunächst eigentlich nichts, denn so richtig scheint das Thema keinen zu interessieren.

Beim Paritätsgesetz geht es darum, die Chancengleichheit von Frauen in der Politik zu erhöhen. Es werden verschiedene Modelle debattiert, ich selbst würde ein reines Verhältniswahlrecht mit Veränderungsmöglichkeit der Liste präferieren (Überraschung ;-). Alle, die schon ein wenig länger hier lesen, wissen, dass ich das seit längerem für die beste Lösung im Wahlrecht halte. Andere würden bei der Kombination von Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht bleiben; beim Verhältniswahlrecht gibt es auch die Option, auf eine Veränderungsmöglichkeit der Listen zu verzichten. Allen Ideen ist aber gemein, dass die Listen geschlechterquotiert aufgestellt werden müssen.

Die Idee eines Paritätsgesetzes ist also nicht, Männer vom Wahlrecht auszuschließen (Wahlrechtsausschlüsse gibt es bedauerlicherweise einige): Sie dürften nur bei der Aufstellung von Listen nicht mehr auf jedem Platz einer Liste kandidieren. Soweit zum Inhalt.

Das sonst eigentlich kaum interessierende Thema Paritätsgesetz erringt Aufmerksamkeit, wenn es mit einem Zitat von Angela Merkel verbunden wird. Ganz praktisch läuft das so. Es gibt einen Tweet.

Nach diesem Tweet gibt es jede Menge Twitteraccounts, die sich animiert fühlen darauf einzugehen.

Zunächst wäre dieser Herr, mit der Angst vor einer Alles-Quote:

Auch der diskriminierte Mann meldet sich zu Wort:

Weiter geht es mit diesem Herren, der den „faschistoiden Bevormundungsstaat“  unmittelbar vor der Durchsetzung sieht:

Sein Frauenbild tut er mit solchen Beiträgen kund:

Wer noch ein wenig Zeit hat, kann gern im Twitteraccount dieses Herren stöbern. Und wird wenig überrascht sein. Der Herr will die Deutschenfeindlichkeit messen, retweetet Aussagen nach denen es ein Schönwetter-Asyl gibt, spricht von links-grünen Medien und meint ARD und ZDF, bezeichnet als dringendstes Problem der Menschen in der Mitte die „Masseneinwanderung“ und fordert die Überwachung der Grünen durch den Verfassungsschutz.

Aber zurück zum Paritätsgesetz. Zunächst. Ein weiterer Account erklärt, Quoten seien nur dazu da, fähige Personen zu hindern voranzukommen.

Auch hier lohnt sich eine genauere Betrachtung des Accounts.  Dem Profilbild nach handelt es sich um einen Anhänger der CSU.  Da wird auch mal retweetet, dass Menschen immer öfter „Opfer des linken Faschismus“ werden; oder es wird bedauert, dass in Schulbüchern auch mal was über die nichttraditionelle Familie steht. Auch die Forderung nach Grenzsetzung der Zuwanderung aus muslimischen Ländern ist einen Retweet wert.

Es gibt aber auch Menschen, die decken auf, worum es beim Paritätsgesetz eigentlich geht: Die Privilegiengeilheit von einigen wenigen Frauen. Das kommt  nicht von ungefähr, denn nach Ansicht des/der Betreiber*in dieses Accounts interessiert sich „das Weib als solches (…) nur selten für Politik„.

Und wenn es das nicht ist, dann dient die Debatte um ein Paritätsgesetz  der Ablenkung von der Ablehnung des Migrationspakts.

Das Beste kommt aber zum Schluss. Das „Beste“ ist dieser Account. Da kommt alles zusammen: die Zuordnung der Opferrolle als weiblich, strukturelle Diskriminierung als erfundenes Dogma mit menschenfeindlichem Kern, Klischees über Männer und Frauen, Biologismus und Frauen, die sich nicht um Kompetenzen bemühen.

Auch dieser Account  lohnt eine nähere Betrachtung. Mit Vorliebe werden Beiträge retweetet, die vorsichtig ausgedrückt Flüchtlingskritisch sind. Dabei aber auch eine Forderung nach mehr Abschiebungen nach Afghanistan. Und auch hier findet sich wieder eine ablehnende Haltung zum Migrationspakt, dabei wird auch auf andere verwiesen. Die Grünen werden des antideutschen Rassimus bezichtigt.

Natürlich ist das, was ich hier aufgeschrieben habe, keine wissenschaftlich fundierte Analyse. Aber ein Schlaglicht. Ein  Schlaglicht darauf, dass es offensichtlich Menschen gibt, die an der grundsätzlich privilegierten Stellung des „weißen Mann“ festhalten wollen. Sie sehen durch Frauen, die ihre Rechte einfordern, und Migraten*innen ihren Lebensstandard und -stil bedroht. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Ablehnung von Chancengleichheit für Frauen und damit einem Paritätsgesetz und einer Haltung, die in anderen Kulturen und anderer Herkunft eine Bedrohung sieht.

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