Warnschussarrest ist Innen- und Rechtspolitischer Populismus

Als der Koalitionsausschuss den sog. Warnschussarrest für Jugendliche beschlossen hatte, habe ich bereits hier von einem Sieg der Stammtische gesprochen.  Davon ist nichts zurückzunehmen, nachdem gestern die Bundesregierung nun aus dem Vorschlag des Koalitionsausschusses einen Gesetzesvorschlag gemacht hat.

Nach Presseinformationen soll der sog. Warnschussarrest neben einer Bewährungsstrafe verhängt werden dürfen. Innen- und Rechtspolitischer Populismus hat sich durchgesetzt. Leider. Denn all die Heilsversprechen, die mit dem sog. Warnschussarrest verbunden werden, werden ins Leere gehen. Es gibt genügend wissenschaftliche Studien die belegen, dass der Warnschussarrest mitnichten eine Abschreckungswirkung entfaltet und schon gar nicht erneute Straftaten verhindert. Das Gegenteil ist der Fall.

Manchmal fragt man sich, ob die verantwortlichen Politiker/innen nicht lesen wollen oder bewusst eine Politik machen, die keine Probleme löst sondern nur neue Probleme schafft. Das Bundesjustizministerium selbst hat im Jahr 2010 die Studie „Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen“ herausgegeben.  Hätte das Bundesjustizministerium auch nur einen Blick in diese Studie geworfen, hätte es laut „Nein“ zu dem nun beschlossenen Unsinn schreien müssen. Haben sie aber nicht. Das ist um so absurder, weil die zweithächste Rückfallrate bei den nach dem Jugendgerichtsgesetz möglichen Reaktionsmöglichkeiten weist der Arrest auf.

Die Mittel die für den Warnschussarrest ausgegeben werden, wären viel sinnvoller in Jugendprojekten, Jugendhäusern und in der Prävention. Aber dafür hat man dann immer kein Geld. Was für eine absurde Gesellschaft.

4 Replies to “Warnschussarrest ist Innen- und Rechtspolitischer Populismus”

  1. Hey hey!

    Ich hab mir hier jetzt mal einige Beiträge zum Thema Warnschussarrest durchgelesen (und auch einige Links zur Kenntnis genommen) … laut Studien scheint dieser Arrest keine positiven Auswirkungen zu haben und würde letztlich tatsächlich sein Ziel verfehlen.
    Die Frage, die sich mir aber stellt, ist, was man gegen (Jugend-) Kriminalität tun kann? Wenn unsere Strafen bei potentiellen Tätern weder abschreckend wirken, noch Wiederholungstaten mindern – was hilft dann?

    In einem (von einem Kommentarschreiber) verlinkten Artikel ( http://www.mainpost.de/regional/franken/Kriminalitaetsstatistik-Jugend-besser-als-ihr-Ruf;art1727,6654746 ), wurde folgendes geschrieben: „2011 waren in Bayern 24,3 Prozent aller Tatverdächtigen unter 21 Jahre alt, 2002 waren es noch 26,2 Prozent.“
    Da frage ich mich, ob man tatsächlich stolz darauf sein kann, wenn nach fast 10 Jahren gerade mal 2% Minderung erreicht hat? Kann ja sein, dass das schon als Erfolg gewertet werden kann, das weiß ich jetzt echt nicht.
    Ferner werden in diesem Artikel irgendwie Relativierungsversuche vorgenommen. Straftaten würden häufiger angezeigt als früher, schwere Körperverletzung gilt auch dann, wenn eine Gruppe auf einen Menschen einschlägt (und Jugendliche seien häufig in Gruppen unterwegs) … für mich sind das aber keine legitimen Argumente, die Kriminalität in irgendeiner Form rechtfertigen können, „weniger schlimm“ machen oder die Gründe dafür erklären. Ob ich nun im Alter von 30 Jahren oder im Alter von 16 Jahren jemanden zusammenschlage, das macht man halt nicht einfach „aus Jux“ … auch als Heranwachsender nicht … und das kann man dann auch nicht mal eben pauschal alles auf Bildung und Erziehung abwälzen. Und auch wenn ich in einer Gruppe unterwegs bin, heißt das ja noch lange nicht, dass ich gewalttätig oder kriminell bin/werde.
    Der Aspekt der Psyche, der da in dem Artikel angesprochen wird, treibt mich noch in den Wahnsinn! Jeder kriminelle Mensch (egal ob Heranwachsender oder Erwachsener) kann mittlerweile mittels psychologischem Gutachten seine Strafe mildern und ‚danach‘ wie gewohnt weiter machen. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder nur noch ’ne Therapie macht und sich dadurch das Verhalten aber kaum ändert?

    Abgesehen davon, dass ich nicht nachvollziehen kann, wieso/weshalb/warum man kriminell ist/wird (auch nach dem Artikel nicht), wäre es für mich eine logische Erklärung, dass die Maßnahmen noch drastischer werden müssen, um präventiv zu wirken. Bildung und Erziehung sind ja schön und gut, aber Kriminalität daran festzumachen, ist dann doch ein bisschen zu einfach, oder? Gibt doch schließlich auch gebildete Kriminelle, die keine schlechte Kindheit hatten … sowohl Erwachsene als auch Heranwachsende …

    So. Und eins will ich jetzt noch klarstellen: Ich will keinen Streit, sondern eine Diskussion 😉

    Gruß
    Juke

  2. hallo juke,

    die frage, was man gegen kriminalität tut kann beschäftigt die wissenschaft seit vielen, vielen jahren. es gibt da verschiedene ansätze, zum beispiel könnte man an ein paar stellen erst mal über entkriminalisierung nachdenken, beispielsweise im bereich der betäubungsmitteldelikte, beim schwarzfahren etc. . in der wissenschaft werden dann auch verschiedene ansätze des umgangs mit abweichendem verhalten debattiert. das reicht von mehr betreuung durch bewährungshelfer_innen und sozialarbeiter_innen über maßnahmen der wiedergutmachung oder den täter-opfer-ausgleich.

    der artikel will zunächst mal mit dem mythos aufräumen, es wird immer alles schlimmer mit der (jugend)kriminalität. das stimmt nämlich nicht, wir nehmen es nur intensiver wahr. aber natürlich ist jede straftat eine zuviel und jedes opfer ein opfer zuviel.

    das mit der psyche sehe ich anders. unser strafsystem sagt eigentlich: du hättest auch anders handeln können und weil du das nicht gemacht hast, bestrafen wir dich. wenn jemand nicht anders handeln konnte, gibt es also keinen grund zur bestrafung (jetzt sehr verkürzt) und es ist tatsächlich so, dass noch genüngend menschen verurteilt werden und im knast sitzen.

    drastischere maßnahmen nützen gar nichts. untersuchungen haben ergeben, dass wenn überhaupt etwas abschreckt, es die wahrscheinlichkeit der entdeckung ist. im übrigen werfe der den ersten stein, der noch nie gegen gesetze verstoßen hat 🙂

  3. „wenn jemand nicht anders handeln konnte, gibt es also keinen grund zur bestrafung (jetzt sehr verkürzt) und es ist tatsächlich so, dass noch genügend menschen verurteilt werden und im knast sitzen.“

    das hätte ich jetzt gern mal in der ungekürzten version, weil imho man ja immer anders handeln kann (manchmal kommt die einsicht eben erst zu spät, das geht sicher jedem mal so und ist unabhängig von straftat oder einer ’normalen‘ entscheidung) und die psyche wirkt immer so als „beste ausrede“, die ein straftäter bzgl seines vergehens abgibt, um sich aus der affäre zu ziehen. sicher gibt es auch zwanghaftes verhalten, das aber nicht als legitimationsgrund gelten sollte, weil’s sonst nur noch als grund für straftaten/vergehen missbraucht wird.
    hm. aufgrund der medialen berichterstattung in unserem land kommt es mir so vor als häuften sich eben jene fälle – vielleicht ist das aber auch nur medien-propaganda, das lässt sich von mir somit nicht objektiv beurteilen …

    übrigens zeigt das doch, dass für mich persönlich die bisherigen strafen schon abschreckung genug sind 😉

  4. Ick bin’s mal wieder 😉 … weil, wenn ich mir so angucke, was momentan mal wieder los ist … da muss ick einfach mal wieder meine Gedanken zu loswerden.
    Die Schlagzeilen der vergangenen Wochen, sahen ja wie folgt aus: Mann zerstückelt seine Frau vor den Augen der Kinder, Mann ersticht Mitbewohnerin und springt aus dem Fenster, Mann schlägt Frau mit Flasche nieder, Sex-Täter fällt über Grundschülerin her … ich kann einfach kein Verständnis (wirklich 0 oder sogar noch minus irgendwas!) für diese Taten aufbringen und solche Menschen gehören für mich hinter Schloss und Riegel. Egal, ob sie 15, 20 oder 45 sind.
    Was mir aufstößt ist – auch in Bezug auf die genannten Fälle – dieses er „ist psychisch krank“ … für Strafminderung oder gar Schuldunfähigkeit … An sich sind bei uns ja alle Menschen aufgrund irgendeiner Sache (Stress, schelchte Kindheit, Arbeitslosigkeit, [Verlust-] Ängste, Mobbing, …) psychisch nicht 100%ig aufm Damm, also hat ja gleich jeder von uns ein Alibi, wenn er/sie mal Scheiße baut. Unsere neue Volkskrankheit ist ja auch das „burn out“ … Aber mit all dem kann man meiner Meinung nach keine Straftat rechtfertigen oder den Täter irgendwie entlasten. Egal wie leicht oder schwerwiegend die Tat war. Erst jemanden umbringen und dann eine Therapie machen wollen, ist imho vorgegaukelte Reue … erst Recht, wenn ich mir Rückfallquoten ergoogle … mag sein, dass es falsch ist hier zu pauschalisieren, aber für jeden Menschen (da ja jeder von uns aufgrund der bereits genannten Faktenlage ein potentieller Straftäter ist) ein eigenes Präventions-Muster inkl. psychologischer Gutachten zu erstellen ist ja wohl utopisch oder nur mit hervorragendem Überwachungsstaat und gläsernen Bürgern möglich …

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