Vielleicht ist das die kürzeste Zusammenfassung die ich zu den Ereignissen in NRW habe. Die Information über das Scheitern der Sondierungsgespräche erreichte mich gestern kurz vor meiner Rede im Bundestag zu Internetsperren durch die Hintertür Europa. Erfahren habe ich im übrigen das Scheitern durch Twitter.
Bislang kenne ich nichts außer öffentlichen Äußerungen, d.h. ich kann mich nur auf solche beziehen. Und da bin ich dann enttäuscht über das ritualisierte Wiederholen von Schuldzuweisungen. Das jedenfalls steht überhaupt nicht für einen anderen Politikstil.
Mich jedenfalls würde mal interessieren, woran es nun wirklich gelegen hat. Die einen sagen dies, die anderen das. Es wirkt irgendwie alles wie eingeübt, aufklärerisch ist das nicht.
Volker Beck schreibt auf seinem Twitter-Account, dass DIE LINKE nicht mal die Erklärung zum DDR-Unrecht aus Thüringen unterschreiben wollte, es habe keine Verständigung über Verfahrensabläufe beim Regierungshandeln noch bei der Haushaltssituation gegeben. Hannelore Kraft spricht davon, dass die LINKE nicht regierungsfähig sei, sie Zweifel am Demokratieverständnis und der Verfassungsfestigkeit habe. Vertrauen konnte nicht aufgebaut werden. Dies und nur dies scheint mir tatsächlich die plausibelste Erklärung zu sein. Auf der Website von Anna Conrads kann eine Erklärung der LINKEN NRW nachgelesen werden, nach der Grüne und SPD eigentlich überhaupt kein Interesse an Gesprächen hatten und nicht über Inhalte reden wollten. Das deckt sich mit der Aussage meines Parteivorsitzenden Klaus Ernst, der von Scheinverhandlungen sprach.
All dies ist ärgerlich. Ich verstehe irgendwie das Bedürfnis der Grünen nach einer Erklärung zur DDR-Vergangenheit, verstehe aber nicht, warum sie nicht die diversen Erklärungen akzeptieren, die von der ehemaligen PDS und nun auch von der LINKEN bereits abgegeben wurden. Sollte Volker Beck mit der Aussage zu Thüringen Recht haben, finde ich das allerdings auch nicht wirklich nachvollziehbar.
Aber möglicherweise liegt ja ein anderer Konstruktionsfehler vor. Es wurde – so stellt es sich mir aus den Presseinformationen dar und andere habe ich nicht- gerade nicht darüber geredet, wofür eigentlich ein Bündnis aus SPD, Grünen und LINKEN stehen würde, welche konkreten Veränderungen gemeinsam angegangen werden könntenund wo die Differenzen liegen. Es wurde gerade nicht über konkrete Projekte gesprochen anhand deren der Politikwechsel erkennbar ist. Statt dessen -so scheint es mir- wurden Formalia über Inhalte gestellt (das ich das noch mal schreibe, ist fast ein Wunder ;-).
Deshalb und wegen der phrasendreschenden „die anderen sind schuld„-Aufführung seit ein paar Stunden ist es Schade, dass es mit Rot-Rot-Grün nicht geklappt hat. Aber es ist keine Aussage über die Zukunft. Der Parteitag der LINKEN hat einen Antrag beschlossen, in dem es u.a. heißt:
„Die Erfahrungen der ersten Monate schwarz-gelber Bundesregierung zeigen, dass sich fehlgeleitete Politik, falsche Antworten auf die Wirtschafts- und Eurokrise mit purer Klientelpolitik, Unprofessionalität und starken Dissonanzen selbst im bürgerlich-neoliberalen Lager paaren. Die Regierung versagt vor den aktuellen Herausforderungen, die in einer konsequenten Reregulation der Märkte, einer Stabilisierung der Staatseinnahmen durch eine sozial gerechte Steuerpolitik und einem wirtschaftspolitisch wie ökologisch nachhaltigen Umsteuern bestehen. Der Niedergang des Neoliberalismus bedeutet jedoch an sich noch keine alternative Politik. Und alternative Ideen für Umverteilung und einen sozialökologischen Umbau bedeuten für sich noch keine Veränderung.
Es geht um einen gesellschaftlichen Diskurs zwischen den Parteien, Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Künstlerinnen und Künstlern und anderen progressiven Kräften des linken und links-liberalen Spektrums. Zum Erringen von gesellschaftlichen Mehrheiten ist diese Debatte notwendig. Für konkrete Veränderungen bedarf es perspektivisch gesellschaftlicher Mehrheiten, aber auch anderer Koalitionsmehrheiten, die zumindest als Optionen auf dieser gesellschaftlichen Basis entstehen können. Andere europäische Länder, beispielhaft seien Dänemark, Schweden und Norwegen, aber auch Italien, Spanien und Frankreich genannt, zeigen, dass wir diese Diskussion nicht allein führen. Mit den vielfältigen Diskursen, sei es regional oder überregional, eines neuen Cross-Over-Prozesses, mit dem Institut Solidarische Moderne oder der Initiative „Das Leben ist bunter als Schwarz-Gelb!“, haben sich auch für die Bundesrepublik Deutschland erste hoffnungsvolle Ansätze ergeben. Der Parteivorstand steht in der Verantwortung, neben der eigenen inhaltlichen Profilierung und der programmatischen Identitätsfindung auch die strategische Debatte mit hoher politischer Sensibilität und Professionalität zu führen.“
An anderen gesellschaftlichen Mehrheiten zu arbeiten, das empfinde ich als wichtige Aufgabe. Das Scheitern in NRW ist keine Aussage über die Zukunft. Alle können aus NRW lernen und es beim nächsten Mal besser machen :-).
Pingback: Andreas Helsper » Blog Archive » Drogen und Koalitionen in NRW
Wahrhaftig ein wahrer Kommentar. Ich sollte blog.wawzyniak.de mal mehr lesen 😉