Das hältste doch im Kopf nicht aus

Es war in der Sommerpause. Da geisterte durch die Medien etwas über ein Aufgabenprofil der Bundesregierung für den Bundesnachrichtendienst. Der Bundesnachrichtendienst selbst, erklärt auf seiner Website was ein solches Aufgabenprofil eigentlich soll. Dort heißt es: „Das Auftragsprofil der Bundesregierung (APB) bestimmt die regionalen und thematischen Arbeitsschwerpunkte des Bundesnachrichtendienstes. Es gibt die Detailtiefe der zu beschaffenden Erkenntnisse und damit auch den Ressourcenansatz vor.“ Kurz zusammengefasst: Der BND macht -also theoretisch- nur das was die Bundesregierung von ihm will.

Doch nun zur Sommerpause zurück. Der Spiegel veröffentlichte Meldungen, nach denen im Auftragsprofil der NATO-Partner Türkei als offiziellen Aufklärungsziel geführt werde. Der Focus wiederum veröffentlichte wenig später unter Bezugnahme auf den Spiegel, auch Albanien sei im Auftragsprofil als zu überwachendes „Kernland“ aufgeführt. Die Reaktion der Großen Koalition war unterschiedlich. Sie reichte von Verständnis bis Überraschung. Im Zentrum der Kritik stand der BND.

Das machte mich ebenso stutzig, wie der immer wieder auftauchende Hinweis, das Auftragsprofil stamme aus dem Jahr 2009. Ich zumindest konnte mich noch erinnern, dass wir im Jahr 2009 Bundestagswahlen hatten und ein Regierungswechsel stattfand. Mich interessierte, wann genau das Auftragsprofil erstellt wurde und -weil ich schon mal beim Fragen stellen war- in welcher zeitlichen Nähe zur abschließenden Erstellung dem Parlamentarische Kontrollgremium  das Auftragsprofil zur Kenntnis gegeben wurde.

Beim Lesen der Antwort entfuhr mir ein „Das hältste doch im Kopf nicht aus„. Auch das Neue Deutschland berichtet über die Antwort. Das Auftragsprofil stammt vom 12. Februar 2009 und das Parlamentarische Kontrollgremium hat seit dem 18. August 2014 die Möglichkeit der Einsichtnahme. Das ist eine ganz neue Dimension von „zeitlicher Nähe zur abschließenden Entscheidung„.  Knapp 5,5 Jahre nach abschließender Erstellung des Auftragsprofils darf also das Parlamentarische Kontrollgremium Einsicht nehmen.  Sieht so die Kontrolle der Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Geheimdienste des Bundes aus, wie sie als Aufgabe des Parlamentarischen Kontrollgremiums in § 1 Abs. 1 PKGrG festgeschrieben ist? Sieht so die umfassende Unterrichtung der Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium über die allgemeine Tätigkeit der Geheimdienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung aus, wie es in § 4 Abs. 1 S.1 PKGrG festgeschrieben ist? Da fehlen einem fast die Worte. Die Bundesregierung sagt dem BND wo er überall die Lauscher aufstellen soll, das Parlamentarische Kontrollgremium erfährt es aber nicht. Wie soll es denn dann aber kontrollieren? Vielleicht ist das Auftragsprofil kein „Vorgang von besonderer Bedeutung„, aber es ist in jedem Fall im Hinblick auf den BND das zentrale Element der allgemeinen Tätigkeit.

Ich hielt Geheimdienste ja noch nie für kontrollierbar, ich halte sie für einer Demokratie wesensfremd und finde tatsächlich, dass sie aufgelöst werden müssen. Aber selbst wer diese Position nicht teilt, dem/der müsste doch jetzt die Hutschnur platzen. Was soll denn bitte der Sinn eines Gremiums sein, das nicht einmal informiert wird über die zentrale Handlungsgrundlage des Auslandsnachrichtendienstes? Ich kann da nur sagen: Solange die Geheimdienste nicht aufgelöst sind und das Parlamentarische Kontrollgremium weiter existiert ist das Mindeste, was zukünftig geschehen muss, die Information des Parlamentarischen Kontrollgremiums in einem „engen zeitlichen Zusammenhang“ zur abschließenden Erstellung eines Aufgabenprofils.

Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, liegt die Ruhe im Hinblick sowohl auf den Fakt der Überwachung der Türkei und Albaniens, als auch über den Fakt der Nichtinformation des Parlamentarischen Kontrollgremiums über die Auftragslage am Datum der abschließenden Erstellung der Auftragslage. 12. Februar 2009, da regierte eine Große Koalition. Heute auch.

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