Die Digitalisierung der Gesellschaft erfasst alle Bereiche. So auch die Landwirtschaft.
Ich gebe zu, bis zur Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda am 14. Januar 2015 hatte ich das Thema nicht auf dem Schirm. Aber auf dieser Sitzung ging es im Tagesordnungspunkt 3 um genau dieses Thema. Weil ich mich zuvor mit dem Thema nicht beschäftigt hatte, las ich vor der Sitzung fast alles was mir im Netzt dazu unter die Nase gehalten wurde. Ich fand das Thema spannend. Gut vorbereitet ging ich also in diese Sitzung. Doch der Bericht kam kaum über Allgemeinplätze hinaus. Das fand ich jetzt angesichts meiner umfangreichen Vorarbeiten für diese Ausschusssitzung wenig befriedigend. Also schrieb ich mir schnell ein paar Fragen auf und war froh sie lesen zu können, als ich die Fragen dann stellen durfte.
In der Sitzung selbst konnten die Fragen nicht beantwortet werden, aber ich blieb dran. Nun liegen die Antworten auf die Fragen vor und ich will sie hier veröffentlichen und natürlich kommentieren.
Die erste Frage bezog sich auf den Anteil von Maschinen mit MtoM oder M2M, von mir liebevolle Muh to Muh genannt. Es geht natürlich nicht um miteinander kommunizierende Kühe, sondern um die Kommunikation von Maschine zu Maschine. Die Antwort der Bundesregierung erklärt nun zwar M2M und verweist auf die ISOBUS-Schnittstelle, aber es gibt offensichtlich keine Informationen in welchem Umfang in der Landwirtschaft tatsächlich schon mit M2M gearbeitet wird. Genau das fände ich aber spannend. Erst wenn ich nämlich weiß, in welchem Umfang solche Maschinen eingesetzt werden, kann ich daraus ja politische Schlussfolgerungen ableiten. Zum Beispiel zu hinterfragen ob die Landwirtinnen und Landwirte solche Maschinen haben wollen oder nicht und warum sie sich dafür oder dagegen entscheiden. Denkbar wäre ja, dass die Maschinen zu teuer sind und deshalb Förderbedingungen verbessert werden müssen. Möglicherweise ergibt sich daraus aber auch noch weiterer Handlungsbedarf, zum Beispiel für den Breitbandausbau oder die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität.
Die zweite Frage bezog sich auf Precision Farming. Dabei geht es um ortsdifferenzierte und zielgerichtete Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen. Die Antwort der Bundesregierung überrascht. Es liegen keine Erkenntnisse vor, wieviel Betriebe Precision Farming praktizieren. Nicht richtig schlau werde ich aus der Aussage, dass davon ausgegangen werden kann, dass „insbesondere bei größeren Maschinen solche Einrichtungen mehr und mehr zur Standardausstattung gehören„. Ich habe an der Stelle nicht nach Maschinen gefragt, sondern nach Betrieben die Precision Farming betreiben. Auch hier wären Zahlen nett gewesen, denn auch hier kann politisch nur eingegriffen werden, wenn bekannt ist warum und weshalb Betriebe Precision Farming anwenden. Es kann ja sein, dass die Landwirtinnen und Landwirte das überhaupt nicht hilfreich finden. Vielleicht scheitert die Nutzung aber auch aus anderen Gründen.
Nach Auskunft der Bundesregierung gehen durch die Digitalisierung der Landwirtschaft keine Erwerbsarbeitsplätze verloren, es werden eher neue geschaffen. Allerdings liegen diesbezüglich keine Informationen vor, es handelt sich also nur um eine Annahme.
Aber eine Zahl gibt es dann doch. Es gibt nämlich in der Bundesrepublik Deutschland rund 3.500 Melkroboter. Das Problem bei den Melkrobotern scheinen die hohen Investitionskosten zu sein und das sie nicht für alle Kühe geeignet sind. Auch hier muss aus meiner Sicht noch einmal nachgefasst werden. Wie sehen eigentlich Landwirtinnen und Landwirte, insbesondere im Hinblick auf artgerechte Haltung, die Melkroboter? Und was tut die Bundesregierung um Landwirtinnen und Landwirte bei der Anschaffung von Melkrobotern zu unterstützen?
Meine Lieblingsfrage war allerdings die nach Kühen mit Bewegungsmeldern. Der Bundesregierung liegen aber keine Informationen vor, in welchem Umfang Kühe mit Bewegungsmeldern ausgestattet sind. Eine Überwachung von Kühen scheint also nicht stattzufinden, andernfalls hätte die Bundesregierung ja Zahlen ;-). Die Bewegungsmelder bei Kühen sollen den Landwirtinnen und Landwirten erleichtern, die Kühe zu finden. Auch hier stellt sich die Frage, ob dies neben einem vermuteten Vorteil für die Landwirtinnen und Landwirte auch im Sinne artgerechter Haltung ist und weshalb und wieso einige ihre Kühe mit Bewegungsmeldern ausstatten und andere nicht.
Auch das Thema Datenschutz durfte natürlich nicht fehlen. Deshalb wollte ich wissen, wo die Speicherung landwirtschaftlicher Daten stattfindet. Es wäre ja nicht sonderlich hilfreich, wenn die Daten verschiedener Landwirte auf einem Server liegen würden und jede/r das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der anderen Landwirte nachvollziehen kann. Aber Entwarnung. Die Daten werden auf dem „betriebseigenen Hofcomputer“ gespeichert.
Die letzte Frage bezog sich auf den Lexion. Dabei handelt es sich um Mähdrescher, die es in der Variante 670-620 und in der Variante 780-740 gibt. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen gibt es aber keine Auskünfte darüber, wieviel Lexion in Deutschland im Einsatz sind und wieviel verkauft wurden. Der Lexion soll so schlau sein, dass er dem/der Mähdrescherfahrerin von selbst Vorschläge unterbreitet, wie die verschiedensten Geräte einzustellen sind. Auch hier stellt sich die Frage, ob er in der Landwirtschaft wirklich hilft. Und es wäre schon interessant zu wissen, in welchem Umfang Landwirtinnen und Landwirte ihn nutzen und was die Gründe für die Nichtnutzung sind.
Wie ich aus meinen handschriftlichen Fragen erkennen kann ist aber die Frage nach Unterstützung der Bundesregierung von Open Data in Bezug auf die Landwirtschaft noch nicht beantwortet. Auch deshalb will ich mich nun mit meiner Kollegin Kirsten Tackmann zusammensetzen und an einer Kleinen Anfrage zum Thema arbeiten. Aber das ist dann eine andere Geschichte. Wenn ein/e Leser/in dieses Blogs hier noch Vorschläge und Anregungen hat, wir nehmen sie gern.
Klasse Beitrag, ich bin auf dem Lande großgeworden und gegenüber meines Elternhauses gab es einen Betrieb der Milchproduktion als Hardline im Auge hatte. Melkmaschinen und Öko- Standards waren dem Bauern schon damals sehr wichtig und Massentierhaltung ein Grauen. Insgesamt beurteile ich die Digitalisierung der Landwirtschaft zweischneidig. Einerseits ist die optimale Nutzung der Landwirtschaftlichen Flächen in einem relativ kleinen Land enorm wichtig um sich nicht noch mehr vom Ausland abhängig zu machen, den Binnenwirtschaft ist Trumpf.
Auch bei genauer Bemessung von Ressourcen oder Düngemittel ist es wohl ein Vorteil.
Andererseits sehe ich auch Tiere und die Umwelt die durch das wieder dem Gewissen handelnde Verhalten des ein oder anderen Landwirtes in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
Deine Fragen sind gut gewählt (wie meist) die Beantwortung hat die der Regierung….
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