Die Idee eines Klima-Solis ist noch unausgereift. Erstmals habe ich sie gemeinsam mit Elke Breitenbach im Juni 2023 formuliert. Damals als Frage:
„Ist eine >Ausgleichsabgabe< für ein die Klimakatastrophe beförderndes Wirtschaften eine angemessene Lösung und wie kann diese ggf. ausgestaltet werden?“
Der Gedanke dahinter: Selbst wenn es keine Reichen (Milliardäre) mehr gäbe, wäre der Klimawandel noch nicht gestoppt und seine Folgen würden Menschen ohne oder mit geringem Einkommen im globalen Norden, vor allem aber die Menschen im globalen Süden besonders treffen. Wer also in einer die Klimakatastrophe befördernden Art produziert, sollte für die Folgen aufkommen.
Heute würde ich die Idee noch weiter fassen. Wer einen besonders großen ökologischen Fußabdruck hinterlässt, sollte ebenfalls zahlen. Mit dem eingenommenen Geld sollte so in die Infrastruktur investiert werden, dass die Infrastruktur klimagerecht umgebaut wird und die Klimawandelfolgen sozial abgefedert bewältigt werden können. Ziel muss sein, dass insbesondere Menschen mit geringem und keinem Einkommen Zugang zu lebenswichtigen Gütern wie Wasser, Wärme, Energie, Lebensmitteln beibehalten. Je nach Fortgang des Klimawandels könnten diese Personengruppen nämlich die ersten sein, die finanziell draufzahlen, wenn zum Beispiel Wasser knapp wird und nicht mehr einfach aus der Leitung genommen werden kann. Ein Klima-Soli würde die Abfederung der Klimanwandelfolgen und den Umbau zu klimagerechter Infrastruktur im nationalen Rahmen betreffen.
Dass die Idee eines Klima-Soli nicht völlig verrücktes Zeug ist, stellte ich bei der Recherche zu diesem Beitrag fest. Im Juni 2024 forderte Fratzscher eine „öffentliche Klimarücklage (…) zur Finanzierung der Kosten sowohl von Naturkatastrophen als auch des Umbaus der öffentlichen Infrastruktur (…).“ Finanziert werden sollte eine solche Klimarücklage durch einen Solidaritätszuschlag von drei Prozent auf die Einkommensteuer, wie er in den 1990er-Jahren für die Finanzierung des Wiederaufbaus Ostdeutschland eingeführt wurde.“ In einer Studie der Bertelsmann-Stiftung kommen die Wissenschaftler*innen zu dem Ergebnis: „Gefördert werden kann die klimasoziale Transformation durch (…) einen Klimasoli, der eine Finanzierungsbasis für öffentliche Klimainvestitionen schafft (…).“ Die Einnahmen sollten ausschließlich für die Finanzierung des Aufbaus einer klimaneutralen Versorgungsstruktur (und des Rückbaus der obsoleten fossilen Infrastruktur) verwendet werden Der Wirtschaftsweise Truger brachte ebenfalls einen Klima-Soli ins Gespräch.
Ich finde die Idee immer noch spannend, auch wenn ich weiß, dass es globaler Anstrengungen bedarf, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden und angemessen auf die Klimawandelfolgen zu reagieren.
Das Urteil des BVerfG zum Solidaritätszuschlag vom 26. März 2025 war für mich Anlass, zu schauen, ob daraus etwas für einen Klima-Soli gezogen werden kann. Eine konkrete rechtliche Auseinandersetzung über die Zulässigkeit eines konkret untersetzten Klima-Soli-Konzepts konnte ich nicht finden.
I. Finanzverfassung
Ein Klima-Soli muss sich im Rahmen der Finanzverfassung bewegen. Das Finanzwesen wird in den Artikeln 104 ff. des Grundgesetzes (GG) geregelt. Die Kompetenzregelung findet sich in Art. 105 GG. Die grundgesetzliche Finanzverfassung der Art. 104a ff. ergibt eine in sich geschlossene Rahmen- und Verfahrensordnung, die auf Formenklarheit und Formenbindung angelegt ist (Rn. 1). Das GG soll aber „keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen“ (Rn. 6) enthalten.
Steuern sind nach einer Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1958 „einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem Öffentlich- rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.“ So findet sich das heute auch im § 3 Abgabenordnung (AO). Neben den Steuern gibt es nichtsteuerlichen Abgaben, zu denen Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben und sonstigen Abgaben zählen (Rn. 6).
Der Klima-Soli könnte also als (zusätzliche) Steuer in Form einer Ergänzungsabgabe oder als (Sonder)Abgabe ausgestaltet werden. In dem Papier von E. Breitenbach und mir ist von einer Ausgleichsabgabe die Rede, das BVerfG-Urteil zum Solidaritätszuschlag bezeichnet diesen als Ergänzungsabgabe. Das sind verschiedene Dinge und der Unterschied ist für die Ausgestaltung eines Klima-Solis entscheidend.
Wenn es um einen Klima-Soli geht, sind zunächst Grundsatzentscheidungen zur Ausrichtung erforderlich.Soll der Klima-Soli als Sonderabgabe (Ausgleichsabgabe) in einen Sonderfonds gehen, um zweckgerichtet eingesetzt zu werden und wenn ja, soll ihm eine Lenkungs- oder ein Finanzierungsfunktion zukommen. Oder soll -analog zum Solidaritätszuschlag- der Klima-Soli als Ergänzungsabgabe zur Einkommens- und Vermögenssteuer erhoben werden und dem „normalen“ Haushalt zufließen
II. Klima-Soli als Sonderabgabe oder Klima-Lasten-Ausgleichsgesetz
Es kann zwischen Sonderabgaben mit Lenkungsfunktion und Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion unterschieden werden. Eine Sonderabgabe mit Lenkungsfunktion dürfte eine Ausgleichsabgabe darstellen.
Für einen Klima-Soli als Sonderabgabe könnte zunächst auf das Lastenausgleichsgesetz (LAG) von 1952 als Vorbild verwiesen werden. Darin ging es um den Ausgleich für die durch den Krieg besonders betroffenen Bevölkerungsteile. Vorgesehen war dafür unter anderem eine einmalige Vermögensabgabe für natürliche Personen und bestimmte Körperschaften, die einem Sondervermögen des Bundes (Ausgleichsfonds) zugeführt wurden. Es gab Freibeträge und die Abgabe konnte bis 31. März 1979 gezahlt, also „gestreckt“ werden. Im Jahr 2005 wurde der Lastenausgleichsfonds an den Bundeshaushalt überführt – eine Umwidmung in ein Klima-Lasten-Ausgleichsgesetz ist also nicht möglich. Zumindest inzident hat das BVerfG die Verfassungsgemäßheit dieses Gesetzes bestätigt. Eine Vergleichbarkeit oder besser Übertragbarkeit des LAG auf ein Klima-Lasten-Ausgleichsgesetz dürfte aber verfassungsrechtlich nicht möglich sein, weil es -zumindest nach der oben beschriebenen Anlage des Klima-Soli- einen entscheidenden Unterschied gibt: Aus dem LAG konnten auf Antrag Personen Ausgleichsleistungen für Schäden erhalten. Die Gelder aus dem Klima-Soli hingegen sollen nicht an einzelne Personen für Schäden gehen, sondern -je nach Entscheidung- ein Anreiz sein weniger klimaschädlich zu handeln und/oder ein Instrument sein, um Mittel bereitzustellen, damit die Infrastruktur klimagerecht umgestaltet und Klimawandelfolgen sozial gerecht abgefedert werden können.
Dieser Unterschied in der Verwendung der Mittel ist zentral, nach der Rechtsprechung des BVerfG zu Sonderabgaben kommt es nämlich auf die Art der Verwendung an, um sie verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.
Bei dem Klima-Soli als Sonderabgabe würde es sich um eine Abgabe handeln, die entweder als Lenkungsfunktion bei klimaschädlichem Handeln oder als Finanzierungsfunktion bei entsprechendem Einkommen und Vermögen ansetzt oder möglicherweise einer Kombination aus beidem.
Für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe gibt es hohe verfassungsrechtliche Hürden, die durch das BVerfG als Richterrecht geprägt wurden.
Für die Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion wird ein Sachzweck, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht, ebenso erwartet wie eine homogene, von der Allgemeinheit und anderen Gruppen klar abgrenzbare Gruppe von Pflichtigen (Sachnähe) und eine besondere Finanzierungsverantwortung kraft Sachnähe zum Beispiel durch die gruppenspezifische Verantwortlichkeit. Es soll unschädlich sein, dass die zu finanzierende Aufgabe zugleich im Interesse der Allgemeinheit liegt, grundsätzlich wird aber die Gruppennützigkeit der Verwendung der Abgabe als Zulässigkeitsvoraussetzung verlangt. Die Mittel fließen im Regelfall nicht dem „normalen“ Haushalt zu (Rn. 15)
Die Sonderabgabe mit Lenkungsfunktion soll zu einem bestimmten Verhalten anreizen oder ein Fehlverhalten sanktionieren. Bei ihr wird zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung auf das Erfordernisse der Gruppenverantwortung und der gruppennützigen Verwendung verzichtet, weil der Anlass der Abgabe nicht die Finanzierung einer besonderen Aufgabe ist (Rn. 15)
Ich gehe davon aus, dass Klimawissenschaftler*innen gerichtsfest nachweisen könnten, dass Menschen mit hohem Vermögen (klar abgrenzbare Gruppe von Pflichtigen der Abgabe) eine besonders Verantwortung für das Voranschreiten des Klimawandels und die Klimawandelfolgen haben (besondere Finanzierungsverantwortung kraft Sachnähe). Diese Kriterien eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion dürften also erfüllbar sein. Das zeigt sich auch bei einem Blick auf die Rechtsprechung des BVerfG, so in der Entscheidung zum als Anstalt öffentlichen Rechts errichteten Deutschen Weinfonds und zur Altenpflegeumlage.
Die größten verfassungsrechtlichen Probleme einer Sonderabgabe mit Finanzierungswirkung, deren Ziel die Verwendung der eingenommenen Mittel für klimagerechte Infrastruktur und Klimawandelfolgen-Anpassung ist, dürfte in der Gruppennützigkeit liegen. In der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe hat das BVerfG festgehalten, dass Sonderabgaben nicht zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden dürfen und ihr Aufkommen nicht „zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden“ (Ls. 2.b)) darf. Eine allgemeine Staatsaufgabe ist die Bekämpfung des Klimawandels und die Bewältigung von Klimawandelfolgen, das ergibt sich schon aus Art. 20a GG. Auch „Fremdnützige“ Sonderabgaben sind unzulässig sind, „es sei denn, dass die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt.“ Es könnte mit Verweis auf diese Aussage versucht werden zu argumentieren, dass die „Fremdbegünstigten“ die Menschen sind, die auf Grund fehlenden Vermögens auf eine öffentliche Infrastruktur angewiesen sind, mit der Klimawandelfolgen sozial abgefedert werden und die klimagerecht umgebaut wird und das eine solche Verpflichtung aus der intertemporalen Freiheitssicherung folgt, welche das BVerfG gerade in Bezug auf die natürlichen Lebensgrundlagen normiert hat. Ob das BVerfG eine solche Argumentation durchgehen lässt, ist aber nicht sicher. Mit der Kohlepfennig-Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1994 wurde eine Ausgleichsabgabe als Teil eines Maßnahmenbündels, mit dem der Bund den deutschen Steinkohlenbergbau stützte, wozu ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes mit dem Namen „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes“ gebildet wurde, als nicht verfassungsgemäßer eingestuft. Es wurde festgehalten, dass es dem Gesetzgeber versagt sei (Rn. 77), „das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden“. Dabei stellte das BVerfG auch auf die Gefährdung das Budgetrecht des Parlaments ab (Rn. 78 Auf die Wasserpfennig-Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1995 kann sich nicht bezogen werden, das BVerfG sah die Abgabe als eine zu Lenkungszwecken, da sie auch auf einen „sparsameren und rationellen“ Umgang mit Wasser hinwirken soll (Rn. 132).
Ein Klima-Soli als Sonderabgabe mit Finanzierungswirkung, mit der die eingenommenen Mittel zweckgerichtet für klimagerechte Infrastruktur und Klimawandelanpassungsfolgen verwendet werden, hat das verfassungsrechtliche Risiko, dass ihr möglicherweise die Gruppennützigkeit fehlt, da der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage eine Aufgabe der Allgemeinheit ist.
Als Alternative wäre eine Klima-Sonderabgabe mit Lenkungsfunktion denkbar, deren Abgabepflichtigkeit nicht Privatpersonen betrifft, sondern die klimaschädliche Produktion. Was als „klimaschädliche Produktion“ anzusehen ist, für die eine Abgabepflichtigkeit besteht, müssten Klimawissenschaftler*innen festlegen. Im Jahr 1984 hat das BVerfG (BVerfGE 67, 256) entschieden, dass die Kriterien für Sonderabgaben bei „Ausgleichsabgaben eigener Art, die keinen Finanzierungszweck verfolgen (…) nicht uneingeschränkt“ gelten (Rn. 69). Soweit allerdings eine Sonderabgabe einen Finanzierungszweck verfolgt, „sei es als Haupt- oder als Nebenzweck“ sollen die Kriterien für Sonderabgaben „in vollem Umfang“ gelten, hinzutretende Lenkungszwecke „seien sie dominant oder nur beiläufig, ändern daran nichts“ (Rn. 70).
Mithin könnte nach dieser Entscheidung zwar ein Klima-Soli für klimaschädliche Produktion eingeführt werden, es müsste aber klar und deutlich damit verbunden sein, dass es mit diesem Klima-Soli nicht um Finanzierungsfragen geht. Die Entscheidung BVerfGE 161, 63 spezifiziert das insoweit als sie für die Verwendung der Ausgleichsabgabe eine Zweckbestimmung fordert. Die Gemeinden „dürfen die Mittel vielmehr nur so verwenden, dass die Teilhabe der Gemeinde an der vor Ort durch die Windenergieanlagen erzeugten Wertschöpfung und die dadurch bewirkte Verbesserung der örtlichen Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger konkret erfahrbar werden.“ (Rn. 77).
Ein Klima-Soli als Sonderabgabe mit Lenkungsfunktion wäre grundsätzlich denkbar, es müsste aber explizit klargestellt werden, dass es nicht um Finanzierungsfragen geht, was wohl voraussetzen dürfte, dass die konkreten Maßnahmen, die aus der Abgabe finanziert werden, relativ genau bezeichnet werden und eine Nähe zur Abgabe -also dem Thema Klima– haben müssten.
III. Klima-Soli als Ergänzungsabgabe – keine Zweckbindung
Denkbar wäre auch ein Klima-Soli als Ergänzungsabgabe, im Prinzip ausgestaltet wie der Solidaritätszuschlag. Das Hauptproblem hier dürfe tendenziell darin liegen, dass ein solcher Klima-Soli dem „normalen“ Haushalt zugeführt wird und damit sowohl im Rahmen der Haushaltsaufstellung und im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung eine „Zweckentfremdung“ nicht ausgeschlossen werden kann. Denkbar wäre das politische Mehrheiten, die das mit dem Klima-Wandel für ein Hirngespinst halten, den Klima-Soli zwar weiter einnehmen, die Ausgaben aber zum Beispiel für Raumfahrt oder Magnetschwebebahnen verwenden. Der Vorteil allerdings wäre, dass die Einnahmen jährlich fließen und -anders als bei den Sonderabgaben- hohe Einkommen zur Finanzierung herangezogen werden könnten.
Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen wurden im kürzlichen Urteil zum Solidaritätszuschlag umfassend dargestellt. Der zentrale Satz dürfte lauten: „Die Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG setzt einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, der nach der vom Bundesverfassungsgericht nur beschränkt überprüfbaren Einschätzung des Gesetzgebers durch die Erfüllung einer vom Bund angeführten bestimmten Aufgabe voraussichtlich entstehen wird und zu dessen Deckung die Erhebung der Ergänzungsabgabe notwendig erscheint (aufgabenbezogener Mehrbedarf).“ In Rn. 100 wird untersetzt, dass ein allgemeiner Finanzbedarf nicht genügt, Für die Verwendung der Mittel entscheidend heißt es: „Umgekehrt unterliegt das Aufkommen aus der Ergänzungsabgabe aber auch keiner Zweckbindung. Vielmehr ist aufgrund der Konzeption der bundesstaatlichen Finanzverfassung lediglich ein aufgabenbezogener Mehrbedarf zu fordern.“
Wenn Ökonomen und Klimawissenschaftler*innen nachweisen können, dass die Herausforderungen einer klimagerechten Infrastruktur und die soziale Abfederung von Klimawandelfolgen einen finanziellen Mehrbedarf ergeben, der eine Sonderabgabe in Form einer Ergänzungsabgabe notwendig macht, kann diese erhoben werden.
Ein Klima-Soli als Ergänzungsabgabe ist bei Nachweis des finanziellen Mehrbedarfes für klimagerechte Infrastruktur und soziale Abfederung von Klimawandelfolgen möglich, wenn sie nötig ist. Dieser Klima-Soli wandert in den normalen Haushalt. Ob das so eingenommene Geld tatsächlich für die Bekämpfung des Klimawandels und der Klimawandelfolgen-Anpassung verwendet wird, entscheidet der Haushaltsgesetzgeber.
Da das BVerfG in der Entscheidung das „Erfordernis eines finanziellen Mehrbedarfs des Bundes, der zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben benötigt wird“ verlangt, müsste wohl dezidiert dargelegt werden, dass sowohl die 100 Mrd. Euro Sondervermögen als auch die Mittel im Bundeshaushalt nicht ausreichen, um klimagerechte Infrastruktur zu schaffen und Klimawandelfolgen insbesondere im Hinblick auf die soziale Ausgeglichenheit abzufedern. Von Vorteil ist hier, dass das BVerfG Abstand davon genommen hat, eine Ergänzungsabgabe nur in einer „Notlage“ oder „Ausnahmelage“ zu ermöglichen (Rn. 120), es reicht ein notwendiger Mehrbedarf aus.
Eine Heranziehung nur hoher Einkommen ist nach dem Urteil des BVerfG möglich. In Rn. 80 heißt es: „Bei Steuern, die sich nach der Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen bemessen, sind solche Erwägungen nicht nur zulässig, sondern sogar geboten.“
Eine Klima-Soli-Abgabe als Ergänzungsabgabe kann sozial gestaffelt erfolgen, es ist möglich nur hohe Einkommen zur Finanzierung heranzuziehen.
IV. Vermögensabgabe
Wenn das Problem einer Sonderabgabe ist, dass die Einnahmen nicht für Angelegenheiten des Allgemeinwohls eingesetzt werden dürfen und bei einer Ergänzungsabgabe nicht sichergestellt werden kann, dass die eingenommenen Mittel im Haushaltsvollzug tatsächlich zur sozialen Abfederung von Klimawandelfolgeschäden verwendet werden, bliebe noch die Idee einer Vermögensabgabe.
Einen Gesetzentwurf für eine Vermögensabgabe haben im Jahr 2012 Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt, bei der Linken reichte es damals zu einem Antrag, ebenfalls im Jahr 2022. Die SPD hat -soweit ersichtlich- eine parlamentarische Initiative für eine Vermögensabgabe bisher nicht in den Bundestag eingebracht.
Der Gesetzentwurf der Grünen -und das wird im Hinblick auf den Klima-Soli spannend- sah eine einmalige, über zehn Jahre streckbare Vermögensabgabe für den Abbau der Staatsverschuldung vor. Der Gesetzentwurf argumentiert, diese Vermögensabgabe sei keine Sonderabgabe, da sie „keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Trägern der Finanzierungslast und dem Erhebungszweck“ herstelle, die Vermögensabgabe diene dem Allgemeinwohl und habe Steuercharakter. Mit der Begründung würde der zitierten Rechtsprechung zur Sonderabgabe Rechnung getragen, es würde aber eine neue Kategorie von Abgabe aufgemacht. Eine verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu dieser Art Vermögensabgabe existiert bisher nicht.
Eine Vermögensabgabe wird einmalig erhoben und kann dabei gestreckt werden, eine Vermögenssteuer wird dauerhaft erhoben. In der Entscheidung zur Vermögenssteuer des BVerfG geht es vor allem um den Zugriff auf die Vermögenssubstanz. Die Entscheidung besagt, dass die verfassungsrechtlichen Schranken der Besteuerung des Vermögens durch Einkommens- und Vermögenssteuer den steuerlichen Zugriff auf Ertragsfähigkeit des Vermögens begrenzen (Ls. 2). Das BVerfG entschied (Rn. 37) nicht, dass die Vermögenssteuer an sich verfassungswidrig ist, sondern eine bestimmte Regelung mit dem Grundgesetz unvereinbar war und machte deutlich, dass eine Vermögenssteuer einer verfassungsrechtlichen Grenze unterliegt. Das BVerfG beschränkte die Besteuerung „auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens“ (Rn. 48). Untersetzt heißt das nach dem BVerfG (Rn. 50): „Die Vermögenssteuer darf nur so bemessen werden, daß sie in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen die Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt läßt und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträge) bezahlt werden kann.“ Explizit nicht entschieden (Rn. 44) hat das BVerfG „ob und inwieweit die Vermögenssteuer unter anderen steuerlichen Rahmenbedingungen auch als Instrument der Umverteilung eingesetzt werden könnte“. Zudem hat das BVerfG ausgeführt (Rn. 54), dass unter besonderen Voraussetzungen „etwa in staatlichen Ausnahmelagen“ die Verfassung „auch unter den geltenden steuerrechtlichen Rahmenbedingungen einen Zugriff auf die Vermögenssubstanz“ erlaubt. Bei der Betrachtung der Entscheidung des BVerfG zur Vermögenssteuer bleibt häufig unberücksichtigt, dass in einem Sondervotum Richter Bockenförde formulierte (Rn. 89): „Eine Begrenzung der Vermögensteuer auf eine Besteuerung der (Soll-)Erträge ist durch die Verfassung nicht geboten.“
Mithin vertritt eine Mehrheit des BVerfG die Ansicht, eine Vermögenssteuer dürfe nicht an die Substanz des Vermögens gehen. Ob dies auf eine Vermögensabgabe übertragbar ist, wäre überhaupt erst relevant, wenn die konkreten Ausgestaltung einer Vermögensabgabe an die Vermögenssubstanz geht.
Eine verfassungsgerichtliche Rechtsprechung im Hinblick auf die Vermögensabgabe jenseits einer Gruppennützigkeit gibt es nicht. Es liegt lediglich eine Entscheidung zur Vermögenssteuer des BVerfG vor.
In der juristischen Literatur gibt es zur Zulässigkeit unterschiedliche Ansichten, die hier ganz gut dargestellt werden. Unstreitig werden als Zulassungskriterien für eine Vermögensabgabe deren Einmaligkeit und ein außerordentlicher Finanzbedarf das Staates verlangt. Dies wäre bei einem Klima-Soli vermutlich -soweit der Klimawandel nicht geleugnet wird- kein Problem. Doch danach beginnt die Uneinigkeit. Auf der einen Seite wird eine staatliche Ausnahmelage verlangt, auf der anderen Seite eine finanzielle Sonderlage, „die mit den üblichen Steuereinnahmen nicht oder nur schwer bewältigt werden kann und die den einmaligen Rückgriff auf die bestehenden Vermögen rechtfertigt“. Beide Kriterien dürften vor dem Hintergrund der vorherigen Ausführungen zu Sonderausgaben und Ergänzungsausgaben einen erhöhten Begründungsaufwand erfordern. Explizit für die Zulässigkeit einer Vermögensabgabe spricht sich Wieland in einem Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung im Jahr 2012 aus. Auf Seite 37 kommt er aber zu dem Ergebnis: „Die Bekämpfung des Klimawandels erfüllt dagegen nicht die Voraussetzung eines einmaligen außerordentlichen Finanzbedarfs des Bundes, weil es sich um eine Daueraufgabe handelt, die aus den regulären Steuererträgen finanziert werden muss, die allerdings ohne weiteres auch aus dem Aufkommen einer Vermögensteuer fließen können.“ Soweit es nicht zu einem Eingriff auf die Vermögenssubstanz bei einer Vermögensabgabe kommt, kann aus der Entscheidung des BVerfG zur Vermögenssteuer aus meiner Sicht zu Recht mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages (S. 5) argumentiert werden, dass „e contrario gefolgert werden (kann), dass für eine Vermögensabgabe ohne Eingriff in die Vermögenssubstanz gerade keine besonderen Voraussetzungen wie beispielsweise eine staatliche Ausnahmelage vorliegen müssten“. Zudem besteht in der rechtswissenschaftlichen Literatur Streit, ob eine Zweckbindung erforderlich ist oder nicht. Die erstere Position würde wieder zur Sonderabgabe führen, die zweite Position würde den Gesetzentwurf der Grünen stützen.
Die Voraussetzungen für eine Vermögensabgabe ohne Gruppennützigkeit sind in der juristischen Literatur umstritten
V. Ergebnis
Ein Klimas-Soli ist grundsätzlich möglich. Wie dieser ausgestaltet werden soll, ist eine politische Entscheidung, die auch die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Risiken abwägen muss.
Es sind folgende Varianten denkbar:
- Klima-Soli als Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion, ansetzend am Vermögen, zur Finanzierung von klimagerechter Infrastruktur und sozialer Abfederung von Klimawandelfolgen
- Klima-Soli als Sonderabgabe mit Lenkungsfunktion, ansetzend an klimaschädlicher Produktion, zum Anreiz auf diese zu verzichten. Die Einnahmen müssten konkreten zu benennenden Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Klimawandelfolgen zukommen.
- Klima-Soli als Ergänzungsabgabe, ansetzend an hohem Einkommen bei Nachweis eines finanziellen Mehrbedarfes, die Einnahmen fließen dem „normalen“ Haushalt zu.
- Klima-Soli als Vermögensabgabe, die dem Allgemeinwohl dient.
Verfassungsrechtlich am sichersten dürfte ein Klima-Soli als Ergänzungsabgabe sein, soweit der finanzielle Mehrbedarf dargestellt werden kann. Soll an der klimaschädlichen Produktion angesetzt werden, müsste auf einen Klima-Soli als Sonderabgabe mit Lenkungswirkung gesetzt werden. Dies bedarf aber eines konkreten Planes, wofür die Mittel eingesetzt werden, ohne dass es zu einer Finanzierungswirkung kommt.
Ist der grundsätzliche politische Wille zu einem Klima-Soli vorhanden, ist es eine politische Frage, welcher der vorgeschlagenen Wege in Kenntnis möglicher rechtlicher Risiken gegangen wird. Die Konkretisierung des Konzepts bedarf eines Zusammenwirkens verschiedener politischer Akteure*innen und Wissenschaften, dazu gehören in jedem Fall Klimaforscher*innen, Ökonomen*innen, Stadtentwickler*innen und Jurist*innen.
Die noch länge Fassung des Blogbeitrages findet sich hier.