Der Bundestag hat heute in der ersten Lesung das sog. Mietrechtsänderungsgesetz behandelt. Zu diesem Gesetz habe ich bereits hier und hier einiges aufgeschrieben. Dieses Gesetz -ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen- ist ein Gesetz zum Abbau von Mieterinnen- und Mieterrechten.
Angesichts der unglaublichen Angriffe auf Rechte von Mieterinnen und Mieter sind die Reden der Koalitionäre einfach unfassbar. Die Bundesjustizministerin Leuttheusser-Schnarrenberger bezeichnete es als „ausgewogen“ und „behutsame Maßnahme“ wenn beispielsweise bei Sanierungsmaßnahmen das Mietminderungsrecht für 3 Monate ausgeschlossen wird. Aber die Justizministerin wird auch noch zynisch. Sie sagte: „In der Haushaltsdebatte wurde von einigen Rednern darauf hingewiesen, dass die Vertreibung von Mietern aus angestammten Vierteln das soziale Wohngefüge gefährde und dass dies insbesondere ein Problem in den großen Städten sei. Dem kann ich nur zustimmen. […] Aber wir machen jetzt etwas mit diesem Gesetzentwurf! Aber wir machen jetzt etwas mit diesem Gesetzentwurf!“ Nichts, aber auch gar nichts tut die Bundesregierung im Gegenteil. Keine Begrenzung der Mieten bei Neuvermietung, vereinfachte Räumungen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes. Und mit der Möglichkeit im Rahmen der zivilrechtlichen Räumungsklage dem Vermieter auch noch die Möglichkeit zu geben die Hinterlegung eines Geldbetrages von den Mieter/innen zu verlangen und wenn sie dies nicht können, von diesen Ordnungsgeld zu verlangen, sie in Ordnungshaft nehmen zu können und sie räumen zu lassen baut die Bundesregierung Mieterinnen- und Mieterrechte ab.
Astrid Voßhoff von der Union wiederum -in Übereinstimmung mit der Justizministerin- meint mit dem vorliegenden Gesetzentwurf würden die Interessen von Vermieter/innen und Mieter/innen in Einklag gebracht. Sie sprach davon, dass der Schutz gegenüber Mietbetrügern „unzureichend“ sind. Mal abgesehen davon, dass es überhaupt keine statistischen Zahlen zu sog. Mietnomaden gibt, rechtfertigt dies nicht, Mieter/innen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes einfach auf die Straße zu setzen. Aber für Frau Voßhoff sind diese Maßnahmen „ausgewogen“. Unter Mietnomaden versteht man im übrigen Menschen, die niemals vorhatten die Miete zu zahlen.
Patrick Döring von der FDP und Günter Krings von der Union, das beweisen ihre Zwischenrufe, können sich offensichtlich nicht vorstellen, dass es Menschen gibt die in eine Notlage geraten und deshalb ihre Miete nicht zahlen können. Für sie sind das alles Betrüger. Deshalb finden sie es auch gerechtfertigt, wenn Menschen die eine Sicherungsleistung nicht hinterlegen können mittels vorläufigem Rechtsschutz auf die Straße gesetzt werden können.
Das Protokoll gibt sicherlich noch mehr Kuriositäten her, aber allein die zitierten Aussagen zeigen, wenn dieses Gesetz nicht verhindert wird, dann sieht es schlecht für die Mieterinnen und Mieter aus. Die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss findet am 15. Oktober ab 12.00 Uhr im Bundestag statt.
Und was nun: immer schön die Schultern hängen lassen, was?
Was es jetzt braucht: Regionale Mieter-Hotlines für alle, die von Zwangsräumung bedroht sind, nebst Öffentlichkeitsmobilisierung. Und zur tatkräftigen Unterstützung braucht es – last, not least – linke Bürgerwehren, die den Vollstreckungsbütteln handfesten Widerstand entgegen bringt.
Das tragische Geschehen in Karlsruhe Anfang Juli kann dabei immer wieder mal wirkungsvoll als warnendes Beispiel genannt werden: http://www.focus.de/panorama/welt/geiselnahme-bei-zwangsraeumung-endet-mit-fuenf-toten-sek-stuermt-wohnung-in-karlsruhe-kidnapper-und-alle-geiseln-tot_aid_777006.html
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Na bitte, geht doch: http://www.jungewelt.de/2012/10-25/042.php