Konstituierung des Bundestages und Art. 39 Abs. 3 GG

Wie funktioniert Destabilisierung der Demokratie und Empörungsbewirtschaftung? Das machen AfD und BSW gerade gemeinsam deutlich unter Bezugnahme auf Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG. Entgegen aller juristischer Auslegungsmethodik und entgegen der Entscheidung des BVerfG vom 13. März 2025 wird verbreitet, dass nach Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG ein Drittel der Mitglieder des noch nicht konstituierten Bundestages eine Konstituierung erzwingen könnte, die dann vor der schon einberufenen Sitzung am 18. März stattfinden müsste. Das ist aber falsch. Zur Auslegung von Gesetzen gibt es juristische Auslegungskriterien. Der Kanon umfasst vier Auslegungskriterien: Wortlaut (Grammatik), Teleologie (Sinn & Zweck), Historie und Continue Reading →

Was nun?

Nachdem ich mich mit meiner Wahlentscheidung lange gequält und diese letztendlich erst am Morgen des Wahltages getroffen habe, sitze ich nun vor dem Wahlergebnis mit sehr widersprüchlichen Gedanken und Gefühlen. Ich kann für mich nur sagen, was in den letzten Tagen via sozialer Netzwerke an Angifterei von Grünen gegen Linke und Linken gegen Grüne stattgefunden hat, hat mich erschreckt. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn sich das weitgehend progressive Lager derart angeht. Das hohe Wahlergebnis der AfD ist eine Katastrophe. Wiederholt.Und nein, die AfD wird nicht weniger erfolgreich sein, wenn ihr Narrativ von der Migration als Ursache allen Übels übernommen Continue Reading →

Warum Populismus die Demokratie gefährdet

Populismus, in der Definition der Bundeszentrale für politische Bildung, ist eine Grundhaltung radikaler Opposition zu den herrschenden politischen und gesellschaftlichen Eliten, die für sich reklamiert, den „wahren“ Volkswillen zu erkennen und zu vertreten. Diese Haltung findet ihren Ausdruck „in der dichotomischen Abgrenzung des moralisch guten, tugendhaften Volkes von den als korrupt und selbstsüchtig bezeichneten Vertretern des sogenannten Establishments.“ Eine radikale Opposition zu herrschenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen (hier wird bewusst auf Verhältnisse abgestellt und nicht auf einen undefinierbaren Elitenbegriff) ist angesichts des Zustandes der Welt eigentlich eine Notwendigkeit. Denn wenn der Planet wegen des Klimawandels unter dem Ar*** wegexplodiert ist, Continue Reading →

Wenn wir irgendwann auf 2023 zurückblicken – Teil II

An dieser Stelle habe ich geschrieben, dass wenn wir irgendwann auf 2023 zurückblicken (können), wir 2023 als das Jahr ansehen werden, indem die Gesellschaft gekippt ist. Damals bezog ich das vor allem auf die Frage des Kampfes gegen den Klimawandel. Das ist und bleibt aktuell. Auch deshalb, weil sich viele über Protestformen aufregen, nicht aber über die Missachtung von Klimazielen oder die fehlende Regulierung zu Erreichung von Klimazielen. Wer die Krise nicht spürt, der glaubt auch nicht das sie kommen könnte. Da lässt sich dann leicht davon träumen, Wohlstand und Lebensweise einfach so fortführen zu können. Nach uns die Sintflut. Continue Reading →

Es geht um die Demokratie

Es geht um die Demokratie. Und ich habe es satt. Ich habe es satt, ständig als ein extremer Rand bezeichnet zu werden und damit aus dem Kreis der Demokraten*innen ausgeschlossen zu werden. Bis gestern war mir relativ egal, ob irgendjemand den Quatsch von linkem und rechtem Rand öffentlich verkündete und damit LINKE und AfD meinte. Mir war es relativ egal, dass die CDU keine gemeinsamen Anträge im Bundestag mit der LINKEN macht, wegen des Mantras vom Rand. Ich fand es eher lächerlich. Ich wusste, dass diese Gleichsetzung absurd ist. Gestern nun hat sich bewusst kalkulierend der FDP-Mann Kemmerich mit den Continue Reading →

Eine hochgefährliche Entwicklung

Vor einer Woche war ich noch um Urlaub. Ich radelte zufrieden durch die Gegend, ich war sicher: Trotz aller Schei*** in der Welt, die Demokratie wird verteidigt. Seit knapp einer Woche sinkt mein Vertrauen in die Bereitschaft zur Verteidigung der Demokratie geradezu täglich. Fassungslos und verzweifelt beobachte ich eine Entwicklung, bei der Recht zum Anhängsel politischer Opportunitäten wird. Geht diese Entwicklung so weiter, dann endet das irgendwann in der Aufhebung der Gewaltenteilung, damit dem Ende des Rechtsstaats und der Demokratie. Ich komme aus einer Gesellschaft, in der schon einmal das Recht Anhängsel politischer Opportunität war. Ich will das nicht mehr! Continue Reading →

Ratlose Zahlensalatgedanken

Bevor eine politische Auswertung gemacht wird, lohnt sich ein Blick auf die Zahlen. Und die sind an verschiedenen Stellen interessant: Von den ingesamt 1.293 Wahlbewerber*innen waren 440 weiblich (34,03%). Bei einem Vergleich des Anteils weiblicher Bewerberinnen seit 1979 zeigt sich, dass 1999 der Anteil schon einmal bei 33% lag und danach wieder absank. Bei der Aufschlüsselung der einzelnen Parteien ist dann interessant, dass die Familienpartei eine rein männliche Kandidatenliste aufgestellt hat und die Partei Die Frauen ausschließlich weibliche Kandidatinnen. Altersmäßig stellt die 50-59jährigen die meisten Kandidierenden (321) und die über 70jährigen die wenigsten Kandidierenden (47). Auf der Webseite des Bundeswahlleiters Continue Reading →

Eine Frage des Demokratieverständnisses

Eine Demokratie lebt vom Engagement der Einwohner*innen. Die einen organisieren sich in Vereinen, die anderen in Parteien. Die einen organisieren Kulturveranstaltungen, pflegen ihren Kleingarten oder singen im Chor, die anderen helfen in zivilgesellschaftlichen Organisationen dort, wo der Staat sich zurückgezogen hat. Nicht jedes Engagement muss jede*r gut finden. Wenn es sich beispielsweise auf demokratieverachtende Ziele richtet, dann ist es auch Aufgabe von zivilem Ungehorsam, sich dem entgegenzustellen. (Und ziviler Ungehorsam fragt nicht nach Erlaubnis: Das Ziel von zivilem Ungehorsam ist explizit gegen Regeln zu verstoßen und die Konsequenzen zu tragen). Zum Beispiel immer und immer wieder Nazis. Mittlerweile wird demokratisches Continue Reading →

Einfach mal stehen bleiben

Die Methode ist, von außen betrachtet, faszinierend. Irgendwann wurde irgendetwas vereinbart. Oder es war sowas wie ein Grundkonsens. Dann passt es nicht mehr und ständig wird das Vereinbarte oder der Grundkonsens in Frage gestellt. Immer und immer wieder. Weil diese Art von Streit nervt, werden die Rufe nach einem Kompromiss immer lauter. Diejenigen, die nerven, diejenigen, die in Frage stellen, haben dann schon gewonnen, wenn die anderen sich auf die Forderung nach dem Kompromiss einlassen. Manchmal gibt es nur eins: Stehen bleiben! Eine pluralistische Gesellschaft und eine pluralistische Partei leben von unterschiedlichen Meinungen. Parteien, so das Grundgesetz, sollen an der Continue Reading →

Woher kommt eigentlich

… die Idee, dass Menschenverachtung, Demokratiefeindlichkeit und Rassismus weitgehend verschwinden würden, wenn es nur ausreichend soziale Gerechtigkeit geben würde? Eine solche Position zieht sich durch alle Teile der Partei die LINKE. „Es wäre ein Fehler, sich mit den neoliberalen Parteien zu verbünden, um die AfD zu bekämpfen. Denn es sind ja gerade die neoliberale Politik, der Sozialabbau und die damit einhergehende Verunsicherung, die die AfD erst stark gemacht haben. Wer die AfD schwächen will, muss den Neoliberalismus ablösen und den Sozialstaat erneuern.“ wird hier formuliert. „Die Diskrepanz zwischen der haltlosen Predigt des »Wir schaffen das« der Kanzlerin und der bitteren Continue Reading →