Der Quatsch von der Einwanderung in die Solidarsysteme – Ein Rant

Marko Buschmann twittert, er wolle Einwanderung in den Arbeitsmarkt – nicht in den Sozialstaat. Marko Buschmann ist weder Rassist noch Faschist. Marko Buschmann ist Demokrat. Und er ist Justizminister der Bundesrepublik Deutschland. Als solcher kennt er den Unterschied zwischen Einwanderung und Flucht. Das er mit der Wortwahl „Einwanderung in den Sozialstaat“ am rechten Rand fischt, ist das Problem. Und ein Beleg für die #Diskursverschiebung in der Gesellschaft. Diese Art der Anbiederung am rechten Rand ist auch kein Zufall, denn am darauffolgenden Tag twittert Marko Buschmann von seinem Privataccount erneut, dass die Migration in Sozialsysteme erschwert wird. Marko Buschmann ist nicht Continue Reading →

Kriterien erfolgreicher Wahlprüfungsbeschwerden gesetzlich verankern – Nach der Berlin-Entscheidung des BVerfG

Vorgeschichte Die Beschlussbegründung des BVerfG vom 17. Mai 2023 zur Ablehnung der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Wiederholungswahl in Berlin ist ohne die Vorgeschichte nicht bewertbar. Mit dem Beschluss vom 25. Januar 2023 (2 BvR 2189/22) wurde der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und erklärt, dass die Begründung den Beteiligten gesondert übermittelt wird. Mit der einstweiligen Anordnung war die „Verschiebung“ der vom VerfGH Berlin angeordneten vollständigen Wiederholungswahl bis zur Entscheidung in der Hauptsache begehrt worden und es wurde vorgetragen, dass das Urteil des VerfGH Berlin die antragstellenden Personen in ihren Grundrechten aus Art. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Continue Reading →

Von der verfassungsrechtlichen Duldung zur verfassungsrechtlichen Anerkennung – Ehe für Alle

Eigentlich ging es im Beschluss des BVerfG vom 1. Februar um Kinderehen. Das tritt jedoch in den Hintergrund angesichts des Leitsatzes 1/Randnummer 109. Dort steht: „Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine rechtlich verbindliche, im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft, die durch einen formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird.“ Die „Revolution“ des Beschlusses wird erst deutlich, wenn ein Blick auf frühere Entscheidungen des BVerfG geworfen wird. Im Jahr 2002 formulierte das BVerfG zum Lebenspartnerschaftsgesetz noch in Randnummer 87:: „Zum Gehalt der Ehe, Continue Reading →

Radikalisierung

Manche Dinge radikalisieren und einige Radikalisierungen passieren unvorbereitet. Obwohl ich nach wie vor die parlamentarische Demokratie als wichtigen zivilisatorischen Fortschritt empfinde, habe ich mich in der Kritik an ihr radikalisiert – in der Zeit im Parlament und immer so, dass es um konkrete Verbesserungsvorschläge ging. Jetzt radikalisiere ich mich, weil die Ignoranz gegenüber der Klimakatastrophe mich zur Verzweiflung bringt. Ich verstehe die Wut und die Angst derjenigen, die sich an Straßen festkleben – auch wenn ich nicht überzeugt bin, dass mit dieser Art von Protest Überzeugungsarbeit in Sachen Klimaschutz stattfindet. Was muss eigentlich geschehen, dass die Notwendigkeit von Klimaschutz begriffen Continue Reading →

Sozialpolitik in Zeiten begrenzter Ressourcen

Mit einigen anderen habe ich ein Papier zu Sozialpolitik in Zeiten der drohenden Klimakatastrophe geschrieben. Es geht um deinen Diskussionsaufschlag, denn ich glaube, das Thema Sozialpolitik muss breiter aufgestellt werden. Aus dem Papier: Eine ökologische Sozialpolitik der Ressourcenumverteilung steht vor der Herausforderung,Konzepte und Antworten auf sich regulatorisch aufdrängende Fragen zu entwickeln.Klimakrisenfeste Sozialpolitik muss zwangsläufig konkrete Antworten auf Fragen finden, die sich unter anderem bereits im Rahmen der Energiekrise gestellt haben: Was sind lebenswichtige Grundgüter, deren Vernichtung oder Einschränkung durch die Klimakatastrophe droht? Wer erhält in welchem Umfang ein kostengünstiges Grundkontingent an lebenswichtigen Gütern wie z.B. Wasser, Wärme, Energie, Lebensmittel? Was Continue Reading →

Das neue Bundeswahlrecht – Genese, Missverständnisse und Bewertung

  Dieser Text wird sehr lang werden. Vorbemerkung Die Debatte zum Wahlrecht am 17. März 2023 und die Verabschiedung des neuen Bundeswahlgesetzes wurde hoch emotionalisiert geführt, dabei gerieten auch einige Fakten durcheinander. Die sachliche Darstellung des derzeitigen Wahlrechts und seine Herleitung fielen dabei unter den Tisch. Das ist schade. Der aus meiner Sicht akzeptable Grundentwurf des Ampel-Vorschlages wurde durch die kurzfristige Streichung der Grundmandatsklausel leider in seiner Akzeptanz untergraben. Und das vor allem wegen des Verfahrens (auch in der Sache finde ich die Streichung falsch, aber dazu komme ich noch). Am Sonntag sickerten erste Informationen durch, am Freitag wurde beschlossen. Continue Reading →

Vernünftige Idee kaputt gemacht

Öffentlicher Berichterstattung zufolge will die Ampel den Gesetzentwurf zum Wahlrecht ändern. An dieser Stelle hatte ich dem Entwurf bescheinigt, dass er bessser als erwartet ist. Auch wenn es nicht meine Lieblingsvariante ist (die bleibt weiterhin ein reines Verhältniswahlrecht mit veränderbaren Listen), fand ich die Idee insgesamt ganz charmant. Leider macht die Ampel mit den öffentlich gewordenen Änderungsvorschlägen die gute Idee kaputt. Und das ohne Not. Ich will mich jetzt gar nicht an der Erhöhnung der gesetzlichen Sitzzahl der Mitglieder des Bundestages aufhalten, das ist verfassungsrechtlich weder zwingend noch verboten. Ich halte es nicht für zielführend, eine „Rückbenennung“ der Wahlkreis- und Continue Reading →

Es geht einiges durcheinander in der Debatte

Pazifist*innen, verstanden als Menschen, die jede Anwendung von Gewalt ablehnen und damit aus Gewissensgründen auch jede Form von Krieg, lehnen auch die Verteidigung eines angegriffenen Staates mit militärischen Mitteln ab. In der Konsequenz nehmen Pazifist*innen in Kauf, dass Menschen im Rahmen eines Krieges oder einer Aggression brutal ermordet, gefoltert und verletzt werden.Ein so verstandener Pazifismus schließt die Anwendung des kollektiven Selbstverteidigungsrechtes aus, in diesem Punkt erkennt ein so verstandener Pazifismus die Normen des Völkerrechts nicht an. Das Völkerrecht sieht in Art. 51 UN-Charta das Recht auf kollektive Selbstverteidigung vor. (Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied Continue Reading →

Besser als erwartet – Der Ampelvorschlag zum Wahlrecht

Die Ampel hat ihren Wahlrechtsvorschlag vorgelegt und dieser ist, das kann schon gesagt werden, besser als erwartet. Die Notwendigkeit der Reform des Wahlrechts und damit der Rückführung der Zahl der Abgeordneten auf die gesetzliche Größe von 598 Abgeordneten wird im Gesetzentwurf vor allem mit der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments begründet. Das ist aus meiner Sicht ein legitimer Grund das Wahlrecht zu ändern. Es ist auch überzeugend darauf zu verweisen, dass „steigende Kosten des parlamentarischen Betriebs“ nicht der entscheidende Grund sind. Denn Demokratie von Kosten abhängig zu machen stellt am Ende Demokratie in Frage. Nicht überzeugend ist der Verweis auf Continue Reading →

Keine Selbstbedienung aber schlampige Gesetzgebung

Die Geschichte der staatlichen Parteien(teil)finanzierung ist eine lange Geschichte. Das BVerfG hat bereits mehrmals über sie entschieden. Von entscheidender Bedeutung ist hier die Entscheidung aus dem Jahr 1992, mit der der Weg zur Ablösung der sog. Wahlkampfkostenerstattung  eröffnet wurde. Wie die staatliche Teilfinanzierung der Parteien funktioniert habe ich hier bereits im Jahr 2014 kurz dargestellt. Mit dem Urteil vom 24. Januar 2023 gibt es eine Fortsetzung. Das BVerfG hatte über eine abstrakte Normenkontrolle von 216 Mitgliedern des 19. Deutschen Bundestages gegen eine Änderung des Parteiengesetzes aus dem Jahr 2018 zu entscheiden. Es geht um die absolute Obergrenze. Nach der bis zur streitigen Continue Reading →