Die Ampel hat ihren Wahlrechtsvorschlag vorgelegt und dieser ist, das kann schon gesagt werden, besser als erwartet.

Die Notwendigkeit der Reform des Wahlrechts und damit der Rückführung der Zahl der Abgeordneten auf die gesetzliche Größe von 598 Abgeordneten wird im Gesetzentwurf vor allem mit der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments begründet. Das ist aus meiner Sicht ein legitimer Grund das Wahlrecht zu ändern. Es ist auch überzeugend darauf zu verweisen, dass „steigende Kosten des parlamentarischen Betriebs“ nicht der entscheidende Grund sind. Denn Demokratie von Kosten abhängig zu machen stellt am Ende Demokratie in Frage. Nicht überzeugend ist der Verweis auf Akzeptanzprobleme eines großen Bundestages. Das ist immer mal nur ein kurzer Aufreger.

Die Problemursache des wachsenden Bundestages wird im Gesetzentwurf richtig beschrieben.

„Überhangmandate entstehen also im bisherigen Wahlsystem nicht durch den absoluten Erfolg von Parteien in den Wahlkreisen, sondern durch deren relativen Misserfolg. Nicht nur werden Wahlkreise mit tendenziell immer kleiner werdenden Margen gewonnen, damit auch mit einer wachsenden…

Die Geschichte der staatlichen Parteien(teil)finanzierung ist eine lange Geschichte. Das BVerfG hat bereits mehrmals über sie entschieden. Von entscheidender Bedeutung ist hier die Entscheidung aus dem Jahr 1992, mit der der Weg zur Ablösung der sog. Wahlkampfkostenerstattung  eröffnet wurde. Wie die staatliche Teilfinanzierung der Parteien funktioniert habe ich hier bereits im Jahr 2014 kurz dargestellt.

Mit dem Urteil vom 24. Januar 2023 gibt es eine Fortsetzung. Das BVerfG hatte über eine abstrakte Normenkontrolle von 216 Mitgliedern des 19. Deutschen Bundestages gegen eine Änderung des Parteiengesetzes aus dem Jahr 2018 zu entscheiden. Es geht um die absolute Obergrenze. Nach der bis zur streitigen Änderung im Jahr 2018 geltenden Fassung des Parteiengesetzes betrug diese 150,8 Millionen Euro jährlich und wurde entsprechend der Entwicklung des Preisindexes jährlich angepasst. Mit der Gesetzesänderung 2018 sollte die absolute Obergrenze für das Jahr 2019 auf 190 Mio. Euro erhöht werden. Hintergrund der Änderung war wohl, dass bei der Festsetzung der staatlichen Mittel für das Jahr 2017 im Februar…

Als ich den Beschluss des BVerfG zu einer Verfassungsbeschwerde mit  dem die fehlende Einführung eines Tempolimits gerügt wird las, erinnerte ich mich an einen Schlager (?) aus meiner Kindheit: Freu Dich bloß nicht zu früh.

Gefreut hatte ich mich nämlich über die Entscheidung des BVerfG zum Klimaschutz mit der Formulierung zu den intertemporalen Freiheitsrechten. In den Leitsätzen formulierte das BVerfG damals:

Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schließt den Schutz vor Beeinträchtigungen grundrechtlicher Schutzgüter durch Umweltbelastungen ein, gleich von wem und durch welche Umstände sie drohen. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Sie kann eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen.“  (Leitsatz 1)

Art. 20a GG ist eine justiziable Rechtsnorm, die den politischen Prozess zugunsten ökologischer Belange auch mit Blick auf die künftigen Generationen…

Bei der Debatte um die Einordnung der Gruppe „Letze Generation“ als kriminelle Vereinigung scheint mir einiges durcheinanderzugehen. Ob bewusst oder unbewusst, es geht wohl vor allem um Abschreckung und darum Angst zu verbreiten. Denn mit der Realität hat die Debatte gar nichts zu tun. Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keinen rechtlichen Anhaltspunkt, den Straftatbestand der kriminiellen Vereinigung auch nur in Erwägung zu ziehen.

Der § 129 StGB regelt recht klar, was unter krimineller Vereinigung zu verstehen ist. Eine solche Vereinigung muss im Hinblick auf ihren Zweck oder ihre Tätigkeit darauf gerichtet sein, Straftaten zu begehen, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind.

Kleine Anmerkung: Die kürzlich verhafteten Truppenteile um Herrn Reuß unterfallen diesem Begriff wohl recht schnell, denn ein geplanter Putsch ist eine Straftat und der Zweck der Vereinigung war genau darauf gerichtet. Irgendwie war da aber wenig zu hören.

Jenseits einer aus meiner Sicht berechtigten Grundsatzkritik an dem Tatbestand an sich, lässt…

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (LVerfGH) hat mit Urteil vom 16. November 2022 (154/21) entschieden: „Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen werden für das gesamte Wahlgebiet für ungültig erklärt.“ Die Ungültigkeitserklärung wirkt „ex nunc“ (S. 149).

Ausweislich des Urteils waren 2.447.600 Personen wahlberechtigt, insgesamt wählten 1.844.278 Personen. Die Wahlbeteiligung betrug 75,4 Prozent (2016: 66,9 Prozent). Der Anteil der Briefwählenden belief sich auf 46,8 Prozent aller Wählenden (863.545 Personen; 2016: 29 Prozent) und ca.35,3 Prozent aller Wahlberechtigten. In Präsenz wählten rund 53,2 Prozent der Wählenden (980.733 Personen; 2016: 71 Prozent) und ca. 40,1 Prozent der Wahlberechtigten.

In den Urteilsgründen wird darauf verwiesen, dass es am Wahltag zu zahlreichen Beeinträchtigungen des Wahlablaufs kam, viele Wahllokale nach einigen Stunden keinen vollständigen Satz von Stimmzetteln mehr hatten und die Lieferung weiterer Stimmzettel u. a. auf Grund des Berlin-Marathons nicht rechtzeitig gelang. Dies führte zu Unterbrechungen des Wahlvorgangs, in weiten Teilen des Wahlgebiets bildeten sich vor den Wahllokalen Warteschlangen, in mehreren Wahllokalen wurden…

Beitrag von Elke Breitenbach, Dorotèe Menzner und Halina Wawzyniak

Die Folgen des Klimawandels sind fast täglich spürbar. Der Kampf gegen den Klimawandel und Klimafolgepolitik sind Ressourcenverteilungskämpfe. Die Frage, wer wie vor den Folgen des Klimawandels geschützt ist, welche Vorsorge durch den Staat getroffen werden muss und wer zukünftig welche Ressourcen in welchem Umfang verbrauchen darf – das sind auch global betrachtet die neuen sozialen Fragen.

Mit einem solch umfassenden Ansatz wird schnell klar, dass es globale Ursachen für Armut und Ausgrenzungen gibt. Auch haben globale Entwicklungen Auswirkungen auf die Sozialsysteme der unterschiedlichen Länder. Wenn soziale Gerechtigkeit global gedacht wird, dann würde eine gerechte Entlohnung der Menschen im globalen Süden zu höheren Preisen führen müssen. Wenn Kriege und Umweltzerstörung Menschen zur Flucht zwingen, dann ist es eine Frage des Humanismus ihnen Existenz und Teilhabe zu ermöglichen. Globale soziale Gerechtigkeit in Zeiten des Klimawandels bedeutet dann auch, anzuerkennen dass im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch vor allem der globale Norden Abstriche machen…

Immer wieder glauben Menschen, wenn ihrer Meinung widersprochen wird, ist dies das Ende der Meinungsfreiheit. Offensichtlich ist es auch ein gutes Geschäftsmodell das zu behaupten. Schnell die Behauptung aufgestellt dieses und jenes dürfe nicht mehr gesagt werden und es gäbe eine veröffentlichte Meinung die Abweichungen nicht zulässt und ganz schnell gibt es dann in den so gescholtenen Medien (ob nun Fernsehen oder Zeitungen) ganz, ganz viel Platz diese These auszuwalzen. Das damit die eigene These ad absurdum geführt wird, wird nicht einmal gemerkt.

Mir scheint hinter einem solchen autoritären Denken und einer solchen autoritären Einstellung ein bewusstes oder unbewusstes Missverstehen von Demokratie und Meinungsfreiheit zu stehen. Logisch, wenn ich mich selbst als DIE Autorität verstehe, dann will ich auch keinen Widerspruch haben. Der Sinn und Zweck von Demokratie und Meinungsfreiheit ist nun aber gerade, dass die Meinung X und die Meinung Y auch auf Widerspruch stößt, dass es einen Streit um die besten Meinungen gibt und das am Ende die…

Politik findet in Zeit und Raum statt. Was gestern als Aktionsform richtig war, muss es heute nicht mehr sein. Morgen sind wiederum ganz andere Aktionsformen nötig.

In einer Diktatur sind andere Formen von Protest und Widerstand legitim als in einer Demokratie. Personifizierungen und Verallgmeinerungen (Person X, „die Machtclique“) sind zur Überwindung einer Dikatur hilfreich – weil es in ihr keine demokratische Opposition und keinen demokratischen Weg zur Veränderung der Verhältnisse gibt. In einer stabilen Demokratie können Auseinandersetzungen härter und (möglicherweise) auch personalisierter geführt werden, als in einer gefährdeten Demokratie. Es gibt also keine Allgemeingültigkeit, welche Aktionsformen legitim und notwendig sind – die Antworten variieren nach Zeit und Raum.

Die Demokratie ist in Deutschland gefährdet – ohne Demokratie aber keine Möglichkeit für Kritik, Protest und Veränderung. Seit 2015 spaltet sich die Gesellschaft. In diejenigen, die -warum auch immer- Geflüchtete als Gefahr ansehen und diejenigen, die meiner Meinung nach völlig zu Recht es als Selbstverständlichkeit ansehen, Geflüchtete aufzunehmen. In diejenigen, die völlig…

Ich habe im Hinblick auf die Gas-Umlage hier und hier versucht einige Hintergründe darzustellen und einige Fragen gestellt.

Mittlerweile scheint es so zu sein, dass an der Umlage etwas geändert oder diese abgeschafft wird. Dabei geht meines Erachtens einiges durcheinander und der Verbalradikalismus der Abschaffung könnte aus meiner Sicht für die betroffenen Bürger*innen finanziell sehr nachteilig sein. Warum?

Vorweg: Es gibt einen auf einer EU-Verordnung basierenden Notfallplan Gas. Damit soll sichergestellt werden, dass alle erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um insbesondere für geschützte Kunden*innen eine unterbrechungsfreie Gasversorgung zu gewährleisten. Die Verordnung sieht den Vorrang von Marktmechanismen im Fall einer Störung vor, denn in einem solchen sollen die Marktteilnehmer ausreichend Gelegenheit erhalten, mit marktbasierten Maßnahmen auf die Lage zu reagieren. Sind aber die Marktmaßnahmen ausgeschöpft und reichen sie immer noch nicht aus, so sollten die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen Behörden Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen der Störung der Gasversorgung zu beheben oder einzudämmen. Im § 1a EnWiG

Ich hatte bereits hier etwas zur Gasumlage geschrieben. Mittlerweile gibt es die Berechnung der Höhe der Gasumlage und die entsprechende Verordnung. Damit werden einige Dinge   klarer und einige Dinge stellen sich dann doch anders und weniger gut dar, als im letzten Beitrag zum Thema. Insbesondere scheinen mir die Umsetzung der Umlage, ihre Begründung und die Frage der Durchreichung an die Letztverbrauchenden noch einmal einen genaueren Blick wert.

Auf der Internetseite der Bundesregierung ist beispielsweise zu lesen, dass durch die weniger Gaslieferungen aus Russland die Importeure unter hohen Kosten Ersatz beschaffen müssen und sie durch die Umlage dabei unterstützt werden sollen. Die Höhe der Umlage, die bis April 2024 befristet ist und alle drei Monate angepasst werden kann, beträgt ab 1. Oktober 2,4 Cent pro Kilowattstunde.

Das heißt zunächst erst mal, dass mit der Umlage die Importeure, die teuer einkaufen müssen, unterstützt werden sollen und das die 2,4 Cent nicht das Ende des Preises sind, sondern nach drei Monaten…