Danke Union – für die Wahlrechtsreform zu spät :-(

Nach noch ein wenig auch medialer Aufregung ist es nun amtlich. Der Bundestag geht in die Sommerpause und eine Wahlrechtsreform ist nicht beschlossen worden. Zu den absurden Vorschlägen der CDU (Brinkhaus) und den noch absurderen Vorstellungen der CSU habe ich an anderer Stelle etwas geschrieben. Heute geht es mir eher um die Frage, ob eine Wahlrechtsreform zur Bundestagswahl 2021 überhaupt noch möglich wäre und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Der § 21 Abs. 3 S. 4 Bundeswahlgesetz legt Fristen für die frühstmögliche Aufstellung von Kandiderenden für die Bundestagswahlen fest. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat freundlicherweise ausgerechnet, was dies für Continue Reading →

Ein absurder Wahlrechtsvorschlag der CSU auf Kosten der CDU

Die Debatte um das Wahlrecht wird immer kunterbunter. Das nun aber die CSU einen Vorschlag zu Lasten der CDU machen will, ist aus demokratietheoretischen Gründen nicht mal mehr zum Lachen. Konkret: Die CSU vertritt -aus meiner Sicht völlig zutreffend- die Position: „Einen Vorschlag allerdings, der Gewinnern von Wahlkreisen den Einzug in den Deutschen Bundestag verweigert, halten wir für verfassungswidrig.“ Wenn die CSU dies als verfassungswidrig ansieht, kann sie logischerweise keinen Vorschlag unterbreiten, der dazu führt, dass errungene Direktmandate nicht zu einem Sitz im Bundestag führen. Und jetzt wird es richtig spannend. Nach Presseinformationen schlägt die CSU nun folgendes vor: Für Continue Reading →

Die Sache mit dem Grabenwahlrecht

Unmittelbar nach Weihnachten überraschten einige Unionsabgeordnete mit einem Vorschlag für ein neues Wahlrecht. Ein  sogenanntes Grabenwahlsystem soll es richten. Ein alter Vorschlag, der auf den ersten Blick ganz überzeugend wirkt. 299 Direktgewählte Abgeordnete und 299 Listenabgeordnete, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, der Bundestag wird also – anders als nach der Wahl 2017 –  nicht größer. Der Vorschlag ist nicht neu, er ist vor allem aber nicht überzeugend. Aus faktischen Gründen, aus demokratietheoretischen Gründen und aus verfassungsrechtlichen Grünen. 1. Das Grabenwahlsystem in Fakten  Wäre das Grabenwahlsystem bei der Bundestagswahl 2017 angewendet worden, sähe der Bundestag zunächst heute Continue Reading →

Der Sächsische Verfassungsgerichtshof und das Wahlrecht

An dieser Stelle hatte ich mich beschwert, dass bei der einstweiligen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes Sachsen zur Teilzulassung der Liste der AfD keine Begründung mitgeliefert wurde. Nun liegt die Begründung des Urteils vor. Im Beitrag aus dem Juli formulierte ich drei Fragen. Im Kern ging es darum, ob eine Listenaufstellung nur in einer -auch fortgesetzten- Versammlung stattfinden darf, wie verbindlich die formalen Voraussetzungen des Wahlrechts sind und ob der Landeswahlausschuss formal gebunden ist. Schließlich ging es auch um die Frage, welche Rechte von wem (Partei oder betroffene Personen) im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden können und in welchem Verhältnis diese Continue Reading →

Urteil ohne Begründung

Ich habe versucht, mich nicht aufzuregen. Es blieb bei dem Versuch. Ich rege mich auf. Über den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen.  Darüber, dass er ein Urteil im Verfassungsbeschwerdeverfahren der AfD gegen die Teilnichtzulassung ihrer Liste getroffen hat, ohne einen Satz Begründung. Da sagt die nichtssagende Presseerklärung mehr als das Urteil. Und ich habe mich aufgeregt, dass dieser Fakt niemanden aufregt. Für Wahl- und Parteienrecht interessiere ich mich seit meinem Jurastudium. Deswegen ist dieser Blog auch mit recht vielen Artikeln zum Wahl- und Parteienrecht gefüllt. Von daher habe ich ein fachliches Interesse zu erfahren, warum der Verfassungsgerichtshof Sachsen so entschieden hat, Continue Reading →

Die Sache mit den Aufstellungsversammlungen – Teil 2

Ich habe hier bereits über die Sache mit den Aufstellungsversammlungen geschrieben. Es geht in der nunmehr geführten Debatte um die Teilnichtzulassung der Liste der AfD zur Landtagswahl in Sachsen. Auf dem Verfassungsblog haben nunmehr Schönberger/Schönberger einen eigenen Beitrag platziert, der mich zur Replik reizt. 1. Schönberger/Schönberger sehen in der Entscheidung des Landeswahlausschusses eine Überraschung. Im nächsten Schritt argumentieren sie mit den Folgewirkungen der Entscheidung („gravierend“) und argumentieren mit einem möglichen Zweitstimmenergebnis -leider wahrscheinlich- der AfD, welches zu mehr als 18 Sitzen führen würde. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass in diesem Fall Mandate unbesetzt bleiben würden. Schönberger/Schönberger argumentieren mithin Continue Reading →

Die Sache mit den Aufstellungsversammlungen

Mitten in meinem Urlaub (voll ökologisch mit Fahrrad und Zug) stolperte ich über diesen Artikel von Jasper von Altenbockum, indem es um die nur begrenzte Zulassung der AfD zur Landtagswahl in Sachsen ging. Und tatsächlich verschlug es mir die Sprache. Es fängt schon im ersten Absatz an, der einen Formfehler zwar anerkennt aber bagatellisiert und so tut, als sei mit Basisdemokratie notwendigerweise ein solcher Formfehler verbunden. Das stimmt nun bei weitem nicht, wie andere geschichtliche Beispiele (wie das der Piratenpartei) zeigen. Der Hammer ist aber der letzte Absatz: „Im Umgang mit der AfD hat sich, wie sich jetzt auch wieder Continue Reading →

Großer Bundestag oder Ende des Zweistimmenwahlrechts

Es war nur ein kurzer Aufschrei. Die Kommission bei Bundestagspräsident Schäuble, die ein neues Wahlrecht entwickeln sollte, blieb ohne Erfolg. Mittlerweile ist das schon fast wieder vergessen. Aufregung gibt es dann erst wieder nach der nächsten Bundestagswahl. Die Aufregung entstand, weil statt der gesetzlich vorgesehenen 598 Abgeordneten nach der letzten Wahl 709 Abgeordnete in den Bundestag einzogen. Schnell wurde die These des „zu großen“ Bundestages geschwungen, der zu teuer sei. Schon das fand ich ziemlich abstrus. Denn Demokratie darf aus meiner Sicht niemals unter dem Gesichtspunkt ihrer Finanzierbarkeit debattiert werden. Die These „zu groß“ führt aber auch in ein Dilemma. Continue Reading →

Bedeutung der Entscheidung des BVerfG zu Wahlrechtsausschlüssen für ein Paritätsgesetz

Klare Ansage – so kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrechtsausschluss eingeordnet werden. Worum geht es? Im deutschen Wahlrecht gibt es ganze Gruppen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Diese Wahlrechtsausschlüsse sind in § 13 BWahlG aufgeführt, finden sich aber auch im Grundgesetz. Vom Wahlrecht komplett ausgeschlossen sind Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht besitzen, Menschen, die unter 18 Jahre alt sind, und Menschen, die unter § 13 BWahlG fallen. Das wiederum sind Menschen, die unter § 45 StGB fallen. Und das sind Menschen, die unter sog. Vollbetreuung stehen sowie Menschen, die sich aufgrund einer Anordnung nach dem StGB in einem psychiatrischen Continue Reading →

Spontanverfassungsrechtler und Paritätsgesetz

Als ich zum ersten Mal von der Idee eines Paritätsgesetzes hörte, regte sich in mir spontan juristisches Unwohlsein. Wie soll das denn mit den Wahlrechtsgrundsätzen vereinbar sein? Ich kann insofern jede*n verstehen, der spontan rechtliche Bedenken entwickelt. Das ist legitim und über juristische Dinge lässt sich immer (und meist gut) streiten. Nachdem nun der Brandenburger Landtag sein Paritätsgesetz beschlossen hat, begegnen mir aber zunehmend Spontanverfassungsrechtler. Meist hat deren Argumentation wenig mit rechtlichen Bedenken zu tun. Es geht eher um ein Gefühl der Diskriminierung von Männern. Aber der Reihe nach. Was steht eigentlich im Gesetz (mann/frau muss bis auf S. 43 Continue Reading →