Rhetorik vs. Handeln – Ausgangsbeschränkungen sind Verstoß gegen § 28a Abs. 2 IfSG

Vorbemerkung: Ich halte es für zentral wichtig, die physischen Kontakte von Mensch zu Mensch zu reduzieren. Im Übrigen seit März/April 2020. Nach dem Scheitern des sog. Lockdown-Light befinden wir uns gerade in einem Überbietungswettbewerb der härtesten Einschränkungsvorschläge zur Bekämpfung des Corona-Virus. Erneut drohen dabei Grund- und Freiheitsrechte missachtet zu werden, obwohl sich die Voraussetzungen für ihre Einschränkung erst kürzlich umfassend verändert haben. Erneut wird mangelnde Daseinsvorsorge mit der Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten bezahlt, auch weil der Mut fehlt von Verordnungsermächtigungen Gebrauch zu machen, die da ansetzen, wo im Kapitalismus das Geld gemacht wird. Das Frühjahr 2020 wiederholt sich: dramatischer, Continue Reading →

Die Sache mit dem Inkasso

Im Hinblick auf diesen Beitrag gab es den einen oder die andere, die sich bei mir meldeten. Darunter auch Stimmen, die sagten, ich solle nicht nur pöbeln, sondern auch nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Eine Inkassodienstleistung ist nach § 2 Abs. 2 S. 1 RDG eine Rechtsdienstleistung. Insofern ist der Anknüpfungspunkt für eine Regelung das RDG. Und dann recherchierte ich ob es Optionen für Änderungen gibt. Aber zuerst stellte ich fest, wie gut der eigene Verdrängungsmechanismus funktioniert. Denn darüber habe ich ja sogar mit abgestimmt, wie mir dann wieder einfiel. Doch das damlige Gesetz hat in dem von mir an anderer Stelle Continue Reading →

Ob Ihr eigentlich bescheuert seid habe ich gefragt

Manchmal, wenn es meine Zeit zulässt, helfe ich Freunden:innen in rechtlichen Angelegenheiten. So auch in diesem Jahr. Eine Freundin erhielt ein Schreiben eines Inkassounternehmens im Auftrag eines Mobilfunkanbieters. Sie sollte eine Summe von mehr als 1.250 EUR für eine offene Forderung zahlen. Diese Summe ist nun nicht gerade gering. Das Problem meiner Freundin war nun, dass sie gar keine Kundein des Mobilfunkanbieters war. Die angegebene Rufnummer war nicht ihre. Der erste Schritt war noch einfach. Einfach ein Schreiben aufsetzen und mitteilen, dass die Freundin weder einen Vertrag abgeschlossen hatte, noch die angegebenen Rufnummer besitzt. Nebenbei mal noch den Hinweis einstreuen, Continue Reading →

Freies Mandat schützt vor falschen Freunden

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Entscheidung getroffen, die weit über den Einzelfall hinaus geht. Vordergründig ging es um die Frage, ob einem Normenkontrollantrag beigetreten oder sich diesem angeschlossen werden kann. Auf der Seite des Bundesverfassungsgerichts ist schön nachzulesen, worum es bei der abstrakten Normenkontrolle geht: „Die abstrakte Normenkontrolle steht einem begrenzten Kreis von Antragstellern offen. Unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit und von eigener Betroffenheit des Antragstellers wird die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm unter allen in Frage kommenden Gesichtspunkten überprüft.“ Es gab nun 216 Mitglieder der demokratischen Oppositionsfraktionen, die eine solche Normenkontrolle eingereicht haben. Die AfD wollte auch mitspielen. Das BVerfG hat Continue Reading →

Fehlende Daseinsvorsorge führt zu fehlender Gesundheitssorge – Ein Rant

An anderer Stelle habe ich (gemeinsam mit Udo Wolf) darauf hingewiesen, dass mit weniger Freiheitsrechten staatliches Versagen bezahlt wird. Damals formulierten wir unter anderem: „Es ergibt sich zumindest eine Schieflage, wenn einerseits auf Grund staatlichen Versagens in unverhältnismäßiger Art und Weise den Einwohner*innen Freiheitsbeschränkungen auferlegt werden, andererseits ordnungspolitische Maßnahmen zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung unterbleiben.“ Das war im April 2020 und damals gab es das Problem mit der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Jetzt gilt der gleich Befund, allerdings im Hinblick auf die Testung auf COVID-19. Was die PSA des Frühjahrs ist die Testung des Herbstes. Und es macht mich wütend. Ein Blick Continue Reading →

Patientenverfügung und Strafrecht

Immer am Freitag schaue ich mir die Entscheidungen des BGH an. Und manchmal reizt es mich dann, mich mit diesen intensiver zu beschäftigen. Heute geht es um den Raub mit Todesfolge und die Kriterien dafür. Hintergrund ist diese Entscheidung des BGH, der folgender Sachverhalt zur Grunde lag: Eine unter Niereninsuffizienz und Diabetes leidende 84jährige war trotz eingeschränkten Bewegungsfähigkeit zu Fuß unterwegs. Sie hob 600 € bei einer Bank ab, verstaute das Geld in der Handtasche und legte diese in den Korb des Rollators. Den Gurt führte sie um den Rollatorgriff. Der Angeklagte erkannte die Fixierung der Tasche am Griff des Continue Reading →

Parteien und Wahlen in der Pandemie

Reihenweise werden Parteitage abgesagt, wegen des Infektionsschutzes. Ich habe dafür Verständnis. Dennoch muss es für die Parteien, die in Art. 21 GG einen verfassungsrechtlichen Status zugesprochen bekommen haben, eine Möglichkeit geben, Parteitage durchzuführen und vor allem auch Vorstände wählen zu können. In dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19 Pandemie (GesRuaCOVBekG) wurden für die genannten Einrichtungen Vorkehrungen getroffen. So können die Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften digital durchgeführt werden, bei einer GmbH kann die Stimmenabgabe für Beschlüsse in Textform oder schriftlich erfolgen, bei Genossenschaften können Beschlüsse schriftlich oder elektronisch gefasst werden und Continue Reading →

Wer nicht vorträgt, kann auch nicht erfolgreich sein

Angesichts dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), eine Außerkraftsetzung des Mietendeckels in Bezug auf das „Absenken“ von Mieten nicht zu beschließen, frage ich mich, ob die Vermieterseite bewusst verlieren wollte. Denn im Hinblick auf den Vortrag im Rahmen des Eilrechtsschutz ist die Entscheidung nur als Watsche für die Vermieterseite anzusehen. Das BVerfG hätte den Mietendeckel bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft gesetzt, wenn „dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten“ gewesen wäre. Dazu hat das BVerfG „lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Continue Reading →

Mit nüchterner Analyse raus aus der Spirale

Vor nunmehr 14 Tagen trat die 7. Verordnung zur Änderung der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung in Berlin in Kraft (ich verweise auf die Drucksache an das Abgeordnetenhaus, weil auf der Webseite des Landes Berlin mittlerweile die 8. Verordnung zur Änderung der SARS-CoV-2 Infektionsschutzverordnung abrufbar ist). Die Regelungen darin finden sich in ähnlicher Art und Weise auch in anderen Bundesländern/Städten. Bestandteil der Veränderung waren u.a. die Festlegungen im § 7, dass Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages zu schließen sind,  Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Continue Reading →

Paritätsgesetz – Die Entscheidung des LVerfG Brandenburg

Nach dem Verfassungsgerichtshof in Thüringen hat nun auch das Landesverfasssungsgericht (LVerfG) Brandenburg ein Paritätsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Bislang liegen die Urteilsgründe noch nicht vor, insoweit kann ich mich zunächst nur auf die Presseerklärung beziehen. Der Beitrag wird aber einem Update unterzogen, sobald das Urteil mit den Entscheidungsgründen vorliegt. Update: Die Entscheidungsgründe liegen nunmehr vor, der Blogbeitrag wird  entsprechend angepasst. Es fällt zunächst auf, dass die Verfassungsbeschwerden „nur im Hinblick auf die gerügten Grundrechte der passiven Wahlrechtsgleichheit (Art. 22 Abs. 3 Satz 1 LV) und des Diskriminierungsverbots wegen des Geschlechts (Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 LV) zulässig Continue Reading →